Der deutsche Handel steht in Analogie zu den europäischen Nachbarländern unter einem wachsenden Wettbewerbs- und Kostendruck. Die aktuellen Markterfordernisse haben bei vielen Handelsunternehmungen zu einer strategischen Neuausrichtung geführt. Denn während in Zeiten florierender Geschäfte noch eine relativ undifferenzierte Marktbearbeitung möglich war, stellt sich zunehmend die Frage, welche Zielgruppen die größte Rentabilität aufweisen.
Unter dem Stichwort „Kundenwertorientierung“ findet eine veränderte Akzentuierung des Customer Relationship Managements (CRM) statt. Diese Weiterentwicklung des CRM-Konzeptes unter Kostengesichtspunkten trägt dazu bei, den Aufbau direkter und loyaler Kundenbeziehungen ökonomisch tragbar durchzuführen, somit den Wert des einzelnen Kunden für das Unternehmen kontinuierlich zu steigern und folglich Gewinne und Unternehmenswert zu erhöhen.
Im Gegensatz zu Branchen, die von intensiven Kundenbeziehungen geprägt sind, ist jedoch der Nutzen von CRM im Handel weiterhin umstritten, da den Investitionen wenn überhaupt nur mittel- bis langfristige Umsatzzuwächse gegenüberstehen.
Mit dem Ziel, die Bedeutung und Möglichkeiten eines kundenwertorientierten CRM am Beispiel des stationären Einzelhandels aufzuzeigen, setzt die vorliegende Arbeit an obiger Problematik an. Hierzu sollen gegenwärtige sowie zukünftige Praktiken der Unternehmen-Kunden-Interaktion zur Veranschaulichung dienen.
Gleichsam werden die Entwicklungen aus Kundensicht kritisch hinterfragt. Denn der Handel ist nur in der Lage, sein Angebot personifiziert im Rahmen eines durchgängigen CRM auf den individuellen Kunden abzustimmen, wenn dieser Einschränkungen seiner informationellen Selbstbestimmung akzeptiert. Zur Herstellung des notwendigen Praxisbezuges wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Kundenbefragung zum behandelten Thema durchgeführt. Die Ergebnisse und Bewertungen sowie abgeleitete Handlungshinweise für das Management von Handelsunternehmungen sind ein zentraler Bestandteil der Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit und Formulierung der Forschungsfragen
