Jugendalkoholismus


Studienarbeit, 2002

42 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Alkohol
2.1 Geschichte des Alkoholkonsums
2.2 Stellenwert des Alkohols
2.3 Wirkungsweise des Alkohols
2.4 Psychische Abhängigkeit
2.5 Körperliche Abhängigkeit
2.6 Alkoholikertypen
a.)Alpha-Alkoholiker
b.)Beta-Alkoholiker
c.)Gamma-Alkoholiker
d.)Delta-Alkoholiker
e.)Epsilon-Alkoholiker
2.7 Verlauf des Alkoholismus
2.8 Folgen des Alkoholismus
2.8.1 Körperliche Folgen
2.8.2 Delirium Tremens
2.8.3 Veränderungen im Verhalten
2.8.4 Soziale und familiäre Folgen

3. Die Jugend
3.1 Kennzeichen der Jugendphase
a.)Die Pubertät
b.) Die Adoleszenz
c.)Die Postadoleszenz
3.2 Aufgaben an den Jugendlichen
3.3 Bewältigung und Probleme der Jugendphase
3.4 Einflüsse von außerhalb
3.4.1 Bedeutung von Gleichaltrigengruppen
3.4.2 Bedeutung von Medien

4. Jugendliche und Alkohol
4.1 Was ist Alkoholmissbrauch?
4.2 Jugendalkoholismus
4.3 Gesetzliche Regelungen zum jugendlichen Alkoholkonsum
4.4 Typologie des Jugendalkoholkonsums
4.5 Trinkmotive von Jugendlichen
4.6 Einflüsse von Außerhalb
4.6.1 Einfluss der Eltern
4.6.2 Einfluss von Gleichaltrigen
4.6.3 Einfluss der Schule/Ausbildung
4.6.4 Einfluss der Werbung

5. Zusammenfassung

1. Einleitung

Im Rahmen meines Grundpraktikums in der stationären Psychiatrie besuchte ich zweimal wöchentlich ein Alkoholikergruppe, an der sowohl trockene, wie auch in stationärer Behandlung befindliche, Alkoholiker teilnahmen. Schon damals berührten mich Fälle, in denen Jugendliche kaum älter als 18 Jahren sich bereits zum wiederholten Mal einer Alkoholentziehung unterzogen. In unserer Gesellschaft hält sich das Bild des männlichen Erwachsenen, der aus der sozialen Unterschicht stammt und alkoholabhängig ist, hartnäckig[1]. Doch diese Krankheit kommt nicht erst im Erwachsenenstatus in der sozialen Unterschicht zum Vorschein. Sie kann bereits junge Menschen aller Sozialschichten betreffen. Diesen Fakt möchte ich in meiner Arbeit stärkre verdeutlichen.

Ich gehe im ersten Teil meiner Arbeit zunächst auf die Droge Alkohol genauer ein, da diese in unserer Gesellschaft einen besonderen Stellenwert inne hat. Auch für die Tätigkeit des Sozialpädagogen halte ich es für wichtig grundlegende Kenntnisse über die Krankheit Alkoholabhängigkeit zu besitzen. Ich beginne mit der Geschichte des Alkoholkonsum, gehe näher auf den Stellenwert des Alkohols ein und erkläre die Folgen und den Verlauf der Alkoholabhängigkeit.

Im zweiten Teil möchte ich versuchen die besondere Bedeutung der Jugendphase im Lebensverlauf eines Menschen heraus zu arbeiten. Ich erläutere zunächst die Kennzeichen dieser Lebensphase, und gehe danach auf die Entwicklungsaufgaben und die damit verbundenen Bewältigungsprobleme ein. Auch den Einfluss der peer- groups und der Medien auf die Sozialisation des Jugendlichen möchte ich in diesem Kapitel beleuchten.

Im dritten Teil möchte ich danach die Aspekte der Droge Alkohol mit der Entwicklung von Jugendlichen in Zusammenhang bringen. Ich gehe dort auf die Begriffe des ,Missbrauchs’ und des, Jugendalkoholismus’ ein, nenne Trinkmotive von Jugendlichen und möchte hier den Einflüsse der Außenwelt auf die ,Alkoholsozialisation’ von Jugendlichen betrachten.

