Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Gendererklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Geschichte des Geldes
2.1 Vom Tauschhandel zum Geld
2.2 Funktionen von Geld
2.2.1 Tausch- bzw. Zahlungsmittelfunktion
2.2.2 Wertaufbewahrungsfunktion
2.2.3 Recheneinheitsfunktion
2.3 Das Vertrauen in Gold
2.4 Das Vertrauen in Banknoten
3 Kryptowährungen und Dezentralisierung
3.1 Peer to Peer Netzwerk
3.2 Das Double-Spending Problem
3.3 Die Blockchain
3.4 Funktionsweise von Kryptowährungen
3.4.1 Kryptographische Grundlagen
3.4.2 Public Address und Private Keys
3.4.3 Wallets
3.4.4 Transaktionen
3.4.5 User, Full-Nodes und Miner
3.4.6 Mining
3.4.7 Forks
3.4.8 Open Source
3.5 Ausgewählte Kryptowährung als Beispiel dezentraler Währungen
3.5.1 Bitcoin (BTC)
3.5.2 Litecoin (LTC)
3.5.3 Ethereum (ETH)
3.5.4 Ripple (XRP)
4 Anwendung und Nutzen von Kryptowährungen
4.1 Sind Kryptowährungen (Bitcoin) Geld?
4.2 User, Nodes und Miner
4.3 Spekulationsobjekt und Investitionen
4.4 Kryptowährungen und Kriminalität
4.5 Weitere Zukunftschancen
5 Risiken für Kryptowährungen
5.1 Identische private keys
5.2 Quantencomputer
5.3 Energieverbrauch
5.4 Größe der Blockchain
5.5 Regulierung und Verbote
5.6 Zentralisierung
6 Conclusio
Literaturverzeichnis
Gendererklärung
Das in dieser Arbeit gewählte generische Maskulinum bezieht sich zugleich auf die männliche, die weibliche und alle anderen Geschlechteridentitäten. Zur besseren Lesbarkeit wird auf die Verwendung zusätzlicher Sprachformen verzichtet. Alle Geschlechteridentitäten werden ausdrücklich mitgemeint, soweit die Aussagen dies erfordern.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau eines zentralen Netzwerkes (links) gegenüber einem dezentralen Netzwerk (rechts)
Abbildung 2: Double-Spending am Beispiel eines Fotos auf dem Smartphone
Abbildung 3: Double-Spending am Beispiel von Geld
Abbildung 4: Schematische Darstellung einer einfachen Blockchain
Abbildung 5: Übersichtsseite einer geöffneten Wallet in Bitcoin Core
Abbildung 6: Schematische Darstellung des Mining Prozesses im Proof of Work Verfahren
Abbildung 7: Schematische Darstellung einer Blockchain inklusive Forks durch Orphan Blocks
Abbildung 8: Was sind Hard- und Soft Forks?
Abbildung 9: Anzahl bestätigter Bitcoin-Transaktionen pro Tag (Stand 25.12.2021)
Abbildung 10: Anzahl der Transaktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr weltweit
1 Einleitung
Spätestens seit dem Jahr 2008 erfreuen sich sogenannte Kryptowährungen, allen voran jene mit dem Namen Bitcoin, zunehmend größerer medialer Beliebtheit. Nahezu jedem wird dieses Thema bereits begegnet sein. Der Zeitpunkt des Aufkeimens von Bitcoin ist kein Zufall. Sowohl die Digitalisierung im Allgemeinen, als auch die zu dem Zeitpunkt auf ihrem Höhepunkt liegende Finanzkrise im Speziellen waren Antriebe für das neue Konzept.1 Die Finanzkrise hat das Vertrauen in das staatlich kontrollierte Bankensystem geschwächt. Dadurch ausgelöst, stieg in den darauffolgenden Jahren das Interesse an alternativen Finanzsystemen an. Das 2008 präsentierte Peer-to-Peer Zahlungssystem Bitcoin gewann folglich an Nutzenden und Befürwortenden.
Dennoch hält sich das tatsächliche Hintergrundwissen über die Funktionsweise und Nutzungsmöglichkeiten der heutigen Vielzahl an Kryptowährungen bei der Bevölkerung in Grenzen. Das dürfte allem voran darin begründet sein, dass sie sich im Allgemeinen als technisch sehr komplex präsentieren und zudem ausschließlich digital existieren. Während Ersteres für den durchschnittlichen Verbraucher abschreckend wirken kann, wird Zweiterem oftmals mit Skepsis begegnet. Trotzdem steigt die Anzahl an durchschnittlichen Nutzenden bzw. täglichen Transaktionen bis heute an.2 Auch die Menge an Unternehmen, welche Kryptowährungen (vorrangig Bitcoin) als Zahlungsart akzeptieren, befindet sich im Aufschwung. Beispielsweise ist es seit 2017 möglich auch beim Online-Essenslieferdienst Lieferando seine Bestellungen in Deutschland mit Bitcoins zu bezahlen.3 Globale Finanzakteure wie das Unternehmen PayPal oder die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa wollen ebenfalls ihre Netzwerke auf Kryptowährungen ausweiten.4 Nicht nur Unternehmen, sondern auch Staaten setzen sich zunehmend mit der Thematik von Kryptowährungen auseinander. El Salvador hat als erstes Land Bitcoin als offizielles, gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt.5
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand der Technologie von Kryptowährung und Beispielen aus der Praxis eine Aussage über deren Nutzen und Anwendungspotential zu treffen. Dabei sollen auch Risiken und Herausforderungen für Kryptowährungen
betrachtet, sowie Vergleiche mit dem konventionellen Bankensystem vorgenommen werden, um schlussendlich eine Aussage über deren Zukunftsfähigkeit zu formulieren.
Um dieses Ziel zu erreichen wird im nächsten Kapitel einleitend die Geschichte und Entwicklung des Geldes betrachtet. Es wird geklärt, was Geld ist, wie es auftritt und welche Funktionen es erfüllt. Darauffolgend wird in Kapitel 3 spezifischer auf das Thema Kryptowährungen eingegangen, wie die noch jungen Währungen technisch funktionieren und mit welchen Lösungsstrategien sie den Problemen der Dezentralisierung begegnen. Denn einen Bezugsrahmen über die technische Konzeption hinter Kryptowährungen herzustellen ist obligatorisch, um deren Nutzen sowie die resultierenden Chancen und Risiken in den nachfolgenden Kapiteln gegenüberstellen zu können. Das 4. Kapitel behandelt Nutzungsformen und Chancen, welche Kryptowährungen mit sich bringen. Kapitel 5 hingegen stellt dem die potenziellen Risiken von digitalen Zahlungssystemen gegenüber.
Der Aufbau und die methodische Vorgehensweise dieser Arbeit orientierten sich an dem Zweck zur Beantwortung der Frage nach dem Nutzen von Kryptowährungen. Diese Arbeit richtet sich an einen fachkundigen Dritten aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre vor dem Hintergrund der Geldtheorie. Die Grundlage hierfür bildet ein theoretischer Ansatz im Sinne einer klassischen qualitativen Quellenforschung gemäß Mayring. Es wird eine Kombination aus Primär- und Sekundärerhebung angewandt. Trotz Bekanntwerdens in 2008 existiert nicht zwangsläufig ausreichend wissenschaftliche Literatur in Form von Büchern und Papern. Insbesondere vor dem Hintergrund volatiler Entwicklungen können etwa Veröffentlichungen von vor mehr als drei Jahren bereits veraltet sein. Demnach werden publizistische Internetquellen von Querrecherchen in der einschlägigen Literatur gestützt.
2 Die Geschichte des Geldes
Heutzutage ist ein funktionierendes Finanzsystem essenzieller Bestandteil für das Wachstum und die Entwicklung einer modernen Volkswirtschaft.6 Allem voran hat die Banken- und Finanzkrise mit Beginn im Jahr 2007 die globale Tragweite und den wirtschaftlichen Einfluss des Finanzsystems aufgezeigt.