1.2 Aufbau der Diplomarbeit
2 Grundlagen der Untersuchung
2.1 Definition und Abgrenzung des Begriffs CRM
2.2 Die CRM-Vision als Unternehmensstrategie und -philosophie
2.3 CRM – Die Kundenbindung als strategischer Erfolgsfaktor
2.4 Dimensionen des CRM
2.4.1 Das operative CRM
2.4.2 Das kommunikative CRM
2.4.3 Das analytische CRM
2.5 Wissen als zentrale Größe der Kundenbindung
2.6 Nicht jeder Kunde ist gleich‘wert‘ – Wertorientierte Kundenbeziehung
2.7 Das Konzept des Customer-Lifetime-Value
3 Ausgewählte Strategien des CRM im Handel
3.1 CRM-Strategien auf Basis wertbasierter Kundensegmentierung
3.2 Der Customer Buying Cycle als CRM-Konzept im Handel
3.3 Die Anregungsphase – Kundenbedürfnisse verstehen
3.3.1 Payback-Karten
3.3.2 Radio Frequency Identification Technology
3.3.3 Massenindividualisierung durch personalisierte Coupons
3.3.4 Individualisierte Kundenansprache in Internet und TV
3.4 Die Evaluationsphase – Im Wettbewerb differenzieren
3.4.1 Mobile Einkaufsassistenten an der Kundenschnittstelle
3.4.2 „Intelligente“ Umkleidekabinen
3.5 Die Kaufphase – Kundenfreundliche Abwicklung
3.5.1 Kundenbindung durch Value-Added-Services
3.5.2 Cross-Selling-Potentiale ausschöpfen
3.5.3 Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten
3.6 Die Nachkaufphase – Vertrauen durch After-Sales-Service
3.6.1 Crowdsourcing – Den Kunden eine Stimme geben
3.6.2 Clubmodelle und Loyalitätsprogramme
3.7 Das Beschwerdemanagement als zentrales Instrument des CRM
3.8 Der gläserne Kunde als Konsequenz des CRM?
3.8.1 Verlust der informationellen Selbstbestimmung
3.8.2 Verlust der Anonymität – König Kunde wird durchsichtig
4 CRM um jeden Preis? Eine Analyse der Kundensicht
4.1 Umfragedesign und Aufbau
4.2 Durchführung der Datenerhebung
4.3 Datengrundlage
4.4 Ergebnisse der Studie
4.5 Ableitung von Handlungshinweisen für das Management
5 Zusammenfassung
5.1 Fazit
5.2 Ausblick – CRM auf halber Strecke Richtung Zukunft
Anhang
a) Ergänzende Abbildungen
b) Fragebogen zur durchgeführten Kundenbefragung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1 – Investitionen in CRM-Erweiterungen auf dem deutschen Markt
Abb. 1.2 – CRM gewinnt an Bedeutung für das Management
Abb. 1.3 – Thematischer Aufbau der Diplomarbeit
Abb. 2.1 – Entwicklung der Strategieausrichtung im Handel
Abb. 2.2 – CRM-Pfeil - Integration verschiedener Fachbereiche in das CRM
Abb. 2.3 – Mit CRM vom Massen- zum One-to-One-Marketing
Abb. 2.4 – Bestandteile eines CRM(Öko-)-Systems
Abb. 2.5 – Der CRM-Kreislauf als Erfolgsfaktor in der langfristigen Kundenbindung
Abb. 2.6 – Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
Abb. 2.7 – Kundenkubus-Modell auf Basis der Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
Abb. 2.8 – Ansätze des CRM im Rahmen der Maximierung des Customer- >Lifetime-Value
Abb. 3.1 – Kundenwertanalyse zur Identifikation von segmentspezifischen Strategien
Abb. 3.2 – Management-Strategien im Beziehungslebenszyklus
Abb. 3.3 – Ansatzpunkte von CRM im Geschäftsprozess des CBC
Abb. 3.4 – Die Maslow`sche Bedürfnispyramide als Ausgangspunkt in der Anregungsphase
Abb. 3.5 – Payback-Karten ausgewählter Partnerunternehmen im Handel
Abb. 3.6 – „Transponder“ – RFID in der Anregungsphase des Kunden
Abb. 3.7 – Anregung durch „intelligente“ Verkaufsregale
Abb. 3.8 – Personalisierte Plakatwerbung zur Bedarfserkennung
Abb. 3.9 – „Eyebox“ mit Infrarotabtastung zur Erkennung der Augenbewegung
Abb. 3.10 – Personalisierte Coupons als Instrument in der Anregungsphase
Abb. 3.11 – P&G`s Ausrichtung auf die lukrativen Kundensegmente
Abb. 3.12 – RFID zur Unterstützung der Evaluationsphase
Abb. 3.13 – RFID in der Umkleidekabine der Zukunft
Abb. 3.14 – RFID an der „Selbstzahler-Kasse“
Abb. 3.15 – HP Design Contest als Crowdsourcing-Strategie
Abb. 3.16 – Toys “r” us nutzt das Internet als Crowdsourcing-Strategie