Auf die Nennung von sozialpädagogischen Interventionsmöglichkeiten in Form von Präventions- oder Therapiemöglichkeiten habe ich in meiner Arbeit verzichtet. Diese Felder der Suchtarbeit sind so weitläufig, dass sie eigenständig das Thema einer solchen Arbeit sein könnten. Eine umfassende Betrachtung dieser Aufgaben an Sozialpädagogen würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem überschreiten.

2. Alkohol

2.1 Geschichte des Alkoholkonsums

Bereits mehrere tausend Jahre vor Christus wird Alkohol in den Geschichtsaufzeichnungen erwähnt. Bier ist das älteste alkoholische Getränk, dass bereits im alten Mesopotamien ein gesellschaftlich anerkanntes und alltägliches Getränk darstellte. Es wurde zunächst auf der Grundlage von Getreide später auch von Datteln gebraut. Sicher ist nicht wie viel Volumenalkoholprozent dieses Bier enthielt, aber im allgemeinen war es alkoholarm.

Man findet auch im alten Ägypten bereits 3000 vor Christus erst Hinweise auf die Existenz von alkoholischen Getränken. Die Bierherstellung selbst wird etwa 2400 vor Christus zum ersten Mal erwähnt. Auch wird in den Schriften aus dieser Zeit von Rauschzuständen der Konsumenten berichtet. Diese wurden aber von der Gesellschaft abgelehnt.

Das zweitälteste alkoholische Getränk stellt der Wein dar, dessen Konsum etwa 1650- 1100 vor Christus in China sehr weit verbreitet war, da er eng in Verbindung mit Ahnenkultritualen stand. Da diese Rituale staatlich geregelt waren, wurde die Herstellung und der Verzehr von alkoholischen Getränken einen alltäglicher Akt, der sich in Verbindung mit den rituellen Zeremonien vollzog. Durch den übermäßigen Konsum der Droge Alkohol entwickelte sich ein Alkoholgefährdung der breiten Masse der Gesellschaft. Als Reaktion darauf wurde ein Alkoholverbot und hohe Geldstrafen bei Verstoß verhängt. Bis heute hat sich in China ein mäßiger und auch meist zeremoniell bedingter Alkoholkonsum durchgesetzt.

Auch im antiken Griechenland war der Verzehr von Wein alltäglich. Der Wein wurde zumeist mit Wasser verdünnt zu den Speisen getrunken. Aber er wurde auch in Verbindung mit rituellen Opfern für die Götter gebraucht. Vor allem die Oberschicht der Gesellschaft dehnte diese Riten zu wahren Trinkgelagen aus und nutzte Alkohol vor allem als stimmungshebendes Mittel. (vgl. Schmidt 1986)

All diese Kulturen waren sich trotz des vereinzelt übermäßigen Konsums oder gerade deswegen über das Abhängigkeitspotenzial von Alkohol gewiss. Auch wusste man bereits damals über die Schädigungen die Alkohol am menschlichen Geist auswirken konnte.

Diese negativen Auswirkungen griff später auch die kirchliche Institution auf und bezeichnete alkoholische Getränke, deren Verzehr Sünde war, als Werk des Teufels. Nur der Wein stellte die einzige alkoholische Ausnahme in diesen heidnischen Getränken dar. Wein stellte für die Kirche das Blut Christi dar und ist dadurch nicht völlig reglementiert worden. Bis etwa zum 14. Jahrhundert wurde dieser Widerspruch in sich auch nicht angezweifelt, da die Kirche noch als allwissende Obrigkeit galt. Erst mit dem Einsetzen der Aufklärung wurde die Stellung der Kirche in der Gesellschaft neu definiert und damit auch die Beziehung zwischen Mensch und Alkohol. Man verlangte nach mehr Eigenverantwortlichkeit. Doch diese führte im Bezug auf Alkohol nicht zu ausschweifenden Ekszessen, sondern die Menschen übernahmen auch mehr Verantwortung für ihren Körper und erklärten ihn und seine Gesundheit zum höchsten Gut. Diese Mäßigkeit wurde natürlich nicht von der ganzen Gesellschaft geteilt. Und so waren die abhängigen Konsumenten den Menschen auch nicht fremd. Dennoch dauerte es noch bis in das 19. Jahrhundert bis Trunksucht als eine Krankheit angesehen wurde. Mediziner erhoben nun auch den Anspruch diese zu behandeln.

