Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle der Ambidextrie in Bezug auf die Innovativität der Hotellerie. Aufgrund volatiler Marktdynamik und um eine wettbewerbsfähige Position einnehmen zu können, ist es für Unternehmen besonders in der Hotellerie unabdingbar, durch laufende Weiterentwicklung und Innovationen Differenzierungspotenziale zu schaffen. Die Kapazität und Fähigkeit, den dynamischen Innovationsprozess im Betrieb erfolgreich zu managen, verbessert die Betriebsleistung kurzfristig und erhält Wettbewerbsvorteile langfristig. Flexible Organisationsstrukturen unterstützen dabei, Innovationsmanagement und Wettbewerbsvorteil zu verbinden. Ein Aspekt davon ist eine ambidextrale Struktur im Unternehmen aktiv zu schaffen.
Diese Forschungsarbeit hat anfangs zum Ziel eine Übersicht zum Stand der Forschung zum Thema organisationale Innovation und Ambidextrie in der Hotellerie auf Basis relevanter Literatur darzulegen. Im nächsten Schritt wird versucht, die möglichen Funktionsmuster der darin enthaltenen Innovationsfähigkeiten im Rahmen des Hotelmanagements darzustellen. Die Funktion organisationaler Innovationen zu analysieren und identifizieren. Weiters soll untersucht werden, wie der Ansatz der organisationalen Ambidextrie die Innovativität in der Organisation beeinflusst. Durch eine Gegenüberstellung von Erkenntnissen aus der Theorie und den Ergebnissen der empirischen Datenerhebung wird Antwort auf folgende Forschungsfrage gegeben: Inwiefern spielt organisationale Ambidextrie eine Rolle für Innovativität in der Ferienhotellerie, untersucht am Beispiel der Südtiroler Ferienhotellerie?
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsfrage
1.4 Aufbau der Arbeit
1.5 Methodik
2 Begriffsabgrenzung und -definitionen
2.1 Organisationale Innovation
2.2 Organisationale Ambidextrie
2.3 Resource-based-view
3 Darlegung der bestehenden Literatur und kritische Reflexion
3.1 Innovation in der Hotellerie
3.1.1 Service Innovationen
3.1.2 Organisationale Innovation
3.1.3 Innovationsfähigkeit und -kapazität in der Hotellerie
3.2 Organisation in der Hotellerie
3.2.1 Organisatorische Strukturen in der Hotellerie
3.2.2 Resource-based-view-Theorie in der Hotellerie
3.3 Die Tourismusregion Südtirol
3.4 Wettbewerbsvorteile in der Hotellerie
3.4.1 Schaffung und Erhaltung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles
3.4.2 Durch der organisationalen Ambidextrie zum Wettbewerbsvorteil
3.5 Theoretisches Zwischenfazit
4 Empirie
4.1 Auswahl und Beschreibung Forschungszugang
4.2 Auswahl und Beschreibung der Erhebungsmethode
4.3 Auswahl und Beschreibung des Samplings
4.4 Qualitätssicherung
4.5 Kategorienbildung
4.6 Empirische Ergebnisse nach Kategorien
4.6.1 Innovationsverständnis
4.6.2 Organisationale Innovation
4.6.3 Organisationale Ambidextrie
4.6.4 Positive Effekte
5 Ergebnisse
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.2 Beantwortung der Forschungsfrage
5.3 Praktische Implikationen
5.4 Limitationen
6 Zusammenfassung
7 Ausblick
8 Literaturverzeichnis
Anhang A Interviewleitfaden
Anhang B Auswertungsbogen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Arten der organisationalen Innovation
Abbildung 2 Formen der Ambidextrie
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Die Definitionen des Begriffs in der Literatur
Tabelle 3 Interviewte Expert*innen
Tabelle 4 Kategorienbildung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Der Zweck eines Unternehmens ist unter anderem der Leistungserstellungsprozess und somit die Erstellung von Gütern und Dienstleistungen (Hutzschenreuter, 2015, S. 3-5).
„Ein Hotel, als ein touristischer Betrieb, erfüllt die Funktion Beherbergungs- und Bewirtungsbedürfnisse eines Reisenden zu befriedigen“ (Henschel, Gruner & Freyberg, 2013, S. 2). Das touristische Produkt ist als Dienstleistungsprodukt durch die folgenden Charakteristika stark von anderen Produkten zu unterscheiden Immaterialität, Vergänglichkeit und der Mangel an Lagerfähigkeit. Diese prägen die touristische Dienstleistung deutlich. Die Produktion und die Konsumation finden zeitgleich statt und es bestehen hohe Schwankungen in der Auslastung (Siller, 2010, S. 57). Der Konsum von Dienstleistungen wird von Kotler, Bowen, Makens & Baloglu als Austausch beschrieben dessen Natur es ist, dass die beteiligten Parteien etwas aufgeben und dafür einen größeren Wert zu erhalten (Kotler, Bowen, Makens & Baloglu, 2016, S. 50-55).
Anpassungsfähigkeit ist zu einem wichtigen Charakteristikum auf Unternehmensebene geworden, das die Organisation dabei unterstützt, mit einem komplexen und dynamischen Markt mitzuhalten. Das rasante Wirtschaftsumfeld, das durch sich verändernde Kundenbedürfnisse und Technologien geprägt ist, verlangt von den Unternehmen, dass sie sich an die sich verändernde Dynamik anpassen, um erfolgreich zu sein. Die Gestaltung flexibler Organisationsstrukturen und -systeme, die es den Unternehmen ermöglichen, sich an die Dynamik der Umwelt anzupassen, ist zu einer notwendigen Voraussetzung für mehr Kontrolle geworden (Anning-Dorson & Nyamekye, 2020).
1.1 Problemstellung
Der Dienstleistungssektor nimmt weltweit einen wachsenden Stellenwert ein. Der Anteil des Dienstleistungssektors am BIP beträgt weltweit mindestens 50% (World Bank, 2021). Im Jahr 2019 war der Tourismus für rund 10,4 % des weltweiten BIP verantwortlich. Das BIP-Wachstum des Anteils im Tourismus überholte das generelle BIP-Wachstum konstant in den normalen Wirtschaftsjahren 2011-2019. In den letzten zehn Jahren war Reisen und Tourismus ein wichtiger Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen und ein dynamischer Beschäftigungsmotor. Im Jahr 2019 stellte der Sektor 334 Millionen Arbeitsplätze (10,6 % aller Arbeitsplätze) und war verantwortlich für die Schaffung von einem Viertel aller neuer Arbeitsplätze in den Jahren zwischen 2014-2019 (WTTC, 2021).
Der Tourismus und die daraus entstehenden Dienstleistungen stellen einen wichtigen Teil der Volkswirtschaft dar. Die Tourismusbranche gilt weithin als starker Wachstumsmotor in modernen Volkswirtschaften (UNWTO, 2020). Allerdings fordern gerade der schnelllebige Wettbewerb sowie die volatile und komplexe Nachfrage einen innovativen und flexiblen Ansatz um als Hotelbetrieb erfolgreich zu sein (Wikhamn, 2019).
Organisationen können Veränderungen auf dem Markt antizipieren, die ihr kurz- bis mittelfristiges Verhalten beeinflussen. Da vor allem langfristige Marktveränderungen jedoch nicht genau vorhergesagt werden können, schafft die Fähigkeit, sich schnell an unerwartete Änderungen anzupassen, einen Wettbewerbsvorteil. Dies liegt daran, dass Konkurrenzunternehmen möglicherweise Schwierigkeiten haben, ihre Geschäftsprozesse, Strukturen, Konzepte und Strategien zu modifizieren, um entweder von den Veränderungen zu profitieren oder die Auswirkungen zu umgehen. Ein flexibles Unternehmen zeichnet sich durch Mobilität, Reaktivität und Agilität aus. Diese Attribute versetzen es in die Lage, sich schnell an turbulente Marktgegebenheiten anzupassen und besser auf Veränderungen reagieren zu können als die Konkurrenz (An- ning-Dorson & Nyamekye, 2020).
Ein wichtiger Aspekt dabei ist das Innovationsmanagement der Organisation. In den Bereich des Innovationsmanagement fällt dabei auch die organisationale Innovation. Diese Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen innovativen Fähigkeiten, organisationaler Innovativität, organisationaler Ambidextrie und deren positiven Effekte auf das Unternehmen aus der Resource-based-view in der Hotellerie. Die empirische Forschung findet anhand des Beispiels der Südtiroler Hotellerie statt. Es wird dabei untersucht welche Rolle die organisationale Abidextrie für die Innovativität in Südtiroler 4* Betrieben spielt und ob diese positiven Effekte für die Organisation aufweist.
1.2 Zielsetzung
Diese Forschungsarbeit hat anfangs zum Ziel eine Übersicht zum Stand der Forschung zum Thema organisationale Innovation und Ambidextrie in der Hotellerie auf Basis relevanter Literatur darzulegen. Im nächsten Schritt wird versucht, die möglichen Funktionsmuster der darin enthaltenen Innovationsfähigkeiten, im Rahmen des Hotelmanagements darzustellen. Die Funktion organisationaler Innovationen zu analysieren und identifizieren. Weiters soll untersucht werden, wie der Ansatz der organisationalen Ambidextrie die Innovativität in der Organisation beeinflusst.
Durch eine Gegenüberstellung von Erkenntnissen aus der Theorie und den Ergebnissen der empirischen Datenerhebung wird Antwort auf die Forschungsfrage gegeben.
1.3 Forschungsfrage
Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll daher folgende Forschungsfrage beantwortet werden:
Inwiefern spielt organisationale Ambidextrie eine Rolle für Innovativität in der Ferienhotellerie untersucht am Beispiel der Südtiroler Ferienhotellerie
1.4 Aufbau der Arbeit
Die folgende Arbeit hat den Anspruch, theoretisch relevante Themen zu behandeln und abschließend die Forschungsfrage durch die literaturbasierte und empirische Aufarbeitung zu beantworten.
Die Beschreibung des Aufbaus dieser Arbeit hat den Zweck, Leser*innen einen Überblick über den Inhalt dieser These zu verschaffen.