Abb. 3.17 – CRM erfordert Anpassungen in allen Unternehmensbereichen
Abb. 3.18 – Der CRM-Gesamtprozess fördert häufigere Konsumzyklen
Abb. 4.1 – Alter und Geschlecht der Umfrageteilnehmer
Abb. 4.2 – Höchster Schulabschluss der Umfrageteilnehmer
Abb. 4.3 – Beruf bzw. Tätigkeit der Umfrageteilnehmer
Abb. 4.4 – Kundenservice im internationalen Vergleich
Abb. 4.5 – Wahrgenommene Kundenfreundlichkeit
Abb. 4.6 – Die Bedeutung des CRM für Stammkunden
Abb. 4.7 – Payback-Karten-Nutzung in Abhängigkeit des höchsten Schulabschlusses
Abb. 4.8 – Die Meinung der Payback-Karten-Nutzer
Abb. 4.9 – Kundenmeinungen bezüglich (individueller) Werbemaßnahmen
Abb. 4.10 – Kunden wünschen Beratung in der Evaluationsphase
Abb. 4.11 – Meinungen zu RFID als neue Informationstechnologie
Abb. 4.12 – Ausgewählte Zusatzdienstleistungen im Vergleich
Abb. 4.13 – Auswirkungen von kostenpflichtigen Zusatzleistungen auf die Kundenbindung
Abb. 4.14 – Ausdehnung der Öffnungszeiten und City-Konzepte
Abb. 4.15 – Meinungen bzgl. konkreter Kundenbindungsmaßnahmen
Abb. 4.16 – Vorteile, die Kunden bewegen in Kunden-Clubs einzutreten
Abb. 4.17 – Die Bedeutung eines kundengerechten Umgangs im Beschwerdefall
Abb. 4.18 – Die Bedeutung der CRM-Maßnahmen in den einzelnen Phasen des CBC
Abb. 4.19 – Die Mitarbeiter-Matrix
Abb. 6.1 – Realisierung von Kundennähe durch Multi-Channel- Communication
Abb. 6.2 – Einordnung des Beschwerdemanagements
Abb. 6.3 – Entstehung von kundenseitiger Zufriedenheit bzw Unzufriedenheit
Abb. 6.4 – Wirkungskette der Kundenbindung
Abb. 6.5 – Anwendungsbereiche der Datenschutzgesetze des BDSG im CRM
Abb. 6.6 – Jährliches Brutto-Einkommen der Umfrageteilnehmer
Tabellenverzeichnis
Tab. 2.1 – Allgemeine kundensegmentspezifische Handlungsstrategien
Tab. 6.1 – Aufgaben des CRM innerhalb des CBC
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die wettbewerbsrelevante Kernkompetenz „Customer Relationship Management (CRM) bedeutet, seinen Kunden zu kennen, dem Kunden mehrere Kommunikationskanäle zur Verfügung zu stellen, eine individuelle Beziehung zu ihm zu pflegen […] und ihn mit individuellen, an seinen Bedürfnissen orientierten Lösungen auszustatten sowie durch Schaffung von Kundenzufriedenheit seinen Wert zu erhöhen.“
Heute kann es sich kaum noch ein Unternehmen leisten, Kundenmanagement zu vernachlässigen. Denn Konsolidierungs- und Liberalisierungsprozesse sowie der hohe Standardisierungsgrad von Produkten verschärfen den Wettbewerb und führen zu sinkenden Margen. So müssen sich Firmen heute weit mehr über das Alleinstellungsmerkmal der Kundenbeziehung als über ihre Produkte im Markt differenzieren, um nicht an Boden zu verlieren.
Wie das oben aufgeführte Zitat verdeutlicht, greift CRM als eine der wichtigsten Marketing-Innovationen der letzten Jahre und als logische Weiterentwicklung der Unternehmen-Kunden-Beziehung dieses Problem auf. Denn getreu dem bekannten Sprichwort „Der Kunde ist König“ entdecken Unternehmen im Rahmen übersättigter Märkte die bedeutende Wirkung von Kundenorientierung und –zufriedenheit als Determinante für den langfristigen ökonomischen Erfolg. Der Aufbau direkter und loyaler Kundenbeziehungen soll in diesem Konzept den Wert des einzelnen Kunden für das Unternehmen steigern und damit Gewinne und Unternehmenswert erhöhen. Gerade für die Gestaltung von Kundenbeziehungen im Handel gewinnen das gezielte Multi-Kanal-Management und die Ausrichtung der Absatzkanäle auf individuelle Kundenprozesse eine besondere Bedeutung.
Zunehmender Konkurrenzdruck, die rasante Entwicklung der Informationstechnologie und die neue Marktmacht der Kunden sind nur einige Gründe für die Notwendigkeit einer Neuausrichtung der IT-Systeme, Unternehmensprozesse, Unternehmensstrategien und folglich der gesamten Unternehmenskultur.