1883 wurde der erste „Deutsche Verein gegen den Missbrauch von geistigen Getränken e.V.“ gegründet. Die Gründe für die Abhängigkeit wurden nun auch in der Gesellschaft und im sozialen Umfeld des „Kranken“ gesucht. Aber der Alkoholabhängige stellte auch einen Störfaktor für die Gesellschaft dar, die sich immer rasanter in allen Bereichen weiter entwickelte. Die Betroffenen wurden von der Gesellschaft stigmatisiert und zur Behandlung in Kliniken „weggeschlossen“. (Vgl. Bohlen 1998)

Bis in die heutige Zeit ist es ein gesellschaftlicher Anspruch an jeden Menschen den schmalen Grad zwischen normalem und übermäßigen Alkoholkonsum zu finden.

2.2 Stellenwert des Alkohols

Wie es sich bereits in der kurzen historischen Darstellung ausdrückte, hat Alkohol durch alle Zeiten eine sehr zwiespältige Betrachtung gefordert. Bis heute wird der Konsum nicht von jeder Gesellschaft im gleichen Maße toleriert. Zu welchen Gelegenheiten, in welchem Maße und was getrunken werden kann, wird dem Individuum im Laufe seiner Sozialisation von der Gesellschaft vermittelt. In diesem Zusammenhang muss auch der Stellenwert des Alkohols in jeder Gesellschaft neu interpretiert werden.

In unserer Gesellschaft nimmt der Alkohol eine besondere Stellung unter den Drogen ein. Feuerlein nennt hier Besonderheiten der Droge Alkohol.

Zum einen ist Alkohol die einzige Droge, die einen tatsächlichen Nährwert besitzt und deshalb als Nahrungsmittel angesehen werden. Weiterhin ist Alkohol auch ein Genussmittel, da es in unserer Kultur Bestandteil zahlreicher Getränke ist. Auch stellt Alkohol ein Rauschmittel und ein Gift dar, dessen Wirkung sich bei akuter oder chronischer Überdosierung festigt. (Vgl. Feuerlein 1980)

Der Stellenwert des Alkohols schlägt sich auch in der Tatsache wieder, dass Alkohol bei uns ein völlig legales Rauschmittel ist. Zwar ist der Konsum von Alkohol erst ab einem bestimmten Alter rechtlich zulässig, wie ich später noch erläutern werde, aber nach Erreichen dieser Altersgrenze gibt es kaum noch Beschränkungen[2] zum Konsum von Alkohol.

Er hat sich soweit in unserem Leben verankert, dass seine positive Funktion als Genussmittel weitestgehend in den Hintergrund gedrängt wurde. Alkohol stellt heute eher ein Mittel zur zumindest kurzweiligen Problembeseitigung dar, dass von der breiten Masse auch in dieser Funktion genutzt wird. So trinken wir zum Beispiel ein Glas Wein oder Bier um den harten Arbeitstag zu vergessen oder besser bewältigen zu können. Dieser Akt der Problembewältigung wird vom Großteil der Bevölkerung respektiert.

„Hier liegt auch die Gefahr bezüglich der Genese des Alkoholismus: lange wird utilitaristisches Trinken unter dem Deckmantel sozialer Anlässe praktiziert.“ (Haushahn 1996 S. 44)

2.3 Wirkungsweise des Alkohols

Bei den meisten Menschen ruft der Konsum von Alkohol einen Rausch hervor. Diese werden im medizinischen Zusammenhang in drei Kategorien unterteilt. Für die Abgrenzung der drei Gruppen wird der Blutalkoholspiegel herangezogen. Die Konzentration des Alkohols im Blut wird in Promille ausgedrückt. Dieser Wert besagt wieviel Milliliter reinen Alkohols sich prozentual auf einen Liter Blut ausdehnen. Man unterscheidet leichte (0-1,5 % Vol.), mittelschwere (1,5- 2,5 % Vol.) und schwere Räusche (ab 2,5% Vol.). (Vgl. Schmidt 1986)

Auch der körperliche und psychische Zustand von Personen, sowie Einwirkungen der Umwelt können Einfluss auf den Grad der Trunkenheit haben. Der Rausch selbst schlägt sich auf das geistige Empfinden nieder. Das Erleben des Rausches ist dabei bei jedem Menschen verschieden. So fühlt der Eine sich durch die Wirkung des Alkohols enthemmt und euphorisch, während der Andere sich selbst als niedergeschlagen empfindet. Auch die meist erwünschte Verbesserung der Kontaktfähigkeit stellt sich nicht bei jedem ein. So kann ein Mensch unter dem Einfluss von Alkohol beginnen sich völlig von der Welt zu isolieren. Die körperlichen Fähigkeiten leiden auch unter dem Konsum von Alkohol. Der „Betrunkene“ kann seine Motorik nicht mehr korrekt steuern, wodurch er unter anderem beim Gehen schwankt oder völlig den Gleichgewichtssinn verliert.

