Operationalisierung des Begriffs Eliten

Abhängigkeit der Chance als Elite rekrutiert zu werden von der sozialen Herkunft


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Die Entwicklung des Elitebegriffs
2.1 Enstehung des Elitebegriffs
2.2 Elite und Masse – Die Dichotomie von Mosca, Pareto und Michels
2.3 FunktionsEliten als Reaktion auf den Faschismus

3 Soziale Herkunft Als Selektionskriterium in der ElitenrekRutierung in Deutschland.
3.1 Selektivität durch Bildung im Wandel
3.2 sozialer habitus als auswahlkriterium
3.3 Die deutsche sonderstellung im internationalen Vergleich

4 Schluss

1 Einleitung

Der Versuch das gegliederte Schulsystem in den 1970er Jahren mit der Einführung von Gesamtschulen zu ersetzen und somit allen die gleichen Bildungschancen zu geben ist gescheitert. Ziel war eine höhere soziale Durchlässigkeit und höhere Abiturientenquoten. Letztere sind geblieben, doch die Gesamtschulen selber sind zu modernen Volkschulen verkommen und bilden nun mit den Hauptschulen das untere Ende des deutschen Schulsystems[1].

Heute dagegen ist von Abschaffung des gegliederten Schulsystems nicht mehr die Rede, stattdessen gewinnt die Diskussion über Eliten an Popularität. Eliteschulen und Hochschulen sind das Thema. Ziel von Wirtschaft und Politik ist es, die deutsche Hochschullandschaft nach dem Vorbild Amerikas und Englands zu reformieren und Eliteuniversitäten nach dem Vorbild Harvards oder Oxfords zu schaffen. Eine handlungsfähige Elite soll geschaffen werden, welche international konkurrenzfähig ist.[2] Soziale Durchlässigkeit scheint aus dem Fokus verschwunden zu sein. Zwar betonen die Elitebefürworter, dass man in keinem Falle eine Herkunftselite wolle, sondern Leistungseliten[3], doch wie sieht die Elitenrekrutierung der deutschen Eliten aus? Fraglich ist sicher, ob es tatsächlich eine Chancengleichheit gibt und Leistung der einzige Faktor bei der Elitenauswahl ist. Es stellt sich also die Frage, wie groß heute die Abhängigkeit von der Chance Elite zu werden und der sozialen Herkunft in Deutschland ist. Dies ist die Kernfrage, die diese Arbeit zu beantworten versucht. Als Grundlage zur Beantwortung der Frage dienen dieser Arbeit dabei die Forschungsergebnisse von Michael Hartmann aus den Jahren 1995-97[4], in der er die Rekrutierung der deutschen Topmanager als erster nach Kruk 1972 zum Thema einer soziologischen Studie macht. Genauso seine Einführung in die Elitesoziologie von 2004[5] und seine Arbeit über die Eliten in Europa, in denen er die deutsche Eliterekrutierung international vergleicht[6]. Hartmann ist demzufolge der derzeit führende deutsche Wissenschaftler auf dem Gebiet der Eliteforschung.

Wie auch Hartmann in seiner Studie, konzentriert sich diese Arbeit dabei auf die Rekrutierung der Wirtschaftseliten, da besonders in der Wirtschaft das Leistungsprinzip gelten sollte. Zum anderen scheiden sowohl die politische Elite, als auch die militärische aus. Zunächst ist das politische Amt oft ein nebenberufliches und nicht selten mit einer bedeutenden Wirtschaftsposition verknüpft, so dass bei der Betrachtung der politischen Eliten von vielen Störvariablen ausgegangen werden muss. Die militärische Eliterekrutierung ist dagegen stark formalisiert und an gewisse Faktoren, wie z.B. die Fachhochschulreife für Offiziere gebunden. Die wirtschaftliche Elite dagegen steigt meist früh in die Wirtschaft ein, die Entwicklung zu Elite jedoch erfolgt erst später, so dass die Inhaber von Führungspositionen im Durchschnitt 50 Jahre alt sind[7]. Somit ist in der Wirtschaft von einer umfassenden Prüfung bei der Rekrutierung der Eliten auszugehen, welche weder formalisiert ist, noch zu viele Störvariablen enthält.

Da der Begriff Elite vielseitig verwendet wird (z.B. Eliteeinheiten beim Militär) und in der Geschichte sowohl positiv als auch negativ gebraucht wurde, wird am Anfang dieser Arbeit der Begriff geklärt und besonders die Bedeutung des Begriffs Elite in Deutschland veranschaulicht, um darauf aufbauend den durch den Faschismus begründeten Sonderweg in der deutschen Eliterekrutierung zu verdeutlichen. Danach werden die zwei Hauptselektionskriterien in der Eliterekrutierung sozialer Habitus und Bildung behandelt, um klar zu machen inwieweit gerade der soziale Habitus auf die Chance als Elite in Deutschland rekrutiert zu werden wirkt. Dazu werden in dieser Arbeit die bereits vorliegenden Forschungsergebnisse von Michael Hartmann[8] auf diese Fragestellung hin untersucht und mit denen von Schubert vertieft, welcher die Forschungsergebnisse Hartmanns mit denen von anderen Forschungsergebnissen vergleicht[9]. Abschließend wird der deutsche Weg mit dem anderer großer Industriestaaten verglichen, um die Eliterekrutierung in Deutschland international einordnen zu können. Resümierend werden dann die Ergebnisse der Arbeit im Schluss einer Betrachtung unterzogen.