Das Kapitel 1 bezieht sich auf die Relevanz und die Problemstellung dieses Themas. Ebenso werden der Aufbau und die Methodik beschrieben. Davon bestimmt schließen Zielsetzung und Forschungsfrage das Kapitel ab.
In Kapitel 2 werden zunächst die zum Verständnis notwendigen Begriffe erläutert und eine thematische Abgrenzung durchgeführt.
In Kapitel 3 befasst sich die Forscherin mit relevanter Literatur und dem Stand der Forschung zum Thema in der Hotelbranche. Davon wird strukturell ein analytischer Rahmen für die Arbeit abgeleitet.
In Kapitel 4 geht es darum, Antworten auf die in Kapitel 2 identifizierte Forschungsfrage, auf Basis der zuvor erläuterten Erkenntnisse aus Kapitel 3, in Form von empirischen Ergebnissen zu geben. Dazu werden alle notwendigen Schritte generiert, welche die Forscherin in der methodischen Vorgehensweise zur Datenerhebung und Auswertung stützt und die wissenschaftliche Arbeit in der Datenanalyse auszeichnet.
In Kapitel 5 führen Ergebnisse und Erkenntnisse aus der empirischen Datenanalyse zur Beantwortung der empirischen Forschungsfrage. Weiters umfasst dieses Kapitel praktische Implikationen und zeigt die Limitationen der Arbeit auf.
Kapitel 6 fasst die Arbeit nochmal alle Erkenntnisse und Ergebnisse gesammelt zusammen.
Kapitel 7 schließt mit einem Ausblick ab.
1.5 Methodik
Nach Analyse der bestehenden Literatur im ersten Teil der Arbeit und der theoretischen Beantwortung der Forschungsfrage, wird folgend versucht diese ebenfalls auf empirischer Ebene zu beantworten. Abschließend werden beide Ergebnisse in Vergleich gestellt.
Als Forschungsmethode wurde eine qualitative Methode gewählt, um die im Anschluss zur durchgeführten Empirie abgeleiteten Hypothesen zur Beantwortung der Forschungsfrage heranzuziehen. Diese Untersuchung folgt dem Grundprinzip, dass das methodische Vorgehen strukturiert, geregelt, nachvollziehbar und reproduzierbar ist. Um die benötigten empirischen Ergebnisse zur Beantwortung zu generieren, werden Expert*inneninterviews durchgeführt. Diese werden in Form eines leitfadengestützten Einzelinterviews mit Expert*innen umgesetzt. Die Auswertung der leitfadengestützten Expert*inneninterviews erfolgt nach der qualitativen Inhaltsanalyse nach Meuser & Nagel. Als Interviewpartner*innen wurden Hotelier*innen aus der Dolomitenregion in Südtirol gewählt.
2 Begriffsabgrenzung und -definitionen
Im folgenden Kapitel werden relevante fachspezifische Begriffe definiert und für den Rahmen der Arbeit abgegrenzt. Dies soll ein besseres Verständnis unterstützen.
2.1 Organisationale Innovation
In der Forschung werden verschiedene Definitionen von organisationaler Innovation vorgelegt. Somit gibt es verschiedene Deutungen dieses Begriffes. Diese unterschiedlichen Illustrierungen zeigen, dass die Sichtweise der Organisation in Hinblick auf organisationale Innovation verschieden ist. Trotzdem werden Aspekte der Kreativität durch die bereits vorliegende Literatur belegt. Der Ausdruck wird von den Forschenden als die Übernahme oder Schaffung eines für das Unternehmen neuen Verhaltens oder Konzepts verstanden. Organisationale Innovation ist also das veränderte Verhalten oder die gegenwärtige Idee, die in dem Unternehmen dargestellt wird. Darüber hinaus dient diese Idee dazu, die Organisation positiv zu beeinflussen (Camison & Villar-Lopez, 2014, S. 2891-2902). Im folgenden Kapitel 3.1.2 wird die organisationale Innovation im Rahmen der Hotellerie näher betrachtet.
2.2 Organisationale Ambidextrie
Die erste Erwähnung in der Managementtheorie der Ambidextrie fand durch Duncan 1997 statt. Er beschrieb im Rahmen des Innovationsprozesses den Bedarf einer ambidextralen Struktur. Dabei soll zeitlich die Nutzung von Bestehendem in der Organisation wie auch die Erforschung von möglichen Neuem geschehen (Duncan, 1976, S. 167-188).
Hobus und Busch beschreiben den Anspruch der Ambidextrie im Unternehmenskontext als die Fähigkeit einer Organisation exploitativen und explorative Aktivitäten in einem ausbalancierten Verhältnis parallel zu betreiben. Die exploitativen Aktivitäten konzentrieren sich dabei auf die Nutzung bereits etablierter Geschäftsbereiche der Organisation und die explorativen Aktivitäten zielen darauf ab in neue Geschäftsfelder vorzustoßen (Hobus & Busch, 2011, S. 189193). Exploitation beschreibt etwa Effizienz, Produktivitätssteigerung, Kontrolle, Sicherheit und Verringerung der Abweichungen bei Prozessen. Bei der Exploration kümmert das Management sich um die Suche, die Entdeckung neuer Geschäftsbereiche, die Unabhängigkeit, die Innovation und die Akzeptanz von möglichen Abweichungen. Ambidextrie wandelt diese beiden Aspekte in einen um und implementiert sie in die Organisation (March, 1991, S. 71-73). Im Kapitel 3.1.2 wird die organisationale Struktur und ihre Auswirkungen auf die Organisationsstruktur in der Hotellerie näher untersucht und in Zusammenhang mit der Ressource-based- view und der Erreichung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile gestellt.
2.3 Resource-based-view
Die Theorie der Resource-based-view stammt aus dem strategischen Management. Jay Barney's Journal Artikel „Firm Resources and sustained competitive Advantage” gilt weithin als Schlüsselwerk für die Ressource-based-view. Dieser Ansatz befasst sich in erster Linie und ausdrücklich mit der Führung und dem Management von gewinnorientierten Unternehmen. Resource-based-view betont den nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und die Profit Maximierung. Die Resource-based-view baut auf der Annahme, dass strategisch wertvolle Ressourcen im Unternehmen heterogen verteilt sind. Der Denkansatz stellt einen Zusammenhang zwischen unternehmerischen Ressourcen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen her.
Als empirischer Indikator für die unternehmerischen Ressourcen zur Erreichung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles werden Wert, Seltenheit, Imitierbarkeit und nicht Substituierbarkeit behandelt. Durch das Modell werden unternehmerische Ressourcen analysiert, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu schaffen (Barney, 1991, S. 110-120). Der Theorie liegt zu Grunde, dass das gewünschte Ergebnis durch Bestreben des Management der nachhaltige Wettbewerbsvorteil ist, um den Erfolg der Organisation zu steigern (Fahy, 2000, S. 100-104).
Priem und Butler stellten in ihrem Artikel in Academy of Management Review 2001 die Resource-based-view als Theorie in Frage. Die Autoren argumentieren, dass die Stabilität der Produktmärkte vorausgesetzt wird und der Wert der Ressource nicht definiert wird (Priem & Butler, 2001, S. 22-40). Barney verteidigt die Resource-based-view als Theorie in derselben Ausgabe und stellt in seinem Artikel fest, dass die direkte Kritik von Priem und Butler unbegründet ist (Barney, 2001, S. 41-56).
Die vorangegangenen Kapitel beschreiben für das Verständnis wichtige Konzepte und Theorie für die organisationale Innovation und Ambidextrie in der Hotellerie. In der anschließenden Darlegung der bestehenden Literatur sollen diese Konzepte und Theorien aus der Perspektive der Hotellerie betrachtet werden. Es findet eine kritische Reflexion der Literatur statt um feststellen zu können in welchem Rahmen Konzepte übertragbar sind und welchen Stand die Forschung in diesem Bereich für die Hotellerie erreicht hat.
3 Darlegung der bestehenden Literatur und kritische Reflexion
Die Darlegung der aktuell bestehenden Literatur zum Thema organisationale Innovation und Ambidextrie soll einen Überblick schaffen. Dabei soll die kritische Reflexion die genannte Fragestellung behandeln. Im Rahmen der Arbeit werden die Begriffe in Beziehung zueinander gesetzt und von nicht relevanten Themen abgegrenzt.
3.1 Innovation in der Hotellerie
Dieses Kapitel führt mit dem aktuellen Stellenwert und einigen Charakteristika der Innovation in der Hotellerie in die Arbeit ein und folgend in seinen Unterkapiteln auch in das Thema der organisationalen Innovation. Es soll beschreiben wie Innovation, speziell in der Hotellerie, entsteht und betrieben wird. Weiters soll die Relevanz von Innovationen für Hotelbetriebe festgestellt werden. Daran schließt das Unterkapitel mit der Frage der Innovationsfähigkeit und -kapazität von Hotels an. Abschließend soll auch die Organisationsstruktur in Hotelbetrieben für Innovationen, besonders für organisationale Innovation, besprochen werden.
Innovation scheint sich als universeller Treiber für Wachstum, Rentabilität und Wettbewerbsvorteil zu entwickeln, unabhängig von der Art der Branche, des Geschäfts oder des Marktumfelds (Damanpour, Walker & Avellandeda, 2009, S. 667-670). Die lässt sich ebenfalls in der Hotellerie als Branche beobachten. Es besteht kein Zweifel daran, dass die zunehmende Globalisierung in den vergangenen Jahren erheblich zur Revolutionierung des Innovationsmanagements beigetragen hat. Dies ist sowohl auf die Nachfrage als auch auf das Angebot zurückzuführen (Brem & Viardot, 2017, S. 2-10).
Disselkamp definiert Innovationsmanagement als Schutz und Begünstigung der Wettbewerbsfähigkeit. Diese Wettbewerbsfähigkeit resultiert wiederum aus dem richtigen Management unter anderem von Innovationen. Innovationsmanagement wird von Disselkamp als mehr als das reine Finden und Evaluieren von Ideen verstanden. Disselkamp betrachtet Innovationen sowie das Management derer als eine der grundlegenden Voraussetzungen für die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens (Disselkamp, 2012, S. 15-20).
Diese Veränderung kann ebenfalls in der Hotellerie beobachtet werden. Auch hier ist spürbar, dass Nachfrage und Angebot das Innovationsmanagement der Betriebe beeinflussen.