Im biologischen Betrachtungssinn ist Alkohol zu aller erst ein Zellgift, das eine destruktive Wirkung auf den gesamten menschlichen Körper hat. Alkohol wird zwar von den Konsumenten als meist beruhigend empfunden, löst aber organisch zunächst im Körper eine Stressreaktion aus, da es die vermehrte Produktion von einigen Hormonen wie zum Beispiel Cortison fördert. In höheren Dosen wirkt er dann beruhigend auf das Zentralnervensystem, da es die Reizweiterleitung in den einzelnen Zellen dämpft. So wirkt Alkohol nicht direkt euphorisierend oder stimmungsverbessernd. Diese Wirkung stellt sich in Verbindung mit dem Abbau von Hemmungen, durch die reduzierte Reizaufnahme ein. Ob Alkohol nun zum Zwecke des Genusses oder der Berauschung getrunken wird, ist für die Reaktion des Körpers darauf unerheblich. Er kann jeder Zelle im menschlichen Körper schaden, da er diesen Wasser und Mineralien entzieht. Ist die Konzentration des Alkohols im Blut zu hoch, kann dies zu einer Alkoholvergiftung und im schlimmsten Falle zum Tod durch Ersticken führen, da das Atemzentrum aussetzt.

Wie schnell Alkohol tatsächlich in das menschliche Blut gelangt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Diese sind unter anderem die Art des Getränkes, in welchem Zustand sich der Magen befindet und wie man den Alkohol trinkt. So kann der Körper am schnellsten Alkohol aus warmen, süßen Getränken aufnehmen mit einem geringen Alkoholgehalt von unter 6 % Vol. .

Etwa 15 Minuten nach dem Verzehr von alkoholhaltigen Lebensmitteln ist die Hälfte des konsumierten Alkohols vom Körper resorbiert. Nach 60 bis 90 Minuten ist der Alkohol dann vollständig aufgenommen worden.

Besonders stark auf den Konsum von Alkohol können Kinder, kranke Menschen oder Personen, die zum gleichen Zeitpunkt Medikamente nehmen, reagieren. (Vgl. Schneider 1994)

2.4 Psychische Abhängigkeit

Die psychische Abhängigkeit beschreibt „das unwiderstehliche Verlangen nach einer weiteren oder dauernden Einnahme der Subtanz, um Lust zu erzeugen oder Missbehagen zu vermeiden“. (zit. nach WHO IN: Feuerlein 1980 S.7)

Wie ich bereits in den vorangegangenen Punkten erläuterte, wird Alkohol oftmals eingesetzt um Probleme zu bewältigen oder sie zumindest von sich fern zu halten, um ein positiveres Empfinden hervorzurufen. Mit der häufigen Nutzung dieser Art der ,Problembewältigung’ kann der Konsument irgendwann davon überzeugt sein, der Verzehr von Alkohol sei der einzige Weg um Konflikte zu lösen und Wohlbefinden herzustellen. Diese Form der Abhängigkeit entwickelt sich schleichend im Bewusstsein des Konsumenten, ob dieser sie bewusst wahrnimmt spielt dabei keine Rolle. (Vgl. Schneider 1994)

Oft unterstellt man den Abhängigen, er habe einen zu schwachen Willen und könnte deshalb das Trinken nicht beenden. Doch der Abhängige ist selbst Opfer seiner Sucht, da er diese nicht mehr steuern kann. Nahezu jeder Versuch seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren ist zum Scheitern verurteilt. Diese Kontrollverluste stoßen ihn dann noch tiefer in die Abhängigkeit, weil er wiederum versucht die Niederlage mit Alkohol zu kompensieren.

Das Suchtmittel und dessen Beschaffung wird zum Lebensmittelpunkt des Betroffenen, da er in der ständigen Angst lebt, die Droge könnte einmal nicht zu seiner Verfügung stehen.

