Das Militärwesen unter dem Soldatenkönig

Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg und König von Preußen


Hausarbeit, 2008

13 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Militärwesen unter dem ‚Soldatenkönig’
2.1 Die militärisch geprägte Herrschaftsauffassung Friedrich Wilhelms I.
2.2 Die Entwicklung des Heerwesens in der absolutistischen Epoche
2.3 Die Maßnahmen Friedrich Wilhelms I.
2.3.1 Die Einbindung des Landadels in die preußischen Armee
2.3.2 Das Problem der Rekrutierung und das Kantonreglement von 1733

3. Die sozialen Folgen in Preußen

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Bedeutung Friedrich Wilhelms I. für die Entwicklung Brandenburg-Preußens im 18. Jahrhundert kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Seiner Herrschaftsauffassung verdankte Brandenburg-Preußen einen Modernisierungsschub, der dem Land eine beispielhafte Vorreiterrolle für den frühneuzeitlichen Wandel vom ständischen Herrschaftssystem hin zur Werdung moderner Nationalstaaten einbrachte. Wenn auch noch nicht einen Nationalstaat im neuzeitlichen Sinne, so schaffte das Wirken Friedrich Wilhelm I. für Brandenburg-Preußen immerhin einen entscheidenden Schritt in diese Richtung. Neben seinem Engagement für eine Zentralisierung der Landesverwaltung und der Forcierung des Merkantilismus ist hierbei vor allem auch seine Reformierung des Militärwesens von großer Bedeutung. Mit tief greifenden Maßnahmen zum Ausbau der militärischen Wehrhaftigkeit des nach Fläche und Bevölkerungszahl vergleichsweise kleinen, von europäischen Großmächten umgebenen Brandenburg-Preußen legte Friedrich Wilhelm I. das Fundament für eine Stärkung der Rolle seines Landes im europäischen Mächtesystem. Die Affinität Friedrich Wilhelms I. zum Soldatentum brachte ihm den Beinamen ‚Soldatenkönig’ ein. In seinem Land bewirkte sie nicht nur eine starke Sonderrolle des Militärwesens in der Herrschaftsstruktur und eine herausragend leistungsfähige Armee, sondern auch eine regelrechte Militarisierung der Gesellschaft, deren Nachwirkung bis ins 20. Jahrhundert immer wieder diskutiert wurde. Die Modernisierung seines Heeres, die weitgehende Einbindung des preußischen Landadels in die Offiziersränge und die immense zahlenmäßige Vergrößerung der Armee durch eine neuartige, effiziente aber sozialverträgliche Rekrutierungspraxis, die Friedrich Wilhelm I. durch sein Kantonsreglement von 1733 rechtlich etablieren konnte, sind hierbei die entscheidenden Aspekte seines militärhistorischen Wirkens, deren Darstellung Gegenstand dieser Arbeit ist.

2. Das Militärwesen unter dem ‚Soldatenkönig’

2.1 Die militärisch geprägte Herrschaftsauffassung Friedrich Wilhelms I.

Die Faszination Friedrich Wilhelms I. für das Soldatentum und die damit eng verbundene Herrschaftsauffassung erwachte schon in seiner Kindheit, während einer protestantisch-calvinistischen Erziehung, die in ihm auch die Überzeugung seiner Prädestination weckte.[1] Seine bedingungslose Hingabe an den Staat kommt bei ihm auch durch eine starke Hinwendung zu allem Soldatischen zum Ausdruck, schon als Neunjähriger empfand er das Militärwesen als die „Basis des Staates“.[2] Fürst zu sein bedeutete für Friedrich Willhelm I. die militärischen Attribute der pragmatischen Schlichtheit, der Sparsamkeit und der Disziplin vorzuleben. Stets uniformiert zog er die bodenständige Gesellschaft tapferer Soldaten und Offiziere aller Pracht des höfischen Zeremoniells vor[3] und übte sich schon ab seinem Alter von zehn Jahren gerne als selbstständiger Gutsherr von Wusterhausen. Dort baute der junge Kurzprinz Friedrich Wilhelm I. die Jagdgarde seines persönlichen Gutes zur Leibgarde aus. In seinem „Staat im Kleinen“[4] strebte er nicht nur danach, die Erlöse in die Vergrößerung dieser Leibgarde zu investieren, wobei er sich schon früh von der ökonomischen Abhängigkeit von Wirtschaft, Verwaltung und Militär überzeugen konnte.[5] Sondern er versammelte in Wusterhausen auch seine “langen Kerls“[6], eine Elitetruppe, in die nur besonders hochgewachsene Männer aufgenommen wurden. Als ausgesprochen glückliche Zeit empfand er seine Teilhabe am Feldzug von 1706, wo er von den großen Feldherren seiner Zeit, John Churchill von Marlborough und Prinz Eugen von Savoyen empfangen wurde[7] und als junger Offizier Aufgaben zur Vereinheitlichung der preußischen Armee wahrnehmen durfte.[8] Ebenso ausschlaggebend für die Hinwendung zum Militär war für ihn seine Rolle als Kronprinz. Besonders als Zaungast der Schlacht von Malplaquet 1709 erkannte er, wie notwendig eine rationale Modernisierung Heerwesens seiner Zeit wurde, die sich vor allem wegen des Fortschritts der Militärtechnik unverzichtbar machte.[9]