Das Ergebnis der Studie durch Ofondu zeigt, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Innovationsgrad in einem bestimmten Zeitraum und der Leistung der Unternehmen besteht. Das Innovationsmanagement korreliert signifikant mit dem Wachstum der Unternehmen.
Der Autor schließt aus diesen Ergebnissen, dass es einen konkreten organisatorischen geregelten Prozess geben sollte, um das operative Management der Innovation im Betrieb so oft wie möglich zu verbessern und folglich die Leistung der Organisationen zu steigern. Der Forscher empfiehlt daher unter anderem, dass es eine konkrete organisatorische Regelung geben sollte, um die Prozesse der Innovation so oft wie möglich zu optimieren, damit die Leistung der Organisationen gesteigert werden kann und effektiver gestaltet wird (Ofondu, 2018, S. 207-210). Aus dieser Studie, sowie der Definition durch Disselkamp, lässt sich schließen, dass der Stellenwert der Innovation für eine erfolgreiche und gewinnorientierte Organisation sowie deren langfristige Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich ist.
Gleichzeitig muss beachtet werden, dass durch diesen Innovationsprozess in einer Organisation, die die angebotene Leistung und Prozesse erneuert wird, eine Veränderung stattfindet. Dieser Wandel muss von Beginn des Innovationsprozesses an kontrolliert und gesteuert werden, um das geplante Ergebnis zu erreichen. Dies ist ebenso Teil des Innovationsmanagement (Agbim, Oriarewo & Omattah, 2013, S. 5-7).
Kline und Rosenberg merken in ihrem Beitrag an, dass Modelle, welche Innovation in Organisationen als einen reibungslosen, gut funktionierenden linearen Prozess betrachten, dies nur unzulänglich tun. Grund dafür ist, dass die Art und Richtung der kausalen Faktoren, welche eine entscheidende Rolle spielen, nicht ausreichend spezifiziert werden. Der Innovationsprozess insgesamt ist komplex, instabil und unterliegt vielfältigen Einflussfaktoren. Dabei ist die Innovation selbst schwer quantifizierbar und verlangt eine enge Koordinierung von angemessenem technischem Wissen und exzellentem Marktverständnis, um wirtschaftlichen, technologischen und anderen Anforderungen gleichzeitig gerecht zu werden. Der Innovationsprozess muss als eine Reihe von Vorgängen in einem Gesamtsystem betrachtet werden (Kline & Rosenberg, 2009, S. 175-203).
Innovation wurde in diesem Kapitel als Treiber für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit identifiziert. Weiters sollen nun Treiber für die Innovation im Betrieb als Ressource identifiziert werden, um zu einem besseren Verständnis beizutragen. Grundsätzlich findet die Betrachtung dabei durch die Ressource-based-view statt. Diese wird im Weiteren der Arbeit genauer erläutert und in Zusammenhang gesetzt. Im Kapitel 3.2.3 wird der Begriff Ressource genauer definiert. Ebenfalls wird die Ressource-based-view als Betrachtungsweise der Hotellerie für die Wettbewerbsfähigkeit derer genutzt.
Die Ergebnisse der Studie durchgeführt von Kallmünzer belegen, dass die Unternehmer*innen und die Mitarbeiter*innen als unternehmensinterne Akteure die internen Hauptantriebskräfte für Innovationen sind, aber auch die Gäste und der Wettbewerb in der Region als externe Im- pulsgeber*innen von Bedeutung sind. Diese Innovationsbemühungen werden als Anreiz für Wachstum und Geschäftsentwicklung wahrgenommen (Kallmuenzer, 2018, S. 1989-1995). Daraus lässt sich schließen, dass Innovation nicht nur für die Organisation einen Stellenwert einnimmt, sondern auch für die interne und externe Umwelt. Weiters entstehen Treiber für die Innovation sowohl in der externen als auch in der internen Umwelt des Betriebes.
In der Vergangenheit konnten besonders Kreativität und Innovativität als Antrieb für industrielle Revolutionen festgestellt werden (Morrar, Arman & Mousa, 2017, S. 17-20). Innovation und Kreativität bilden gemeinsam ein untrennbares Konzept. Deshalb sollte es als solches in der Organisation betrachtet werden. Im organisatorischen Kontext bedeutet dies, dass die Kreativität der Mitarbeiter*innen der organisationalen Innovativität vorangeht (Ouakouak & Ou- edraogo, 2017). Daraus ergibt sich eine weitere Dimension von Innovation in der Organisation im Zusammenspiel mit den Mitarbeiter*innen, welche es zu beachten gilt.
Die Mitarbeiter*innen wurden von den Autor*innen als Treiber für Innovation identifiziert und tragen gemeinsam mit ihrer Kreativität entscheidend dazu bei, dass Innovation die gewünschten positiven Effekte im Betrieb entstehen lässt (Ouakouak & Ouedraogo, 2017). Es lässt sich beobachten, dass wenn unternehmerisches Verhalten gefördert und gefordert wird eine Präferenz für Innovation und eine Veränderung der bestehenden Organisation sowie des Status quo und in Folge die bestehende Organisation resultiert (Hossain, Hussain, Kannan & Nair, 2021, S. 700-710). Hassi belegt dies auch durch die Studie zum Thema der vermittelnden Rolle von einem kreativen Klima im Kontext der Hotellerie. Durch diese Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass Kreativität und dessen Anerkennung gegenüber den Mitarbeiter*innen den Weg für Innovationen ebnet (Hassi, 2019, S. 1795-1800). Daraus lässt sich schließen, dass Mitarbeiter*innen ein wichtiger Faktor sind, um Innovationsmanagement erfolgreich zu betreiben. Der Prozess jedoch ist ein ganzheitlicher, welcher von verschiedenen internen und externen Antriebskräften beeinflusst wird.
Festzustellen ist auch, dass Innovation nicht immer eine stärkere Konkurrenzfähigkeit herbeiführt. Wenn dies der Fall ist, kann dies auf limitierte Ressourcen und unausgereifte Innovationsprozesse zurückzuführen sein (Barney, 2001, S. 50-55). Weiters unterstreichen Brem und Viardot die Bedeutung der Ambidextrie um Innovationsprozesse erfolgreich zu managen (Brem & Viardot, 2013, S. 348-354). Im Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit wird weiter darauf eingegangen wie Ambidextrie, im Speziellen die organisationale Ambidextrie, auf organisationale Innovation und Wettbewerbsvorteile wirkt.
Abschließend in diesem Kapitel lässt sich feststellen, dass der Stellenwert der Innovation in einer Organisation dargestellt werden konnte. Die beeinflussenden Treiber für Innovation wurden als solche identifiziert und beschrieben.
3.1.1 Service Innovationen
Das vorangegangene Kapitel beschäftigte sich mit Innovationen im Allgemeinen. Im Folgenden wird näher auf den Bereich Service Innovation in der Hotellerie eingegangen, da diese Dienstleistungen als zentrales Produkt anbieten. Dieses Kapitel unterstützt somit die Abgrenzung der Service Innovation von jener der organisationalen Innovation.
Es wird zunehmend festgestellt, dass Dienstleistungen wesentlich zentraler und bedeutender für den Erwerb von Wettbewerbsvorteilen sind als in Porters Wertschöpfungskette angenommen (Chesbrough, 2011, S. 53-61). Es wird darauf hingewiesen, dass die Hotellerie bei der Einführung von Service Innovationen kein Produkt um einen weiteren Service erweitert. Die Serviceleistung selbst ist das Erzeugnis. Chesbrough kritisiert den Ansatz Porters, dass Dienstleistungen hauptsächlich als Ergänzung zum Produkt zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil beitragen. In der Hotellerie kann Porters Theorie Anwendung finden, wenn die Kerndienstleistung um weitere Arbeitsleistungen ergänzt werden, welche zu einem Wettbewerbsvorteil beitragen (Porter, 2001, S. 60-65).
Um als Organisation langfristig rentabel zu bleiben, müssen diese strategisch auf den Wettbewerb reagieren. Diese Reaktion kann auf verschiedenen strategischen Ebenen stattfinden. Gustafsson, Snyder und Witell sind gegen den Trend der stetigen Erweiterung des Begriffes des Service Innovation. Diese Entwicklung besteht, um alle zusammenhängenden Prozesse miteinzuschließen Vielmehr schlagen sie vor, dass eine Service Innovation folgende Eigenschaften erfüllen sollte. Der Fokus liegt auf dem Ergebnis und nicht auf dem Entwicklungsprozess. Weiters muss die Dienstleistung neu sein und darf nicht einfach aus einer Weiterentwicklung einer bestehenden Dienstleistung bestehen. Es muss ein wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlichen Wert für Stakeholder schaffen (Gustafsson, Snyder & Witell, 2020, S. 111-113).
Folgend wird eine Studie zum Thema Service Innovation und Gästeentscheidungen von den Autor*innen Victorino, Verma, Plaschka, Dev und van Riel genauer auf ihre Relevanz für diese Arbeit untersucht. Das Ergebnis der Studie ist unter anderem, dass Dienstleistungsinnovationen bei der Entscheidung der Gäste für ein Hotel eine zentrale Rolle spielen, wobei die Art der Unterkunft den größten Einfluss hat. Weiters wird beobachtet, dass Service Innovationen einen größeren Effekt auf die Kaufentscheidung haben, wenn die Gäste in Economy-Hotels übernachten, als in Hotels der mittleren und gehobenen Kategorie. Außerdem wurde festgestellt, dass sich Freizeitreisende stärker von innovativen Angeboten, welche der Wettbewerb nicht vorweisen kann, beeinflussen lassen als Geschäftsreisende (Victorino, Verma, Plaschka, Dev & van Riel, 2005, S. 573-576).