Die psychische Abhängigkeit ist häufiger der Grund für einen Rückfall des Alkoholikers als die körperliche Abhängigkeit. Ihre Therapie kann bis zu zwei Jahren dauern um den Alkoholiker psychisch von der Droge zu entwöhnen.

2.5 Körperliche Abhängigkeit

Der Körper des Abhängigen passt sich an den häufigen Gebrauch von Alkohol an und verändert dadurch seinen Stoffwechsel und andere biochemische Vorgänge. Er entwickelt eine Toleranz gegenüber des Suchtmittels, so dass der Alkoholiker im Verlauf seiner Trinkerkarriere stets mehr und mehr Alkohol benötigt um dem gleichen Pegel zu erreichen.

Die körperliche Abhängigkeit hat sich beim Betroffenen dann eingestellt, wenn man erste Merkmale des Entzuges feststellen kann. Solche können zum Beispiel starkes Zittern, übermäßiges Transpirieren oder das Gefühl der inneren Unruhe sein. Diese Erscheinungen können mit einem Gefühl der körperlichen Schwäche und Störungen des Verdauungstraktes einhergehen. Der körperliche Entzug kann sich bis zu einem Delirium tremens steigern, dass ich später noch genauer erläutern werde. Im Allgemeinen dauern die körperlichen Entzugerscheinungen zwischen 5 und 15 Tagen an. Schafft der Alkoholiker es einen solchen Zeitraum abstinent zu leben, kann er seinen Körper entgiften und damit auch die Sucht des Körpers nach der Droge Alkohol überwinden. (Vgl. Schmidt 1986)

2.6 Alkoholikertypen

1952 definierte die Weltgesundheitsorganisation Alkoholiker als „exzessive Trinker deren Alkholkonsum zu Schäden auf körperlichem, psychischem und/oder sozialem Gebiet bzw. Zu Vorboten solcher Schäden geführt hat und die dadurch einer Behandlung bedürfen“.

(zit. nach Feuerlein 1980)

Diese Definition ist allerdings sehr ungenau und reicht nicht aus um alle Klassifizierungen des Alkoholismus zu erfassen. Deshalb stellte Jellinek eine Übersicht über die Alkoholikertypen auf, die zunächst von Alpha- bis Delta-Trinker reichte und später durch den Epsilon-Trinker erweitert wurde. (Vgl. Schmidt 1986)

a.)Alpha-Alkoholiker

Dieser Alkoholikertyp wird auch als Konflikt- oder Erleichterungstrinker bezeichnet. Durch den Konsum von Alkohol fühlt er sich entspannt und entlastet. Er nutzt diese positive Wirkung des Alkohols immer wieder um Belastungssituationen zu bewältigen.

In den meisten Fällen verliert er jedoch nicht die Kontrolle über die Menge des Konsums, obwohl er bereits eine psychische Abhängigkeit aufweist. Die Trinkgewohnheiten des Alpha-Trinkers folgen keiner zeitlichen Regel. Wodurch sie auch längere Zeiten der Abstinenz ohne das Auftreten von körperlichen Entzugserscheinungen überwinden können.

b.)Beta-Alkoholiker

Dieser Typus des Trinkers wird auch als Gelegenheitstrinker bezeichnet. Dieser Alkoholikertyp sucht besonders häufig gesellschaftliche Gelegenheiten wie öffentliche Feiern oder den Lokalstammtisch um Alkohol zu konsumieren. Auch er entwickelt keine körperliche Abhängigkeit und erlebt beim Konsum auch keinen Kontrollverlust. Dennoch fügt er seinem Körper durch den häufigen Alkoholgenuss schon Schäden zu.

Für Jellinek haben diese beiden Alkoholikertypen noch keinen Krankheitscharakter, da beide die Fähigkeit zur Abstinenz noch besitzen und keine Entzugerscheinungen aufweisen. Haushahn schätzt diese Abgrenzung als „sehr problematisch“ (1996) ein, da im medizinisch- psychiatrischen Sinne heute nicht mehr zwischen körperlicher und seelischer Abhängigkeit in der Form von krankhaft und nicht krankhaft unterschieden wird, sondern beide Abhängigkeiten, sowohl psychisch als auch physisch, werden als Krankheit angesehen.

c.)Gamma-Alkoholiker

Diesen Alkoholikertypus möchte ich im Folgenden ausführlicher erläutern, da ihm etwa 90% der Alkoholiker in Deutschland zu zuordnen sind.