2 Die Entwicklung des Elitebegriffs

Der Begriff Elite wirkte seit jeher polarisierend, trennt er doch eine Minderheit durch einen Prozess der Auslese, in welcher Form auch immer, von der Masse. Besonders in der europäischen Geschichte und ganz besonders in der deutschen ist genau diese Dichotomie der Grund, warum das Wort Elite bei vielen Unbehagen auslöst. Um zu verstehen, wieso gerade in Deutschland die Elitenrekrutierung ein so sensibles Thema ist und wieso sich Deutschland immer noch schwer tut eine organisierte Elitenrekrutierung zu installieren, muss man die Entwicklung des Elitenbegriffes verstehen.[10]

2.1 Entstehung des Elitebegriffs

Die ersten Entwürfe einer Eliterekrutierung machte bereits Platon (427-347 v. Chr.), indem er die Rekrutierung der Philosophenkönige, welche laut ihm die Weisen und Besten seien, in seinem Werk Politeia beschreibt. Wie empfindlich gerade die deutschsprachigen Philosophen nach dem zweiten Weltkrieg auf das Thema Elite reagierten, zeigt die Platokritik Poppers[11], welcher Plato totalitäre Ideen vorwirft. Diese Sensibilisierung ist die Folge der Entwicklung des Elitebegriffes im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Der Elitebegriff selbst stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde zunächst vom französischen Bürgertum benutzt. Zunächst gebraucht als Kampfbegriff gegen Adel und Klerus, um Abstammung als Voraussetzung erfolgreicher Karrieren zugunsten von Leistung abzulösen[12], änderte sich die Bedeutung im 19.Jh. In den Zeiten von Industrialisierung und Bevölkerungswachstum gebrauchte das Bürgertum den Begriff Elite um sich selbst von der Masse abzugrenzen[13]. Die Angst der bürgerlich akademischen Intelligenz vor den revolutionären Forderungen der Arbeiterschaft führte dazu, dass alle drei grundlegenden Theorien zu dieser Thematik fast gleichzeitig um die Jahrhundertwende verfasst wurden.[14] Kein Wunder also, dass die Dichotomie von Elite und Masse die Werke beherrscht. Diese machiavellistischen Theorien von Mosca, Pareto und Michels, welche klar zwischen herrschender Elite und beherrschten Massen unterscheiden, halfen nicht zuletzt genau wegen ihrer eliteverherrlichenden Form dem deutschen und italienischen Faschismus an diese Theorien anzuknüpfen[15].

2.2 Elite und Masse – Die Dichotomie von Mosca, Pareto und Michels

Gemeinsam haben alle drei Theorien nicht nur die Unterteilung der Gesellschaft in Elite und Masse, sondern auch die Frage nach der Reproduktion der Eliten. Alle drei sehen nicht etwa die Rekrutierung neuer Eliten als Aufgabe des Staates, sondern gehen davon aus, dass der Antagonismus zwischen Elite und Masse selbst zur Entwicklung neuer Eliten führt.

Gaetano Mosca sieht zum Beispiel in dem Konflikt zwischen „Monopolisierungsbestrebungen der Herrschenden und dem Aufstiegswillen neuer Kräfte“[16] den Motor die alten Eliten durch neues Blut aufzufrischen. Er hält genau diese Durchmischung für zwingend notwendig, da, wie er sagt, eine Elite durch reine Vererbung, aufgrund fehlender Notwendigkeit sich durchzusetzen, durch „fehlende Kühnheit und Kampfeslust“[17] schnell verweichlicht und drohenden politischen Gefahren nicht genug entgegenzusetzen vermöge. Dieser Prozess erfolgt jedoch normalerweise nicht plötzlich, sondern fortlaufend und schleichend, und führt dann zum Erfolg, wenn sich „neuen Eliten“ die Verhaltensweisen und Eigenschaften der Alten aneignen.[18]

[...]


[1] [-]: Neue alte Idee. In: Die Zeit 29 (2007), URL: http://www.zeit.de/2007/29/Neue_alte_Idee, S.16.

[2] Hartmann, Michael: Elitesoziologie. Eine Einführung. Frankfurt/Main 2004, S.7.

[3] Ebd., S.8.

[4] Hartmann, Michael: Klassenspezifischer Habitus oder exklusiver Bildungstitel als soziales Selektionskriterium?. Die Besetzung der Spitzenpositionen in der Wirtschaft. In: Krais, Beate (Hrsg.):An der Spitze. Von Eliten und herrschenden Klassen. Konstanz 2001, S.157-215.

[5] Hartmann: Elitesoziologie.

[6] Hartmann, Michael: Eliten und Macht in Europa. Ein internationaler Vergleich. Frankfurt/Main 2007.

[7] Schubert, Klaus: Leistungseliten: Die Bedeutung sozialer Herkunft als Selektionskriterium für Spitzenkarrieren. Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung von Sozialisation und Qualifikation. Hamburg 2005, S.63f.

[8] Hartmann: Habitus oder Bildungstitel.

[9] Schubert: Leistungseliten.

[10] Vgl. hierzu Hartmann: Elitesoziologie, S.43f

Siehe dazu Kapitel 2.3

[11] Karl R. Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Der Zauber Platons. s.l. 1945.

[12] Hartmann: Elitesoziologie, S.9.

[13] Schubert: Leistungseliten, S.3-4.

[14] Hartmann: Elitesoziologie, S.13.

[15] Hartmann: Elitesoziologie, S.43.

[16] Ebd., S.23.

[17] Ebd.

[18] Ebd, S.24.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Operationalisierung des Begriffs Eliten
Untertitel
Abhängigkeit der Chance als Elite rekrutiert zu werden von der sozialen Herkunft
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Empirische Sozialforschung / Soziologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V125246
ISBN (eBook)
9783640310715
ISBN (Buch)
9783640309740
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Operationalisierung, Begriffs, Eliten, Empirische, Sozialforschung, Soziologie
Arbeit zitieren
Michael Arend (Autor:in), 2008, Operationalisierung des Begriffs Eliten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125246

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