Kayhan und Kolleg*innen stellten in ihrer Studie zum Thema Service Innovation und Strukturierung von Organisationen fest, dass ein höheres Level an Service Innovativität in einem positiven Zusammenhang zu einer höheren Betriebsleistung steht. Ein radikal veränderter Service Prozess kann jedoch nicht nur positive Effekte in der Organisation entstehen lassen. Bei fehlenden begleitenden Prozessen können negative Effekte überwiegen und ein Scheitern des Innovationprozess herbeiführen. Folglich erfordert die Anwendung spezialisierter Kompetenzen, d.h. Kenntnisse und Fähigkeiten und das Management der Beschaffung und Organisation dieser (Kayhan, Levent & Vanessa, 2017, S. 110-114). Es muss dabei davon ausgegangen werden, dass die benötigten Ressourcen in der Organisation gegeben sind. Eine Service Innovation basiert auf der Veränderung des Prozesses der Wertschöpfung und Rekonfiguration, mit dem Ziel der die Kultivierung neuer Einstellungen, Fähigkeiten und Kompetenzen für die Co-Kreation und Weitergabe des Wertes an den Kunden*innen (Horng, Liu, Chou, Tsai & Hu, 2018, S. 468469).
Die Betriebs- und ihre Organisationsstrukturen müssen sich an die wachsende wechselseitige Abhängigkeit der wirtschaftlichen Aktivitäten anpassen. Organisatorische Innovation erlaubt Innovationen in den Wertschöpfungsketten des Unternehmens. Folglich begünstigt die Implementierung organisatorischer Innovationsprozesse den Unternehmenserfolg. So kann organisatorische Innovation zu erheblichen Effizienzsteigerungen bei bestimmten Dienstleistungsbereichen innerhalb der Wertschöpfungskette beitragen (Gallego et al., 2013, S. 1129-1131).
Somit lässt sich schlussfolgern, dass organisatorische Innovation den Dienstleistungstätigkeiten einen neuen Mehrwert und ein neues Entwicklungspotenzial in den Wertschöpfungsketten verleihen. Beachtet werden sollte jedoch, dass das Bewusstsein für organisatorische Innovationen als Ansatz im Unternehmen bestehen muss, um diese erfolgreich einsetzen zu können.
3.1.2 Organisationale Innovation
Im folgenden Kapitel wird die organisationale Innovation und seine Auswirkungen auf das Unternehmen beleuchtet. Weiters wird beschrieben in welchem Ausmaß die organisationale Innovation in der Hotellerie betrieben wird und den unternehmerischen Erfolg mitentscheidet.
Bei genauerer Untersuchung der vorhandenen Literatur über organisatorische Innovation fällt auf, dass diese vielfältig und verstreut ist. Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs "organisatorische Innovation" vgl. Kapitel 2.1. Daraus folgt, dass dieser Begriff mehrdeutig ist. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert organisationale Innovation folgend:
„An organisational innovation is the implementation of a new organisational method in the firm’s business practices, workplace organisation or external relations.“ (OECD, 2005, S. 177)
Somit beinhalten Innovationen in der betrieblichen Organisation unter anderem die Einführung und Umsetzung neuer Konzepte für die Verteilung von Zuständigkeiten und die Entscheidungsfindung unter den Arbeitnehmer*Innen, sowie für die Aufgabenverteilung innerhalb und zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen und auch Organisationseinheiten genauso wie für die Gestaltung der Tätigkeiten, beispielsweise die Integration verschiedener Geschäftsbereiche. Ein Beispiel für eine organisatorische Innovation in der Arbeitsplatzorganisation ist die erste Implementierung eines Organisationsmodells, das den Mitarbeiter*innen der Organisation mehr Autonomie bei der Gestaltung von Entscheidungen gibt und sie ermutigt, ihre Ideen einzubringen (OECD, 2005, S. 177).
Ein erster Literaturschwerpunkt beschäftigt sich bei der Definition der organisationalen Innovation mit der Ermittlung der strukturellen Merkmale einer innovativen Organisation und ihren Auswirkungen auf Produkt- und technische Prozessinnovationen (Teece, 1998, S. 60-70).
Ein zweiter Teil der Literatur beschreibt Theorien des organisationalen Wandels und der Organisationsentwicklung, um zu analysieren und zu verstehen, wie sich Organisationen verändern. Dieser Forschungsbereich umfasst Modelle darüber, wie organisationaler Wandel stattfinden kann. Die Wissenschaft untersucht die Rolle der Innovation auf organisationaler Unternehmensebene bereits seit einiger Zeit. Auf dieser wurde Innovation mit positiven organisatorischen Veränderungen in Verbindung gebracht, welche zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität, Effizienz, Leistung und Überleben des Unternehmens führen (Mariano & Casey, 2015). Diese Erkenntnisse lassen sich auf die Hotellerie anwenden, auch wenn sie in einer anderen Dienstleistungsbranche bewiesen wurden (Hannan & Freeman, 1984, S. 149-155).
Ein dritter Bereich in der Literatur konzentrieren sich Forschende auf Theorien der organisati- onalen Erkenntnis und des Lernens sowie auf Theorien der organisatorischen Kreativität (Amabile, 1988, S. 125; Duncan, 1979, S. 80-84).
Bedacht werden sollte allerdings, dass alle diese Forschungs- und Definitionsansätze organisa- tionaler Innovation entweder als eine notwendige organisationale Anpassung an die Etablierung neuer Technologien sehen. Oder als organisationale Innovation als Voraussetzung für den Erfolg von der Implementierung Produkt- oder technischer Prozessinnovationen verstanden werden. In diesem Rahmen wird versucht zu verstehen, wie und unter welchen Rahmenbedingungen sich Organisationen verändern und wie sich dessen Konsequenzen auswirken. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, werden die Auslöser und die Wege untersucht, die das Unternehmen einschlägt, um zu einer Struktur zu gelangen, welche fähig ist Innovationen erfolgreich zu implementieren. Diese Ansätze konzentrieren sich jedoch nicht auf das erreichte Resultat der Organisation in deren neuen Status oder die konkreten neuen Aspekte der Management- und Organisationspraxis, was es erschwert, die Ergebnisse von organisatorischen Innovationen zu messen und zu vergleichen (Armbruster, Bikfalvi, Kinkel & Lay, 2008). Organisationale Innovation ist eine Strategie, die darauf abzielt, neue Ideen zu entwickeln oder auszuwählen, um Dienstleistungen, Produkte, Prozesse und Strukturen hervorzubringen und weiterzuentwickeln, die für Unternehmen einzigartig sind und den unternehmerischen Erfolg unterstützen (Alharbi, Jamil, Mahmood & Shaharoun, 2019, 8-10).
Forscher*innen versuchten in der Vergangenheit, verschiedene Arten von Organisationskonzepten in bestimmten Klassen zu kategorisieren, zusammenzufassen und zu klassifizieren. Demnach kann folgende Unterteilung vorgenommen werden. Strukturelle Organisationsinnovationen beeinflussen, verändern und verbessern von Aufgabenbereichen, Zuständigkeit, Entscheidungsprozesse und Informationsströme ebenso wie die Anzahl der Hierarchieebenen, die Gliederung der Funktionen oder die Trennung zwischen Leitungs- und Unterstützungsfunktionen. Zu solchen strukturellen Organisationsinnovationen gehört z.B. der Wechsel von einer funktionalen Organisationsstruktur, wo Ebenen nach Funktionen aufgeteilt sind, hin zu einer produkt- oder kundenorientierten Aufteilung der Geschäftsbereiche. Prozessuale Organisationsinnovationen betreffen die Abläufe, Prozesse und Vorgänge in einer Organisation. Diese beschreibt Änderungen oder Implementierungen von Innovationen als neue Verfahren und Prozesse innerhalb des Unternehmens. Sie betreffen dabei unter anderem die Geschwindigkeit und Flexibilität der Produktion oder die Qualität des angebotenen Produktes unter Umständen. Organisatorische Innovationen lassen sich weiter in eine intraorganisatorische und eine interorganisatorische Dimension unterteilen. Bei intra-organisatorische Innovationen spricht man von Veränderungen innerhalb einer Organisation oder eines Unternehmens. Hingegen umfassen interorganisatorische Innovationen neue organisatorische Strukturen oder Verfahren außerhalb der Grenzen eines Unternehmens. Intra-organisatorische Innovationen können bestimmte Abteilungen oder Funktionen betreffen oder sich auf die Gesamtstruktur wie auch Strategie des
Unternehmens als Ganzes auswirken. Es ist offensichtlich, dass es eine große Vielfalt an organisatorischen Innovationen gibt, die sich in ihrer Art und Ausrichtung unterscheiden. Anhand der in die genannten Beispiele wird deutlich, dass die vorgeschlagene Kategorisierung analytischer Natur ist. Die Unterscheidung zwischen strukturellen und prozessualen Organisationsinnovationen ist in einigen Fällen von Organisationskonzepten eher pauschalisierend. In der Praxis adressieren die meisten innovativen Organisationskonzepte verschiedene Aspekte von Unternehmensstrategien gleichzeitig (Coriat, 2001; Wengel et al., 2000; Whittington, Pettigrew, Peck, Fenton & Conyon, 2008).
Folgend sind eine Auswahl an organisationalen Innovationsarten dargestellt. Sie beschreiben die Form und Dimension, welche die organisationale Innovation im Betrieb annehmen kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Arten der organisationalen Innovation (Eigene Darstellung)
Die organisatorischen Komponenten, welche Unternehmen bei der Implementierung neuer und neuartiger Ideen begleiten, sind die Treiber der organisatorischen Innovation. In einer äußerst volatilen, ungewissen wie auch vielschichtigen und vieldeutigen Umwelt muss sich die Organisation sowohl intern als auch extern immer wieder neu ausrichten, um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil dauerhaft zu erhalten (Chaubey & Sahoo, 2021, S. 19-21). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass ein tatsächlicher nachhaltiger Wettbewerbsvorteil dem Unternehmen einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Wettbewerb bringt, wenn Veränderungen am Markt stattfinden. Wie bereits im Kapitel 3.1 zum Thema Innovationen in der Hotellerie allgemein durch die Autoren*innen Morrar et al. erklärt, ist für Innovation Kreativität von besonderer Wichtigkeit. Dies lässt sich auch auf die organisationale Innovation anwenden. Das Gastgewerbe betont übergreifend Merkmale wie Fürsorge, dienendes Verhalten und Gemeinschaftsorientierung. Die Gastfreundschaft betont hierbei das Auftreten der Mitarbeiter*innen in einem prosozialen Geiste in den Diensten des Gastes (Bavik, 2020, S. 350-360). Daraus lässt sich schließen, dass Mitarbeiter*innen und ihre kreativen Fähigkeiten als Treiber für Innovation bereits in diesem Kapitel durch die Erkenntnisse von Massi festgestellt wurde. Dies gilt auch in der organisationalen Innovation.