Es kann dadurch begründet werden, dass sowohl der Typus des Alpha-, wie auch Beta-Alkoholikers nur Phasen in der Trinkerkarriere sein können, die später in die Verhaltensmuster des Gamma-Alkoholikers münden. So trinkt der Gamma-Alkoholiker in seiner Anfangsphase der Entwicklung aus sozialen Anlässen heraus oder er nutzt die entspannende Wirkung der Droge Alkohol um seelische Belastungssituationen zu überwinden. Dieser letztgenannte Einfluss des Alkohols kommt immer stärker zum Tragen, da mit zunehmender Nutzung dieser Problembewältigungsstrategie auch die eigene Toleranzgrenze für alltägliche Schwierigkeiten, denen ohne Alkoholnutzung beigekommen werden kann, herabgesetzt wird. Im Reziprokenverhältnis dazu steht die Toleranzzunahme im Hinblick auf das konsumierte Quantum der Droge. Der Körper des Trinkers zeigt erste Gewöhnungserscheinungen, wodurch die aufgenommene Menge für die gewünschte Wirkung gesteigert werden muss. Dieser Mehrbedarf an Alkohol zur Regulierung der Gemütsverfassung des Trinkers kann meist nicht mehr durch soziokulturelle Gegebenheiten in der Öffentlichkeit gedeckt werden. So beginnt der Gamma-Alkoholiker heimlich zu trinken und tritt damit die beginnende Isolierung von der Außenwelt an. Er steht unter dem inneren Zwang Alkohol zu seiner ständigen Verfügung zu haben. Der Trinker selbst ist sich meist durchaus seines abnormen Trinkverhaltens bewusst und meidet so Anspielungen auf Alkohol in der Öffentlichkeit. (vgl. Schmidt 1986)

Er beginnt nun auch die Kontrolle über seinen Alkoholkonsum zu verlieren und kann nach einmal angefangenen Trinken keinem Ende mehr entgegen steuern, was meist in Trinkexzessen und im Rausch endet. Das soziale Umfeld reagiert darauf mit Ablehnung und Herabwürdigung. Appelle an den Trinker im ihn zum Abbruch seines Konsums zu bewegen, werden von diesem meist mit unrealistischen Erklärungen oder anderen Abwehrmechanismen, die sogar in Aggressivität enden können, zurückgewiesen.

Er selbst versucht durch längere Phasen der Abstinenz und seinen konstruierten Trinkmotiven die Überzeugung zu gewinnen kein Opfer oder sogar Verursacher einerbehandlungsbedürftigen Alkoholkrankheit zu sein. Aber auch dieses Unterfangen gerät mit dem Fortschreiten der Trinkerkarriere immer mehr in den Hintergrund, da der reine Konsum von Alkohol sich zunehmend als Lebensmittelpunkt herauskristallisiert.

Der Betroffene vernachlässigt nicht nur seine Umwelt, sondern auch zusehends sich und sein äußeres Erscheinungsbild. Trinkpausen, ob nun gewollt oder unfreiwillig rufen massive Entzugerscheinungen hervor. Der Körper erleidet durch den Alkoholkonsum irreparable Schäden, die bis zum Tod führen können.

Dennoch ist es selbst durch langjährige Therapie dem Gamma-Alkoholiker meist nie wieder möglich Alkohol in kontrollierten Dosen zu sich zu nehmen, da er durch den exzessiven Konsum seinen Stoffwechsel nachhaltig geschädigt und überempfindlich für Alkohol gemacht hat. Schon geringste Mengen können dann zum Rückfall führen.

d.)Delta-Alkoholiker

Der Delta-Alkoholiker wird auch als Gewohnheits- oder Spiegeltrinker bezeichnet. Er erlebt zwar keine direkte positive Wirkung durch den Konsum von Alkohol, nimmt aber dennoch ein großes Quantum über den Tag verteilt zu sich. Um seinen Blutalkoholspiegel relativ konstant auf einer Schwelle zu halten. Er weist in seinem Trinkverhalten keine Kontrollverluste bezüglich der Trinkmenge auf, aber vollständige Abstinenz ist ihm nicht möglich. Eine psychische Abhängigkeit besteht beim Delta-Alkoholiker nicht, wohl aber eine Körperliche, da er in Zeiten der Abstinenz schwere Entzugerscheinungen in Folge der Gewöhnung des gesamten Zellstoffwechsels an den regelmäßigen Konsum von Alkohol, durchlebt.