2.2 Die Entwicklung des Heerwesens in der absolutistischen Epoche

In der Zeit nach dem 30jährigen Krieg kam es europaweit nicht nur zur zunehmenden Etablierung stehender Heere.[10] Der fortlaufende technische Fortschritt brachte auch immer leichtere und leichter bedienbare Handfeuerwaffen mit steigender Reichweite hervor, was vor allem „die defensive Stärke geschlossener Fußtruppen vervielfacht[e].“[11] Gezielte Operationen bewaffneter Gruppen und die Beweglichkeit simultan agierender Verbände wurden immer entscheidender.

Damit ging auch ein allgemeines Wettrüsten einher. Die Heere vergrößerten sich und der Nahkampf verlor allmählich an Bedeutung. Die immer größere Masse an Soldaten und die Vergrößerung der Schlachtfelder – teilweise auf Frontverläufe von vier bis sechs Kilometer Breite –[12] erforderte die Gleichschaltung der Soldaten in direkt steuerbare Verbände. Diese taktischen Neuerungen nach den Schlachten des 30jährigen Krieges zielten jetzt insbesondere darauf ab, „daß ein Heer nicht nur zu Schlachtbeginn, sondern auch während der Dauer des Gefechts einem einzigen lenkenden Willen gehorchte.“[13] Dies war ohne intensivere Disziplinierung, also die Einschwörung aller einzelnen Soldaten auf das Funktionieren als Gruppe, nicht zu bewerkstelligen. Die klassische Aufstellung gestaltete sich dazu in drei Treffen (lineare Reihen) hintereinander.[14] Dabei galt es, die Möglichkeiten der verbesserten Waffen effizient zu nutzen. Die Geschwindigkeit im Laden, Anlegen und gemeinsamen Schießen sowie bei Manöverkommandos mussten immer penibler eingeübt werden, um auf dem Schlachtfeld im entscheidenden Moment besser aufgestellt zu sein als der Gegner. Daher ging es für die Soldaten darum, unter allen Umständen Fassung zu bewahren, an Ort und Stelle auszuhalten und befehlsgemäß die Waffe zu bedienen.

Die Ordnung in der Truppe war das entscheidende Erfolgsrezept: Nicht unbedingt derjenige mit den geringeren Verlusten, sondern derjenige, der bis zuletzt sein Heer wenigstens annähernd in ordentlicher Aufstellung halten konnte, behauptete sich als Sieger auf dem Schlachtfeld.[15] Die Disziplinierung spielte also eine immer größere Rolle. Dabei galt sie nicht nur dem Funktionieren als Verband auf dem Schlachtfeld, sondern auch immer mehr der Folgsamkeit während der Ausbildung, der ordentliche Lebensführung im Quartier, dem Durchhaltevermögen auf dem Marsch und der Aufmerksamkeit auf der Wache.

Daraus entwickelte sich auch der Soldat, der als Repräsentant des Staates in seinem „Auftreten […] Selbstzucht zum Ausdruck bringen“[16] sollte. Sichtbare Disziplin und die eingeimpfte Tugendhaftigkeit bekam damit auch ein ästhetisches Moment, was vielleicht besonders für den preußischen Soldat gelten konnte, bedenkt man die Hingabe, mit der Friedrich Wilhelm I. diese Eigenschaften als Kronprinz und König in Brandenburg-Preußen vorzuleben verstand.