Die damit verbundenen, hohen Investitionen (s. Abbildung 1.1) konnten in vielen Projekten jedoch nicht durch entsprechende Erfolge gerechtfertigt werden.
Abb. 1.1: Investitionen in CRM-Erweiterungen auf dem deutschen Markt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hippner et al. (2007), S.37 f.
So ist im Handel der Nutzen von CRM immer noch umstritten, da den nötigen „Investitionen in den Aufbau direkter Beziehungen zu namentlich bekannten Kunden oft nur relativ geringe Umsätze […] der einzelnen Kunden gegenüber-stehen“.
Dieser Umstand verdeutlicht vor allem, dass aufgrund begrenzter Marketing- und Vertriebsbudgets nicht jeder Kunde „König“ sein kann. Als mögliche Lösung rückt die Profitabilität der Kunden unter dem Maßstab des Kundenwerts mehr und mehr in den Vordergrund. Die Optimierung der Kundenbeziehung nach wirtschaftlichen Kriterien bildet dabei den Kern des CRM.
Denn innovative Unternehmen, die es nachhaltig schaffen, sich auf eine lukrative Kundenzielgruppe hin auszurichten und Modelle zu erstellen, mit denen sie in der Lage sind, ihre Kundenbeziehung systematisch und langfristig zu managen, haben den CRM-Ansatz verstanden. Dazu gehören beispielsweise Unternehmen wie die schwedische Möbelkette IKEA, das Direktversandhaus Dell oder die britische Einzelhandelskette Tesco. Sie alle verbindet ihr gezielter Einsatz von CRM als ganzheitliche und durchgängige Unternehmensstrategie, die es ihnen ermöglicht, die Kundenbeziehung als Instrument der Wertschöpfung zu fokussieren.
Abgeleitet aus diesen Hintergründen behandelt diese Arbeit daher die grundsätzliche Bedeutung von CRM für Handelsunternehmungen sowie die optimale Konfiguration der wertorientierten Beziehungen zum Konsumenten, dem Multi-Kanal-Management.
1.1 Zielsetzung der Arbeit und Formulierung der Forschungsfragen
„Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte von Mensch zu Mensch vernetzt sind, das Gespräch suchen und dabei immer intelligenter werden, verpassen vielversprechende Chancen.“
In Anlehnung an die 18. These des berühmten Cluetrain-Manifest mahnen viele Strategie-Beratungsunternehmen zu einem durchgängigen und authentischen CRM-Konzept im Handel. Wie Abbildung 1.2 belegt, kommt das Management der Handelsunternehmen dieser Forderung nach, was eine kürzlich von Future Trend veröffentlichte Umfrage unter Top Managern der Branche beweist. So kommt dem kundengerechten CRM-Ansatz höchste Bedeutung zu.
Abb. 1.2: CRM gewinnt an Bedeutung für das Management
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Future Trend Institute (2007), S.5 f.
Die allgemeine Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Bedeutung und Möglichkeiten eines kundenwertorientierten CRM am Beispiel des Handels aufzuzeigen. Hierzu sollen gegenwärtige sowie zukünftige Praktiken der Unternehmen-Kunden-Interaktion zur Veranschaulichung dienen.
Gleichsam werden die Entwicklungen aus Kundensicht kritisch hinterfragt. Denn der Handel ist nur in der Lage, sein Angebot personifiziert im Rahmen eines CRM auf den individuellen Kunden abzustimmen, wenn dieser die Einschränk-ungen seiner informationellen Selbstbestimmung akzeptiert.
Auf dieser Basis sollen die Forschungsfragen der Arbeit definiert werden, um ein grundlegendes Verständnis der Erkenntnisziele bzw. des Erkenntnisgegen-standes zu vermitteln:
- Wie kann das Unternehmen die Interaktion mit seinen Kunden optimal unterstützen, um dauerhafte und v. a. profitable Kundenbeziehungen aufzubauen?
- Welche Kunden sind bezüglich des Kundenwertes die profitabelsten, bezogen auf die gesamte Dauer der Kundenbeziehung, und wie ist das Unternehmen in der Lage, ähnliche, neue profitable Kunden zu gewinnen?
- CRM um jeden Preis? Was sind die Kundenmeinungen bzgl. der gängigen Praktiken im stationären Einzelhandel?
Adressaten der Diplomarbeit
Die Zielgruppe dieser Arbeit sind vor allem das verantwortliche Strategie- und Marketingmanagement von Handelsunternehmen. Aber auch für Unternehmen, die nicht unmittelbar diesem Sektor zuzuordnen sind, soll diese Arbeit interessante Aspekte auf dem Gebiet der Unternehmen-Kunden-Interaktion liefern und diskutieren. Denn auch wenn ein Teil der Arbeit speziell am Praxisbeispiel des Handels erarbeitet wurde, so zeigen die Ergebnisse dennoch wichtige Erkennt-nisse, die auch in anderen Branchen genutzt werden können.
Letztendlich strebt diese Arbeit auch die Vertiefung und Fortführung der Diskussion im Bereich des Customer Relationship Managements als Werkzeug der Kundennähe und des gegenseitigen Verständnisses an und soll daher auch Wissenschaftlern und Studenten sowie alle, die sich mit der „Psychologie des Kunden“ beschäftigen, ansprechen.
Der folgende Abschnitt ermöglicht einen Überblick über die einzelnen thematischen Schwerpunkte der Arbeit.
1.2 Aufbau der Diplomarbeit
Nach dieser kurzen Einführung in die Thematik wird im zweiten Kapitel die Grundlage für das CRM-Untersuchungsfeld geschaffen. Um ein Verständnis für den Begriff des CRM zu schaffen soll detailliert auf die einzelnen Dimensionen des CRM eingegangen werden. Die erarbeitete Einteilung in die verschiedenen Fachbereiche zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit. In einem nächsten Schritt werden die Charakteristika einer erfolgreichen Kundenbindung eingeführt und im Folgenden mit dem zweiten zentralen Untersuchungsfeld, der kundenwertorientierten Unternehmen-Kunden-Interaktion, verknüpft.
Nach Erläuterung der Bedeutung eines durchgängigen CRM für Unternehmen, soll im dritten Kapitel detailliert auf den Status Quo und mögliche zukünftige Entwicklungen im stationären Einzelhandel eingegangen werden. Hierzu dient das Konzept des Customer Buying Cycle, als Vier-Phasen-Modell, zur separierten Betrachtung der Unternehmen-Kunden-Interaktion im Handel. Ziel ist es, gängige Praktiken und absehbare Zukunftsszenarien anhand von ausgewählten Best Practices der Branche aufzuzeigen. Dass ein kundenwertorientiertes CRM auch gleichsam mit einem erhöhten Informationsbedürfnis der Handelsunternehmungen einhergeht, soll zum Abschluss des Kapitels kritisch diskutiert werden.
Nachdem das dritte Kapitel die Unternehmenssicht auf das Hypethema CRM wiedergibt, soll im vierten Kapitel die Kundensicht im Mittelpunkt stehen. Hierzu wurde eine Online-Umfrage unter 208 Kunden mit unterschiedlichen soziodemographischen Merkmalen durchgeführt, um Rückschlüsse auf die Meinung der Verbraucher ziehen zu können. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, welchen Verlust der informationellen Selbstbestimmung diese zu akzeptieren bereit sind. Die im Rahmen der Umfrageauswertung erlangten Erkenntnisse dienen in einem nächsten Schritt zur Ableitung von konkreten Handlungshinweisen für das Top-Management von Handelsunternehmen.
Das fünfte und letzte Kapitel fasst die Inhalte und Ergebnisse pointiert zusammen und bietet ein abrundendes Fazit. Die Arbeit schließt mit einem kurzen Ausblick, der auf kommende Herausforderungen und Entwicklungen verweist.
Die folgende Graphik (Abbildung 1.3) dient zur übersichtlichen Darstellung der einzelnen Kapitel und zur Verdeutlichung der thematischen Schwerpunkte der Arbeit.