In der Forschung wurde teilweise vernachlässigt, wie Dienstleistungen organisatorisch gestaltet werden können um das gesellschaftliche sowohl als auf das betriebliche Wohlbefinden zu steigern. Organisatorische Dimensionen als solche zu identifizieren, hilft in Folge Dienstleistungsangebote zu transformieren. Die Forschung wird für diese Vernachlässigung teilweise kritisiert. (Chaubey & Sahoo, 2021, S. 19-21). In der Folge daraus ergibt sich, dass die Berücksichtigung der organisationalen Komponente einer Innovation einen Vorteil für den Betrieb darstellt. Organisationale Ambidextrie und organisationale Innovation spielen eine positive, aber differenzierte Rolle im Innovationsprozess, da erstere die Schaffung von Wissen positiv beeinflusst, während letztere den Transfer von dem geschaffenen Wissen positiv beeinflusst (Borini, Santos, Raziq, Pereira & Brunhara, 2022, S. 159-163).
Auf die organisationale Ambidextrie wird in einem nachfolgenden Kapitel 3.4.2 im Zusammenhang mit der Beschaffung und Erhaltung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles eingegangen.
3.1.3 Innovationsfähigkeit und -kapazität in der Hotellerie
Im folgenden Kapitel wird untersucht welchen Innovationsfähigkeit und -kapazität die Hotellerie aufweist.
Um im Wettbewerb bestehen zu können, ist die Fähigkeit Innovationen erfolgreich zu entwickeln und implementieren essenziell. In diesem Kontext sind Hotels laufend unter dem Druck Services und Prozesse weiterzuentwickeln und verändern, um die Erwartungen der Gäste zu erfüllen (Pascual-Fernandez, Santos-Vijande, Lopez-Sanchez & Molina, 2021, S. 9). Es lässt sich ableiten, dass dies auch ein kritischer Faktor für die Verbesserung der Betriebsleistung im kurzfristigen Zeitrahmen und um einen erfolgreichen Wettbewerbsvorteil langfristig zu erhalten ist. Damit dieser Wettbewerb erfolgreich vom Betrieb bestanden werden kann ist dieser abhängig von der Erneuerung und Anpassung von Ressourcen sowie Kapazitäten in deren unmittelbarer Umwelt (Ariza-Montes, Han & Law, 2019, S. 220-230).
Im Rahmen dieser Arbeit soll besonders die Rolle der organisationalen Innovation zur Erreichung dieser Ziele in den Fokus gerückt werden.
Die erfolgreiche Umsetzung von Innovationen in der Hotellerie hängt von den richtigen Prozessen und Organisationsstrukturen ab. In der Hotellerie sind Innovationen eine wichtige Quelle um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu kreieren und zu halten, weil es nicht nur neue Kunden anzieht, sondern auch die bestehende Kundenbindung erhöht, sowie die Möglichkeiten in neuen Märkten schafft und Erfolge verbessert (Horng et al., 2018, S. 465-469). Unternehmen, die eine ambidextrale Strategie mit offenen Innovationsmerkmalen kombinieren, erzielen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil durch die Entwicklung ihrer Innovationsfähigkeiten. Durch einen ambidextralen Ansatz kann die Innovationsfähigkeit und -kapazität gesteigert werden (van Lieshout, van der Velden, Blomme & Peters, 2021, S. 53-55).
Folglich gilt die Schlussforderung, dass sowohl Innovationsfähigkeit als auch die Kapazität für diese vorhanden sein muss. Genauer lässt es sich als Basis beschreiben, ohne welche keine Durchführung möglich ist. Diese beiden sind essenzielle Faktoren für die Implementierung von Innovationen und einen daraus resultierenden Wettbewerbsvorteil.
Weiters ist die verfolgte Strategie entscheidend um die Fähigkeit sowie die volle Kapazität der Organisation nutzen zu können.
3.2 Organisation in der Hotellerie
Im folgenden Kapitel sowie seinen Unterkapiteln wird näher auf die Bedeutung der Organisation im Rahmen der organisationalen Innovation in der Hotellerie eingegangen. Weiters wird dieser Rahmen enger und spezifischer durch die Einbringung der Resource-based-view gestaltet, um einen Beitrag zu Beantwortung der Forschungsfrage leisten zu können. Die Resource- based-view dient im Rahmen dieser Arbeit zur Betrachtung der Organisation und deren Ressourcen.
Unternehmen sind in der Regel divers, und die Differenzen zwischen den Teammitgliedern können eine Herausforderung darstellen. Effiziente und respektvolle Unternehmensführung erfordert Innovation (Roux Tercero, 2020, S. 42-44). Dies trifft besonders auf Hotelbetriebe zu. Die Dienstleistungen des Hotels werden in verschiedenen Bereichen erbracht, von denen die wichtigsten das Beherbergungs- und der Bewirtungsbedürfnis des Gastes befriedigen. Das wei- tere Vorhandensein von zusätzlichen Bereichen und Dienstleistungen sowie die jeweilige Gestaltung der Bereiche sind von verschiedenen Faktoren abhängig darunter Größe, Personalbedarf und Standortbedingungen. Weiters wird auch die Arbeitsteilung für die entsprechenden Bereiche und Leistungen unterschiedlich praktiziert (Henschel et al., 2013, S. 55-56). Entsprechend der Wertschöpfungskette nach Porter können ebenfalls weitere Abteilungen vorhanden sein (Porter, 2001, S. 50-55).
Innovation ist ein wichtiger Faktor für Organisationen in einem wettbewerbsorientierten Marktumfeld, und die interne Organisationskultur wie etwa der Führungsstil kann die Innovation fördern oder hemmen, was sich letztendlich auf die Gesamtleistung von Organisationen auswirken kann (Naranjo-Valencia, Jiménez-Jiménez & Sanz-Valle, 2016, S. 35-38).
Daraus lässt sich schließen, dass die Organisation sowie die interne Kultur eines Unternehmens einen Faktor für dessen langfristigen Erfolg darstellen. Gemeinsam mit der Innovation ist dies Teil der strategischen Ausrichtung und Führung der Organisation.
3.2.1 Organisatorische Strukturen in der Hotellerie
Dieses Kapitel soll aufzeigen, wie organisatorische Strukturen sich positiv auf die Entstehung von organisatorischen Innovationen auswirken und durch diese folglich ein Wettbewerbsvorteil entstehen kann.
Wie bereits definiert können Übernahme oder Schaffung eines für die Organisation neuen Verhaltens oder Konzepts als organisatorische Innovationen verstanden werden.
Um eine erfolgreiche Annahme von Innovationen in betriebliche Prozesse zu erreichen, müssen organisatorische Faktoren gegeben sein. Diese inkludieren organisatorische Ressourcen, organisatorische Fähigkeiten und organisatorische Strategien. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen entsprechend für die Kreation und Implementierung organisatorische Innovationen gegeben sein müssen.
Aus Sicht der Ressource-based-view Theorie ergibt sich aus der Organisationsfähigkeit ein implizites Wissen und ist von der Konkurrenz schwer nachzuahmen. Daher könnte die Entwicklung von Innovationen als eine einzigartige Strategie zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbsvorteils angesehen werden (Horng et al., 2018, S. 455-460).
Im später folgenden Kapitel 3.4.1 wird näher auf den Stellenwert des Wettbewerbsvorteiles und der Zusammenhang zu organisatorischen Innovationen eingegangen. Anning-Dorson und Nya- mekye führen in ihrer Studie aus, dass der Aufbau einer flexiblen Organisationsstruktur als
Instrument zur Transformation von Innovationen in Wettbewerbsvorteile unabdingbar ist (An- ning-Dorson & Nyamekye, 2020, S. 620-622). Dies bedeutet die Organisation verfolgt dazu die organisationalen Ambidextrie. Organisationale Ambidextrie beschreibt die Fähigkeit einer Organisation, sowohl explorativ als auch exploitativ zu arbeiten um mit neuen Technologien und auf neuen und bestehenden Märkten zu konkurrieren, wo Flexibilität, Unabhängigkeit und Innovativität gefordert sind (O'Reilly & Tushman, 2013, S. 324-330).
3.2.2 Resource-based-view-Theorie in der Hotellerie
Dieses Kapitel befasst sich mit der Resource-based-view und wie mit diesem Ansatz nachhaltige Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen geschaffen werden können. Der Ansatz der Resource-based-view dient in Rahmen dieser Arbeit als Ansatz zur Bestimmung der Rahmenbedingungen. In einem späteren Kapitel wird die Resource-based-view in Zusammenhang zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen durch organisationale Ambidextrie gestellt. Die Theorie der Resource-based-view baut darauf auf Wettbewerbsvorteile einer Firma durch interne Faktoren zu kreieren und zu halten. Die Theorie wurde 1991 von Barney publiziert. Die Theorie betont die Rolle von Ressourcen und Fähigkeiten bei der Bildung der Grundlage für Wettbewerbsvorteile. Mehrere Forschende trugen zur Entwicklung der Resource-based-view bei, wobei Barney mit seiner Publikation 1991 die Resource-based-view zu einem umfassenden und damit empirisch überprüfbaren theoretischen Rahmen machte (Barney, 1991, S. 99-120). Ressourcen werden folgend als etwas definiert, das ein Unternehmen besitzt, das physische und finanzielle Vermögenswerte sowie die Fähigkeiten der Mitarbeiter*innen und organisatorische Prozesse umfassen kann. Im Gegensatz dazu ist eine Fähigkeit etwas, dass ein Unternehmen ausführen kann, was sich aus Ressourcen und Routinen ergibt, auf die das Unternehmen zurückgreifen kann (Winter, 2000).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 Die Definitionen des Begriffs in der Literatur (Eigene Darstellung)
Der Begriff Ressource wird in der Literatur bei der Bearbeitung der Ressource-based-view unterschiedliche Attribute zugeschrieben. Tabelle 1 zeigt verschiedene Ansätze durch Forscher auf und soll dem Überblick dienen. In dieser Arbeit wird die Definition von Barney 1991 vorwiegend verwendet. Weiters fließen die bereits vorgestellten Definition indirekt mit ein. Die Darstellung soll weiters deutlich machen, dass die Definition der Ressource abhängig von der untersuchten Branche sowie den Forschungsgegenstand gesehen werden kann und muss. Eine universelle und allgemeingültige Definition kann somit nicht präsentiert werden.
Als wertvolle Ressourcen eines Unternehmens, werden jene bezeichnet die einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Weiters sind Ressourcen auch dann von Wert, wenn sie es einem Unternehmen gestatten, Anreize und strategische Ansätze zu implementieren, die unter anderem vorhandene Effizienz wie auch Effektivität verbessern. Abschließend gilt eine Ressource als wertvoll, wenn sie dazu verhilft, externe Risiken zu neutralisieren und Chancen für das Unternehmen zu fördern (Ainuddin, Beamish, Hulland & Rouse, 2007, S. 56-58). Barney stellt bereits fest, dass eine Ressource strategisch nur dann wertvoll ist, wenn sie langfristig einen Wettbewerbsvorteil bringt und wenn nicht jedes konkurrierende Unternehmen eine solche Ressource erhalten könnte (Barney, 1991, S. 110-115).
Eine Studie durchgeführt von Singjai, Winata und Kummer baute auf der Resource-based- view-Theorie auf und untersuchte wie Umweltressourcen sowie unternehmerisch Ressourcen durch organisatorische Leistungsfähigkeit zum Erreichen eines Wettbewerbsvorteils beitragen können. Die Studie konnte bestätigen, dass Innovationskraft, Lernorientierung und Qualitätsmanagement dazu beitragen einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen und diesen zu erhalten (Singjai, Winata & Kummer, 2018, S. 139-141).
Nach Ansicht der Autor*innen Bogodistov und Wohlgemuth bietet die ressourcenbasierte Sichtweise einen Ansatz, der es ermöglicht, Prioritäten im Risikomanagement zu setzen im Rahmen des Innovationsmanagements (Bogodistov & Wohlgemuth, 2017, S. 246-250). Michael Alexander Kruesi und Luka Bazelmans untersuchten die Forschung der letzten 20 Jahren in Bezug auf die Resource-based-view in der Hotellerie. Sie stellten fest, dass um die Wirksamkeit der Resource-based-view als theoretische Grundlage für künftige Forschungen zu erhöhen, ihre Nutzung in Studien einheitlich gestaltet werden muss. Dies sollte ebenfalls geschehen, um die Entwicklung einer einheitlichen Theorie zu ermöglichen. Bei der Untersuchung der vorhandenen Literatur wurden durch die Autoren mehrere Mängel festgestellt, darunter der praktische Nutzen der Resource-based-view, der begrenzte Anteil an qualitativer Forschung und der begrenzte Fokus auf andere Branchen als die Hotellerie. Ebenfalls kritisch sehen die Autoren die derzeitige Fülle an Forschung mit ausschließlich westlicher Perspektive (Kruesi & Bazelmans, 2022, S. 7-8).
Die Resource-based-view kann insgesamt nicht als Theorie an sich sondern als theoretischer Bezugsrahmen verstanden werden. Dieser Ansatz als ressoucen-basierten Rahmen dient dieser Arbeit zur Unterstützung und Eingrenzung sowie als Sichtweise für die Bearbeitung des Forschungsfeldes.
Folgend wird im nächsten Kapitel 3.3 die Tourismusregion Südtirol in den Kontext der Untersuchung gebracht. Das folgende Kapitel soll dem/der Leser*in auch ein gewisses Grundverständnis sowie Überblick über die Region und ihre Besonderheiten für die Untersuchung an der Südtiroler Hotellerie bieten.
3.3 Die Tourismusregion Südtirol
In diesem Kapitel wird die Tourismusregion Südtirol genauer betrachtet. Es soll dazu dienen einen Überblick über die untersuchte Region zu erhalten. Die Betriebe, welche im folgenden Teil der Empirie durch Experteninterviews untersucht werden, sind in dieser Region beheimatet. Der Überblick dient dazu dem/der Leser*in einen Eindruck von der Umwelt der Betriebe zu geben.
Südtirol, mit offiziellem Name Autonome Provinz Bozen - Südtirol, ist die nördlichste Provinz Italiens. Gemeinsam mit der Provinz Trentino bildet sie die Region Trentino-Alto Adige. Die Grenze im Norden und Osten, verläuft entlang der Bundesländer Tirol und Osttirol der Bundesrepublik Österreich. Im Westen grenzt die Provinz an die Schweiz sowie, im Süden und Osten an die italienischen Regionen Lombardei und Venetien. Die Landschaft ist gebirgig und abwechslungsreich, der höchste Gipfel ist der Ortler mit 3.905 Metern über dem Meeresspiegel. In Südtirol gibt es über 150 natürliche Seen, wobei der größte See, der Kalterer See, im Süden des Landes liegt. Das Land ist zu etwa 50% bewaldet, daher gibt es auch eine große Anzahl an Naturparks und Biotopen. Einige von ihnen sind der Naturpark Drei Zinnen, der Naturpark Fannes-Sennes-Prags und der Naturpark Schlern - Rosengarten. Die drei oben genannten sind auch UNESCO-Welterbestätten (Bartaletti, 2002, S. 197-210; Lechner & Moroder, 2012).
Das neue Autonomiestatut von 1972 verleiht der Region Trentino-Südtirol zahlreiche Kompetenzen und Zuständigkeiten. Diese Befugnisse sind in primäre, sekundäre und tertiäre Gesetzgebungsbefugnisse unterteilt. Die Gesetzgebungsbefugnis des Staates Italien umfasst Außenpolitik, Verteidigung, Währung, Steuern, öffentliche Sicherheit, Gerichtsbarkeit und weitere. Die Provinz Südtirol kann in allen anderen Bereichen Gesetze erlassen. Dabei müssen sich die Landesgesetze jedoch im Rahmen der italienischen Verfassung, des EU-Rechts und der internationalen Verträge bewegen (Autonome Provinz Bozen, 2022).
Der Tourismus in Südtirol hat sich dezentral entwickelt, was ihn somit von anderen alpinen Regionen in Frankreich und Italien unterscheidet. Südtirol selbst ist vergleichsweise zu anderen alpinen Regionen, wie Frankreich, relativ klein und mit einer Wirtschaftssituation, welche hauptsächlich auf dem Tourismus basiert. Ein Vorteil für Südtirol ist die Dreisprachigkeit (Italienisch, Deutsch & Ladinisch), die geografische Position sowie die breite Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber dem Tourismus. Der Dienstleistungsektor beschäftigt rund 69% der Bevölkerung mit dem Hotel- und Gastgewerbe als einem der wichtigsten Arbeitgeber (Lechner & Moroder, 2012, S. 5-12).
Im letzten vollen Tourismusjahr 2018/19 zählte die Provinz Bozen rund 10.365 Beherbergungsbetriebe, welche 224.243 Gästebetten boten. Rund 3.954 dieser Betriebe werden als Hotel kategorisiert und bieten Gästen in Südtirol 149.491 Gästebetten. Im selben Zeitraum wurden 7.685.434 Ankünfte gezählt. Die Nächtigungen erreichten eine Höhe von 33.577.902 für das Tourismusjahr 2018/19. Der durchschnittliche Gast blieb somit rund 4,3 Tage. Diese Zahlen stellen den aktuell höchsten Stand im Südtiroler Tourismus dar. Im darauffolgenden Tourismusjahr beeinflusste der Ausbruch der Covid-19 Pandemie den Tourismus stark (ASTAT, 2019).
In dem folgenden Kapitel sowie seinen Unterkapitel wird näher auf Wettbewerbsvorteile eingegangen. Weiters widmet sich ein Unterkapitel dem Gegenstand wie ambidextrale Organisation als Fähigkeit eines Unternehmens zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil führen kann.
3.4 Wettbewerbsvorteile in der Hotellerie
Das Kapitel versucht aufzuzeigen, warum ein Wettbewerbsvorteil wichtig für ein Hotel ist und wie dieser kreiert werden kann.
Das Erlangen eines Wettbewerbsvorteiles wurde von Porter als das wichtigste Ziel eines Unternehmens festgelegt. Der Wettbewerbsvorteil einer Organisation kann als die durch Ressourcen und Eigenschaften erworbene Kompetenz angesehen werden, auf einem höheren Leistungsniveau zu agieren als die Mitbewerber*innen auf demselben Markt. Um die Herkunft eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils bestimmen zu können, ist es zunächst nötig alle Aktivitäten der Organisation genau zu untersuchen und zu bestimmen wie diese untereinander Einfluss nehmen oder brauchen (Porter, 1997, S. 12-16).
Die Wertschöpfung für Kunde*innen, Mitarbeiter*innen und Eigentümer*innen ist zu einem bedeutenden Feld im strategischen Management geworden. Um Werte für diese Stakeholder zu schaffen, sollte ein Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerber*in- nen erzielen, indem es sich an das unsichere Branchenumfeld anpasst, die sich ändernden Bedürfnisse der Kunden versteht und auf neue Markteintritte reagiert (Yong & Byeong, 2004, S. 65-68). Die Nutzung der ressourcenbasierten Perspektive des Unternehmens ist ein leistungsfähiger Rahmen für den Aufbau nachhaltiger Stakeholder-Beziehungen für den Unternehmenserfolg (Tantalo & Priem, 2016, S. 322-328). Aus diesem Grund findet die Betrachtung der Hotels im Rahmen dieser Arbeit durch die Resource-based-view statt.
Der Wettbewerb für Beherbergungsbetriebe wird durchzunehmende Komplexität kategorisiert. Um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu schaffen, muss dieser die Eigenschaften wertvoll, selten, unvollkommen nachahmbar und nicht substituierbar aufweisen (Hossain et al., 2021, S. 700-705). Der Wettbewerbsvorteil und die Wertschöpfung werden verstärkt durch strategisches Management mit dem Anspruch, die Kosten zu minimieren und den Gewinn zu maximieren (Pasaribu, Bulan, Muzakir & Pratama, 2021, S. 360-365).
Die Implementierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen ist ein entscheidendes Attribut im modernen Hotelmanagement das von Expert*innen und Hotelmanager*innen gleichermaßen anerkannt wird (Horng, Liu, Sheng-Fang & Chang-Yen, 2017, S. 44-52). Obwohl die Identifizierung der Quellen von Wettbewerbsvorteilen zu einer immer wichtigeren Priorität in den Bereichen strategisches Management und Marketing geworden ist, haben Manager*innen in der Hotellerie wenig Anstrengungen unternommen, um zu verstehen, wie Wettbewerbsvorteile erreicht werden können (Yong & Byeong, 2004, S. 65-71).
3.4.1 Schaffung und Erhaltung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Schaffung und Erhaltung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles im Rahmen der Resource-based-view.
In der Resource-based-view wird der Begriff nachhaltig in typischer Weise für das strategische Management mit dem Begriff Wettbewerbsvorteil verknüpft (Fahy, 2000, S. 94-104). Damit eine Organisation ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahren kann, muss sie ständig innovativ sein. Dazu bedarf es der richtigen Kombination der Ressourcen und Fähigkeiten aus Führungskräften, talentierten Mitarbeiter*innen, organisatorischen Merkmalen und Kultur. Die Attraktivität und Erreichbarkeit von Destinationen und folglich auch von Hotels wird in der Zukunft verstärkt durch den Klimawandel beeinflusst. Daraus könnte sich ein größerer Wandel in den Zielmärkten ergeben und zu größeren Investitionen in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit zur Folge haben (Buckley, Gretzel, Scott, Weaver & Becken, 2015, S. 59-70). Der Umgang mit Umweltproblemen stellt eine erhebliche Herausforderung für die Wirtschaft dar, da nicht nachhaltige Geschäftstätigkeiten zur Verschlechterung der natürlichen Ressourcen führen (Hall, J., Daneke, G.A. & Lenox M.J., 2010, S. 443-447). Bei Betrachtung der Hotellerie durch die Resource-based-view liegt jedoch kein Fokus auf der Erreichung eines ökologisch nachhaltigen Wettbewerbsvorteiles. Die Nachhaltigkeit bezieht sich hierbei auf den Zeitfaktor. Nicht jeder Wettbewerbsvorteil, der im Unternehmen geschaffen wird, ist nachhaltig.
Gibt es für die unternehmerische Ressource ein Substitut oder ist diese anfällig für Nachahmung kann sie einen kurzfristigen jedoch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil bieten (Freeman, Dmytriyev & Phillips, 2021, S. 1760-1768). Wunder beschreibt nachhaltiges Handeln als den Schlüsselfaktor für ein erfolgreiches Unternehmen unter der Prämisse, dass das fundamentale Umfeld des Unternehmens sich in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht anpasst (Wunder, 2017, S. 45). Daraus lässt sich schließen, dass mehrere Faktoren für die Bewertung des Erfolges eines Unternehmens herangezogen werden müssen.
Anning-Dorson und Nyamekye haben in ihrer Studie untersucht, wie Innovativität in einen Wettbewerbsvorteil umgewandelt werden kann. Es wurde festgestellt, dass die Lücke zwischen Innovationsfähigkeit und den Ergebnissen am Markt das Resultat von organisationaler Flexibilität ist. Daraus ergab sich, dass organisationale Flexibilität als ein wichtiger Mediator zwischen Innovativität und der Erreichung eines Wettbewerbsvorteils wirkt. Innovativität selbst jedoch hat nur begrenzte Auswirkungen auf das Erreichen eines Vorteiles gegenüber dem Wettbewerb (Anning-Dorson & Nyamekye, 2020, S. 614-622).
Bei der Identifikation von Ressourcen durch die Resource-based-view muss beachtet werden, dass nicht alle Ressourcen gleich wichtig sind oder das Potenzial haben, eine Quelle für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil (Fahy, 2000, S. 94-104) zu sein Barney schlägt deshalb in seinem Beitrag von 1991 vor, dass vorteilschaffende Ressourcen vier Bedingungen erfüllen müssen, Wert, Seltenheit, Unnachahmlichkeit und Nichtsubstituierbarkeit (Barney, 1991, S. 110-120).
3.4.2 Durch der organisationalen Ambidextrie zum Wettbewerbsvorteil
Das Kapitel versucht aufzuzeigen, wie durch die organisationale Ambidextrie ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil erreicht werden kann.
Hobus und Busch weisen darauf hin, dass Unternehmen, welche sich einseitig nur auf die Nutzung bisher erfolgreicher Kompetenzen fokussieren den Erfolg des Unternehmens gefährden. Gleichzeitig stellt allerdings auch die Exploration in immer neue Geschäftsfelder ohne finanzielle Rückflüsse durch etablierte Geschäftsfelder eine Gefahr für das Unternehmen dar. Der Ansatz der Ambidextrie beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens sowohl explorativ als auch exploitativ den Innovationsprozess zu gestalten (Hobus & Busch, 2011, S. 189-193).
Die Wissenschaft hat begonnen, organisatorische Ambidextrie als die Fähigkeit einer Organisation zu betrachten, welche die Spannungen zwischen den verschiedenen Tätigkeiten der Exploration und der Exploitation zu vereinbaren (Werder, Karl, Heckmann & Carl Simon, 2019, S. 42-44).
Aus dem Paradoxon ergeben sich anhaltende Spannungen zwischen Exploration und Exploitation und bedrohen die Umsetzung von organisationaler Ambidextrie. Die Studie von Maclean, Harvey, Golant und Sillince deutet daraufhin, dass die Verwirklichung der organisatorischen Ambidexterität ein fortlaufender dynamischer Prozess ist (Maclean, Harvey, Golant & Sillince, 2021, S. 710-715). Eine wachsende Zahl von Studien argumentiert, dass organisationale Am- bidextrie und Innovation zunehmend wichtig für den nachhaltigen Wettbewerbsvorteil von Unternehmen ist (Junni, Sarala & Tarba, 2013, S. 299-310). Das spricht für eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema als Unternehmen um diese Vorteile nutzen zu können.
Die empirischen Ergebnisse der Studie durchgeführt von Popadic, Cerne und MilohniC zeigen starke positive Auswirkungen durch den ambidextralen Ansatz auf die Innovationsleistung des Unternehmens. Diese Ergebnisse weisen ebenso eine positive Korrelation zwischen Exploration und Exploitation. Daraus schließen die Autoren, dass eine orthogonale Beziehung besteht und sie sich somit gegenseitig ergänzen (Popadic, Cerne & Milohnic, 2015, S. 112-119).
Der übergreifende Rahmen der organisatorischen Ambidextrie besteht zudem aus Verhalten, Kontext und Leistung. Diese kontextuellen Voraussetzungen für organisatorische Ambidextrie setzen sich aus den organisatorischen Charakteristika, dem externen Milieu und den Erkenntnissen der Führungsebene zusammen (Lavie, Stettner & Tushman, 2010, S. 148-152). Die organisationale Ambidextrie, als die Fähigkeit einer Organisation, ihre vorhandenen Ressourcen zu nutzen in Form von exploitatives Lernen und gleichzeitig neue Chancen für die Entwicklung neuer Kompetenzen zu erkunden ist essentiell um Wettbewerbsvorteile zu schaffen und zu halten (March, 1991, S. 79-85). Die Studie zum Thema organisationale Ambidextrie, dynamischen Fähigkeiten und offener Innovation durchgeführt von van Lieshout et al. kam zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die ihre ambidextrale Strategie mit offenen Innovationsmerkmalen verknüpfen, erreichen einen Wettbewerbsvorteil da sie dadurch die Entwicklung ihrer dynamischen Kompetenzen vorantreiben. Diese Studie zeigt auch, dass eine doppelseitige Strategie nicht mehr nur als eine strukturelle Lösung betrachtet werden sollte, die von der Managementebene ein- und umgesetzt wird, sondern auch als eine Chance Veränderungen nachhaltig von unten nach oben zu implementieren (van Lieshout et al., 2021, S. 54-59).
In der Literatur zur organisationalen Ambidextrie gibt es Differenzen zwischen der Art der am- bidextralen Aktivität. Drei verschiedene Formen der Ambidextrie werden vorgestellt: strukturelle Ambidextrie, kontextuelle Ambidextrie und zyklische Ambidextrie. Es wird ein Gleichgewicht zwischen Exploration und Exploitation durch getrennte Einheiten hergestellt, um diese gegensätzlichen Innovationsstrategien auszuführen. Strukturelle Ambidextrie stellt eine räumliche Trennung der Innovationstätigkeit vom aktuellen Kerngeschäft dar. In der kontextuellen Ambidextrie findet diese Trennung nicht statt. Stattdessen unterstützt die Führungskraft je nach Bedarf und zeitlicher Möglichkeiten. Die zyklische Ambidextrie bezeichnet eine besondere Form der kontextuellen Ambidextrie. Es folgt eine sequenzielle Abfolge von Exploitation und Exploration (Birkinshaw & Gibson, 2004, S. 3-18; O’Reilly & Tushman, 2008, S. 200-205). Die drei Arten der Ambidextrie werden anhand von Beispielen in der folgenden Abbildung nochmal zum besseren Verständnis dargestellt. In Kapitel 4.6.3 werden den Expert*innen Formen der ambidextralen Arbeitsweise entsprechend ihren Betrieben zugeordnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Formen der Ambidextrie, (Birkinshaw & Gibson, 2004, S. 3-18; O’Reilly & Tushman, 2008, S. 200205)
In der gegenwärtigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird aus drei theoretischen Perspektiven versucht zu erläutern, wie Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen: organisatorische Ambidextrie, dynamische Fähigkeiten und offene Innovation. Ersteres, die organisatorische Ambidextrie, ist als die Fähigkeit der Organisation zur Bewältigung paradoxer Spannungen, die bei der Verteilung von Ressourcen zwischen Exploration und Exploitation entstehen, zu betrachten (March, 1991, S. 78-82).
