Was ist ein Feuilletonroman? Diese zentrale Frage nach der Definition und Theorie des
Feuilletonromans liegt der vorliegenden Arbeit zugrunde, doch ihre Beantwortung am Anfang
würde zuviel auf einmal vorweg nehmen. Anhand seiner historischen Voraussetzungen und
Entwicklungen sollen zunächst die wesentlichen Charakteristika herausgearbeitet und
diskutiert werden. In der Conclusio soll dann der Versuch einer theoretischen
Systematisierung unternommen werden und auf eventuell auftretende Problemschwerpunkte
hingewiesen werden.
Die verwendete Periodisierung ist Lise Queffélecs Büchlein Le roman feuilleton au XIX
siècle entlehnt, wobei die Ereignisse der „Übergangsphase“ (periode de transition) in den
beiden hauptsächlichen Phasen mitbehandelt werden. Die Autorin weist ihrerseits bereits auf
die Relativität einer jeden Periodisierung hin. In der Retrospektive ist es zur gängigen Praxis
geworden, Epochenphänomene, wenn möglich, in einzelne Phasen zu untergliedern, um
wesentliche Strukturen und Strömungen sichtbar zu machen und voneinander abzugrenzen.
An dieser Stelle ist jedoch Vorsicht geboten. So wie das Leben vielfältigen dynamischen
Prozessen unterliegt, sind nachträglich gezogene Periodengrenzen auch niemals starr, sondern
fließend und sollen vor allem als Orientierungshilfe dienen. Stets verschieben sie sich je nach
Blickwinkel und Fragestellung. Auch ist es nicht ratsam, kulturelle, politische oder soziale
Aspekte strikt voneinander zu trennen, da wichtige Synergieeffekte und Zusammenhänge
unterschlagen werden und einem gewissen Schematismus zum Opfer zu fallen. Das exakte
Nachzeichnen und Abgrenzen unter möglichst allen Gesichtspunkten führt von einer
unvermeidlichen Abstraktion zur ungewollten Verzerrung. Da eine absolute Periodisierung
also notwendig defizitär sein muss, soll diese im Hinblick auf das vorliegende Thema stets als
eine Möglichkeit betrachtet werden. Die zeitgeschichtliche Untersuchung beginnt im Jahre
1836 mit dem ersten veröffentlichten Feuilletonroman überhaupt und endet im Jahre 1914,
was nicht das Verschwinden des Feuilletonromans bedeutet, so doch zumindest das Ende
seiner bis dato unbestrittenen Vormachtstellung unter den Unterhaltungsmedien. Zudem ist
der Ausbruch des ersten Weltkrieges ein wohl nicht zu ignorierender Markstein in der
Menschheitsgeschichte überhaupt, weshalb auch der Feuilletonspezialist Hans-Jörg
Neuschäfer den historischen Rahmen von 1836-1914 absteckt. (Neuschäfer 1986, S. 2)
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Die romantische Periode des Feuilletonromans (1836-1866)
- Vor dem Feuilletonroman
- Die Geburt des Feuilletonromans
- Verbreitungsmodi
- Sue und Dumas
- Kritik
- Genres und Autoren
- Entwicklung der Meinungspresse
- Die Zeitungsromane
- Aufstieg der Unterhaltungspresse
- Zur Buchproduktion
- 2. Der Feuilletonroman unter der Dritten Republik (1875-1914)
- Die Spaltung der Presse
- Werbestrategien
- Verbreitung des Feuilletonromans
- Der Feuilletonroman in der Krise
- Neue Medien
- Conclusio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des französischen Feuilletonromans im 19. Jahrhundert. Sie beleuchtet die historischen Voraussetzungen und Entwicklungen, um die wesentlichen Charakteristika des Genres herauszuarbeiten und zu diskutieren. Ein Versuch einer theoretischen Systematisierung wird in der Conclusio unternommen.
- Definition und Theorie des Feuilletonromans
- Historische Entwicklung des Feuilletonromans in zwei Hauptphasen (romantische Periode und Dritte Republik)
- Einfluss der Presse und des Publikationsmodus auf die Entstehung und Verbreitung
- Bedeutung gesellschaftlicher und politischer Veränderungen
- Entwicklung des Unterhaltungsmediums im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Das Kapitel "Vor dem Feuilletonroman" analysiert die literarischen Vorläufer und den Kontext der Entstehung des Feuilletonromans, unter anderem den wachsenden Erfolg des Romans als Genre und den Einfluss von Autoren wie Cooper und Scott. Die "Geburt des Feuilletonromans" beschreibt die Rolle von Émile de Girardin und seiner Zeitung "La Presse" bei der Einführung einer preisgünstigen Tageszeitung und der damit verbundenen Revolution im Zeitungswesen. Das Kapitel konzentriert sich auf die radikale Preissenkung, die steigenden Auflagen und die damit einhergehende Entwicklung des Feuilletonromans als profitables Geschäftsmodell.
Schlüsselwörter
Feuilletonroman, französischer Roman, 19. Jahrhundert, Presse, Unterhaltungsliteratur, Publikationsmodus, romantische Periode, Dritte Republik, Serialisierung, Verbreitung, Werbestrategien, Leser, Literaturgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Philipp Zöllner (Autor:in), 2006, Die Entwicklung des französischen Feuilletonromans im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125055