Abb. 1.3: Thematischer Aufbau der Diplomarbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung
Das folgende Kapitel soll ein ganzheitliches Bild des Untersuchungsgegenstandes „kundenwertorientiertes CRM“ vermitteln. Hierzu werden nach einer Begriffsdefinition und Eingrenzung die verschiedenen Dimensionen des Konzeptes vorgestellt.
2 Grundlagen der Untersuchung
Einleitend wird in diesem Kapitel der Begriff CRM, die zentralen Ziele, sowie die Bedeutung des kundenwertorientierten Beziehungsmanagements erarbeitet.
2.1 Definition und Abgrenzung des Begriffs CRM
CRM (= Customer Relationship Management bzw. Kundenbeziehungsmanagement) ist ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das maßgeblich an den Universitäten von Atlanta, Cranfield und Stockholm entwickelt wurde. Es entstand aus der Notwendigkeit der Überarbeitung des „traditionellen Marketingansatzes“ und unterstreicht die wachsende Bedeutung von langfristigen Kundenbeziehungen. Mit Hilfe des 1999 eingeführten CRM-Konzeptes findet branchenübergreifend eine Neuorientierung vom „funktionalen, klassischen Marketing, das produktorientiert ist und sich auf die Kundenakquisition konzentriert, hin zum übergreifenden, ganzheitlichen und kundenorientierten Marketing, das auf die [langfristige Interaktion] zwischen Unternehmen und Kunden fokussiert ist“ , statt (s. Abbildung 2.1).
Abb. 2.1: Entwicklung der Strategieausrichtung im Handel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Bruhn (2000), S.26
Die Definitionen zum Customer Relationship Management sind in der Fachliteratur sehr vielfältig, was der unterschiedlichen Sichtweise der Fachrichtungen bzw. Forschungsdisziplinen geschuldet ist. Auch differiert das Verständnis über CRM von Unternehmen zu Unternehmen, da sich jede Branche unterschiedlich und mit abweichender Zielsetzung mit dem Thema (Kunden-) Beziehungsmanagement auseinandersetzt.
Um für diese Arbeit einen einheitlichen Rahmen zu schaffen, wird Customer Relationship Management, in Anlehnung an Day und Finsterwalder/Reinecke , wie folgt definiert:
CRM – „Customer Relationship Management ist ein unternehmensweit integrierendes Führungs- und Organisationsprinzip, das alle Maßnahmen umfasst, die auf eine verbesserte Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit gerichtet sind.“
Stokburger et al. greifen diese Definition auf und beschreiben die Bedeutung eines ganzheitlichen CRM eingehend:
Customer:
Alle Mitarbeiter eines Unternehmens müssen die Bedürfnisse der externen und internen Kunden genau kennen und diesen durch gezielte Ansprache und Produkte gerecht werden.
Relationship: Das Unternehmen muss mithilfe der zuständigen Mitarbeiter eine effiziente Beziehung zu den profitablen Kunden aufbauen und langfristig pflegen.
Management: Die Unternehmensleitung muss die Interaktionen zwischen Mit-arbeitern und Kunden im Sinne der langfristigen Unternehmensziele steuern.
Die drei wichtigsten, übergeordneten Aufgaben des CRM sind dabei:
- Das Gewinnen von neuen, möglichst profitablen Kundenbeziehungen (Kundenakquisition).
- Die Pflege und Intensivierung von bestehenden Kundenbeziehungen durch Ausbau der Kundenzufriedenheit (Kundenbindung bzw.
–entwicklung).
- Das Wiedergewinnen von verlorenen Kundenbeziehungen (Kundenrückgewinnung).
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in der einschlägigen Literatur der Fachterminus CRM häufig fälschlicherweise mit der Einführung von maßgeschneiderten und bedarfsgerechten IT-Lösungen gleichgesetzt und so auf IT-relevante Prozesse reduziert wird (vgl. Brill , Fischer/Neeb , Jost , Schwede ). Viel wichtiger als eine unterstützende IT-Infrastruktur ist jedoch, dass die Mitarbeiter in einer kundenorientierten Prozessorganisation fungieren. Für das Management ist es daher essentiell zu verstehen, dass „die informationstechnologische Komponente erst im Anschluss an die Strategieentwicklung betrachtet werden“ sollte. Diesem Grundsatz schließt sich diese Arbeit an und stellt die strategische Relevanz und weniger die informationstechnologische Umsetzung des Themas CRM in den Vordergrund.