e.)Epsilon-Alkoholiker

Dieser Trinktypus konsumiert Alkohol nur periodisch und wird deshalb auch als Quartalstrinker bezeichnet. Die Betroffenen erleben in periodischen Abständen Zeiten mit depressiven Verstimmungen und innerer Unruhe, die gekennzeichnet sind durch den Zwang an Alkohol als Bewältigungsmöglichkeit zu denken. Wenn der Trinker dann beginnt Alkohol zu konsumieren, verliert er die Kontrolle über die Dosis des Alkohols. Dies kann sogar in Trinkexzessen von mehreren Tagen gipfeln.

Im Allgemeinen ist das Auftreten der reinen Form des Epsilon-Alkoholikers sehr selten. Es bestehen wie bei allen anderen Trinkertypen auch Mischformen.

2.7 Verlauf des Alkoholismus

Die Erstellung einer Verlaufsübersicht war eine weitere Errungenschaft, die Jellinek in der Alkoholismusforschung machte. Zwar ist die folgende Entwicklungsbeschreibung nicht für jeden Alkoholiker zutreffend, beschreibt aber einen Großteil der männlichen Gamma-Alkoholiker. Dabei ist für die Biografie einer Trinkerkarriere weniger die biochemische Wirkung des Alkohols auf den Körper wichtig, sonder die Relevanz und den Stellenwert der Droge im Erleben des Betroffenen.

Jellinek gliedert den Verlauf des Alkoholismus in die Voralkoholische Phase, Anfangsphase, Kritische Phase und Chronische Phase. (Vgl. Schmidt 1986)

Wie ich bereits erklärte hat Alkohol einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft und somit hat auch meist der erste Konsum soziale Gründe. Meist hat auch ein potentieller Trinker im Laufe seiner Sozialisation keine geeigneten Bewältigungsstrategien für Probleme erlernt. Diese beiden Motive können auch als grundlegende Ursachen für den Alkoholismus betrachtet werden. Mit dem Trinken von Alkohol, dass zunächst in der Öffentlichkeit geschieht, strebt der Betroffene eine Veränderung seines Bewusstseins an um seine inneren Spannungen zu bewältigen.

In der Vorphase des Alkoholismus tritt bereits eine Gewöhnung des Körpers an die Droge Alkohol ein. Der Trinker braucht häufiger und in größeren Mengen Alkohol und sucht daher auch öfter Gelegenheiten um diesen zu konsumieren. Für seine Umwelt stellt das meist noch keine Auffälligkeit in seinem Trinkverhalten dar. In der Anfangsphase oder Prodomalphase bemerkt der Betroffene meist schon, dass sein Trinkverhalten von der Norm abweicht und entwickelt daher Schuldgefühle und Furcht vor der Kritik anderer. Er beginnt heimlich und allein zu trinken um seinen wahren übermäßigen Konsum vor seiner Umwelt geheim zu halten. Auch wird er ständig von der Angst getrieben das Suchtmittel könnte einmal nicht zu seiner Verfügung stehen und richtet seinen Blickpunkt auf die Beschaffung von Alkohol.

Auch sein Körper verlangt immer stärker nach der Droge und erste Entzugerscheinungen treten auf, so kommt es häufiger zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.

[...]


[1] In meiner Arbeit werde ich bewusst aus die weibliche Form der Beschreibungen des Trinkers, Alkoholabhängigen u.a. verzichten. Dies erfolgt weniger auf der Grundlage, dass ein Großteil der Alkoholiker männlich sind, als allein um die Lesbarkeit der Arbeit zu verbessern.

[2] Ausgenommen sein hier die gesetzlichen Beschränkungen zum Konsum von Alkohol beim Steuern von Maschinen oder während der Arbeitszeit.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Jugendalkoholismus
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Sozialpädagogik und Sozialarbeit)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
42
Katalognummer
V12479
ISBN (eBook)
9783638183512
Dateigröße
626 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alkohol, Jugend, Drogen
Arbeit zitieren
Kristin Zöllner (Autor:in), 2002, Jugendalkoholismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12479

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Jugendalkoholismus



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden