Unter einer Handlung versteht man die Umsetzung eines gewollten oder gesollten Zweckes in die Realität. Immer dann, wenn für die Realisierung eines Zieles mehrere Handlungsalternativen zur Wahl stehen, geht der Umsetzung einer Handlung eine Entscheidung für eine bestimmte Handlungsalternative voraus.
Unsere Entscheidungen im Alltag mögen – wie die Wahl zwischen einer Tasse Kaffee oder Tee beim Frühstück – banal erscheinen, oder weitreichende Konsequenzen
nach sich ziehen. Einige Entscheidungen – die Individualentscheidungen – treffen wir alleine, andere – die Kollektiventscheidungen – sind das Ergebnis der Summe aller Entscheidungen der Mitglieder einer Gruppe. Manchmal müssen wir in einem Entscheidungsprozess lediglich die Umwelt berücksichtigen, häufig stehen wir jedoch vor der Aufgabe,
das Entscheidungsverhalten eines rationalen Gegenspielers in unsere Überlegungen einzubeziehen. Selten kennen wir alle möglichen Konsequenzen der Handlungsalternativen, die sich uns bieten; den Großteil unserer Entscheidungen treffen wir vielmehr in Risikosituationen, in denen wir die Konsequenzen unserer Handlungen und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nur grob abschätzen können. Unter dem Begriff „Entscheidungstheorie“ werden verschiedene interdisziplinäre Forschungsansätze
zusammengefasst, die Entscheidungen unter verschiedenen Gesichtspunkten – einige Aspekte wurden im vorhergehenden Absatz grob umrissen – systematisieren, modellieren und untersuchen. Gegenstand dieser Arbeit ist die Theorie rationaler Entscheidung, eine präskriptive Entscheidungstheorie. Im Gegensatz zu deskriptiven Entscheidungstheorien, deren Hauptanliegen die empirische
Erforschung, Beschreibung und Erklärung realer Entscheidungen ist, wollen präskriptive (oder normative) Theorien in erster Linie „zeigen, wie Entscheidungen „rational“ getroffen werden können.“ Entsprechend stark abstrahieren präskriptive Theorien von der realen Entscheidungssituation; untersucht werden „Grundprobleme [...], die in allen oder
zumindest in zahlreichen Entscheidungssituationen entstehen.“
Einige dieser Grundprobleme werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter Rückgriff auf die Rational Choice Theorie behandelt. Im Vordergrund steht die Frage, wie die Theorie rationaler Entscheidung menschliches Handeln rekonstruiert: Von welchen
Prämissen geht sie aus? Welche Faktoren beeinflussen die Wahl einer bestimmten Handlungsalternative?
Was macht eine Entscheidung zu einer „guten“ Entscheidung?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rational Choice Theorie
- Nutzentheorie und SEU-Modell
- Individuelles Handeln
- Entscheidungen ohne rationalen Gegenspieler
- Entscheidungen mit rationalem Gegenspieler
- Kollektives Handeln
- Klimaschutz und globale Wettbewerbsfähigkeit - ein soziales Dilemma
- Kann Kooperation gefördert werden?
- Prospect Theory
- Abweichungen von den Annahmen der Nutzentheorie
- Reale Entscheidungen verstehen und modellieren: Die Neue Erwartungstheorie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit erläutert und kritisiert den Rational Choice Ansatz (RCT) als präskriptive Entscheidungstheorie. Sie untersucht, wie die RCT individuelle Entscheidungen (unter Sicherheit und Risiko) und kollektives Handeln als Summe individueller Entscheidungen rekonstruiert. Im Anschluss wird die RCT mit der deskriptiven Prospect Theory verglichen.
- Rekonstruktion individueller Entscheidungen nach der RCT
- Analyse kollektiven Handelns und des Problems sozialer Dilemmata
- Kritik am RCT und Vorstellung der Prospect Theory
- Vergleich der RCT und der Prospect Theory als Erklärungsmodelle
- Kooperationsförderung in sozialen Dilemmata
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung definiert den Begriff der Handlung und Entscheidung und führt in die Entscheidungstheorie und den Rational Choice Ansatz ein. Kapitel 2 (Rational Choice Theorie) beschreibt die Kernannahmen der RCT, die Nutzentheorie und das SEU-Modell. Es analysiert individuelles Handeln mit und ohne rationalen Gegenspieler, wobei das Gefangenendilemma als Beispiel dient. Kollektives Handeln wird anhand des Dilemmas zwischen Klimaschutz und globaler Wettbewerbsfähigkeit erläutert. Kapitel 3 (Prospect Theory) kritisiert den RCT und präsentiert die Prospect Theory von Kahneman und Tversky als Alternative, welche Abweichungen von der Nutzentheorie wie den Certainty Effect, den Reflection Effect und den Isolation Effect beschreibt. Die Neue Erwartungstheorie wird als Revision der klassischen Nutzentheorie vorgestellt.
Schlüsselwörter
Rational Choice Theorie, Nutzentheorie, SEU-Modell, Individuelles Handeln, Kollektives Handeln, Soziales Dilemma, Gefangenendilemma, Kooperation, Prospect Theory, Neue Erwartungstheorie, Risikoaversion, Risikofreude, Certainty Effect, Reflection Effect, Isolation Effect, Nutzenmaximierung.
- Arbeit zitieren
- Bachelor of Arts (B.A.) Inga Bones (Autor:in), 2009, Entscheidung und Rationalität - Anwendungen und Kritik der Rational Choice Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125330