3.5 Theoretisches Zwischenfazit
Zusammenfassend lassen sich folgende Erkenntnisse aus der Untersuchung der Literatur ziehen. Organisationale Innovation wird als Ausdruck gesehen, neue Verhaltensweise oder Prozesse im Unternehmen zu integrieren. Mit diesen wird entweder auf bereits geschehene Veränderungen reagiert oder es wird die Organisation auf zukünftige Veränderungen vorbereitet. Der ambidextrale Ansatz unterstützt die Organisation dabei organisationale Innovationen jeglicher Art zu implementieren und durch ein erfolgreiches Innovationsmanagement einen langfristigen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Ein Faktor, der dabei hilft, die Lücke zwischen Innovationsmanagement und Wettbewerbsvorteil zu schließen ist die flexible Organisationsstruktur. Ressourcen werden gesehen als physische und/oder finanzielle Werte, sowie die Mitarbeiter und organisationale Prozesse. Diese führen, wenn sie die notwendigen Eigenschaften Wert, Seltenheit, Imitierbarkeit und nicht Substituierbarkeit erfüllen zu einem Wettbewerbsvorteil. Die Kreativität, besonders jene der Mitarbeiter, ist ein wichtiger Treiber für die organisationale Innovation. Dabei spielt auch die interne Organisationskultur einen wichtigen Faktor. Die Ambi- dextrie als dynamischer Prozess gestaltet hilft dabei dem Unternehmen im kritischen Spannungsfeld seine Tätigkeiten zwischen Exploration und Exploitation erfolgreich zu navigieren.
4 Empirie
Im folgenden Teil werden die angewandten Datenerhebungsinstrumente und deren Beschreibung näher erläutert. Weiters wird auf die Methodik der Datenauswertung eingegangen, bevor anschließend die Auswertung der Ergebnisse erfolgt. Ziel dieses Kapitels ist ein tiefergehendes Situationsverständnis für den Leser bereitzustellen. Die Empirie folgt dem Kriterium der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit (Berger-Grabner, 2016, S. 127-156).
4.1 Auswahl und Beschreibung Forschungszugang
In der empirischen Sozialforschung werden Daten systematisch, über soziale Tatsachen durch geeignete Methoden erhoben, ausgewertet und analysiert. Im Fokus steht das Beschreiben, Interpretieren und Verstehen (Berger-Grabner, 2016, S. 127-136). Das Ziel des deskriptiven Forschungszuganges ist es Muster aufzuzeigen sowie die bestehenden Verbindungen und das Verständnis dieses aufzuzeigen (Baur & Blasius, 2014, S. 524-535).
Der Forschungszugang soll auf methodische Weise beschreiben, wie nicht standardisierte Daten in Form des Expert*inneninterview erhoben, ausgewertet und interpretiert werden. Die Resultate des qualitativen Forschungszugangs kann zu bewussten Abweichungen gelangen können. Im Gegensatz dazu sollte der quantitativen Forschungszuganges immer zu denselben Ergebnissen gelangen (Zepke, 2016, S. 18-19). „Der qualitativ-verstehende Ansatz versteht sich dabei immer dahingehend, Gegenstände, Zusammenhänge und Prozesse nicht nur analysieren zu können, sondern sich in sie hineinzuversetzen, sie nachzuerleben oder sie zumindest nacherlebend sich vorzustellen“ (Mayring, 2015, S. 18).
4.2 Auswahl und Beschreibung der Erhebungsmethode
Die Wahl für die Erhebungsmethode fiel auf die der leitfadengestützten Interviews mit Ex- pert*innen. Der Leitfaden arbeitet mit offenen, direkten Fragen und ist in seinem Aufbau einem natürlichen Gespräch nachempfunden (Diekmann, 2003, S. 446). Die Expert*innen bilden in dieser Untersuchung die Zielgruppe. Es werden Aussagen über ihr eigenes Handlungsfeld untersucht, in diesem Fall wird dies als Betriebswissen bezeichnet (Meuser & Nagel, 2005, S. 7179). Die Fragestellung, welche im Fokus des leitfadengestützten Interviews steht, wurde im Vorfeld durch die Literaturreche definiert. Diese qualitative Erhebungsmethode ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit der Interviews (Berger-Grabner, 2016, S. 136-144).
Das Expert*inneninterview als qualitative Erhebungsmethode folgt anders als andere qualitative Methoden keiner exakt methodisch definierten Vorgehensweise. Vielmehr kann die Bezeichnung wörtlich verstanden werden. Der Experte steht im Mittelpunkt. Qualitative Ex- pert*inneninterviews werden häufig zur Theorienentwicklung herangezogen. Der Erfolg der empirischen Erhebung auf der Basis von Interviews hängt maßgeblich von der Qualität der befragten Personen ab (Bogner, Littig & Menz, 2014, S. 5-7).
4.3 Auswahl und Beschreibung des Samplings
Das kleinere theoretische Sampling bietet sowohl der Forscherin als auch den Expert*innen ein tieferes Eintauchen in das Thema. Der Umfang der Stichprobe garantiert ein aussagekräftiges und genaues Ergebnis. Diese Anzahl an Interviews richtet sich bei der qualitativen Forschungsmethode nach dem wiederkehrenden Erkenntnisgewinn. Die Größe der Grundgesamtheit ist nicht von Bedeutung (Berger-Grabner, 2016, S. 138-149). Die Gesamtperson bildet hierbei nicht den Gegenstand der Analyse, stattdessen wird ein organisatorischer Zusammenhang untersucht. Die Bestimmung als Expert*in ist abhängig vom Forschungsinteresse des jeweils Forschenden (Meuser & Nagel, 2005). Das wichtigste Kriterium welches die Expert*innen als solche für dieses Forschungsvorhaben bestimmt ist ihr Wissen und ihre Erfahrung in dem relevanten Bereich der Fragestellung. Das gesammelte Wissen und die von den Expert*innen erworbenen Fertigkeiten, bilden die Grundgesamtheit der Kenntnisse aufgrund jener sie als Sample ausgewählt wurden. Meuser und Nagler deklarieren dass, „wer in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung oder wer über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt kann als Expert*in definiert werden kann“ (Meuser & Nagel, 2005, S. 75-85).
Der wirtschaftliche Blickwinkel bezieht sich auch auf die breite, praktische Frage der Initiierung und Durchführung solcher Expert*innengespräche. Die organisatorischen Prozesse, die hinter den Experten in den Institutionen stehen können, so aufgearbeitet werden. Durch das Mitwirken des Experten können sich für die/den Forscher*in im Gespräch Möglichkeiten ergeben, den Zugang des Forschenden zum Feld zu erweitern. Durch die Befragung selbst kann der/die Expert*in strukturelle und organisatorische Strukturen offenbaren (Bogner & Menz, 2005, S. 33-40).
Die ausgewählten Expert*innen kennzeichnen sich als solche durch eine spezifische Berufserfahrung in einer operativen Funktion in der Hotellerie aus. Sie wurden aufgrund ihrer hohen fachlichen Kompetenz zum Thema ausgewählt. Die Sachverständigen können aufgrund ihrer hohen qualitativen Kompetenz, den fachspezifischen Wissen und sozialer Kompetenz einen wichtigen Beitrag zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen. Alle Befragten sind in der gehobenen Südtiroler Hotellerie in der Dolomiten Region tätig. Die Befragung findet online via Videokonferenztool statt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 Interviewte Expert*innen
Die Ergebnisse der Expert*innengespräche werden nach der Methodik von Meuser und Nagel ausgewertet. Das Ziel ist die Beantwortung der Forschungsfrage durch die Auswertung des empirischen Teils der Arbeit.
Der Ansatz der qualitativen Inhaltsanalyse basiert auf Kategorien. Diese beziehen sich auf Aspekte innerhalb des Textes, die die Bedeutung von Unterschieden oder Ähnlichkeiten zum Vorschein bringen. Die Textauswertung beschränkt sich also auf das gewählte Kategoriensystem. Textinhalte, die nicht durch die Kategorien oder ganzheitlichen Eindrücke angesprochen werden, bleiben unberücksichtigt oder müssten mit anderen Textanalyseverfahren behandelt werden (Meuser & Nagel, 1991, S. 441-454).
Die Auswertungsstrategie wird von Meuser und Nagel selbst als Entdeckungsstrategie eingeordnet. Die Auswertung orientiert sich grundsätzlich an thematischen Einheiten und der Funktionskontext der Experten steht im Vordergrund. Dies bedeutet, dass gemeinsam geteilte institutionell-organisatorische Aussagen gesammelt und ausgewertet. Die Vergleichbarkeit wird durch die Unterstützung des Interviewleitfaden gewährt.
Die Auswertung erfolgt zunächst durch die inhaltliche Transkription der Gespräche. Anschließend folgen das Paraphrasieren und thematische Ordnen. Es werden Sinnabschnitte, welche für die Forscherin relevant sind in eigenen Worten wiedergegeben. Es folgt das Einordnen in die thematischen Kategorien, welche vorab gebildet wurden. Eine Bündelung durch einen thematischen Vergleich trägt dazu bei, dass in der soziologischen Konzeptualisierung verglichen werden kann, welche Meinungen sich innerhalb der befragten Gruppe decken. Abschließend folgt die theoretische Generalisierung. Hierbei soll überprüft werden, inwiefern sich die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit jenen aus der Literatur decken (Meuser & Nagel, 1991, 2005).
4.4 Qualitätssicherung
Die Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität werden eingehalten, um eine korrekte Operationalisierung der Forschungsziele zu ermöglichen. Dies hat zum Ziel durch Präzision und Verlässlichkeit ein verlässliches Resultat oder neue objektive Ergebnisse zu generieren (Mayring, 2015, S. 123).
4.5 Kategorienbildung
Unter Berücksichtigung der Codier Regeln nach Meuser und Nagel wurden für die Analyse Einheiten nach Haupt- und Unterkategorien für diesen empirischen Teil der Forschungsarbeit gebildet. Diese wurden vorab auf einem induktiven und deduktiven Weg gebildet. Der Codierungsvorgang dient der Bündelung und der anschließend theoretischen Generalisierung (Meu- ser & Nagel, 2005, S.85).
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- Sarah Santer (Author), Die Bedeutung der organisationalen Ambidextrie für die Innovativität in der Ferienhotellerie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1249546
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