Ein solches Finanzsystem musste sich jedoch erstmal entwickeln und durchsetzen. Daher lohnt ein Blick auf die Anfänge des Geldes, um nicht nur die Entstehung, Formen und Funktionen unserer modernen Fiat-Währungen zu verstehen, sondern auch um diese mit den Kryptowährungen vergleichen zu können. Fiatgeld (vom lateinischen „Fiat“, zu Deutsch: Es werde) ist eine Bezeichnung für Geld, welches nicht (mehr) durch Gold oder andere Ware gedeckt ist. Es besitzt neben seinem Tauschwert keinen zusätzlichen inneren Wert. Beispiele sind der Euro, der US-Dollar oder der Schweizer Franken. Es unterscheidet sich vom Warengeld, das einen inneren Wert (in der Ware selbst) besitzt, wie es bei Gewürzen oder Edelmetallen der Fall ist.
2.1 Vom Tauschhandel zum Geld
Seit jeher ist der Tausch und Handel von Waren, Gütern und Dienstleitungen ein fester Bestandteil der menschlichen Geschichte, wenn auch nicht immer in einer derart differenzierten Ausprägung, wie es heute der Fall ist. Ein Beispiel ist der Naturalhandel, also der Tausch von realen Gütern für andere reale Güter. Dieser Tausch hatte jedoch ein essenzielles Problem, welches auch als doppelte Koinzidenz von Bedürfnissen bezeichnet wird.7 Folgendes Szenario aus der Naturalwirtschaft veranschaulicht die Problematik:
Damit Person A eine Kuh gegen 12 Hühner eintauschen kann, muss sie einen Tauschpartner B finden, welcher
§ 12 Hühner besitzt, die er bereit ist abzugeben und
§ die Kuh höher bewertet als seine 12 Hühner8
Ein zentrales Tauschmedium, welches einen Wert zwischenspeichert und zu einem späteren Zeitpunkt für weitere Tauschgeschäfte verwendet werden kann, leidet nicht unter dieser Problematik. Wenn ein Großteil der Nutzenden gemeinsam ein solches Tauschmedium akzeptieren wird es Geld genannt.9 Nach gängiger ökonomischer Definition gilt als Geld, was Geldfunktionen erfüllt.10
2.2 Funktionen von Geld
Damit Geld langfristig als Zahlungsmittel fungieren kann, muss es von diversen Teilnehmern am Markt (Privatpersonen, Unternehmen, staatliche Institutionen, etc.) als solches akzeptiert werden. Um diese Akzeptanz erreichen zu können, haben sich in der Vergangenheit Schlüsselattribute herauskristallisiert, welche Geld erfüllen muss. In der neueren Geldtheorie der Volkswirtschaftslehre wird zwischen Tausch- und Zahlungsmittelfunktion, Wertaufbewahrungsfunktion, sowie Recheneinheitsfunktion unterschieden.11
Ein heute historisch-prominenter Vertreter von Geld ist das Edelmetall Gold. Auch wenn Gold nicht das erste Geld war, hat es bis heute noch finanzielle Bedeutung für Anleger, Investoren und Zentralbanken. Letztere verfügen bis heute teilweise immer noch über Goldreserven und kaufen weiterhin zu.12
2.2.1 Tausch- bzw. Zahlungsmittelfunktion
Allem voran ist Geld ein Tauschmittel, welches den Güterhandel erleichtern soll.13 Am konkreten Beispiel ist es in der Lage das, unter 2.1 beschriebene, Problem der doppelten Koinzidenz der Bedürfnisse zu lösen. Der Handel mit Geld ist dabei ein Zwischenschritt, getauscht wird Ware gegen Geld und Geld gegen Ware. Der zweite Schritt kann dabei auch zeitlich und örtlich unabhängig vom ersten erfolgen.
Geld muss dabei transportabel bleiben.14 Je handlicher das Tausch- und Zahlungsmittel ist und umso weniger Platz es einnimmt, desto eher ist es als Geld geeignet. Ein lebendes Tier beim Naturalhandel mit sich zu führen war um ein Vielfaches komplizierter, als einige Goldstücke in der Tasche zu haben.
2.2.2 Wertaufbewahrungsfunktion
Geld erfüllt seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel dann besonders gut, wenn es selten und nicht leicht zu reproduzieren ist, als auch sich nicht selbst verändert und beispielsweise verdirbt.15 Letzteres ist ein weiteres Problem der Naturalwirtschaft, da der Wert von Tauschgütern wie Tieren oder Gewürzen nicht beliebig lange erhalten bleibt. Die Zeitfenster für Kauf und Verkauf waren allein daher schon nicht gänzlich frei wählbar. Unverderbliches und materialbeständiges Geld hingegen erlaubt es den Nutzenden, den eingetauschten Wert für einen späteren Zeitpunkt aufzubewahren. Zusätzlich sind die Nutzenden dadurch in der Lage, das Geld für kostspieligere Anschaffungen anzusparen.16
Gold ist beispielsweise nur unter Arbeitsaufwand zu Tage zu fördern. Es ist zunächst nicht einfach reproduzierbar und zudem von Natur aus nur in begrenzten Mengen verfügbar. Es verdirbt oder vergeht auch nicht von selbst, wodurch Gold die Wertaufbewahrungsfunktion gut erfüllt.17
2.2.3 Recheneinheitsfunktion
Der Gegenstand, welcher als Geld verwendet wird, stellt einen zentralen Wertmaßstab dar. Geld ist somit eine Bezugsgröße für alle anderen gehandelten Güter und ermöglicht es, deren Werte miteinander zu vergleichen.18 Im Naturalhandel gibt es für jede Beziehung von zwei Gütern ein eigenes Werteverhältnis (fiktives Beispiel: 12 Hühner für eine Kuh). Gemäß einschlägiger Literatur lässt sich anhand folgender Formel die Anzahl an Wertverhältnissen in einem Markt mit n Gütern berechnen, wenn n die Anzahl an Güter beschreibt.
Entsprechend der Formel 2.1 existieren in einem Markt mit lediglich 100 Gütern (n = 100) 4.950 verschiedene Wertverhältnisse. Bei 1000 Gütern sind es schon 499.500 Wertverhältnisse. Die Zahl steigt hierbei exponentiell an. Mit Geld als Bezugsgröße für alle gehandelten Güter existieren für n Güter genau n Wertverhältnisse, genannt Preise.
Um die beschriebene Funktion als Recheneinheit besonders gut zu erfüllen ist es hilfreich, wenn das verwendete Geld zudem teilbar ist (1 Unze Gold in 2 halbe Unzen Gold oder 1 Euro in 100 Cent).19 Dadurch ist eine differenziertere Preisgestaltung möglich, was bei einer besonders hohen Menge an Waren und Dienstleistungen nützlich ist.
2.3 Das Vertrauen in Gold
Vertrauen bildet die Grundlage für die Benutzung von Geld, denn die Nutzenden müssen darauf vertrauen können, dass ihr Geld seinen Wert beibehält.20 Erst dann wird das Geld von allen akzeptiert. Im Kapitel 2.2 wurde bereits beispielhaft erläutert, warum Gold die drei Geldfunktionen der Volkswirtschaftslehre gut erfüllt. Das führt zu der Annahme eines gestiegenen Vertrauens in Gold und schließlich in die Akzeptanz von Gold als Geld.
Doch auch Gold wies mit der Zeit Nachteile bezüglich der Geldfunktionen auf. Es ist als reines Edelmetall zwar naturbedingt selten, doch gelangten Fälschungen in Umlauf. Diese waren beispielsweise mit Kupfer vermengt und von den meisten Nutzenden nur schwer zu erkennen.21 Es wurde also möglich, Goldmünzen in gewissem Umfang zu reproduzieren, was die Wertaufbewahrungsfunktion minderte. Gleichzeitig ist reines Gold durch seine hohe Dichte vergleichsweise schwer (ca. 19,3 Gramm pro Kubikzentimeter22 ), was es in größeren Mengen als alltägliches Tausch- und Zahlungsmittel unhandlich werden ließ. Auch die Teilbarkeit war kompliziert. Zwar bleibt eine ganze Unze Gold genauso viel Wert, wie zwei halbe Unzen. Der tatsächliche Prozess, um aus einer ganzen Unze zwei halbe zu machen, ist jedoch arbeitsintensiv.23
Gold war im Laufe der Zeit nicht mehr optimal als Geld geeignet. Es musste eine vertrauensvolle Alternative gefunden werden, welche die Geldfunktionen noch besser erfüllt und ebenfalls von der Gesellschaft akzeptiert wird.
2.4 Das Vertrauen in Banknoten
Ab dem 17. Jahrhundert gewannen Banknoten an Bedeutung. Die Banknoten wurden zunächst von privaten Banken ausgegeben und waren bis ins 20. Jahrhundert zumindest teilweise von Edelmetallen wie Gold gedeckt.24 Das bedeutet, es war jederzeit möglich eine Banknote bei der Bank einzulösen und den entsprechenden Wert als Edelmetall ausgezahlt zu bekommen. Mankiw unterscheidet diese beiden Geldformen als Waren- bzw. Nominalgeld.25 Im Fall von Gold existiert ein reiner Materialwert im Edelmetall selbst. Es entspricht der Form des Warengeldes. Papiergeld hingegen besitzt einen zu vernachlässigenden Materialwert, denn bedrucktes Papier ist weder rar noch nur kostspielig zu erhalten. Bei Papiergeld ist vorrangig der aufgedruckte Zahlenwert relevant, es entspricht der Form des Nominalgeldes. Diesen Nominalwert zu erhalten ist Aufgabe staatlicher Zentralbanken.26
Die Wertaufbewahrungsfunktion moderner Banknoten wird maßgeblich von den Zentralbanken kontrolliert. Die Nutzenden vertrauen auf den Erhalt des Wertes durch die Banken und akzeptieren die Banknoten als Geld im alltäglichen Zahlungsverkehr. Die Finanzkrise mit Beginn im Jahr 2007 hat bei vielen jedoch ein Misstrauen in staatliche Institutionen geweckt. Bankkunden waren verunsichert, ob ihre Einlagen und Ersparnisse sicher waren. Dies begründete sich insbesondere vor dem Hintergrund der vielen Banken-Crashs, bei denen mehrere Banken Insolvenz angemeldet hatten.27 Auch hat der Kunde keinen Einfluss auf die im Umlauf befindliche Geldmenge und die damit verbundene Inflation der entsprechenden Währung.
Ein alternatives Transaktionssystem, welches ohne eine Drittpartei auskommt, erweckte Neugierde. Das Modell der Bitcoins wurde erstmals 2008 in einem White-Paper von Satoshi Nakamoto der Öffentlichkeit präsentiert. Es ist bis heute unklar, ob Nakamoto eine Einzelperson oder eine Gruppe von Personen ist und ob es sich bei dem Namen um ein Pseudonym handelt.28
Der veröffentlichte, achtseitige Aufsatz trägt den Titel „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ und stellt eine auf Kryptographie basierende, dezentrale, digitale Währung vor. Das Konzept ist deflationär ausgelegt, die maximale Menge an existierenden Bitcoins von vornherein limitiert. Zeitgleich unterliegt die Währung keiner zentralen Autorität, was ein Vertrauen in eine (staatliche) Drittpartei entbehrlich macht.
3 Kryptowährungen und Dezentralisierung
In dem 2008 veröffentlichen White-Paper befasst sich Satoshi Nakamoto kritisch mit dem konventionellen Banken- und Zahlungssystem. Er beschreibt, dass es bei modernen Währungen unerlässlich ist einer Drittpartei Vertrauen entgegen zu bringen, um am allgemeinen Zahlungsverkehr teilzunehmen.29 Dieses Vertrauen in eine dritte Partei (hier Zentral- bzw. Geschäftsbanken) richtet sich einerseits an die Erfüllung der Wertaufbewahrungsfunktion durch die Zentralbanken, aber auch an die Geschäftsbanken, dass diese die Einlagen sicher verwahren und auf Anweisung ordnungsgemäß transferieren.
Nakamoto schreibt in seinem White-Paper: „What is needed is an electronic payment system based on cryptographic proof instead of trust, allowing any two willing parties to transact directly with each other without the need for a trusted third party.“30 Gesucht wird also eine Möglichkeit der Transaktion zwischen zwei beliebigen Personen, ohne einer dritten Partei, wie etwa einer Bank oder Regierung, vertrauen zu müssen. Als Lösungsansatz präsentiert der Autor die Währung Bitcoin, welche auf einem kryptographischen, dezentralen Netzwerk basiert.
3.1 Peer to Peer Netzwerk
Die Dezentralität wird bei Kryptowährungen durch die Peer to Peer Netzwerktechnologie gewährleistet. Ein Peer to Peer Netzwerk besteht aus einem Verbund mehrerer gleichberechtigter Computer bzw. Peers (zu Deutsch: Gleichberechtigter). Jeder Computer kann Sender und Empfänger von Daten sein. Es gibt keinen zentralen Server, mit welchem alle Clients (zu Deutsch: Kunden bzw. Nutzer) verbunden sind und der als einziger Dienste zur Verfügung stellt. Jeder Computer ist ein Knotenpunkt im Netzwerk und fungiert selbst als Client und Server gleichzeitig.31 Das hat den Vorteil, dass es keine zentrale Angriffsstelle mehr gibt und das Entfernen einer einzelnen Einheit die Kontinuität des Netzwerkes nicht gefährdet.32
In einem dezentralen Netzwerk erfolgt der Informationsaustausch von Peer zu Peer. Die Informationen werden von einem Knoten an alle mit ihm verbundenen Knoten gesendet. Diese senden die Informationen wiederum an alle mit ihnen verbundenen Knoten, außer an jene, von denen die Informationen bereits kamen. Über die Verknüpfungen können so alle Netzwerkteilnehmer schnell erreicht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau eines zentralen Netzwerkes (links) gegenüber einem dezentralen Netzwerk (rechts), gemäß Eberspächer/ Schollmeier [33]
Abbildung 1 zeigt auf der linken Seite schematisch ein zentrales Netzwerk, bei welchem die Clients über einen zentralen Server (rot) verbunden sind. Auf der rechten Seite ist ein dezentrales Netzwerk, als Verbund aus gleichberechtigten Computern, abgebildet.
3.2 Das Double-Spending Problem
Das Double-Spending Problem zu lösen ist eine der ersten Hürden die eine digitale Währung ohne zentrale Autorität überwinden muss. Double-Spending (zu Deutsch: Doppel-Ausgabe) beschreibt den Sachverhalt etwas doppelt ausgeben oder einsetzen zu können.34 Insbesondere im digitalen Zeitalter ist die Double-Spending Problematik allgegenwärtig. Folgende Grafik soll dies am Beispiel eines digitalen Bildes in einem sozialen Netzwerk veranschaulichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Double-Spending am Beispiel eines Fotos auf dem Smartphone (eigene Darstellung)
Im vorliegenden Fall besitzt Person A ein Bild auf dem Smartphone, welches sie Person B sendet. Das hat Person A grundsätzlich nichts gekostet. Gleichzeitig verfügt A weiterhin über das Bild auf dem Smartphone und kann es noch an Person C senden. Das Bild wurde nun bereits zweimal verwendet und könnte noch beliebig oft verwendet werden, da A stets eine Kopie anfertigt und dabei ein Exemplar selbst behält.35
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Double-Spending am Beispiel von Geld (eigene Darstellung)
Wird im vorliegenden Beispiel das Bild auf dem Smartphone durch Geld ersetzt, so wird die Problematik deutlich. Wenn Person A 100 € besitzt, diese an Person B sendet und dieselben 100 € daraufhin zusätzlich an Person C senden kann, weil A in der Lage ist die 100 € zu kopieren (siehe Abbildung 3), hat das weitreichende Folgen. Wie Kapitel 2 unter anderem dargestellt hat, basiert Geld auf Vertrauen in dessen Wert. Im zweiten Beispiel wäre die Werterhaltungsfunktion jedoch nicht gegeben, wenn das digitale Geld nahezu kostenlos reproduziert werden kann. In konventionellen Währungssystemen ist es die Aufgabe der staatlichen Institute, dafür zu sorgen, dass es bei bargeldlosen Transaktionen nicht zum Double-Spending kommt.36 Da aber eine dezentrale Lösung angestrebt wird, welche ohne besagte Institute auskommt, muss das Double-Spending an anderer Stelle verhindert werden.
Der von Satoshi Nakamoto im achtseitigen White-Paper beschriebene Lösungsansatz zur Vermeidung des Double-Spending Problems wird heute Blockchain genannt. Die revolutionäre Technologie der Blockchain bildet die Grundlage für die allermeisten Kryptowährungen. Ihre Potentiale werden jedoch bereits in anderen Branchen außerhalb des Finanzsektors diskutiert, wie beispielsweise der Automobilindustrie, dem Transport- oder Versicherungswesen.37
3.3 Die Blockchain
Die Blockchain (zu Deutsch: Blockkette) kann als eine große Datenbank verstanden werden, welche aus aneinander gereihten Blöcken besteht. Jeder Block speichert dabei Informationen. Die Blöcke folgen aufeinander, wie die einzelnen Glieder einer Kette. Bei den Informationen kann es sich beispielsweise um eine chronologische Transaktionshistorie handeln. Daher wird die Blockchain oft mit einem Haupt- bzw. Kassenbuch verglichen.38 Eine solche Transaktionshistorie wird auch von den Banken geführt. Der Unterschied zum zentralisierten Ansatz ist jedoch, dass die auf der Blockchain gespeicherten Informationen von jedem Teilnehmer des gemeinsamen Netzwerkes (beispielsweise dem Bitcoin-Netzwerk) eingesehen werden können.39 Darüber hinaus sind die Teilnehmer selbst daran beteiligt, neue Blöcke zu erzeugen und der Kette anzufügen. Aus diesem Grund wird in der einschlägigen Literatur auch von einem globalen, öffentlichen, oder gemeinsamen Kassenbuch (engl. Distributed Ledger) gesprochen. Der erste Block einer Blockchain, welche die Informationen der ersten jemals getätigten Transaktionen enthält, wird regelmäßig als Genesisblock bezeichnet.40 Abbildung 4 zeigt schematisch eine Blockchain beginnend mit dem ersten generierten „Genesisblock“ (orange), gefolgt von daran anknüpfenden gültigen Blöcken (grün).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Schematische Darstellung einer einfachen Blockchain (eigene Darstellung)
Die gesamte Bitcoin-Blockchain, also das öffentliche Kassenbuch der Kryptowährung Bitcoin, lässt sich beispielsweise über die Internetseite bitcoin.org herunterladen.41
[...]
1 Vgl. Wenger/ Tokarski (2020), S. 249.
2 Vgl. Blockchain.com (Hrsg.) (2021).
3 Vgl. Everding (2018).
4 Vgl. Bücker (2021).
5 Vgl. Demmer (2021).
6 Vgl. Sixt (2017), S. 75.
7 Vgl. Belke/ Bordon (2017), S. 503.
8 Vgl. Engelkamp/ Sell (2020), S. 171
9 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 11.
10 Vgl. Bosch et. al. (2018), S. 414.
11 Vgl. Engelkamp/ Sell (2020), S. 170.
12 Vgl. GZ Goldschmiede Zeitung (Hrsg.) (2021)
13 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 9.
14 Vgl. Gerdesmeier (2004), S. 3
15 Vgl. Hosp (2021), S. 27.
16 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 11.
17 Vgl. Hosp (2021), S 27.
18 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 11.
19 Vgl. Berentsen/ Schär (2017), S. 16.
20 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 16.
21 Vgl. Hosp (2021), S. 29f.
22 Vgl. Rechnungswesen-verstehen.de (Hrsg.) (2019).
23 Vgl. Hosp (2021), S. 29.
24 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 15.
25 Vgl. Mankiw (2011), S. 204.
26 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2019), S. 11.
27 Vgl. Engelbrecht (2018).
28 Vgl. Finsterbusch (2021).
29 Vgl. Nakamoto (2008), S. 1.
30 Vgl. ebd., S. 1.
31 Vgl. Schoder/ Fischbach (2002), S. 587.
32 Vgl. Eberspächer/ Schollmeier (2005), S. 36.
33 Vgl. Ebenda, S. 36.
34 Vgl. Hosp (2021), S. 39.
35 Vgl. Hosp (2021), S. 38f.
36 Vgl. Hosp (2021), S. 38f.
37 Vgl. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg.) (ohne Datum).
38 Vgl. Coinbase Germany GmbH (Hrsg.) (2021).
39 Vgl. Platzer (2014), S. 20.
40 Vgl. Soeteman (2019), S. 80.
41 Vgl. bitcoin.org (Hrsg.) (2021).