2.3 Die Maßnahmen Friedrich Wilhelms I.

Friedrich Wilhelm I. war sich der Bedeutung von Disziplinierung und Modernisierung von Anfang an bewusst und wollte Preußen offensichtlich gegenüber den politischen Herausforderungen dieser Zeit militärisch stärken. Dazu hat er 1713 gleich nach Amtsantritt die preußischen Milizen aufgelöst, die noch unter seinem Vater das ursprünglich kleine stehende Heer ergänzt hatten. Er erkannte, dass die lose geführten Milizen nur denjenigen jungen Untertanen als Unterschlupf dienten, die sich einer ordentlichen Rekrutierung entziehen wollten.[17] Im Jahr 1714 erließ Friedrich Wilhelm I. dagegen ein Edikt zur allgemeinen Dienstpflicht aller wehrfähigen jungen Männer und forderte die Vereidigung der Rekruten auf den König, um sie an sich zu binden.[18]

Während seiner Amtszeit verstärkte er so die reguläre preußische Armee von etwa 40.000 Mann im Jahre 1713[19] auf etwa 80.000 Mann im Jahr 1740, was bei einer Einwohnerzahl in Brandenburg-Preußen von ungefähr 2,5 Millionen Menschen[20] einer für diese Zeit außergewöhnlich hohen Quote entspricht.[21] Zum Zeitpunkt des Amtsantritts Friedrich II. konnte seine Monarchie damit „unter den europäischen Mächten des Acient Régime nach Stärke ihrer Armee an dritter oder vierter Stelle rangieren, obwohl sie an Fläche erst der zehnte, an Einwohnerzahl gar nur der dreizehnte Staat in Europa war.“[22]

[...]


[1] Hinrichs, C.: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie. Jugend und Aufstieg. Hamburg 1941. S. 67.

[2] Ebd., S. 67.

[3] Ebd., S. 92.

[4] Ebd., S. 342.

[5] Neuhaus, H.: Friedrich Wilhelm I. Brandenburg-Preußens "größter innerer König", in: Heidenreich, B./Kroll, F.-L.(Hrsg.). Macht- oder Kulturstaat? Preußen ohne Legende. Berlin 2002. S. 26.

[6] Hinrichs, C: Friedrich Wilhelm. S. 345.

[7] Neuhaus, H.: „größter innerer König“., S. 28.

[8] Hinrichs, C.: Friedrich Wilhelm. S. 286.

[9] Neuhaus, H: „größter innerer König“. S. 28.

[10] Kunisch, J.: Absolutismus. Göttingen 1999. S. 85.

[11] Sikora, M.: Disziplin und Desertion (= Historische Forschungen Band 57). Berlin 1996. S. 38.

[12] Ebd., S. 38.

[13] Kunisch, J.: Absolutismus. S. 91.

[14] Ebd., S. 91.

[15] Sikora, M.: Disziplin. S. 42.

[16] Ebd., S. 47.

[17] Papke, G.: Von der Miliz zum stehenden Heer. Heerwesen im Absolutismus, in: Forstmeier, F., u. a. (Hrsg.). Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1648-1939. Band 1. München 1979. S. 104.

[18] Harnisch, H.: Preußisches Kantonsystem und ländliche Gesellschaft. Das Beispiel der mittleren Kammerdepartments, in: Kroner, B./Pröve, R. (Hrsg.). Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. München 1996. S.143.

[19] Ebd., S.141.

[20] Bochali, A.: Deutsche Geschichte einschließlich Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte (= Die Bücher der Verwaltung Bd. 4). Berlin/Potsdam/Wien 1944. S.53.

[21] Resultierend hatte der Nachfolger Friedrich II. eine Rekrutierungsquote zur Verfügung, die in Deutschland erst wieder in den Weltkriegen des 20. Jhd. übertroffen wurde. Harnisch, H.: Kantonsystem. S. 138.

[22] Büsch, O.: Militärsystem und Sozialleben im alten Preußen 1713-1807 (= Veröffentlichung der Berliner Historischen Kommission Bd. 7). Berlin 1981. S. 2.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Militärwesen unter dem Soldatenkönig
Untertitel
Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg und König von Preußen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Lehrstuhl für Neuere Geschichte)
Veranstaltung
Proseminar Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg und König von Preußen
Note
1,4
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V124731
ISBN (eBook)
9783640298518
ISBN (Buch)
9783640303687
Dateigröße
408 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Militärwesen, Soldatenkönig, Proseminar, Friedrich, Wilhelm, Kurfürst, Brandenburg, König, Preußen
Arbeit zitieren
Stefan Reiß (Autor:in), 2008, Das Militärwesen unter dem Soldatenkönig, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124731

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