2.2 Die CRM-Vision als Unternehmensstrategie und -philosophie
CRM berücksichtigt die gesamte Wertschöpfungskette. Daher müssen, bereits bevor die Kunden mit dem Vertrieb in Kontakt treten, die Kundenbedürfnisse klar analysiert sein, um diese gezielt und auf durchdachte Weise mit den „richtigen“ Produkten anzusprechen. Abschließend sollte das optimale Servicelevel gefunden werden, um maximale Kundenzufriedenheit zu ermöglichen. Diese Wertschöpfungskette ist ein in sich geschlossener Kreislauf. So bringen alle Bereiche der Wertschöpfungskette neue Erkenntnisse über den Kunden und bieten Up- und Cross-Selling-Potentiale.
Ein unternehmensweit etabliertes CRM ist, nach Meinung des Verfassers, vom entfernten Standpunkt betrachtet, im Kontext der Unternehmen-Kunden-Interaktion mehr als eine Strategiefrage, vielmehr beschreibt es eine Unternehmensphilosophie. Denn das Top-Management muss sich verdeutlichen, dass nur ein ganzheitlicher, bereichsübergreifender und durchgängiger CRM-Ansatz langfristigen Erfolg verspricht. Abbildung 2.2 zeigt, dass CRM in vielen Unternehmensbereichen von zentraler Bedeutung ist. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext das Kontaktmanagement, um eine Kundensegmentierung vorzunehmen und die (potentiellen) Kunden im sogenannten Aktivitätenmanagement bedarfsgerecht ansprechen bzw. –werben zu können. Neben den Tätigkeiten in der Geschäftsanbahnung ist es zudem bedeutsam, am Ende der Geschäftsprozesskette mit Hilfe des Servicemanagements für eine anhaltend positive Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen und den Kunden zu sorgen.
Abb. 2.2: CRM-Pfeil - Integration verschiedener Fachbereiche in das CRM
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Microsoft Corp. (2008)
Die Bedeutung eines in die Unternehmensprozesse integrierten CRM zeigt sich vor allem in Branchen, die sich durch eine langfristig ausgerichtete Beziehung mit den Kunden definieren (z. B. Versandhandel, Telekommunikation, Automobilbranche, Finanzdienstleistungsbranche etc.). Hier setzt das CRM an, indem es hilft, die Kundenbeziehungen zu steuern und zu pflegen.
Zunächst soll der Begriff des Customer Relationship Management als strategischer Erfolgsfaktor eingeordnet werden, um der Bedeutung dieses Ansatzes gerecht zu werden. Im Folgenden werden daher die Merkmale und Ziele eines durchgängigen CRM-Konzeptes erarbeitet.
2.3 CRM – Die Kundenbindung als strategischer Erfolgsfaktor
Es ist das zentrale Ziel des CRM, Profit versprechende Kunden für das Unternehmen zu gewinnen und vor allem langfristig zu halten bzw. an die Marke des Unternehmens zu binden. So unterstreicht Reichheld in seinem Theorem „The Loyality Effect“ die ökonomische Bedeutung enger Kundenbeziehungen als strategischen Erfolgsfaktor. Denn vor allem die Sicherung der sog. Bestandskunden hat einen hohen Stellenwert für das Gesamtunternehmen, wie die folgenden wissenschaftlich akzeptierten und empirisch nachgewiesenen Korrelationen aufzeigen:
- Die Kundenbindung hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Profitabilität des Unternehmens. So führt eine Erhöhung der Kundenbindungsrate um 5% in der Konsequenz zu einem Anstieg des Unternehmenswertes um 35-95%.
- Der Gewinn, den ein Unternehmen mit einem individuellen Kunden zu erzielen vermag, steigt mit der Dauer der Kundenbeziehung. Fallen zu Beginn der Unternehmen-Kunden-Interaktion noch hohe Kosten der Neukundengewinnung an, so steigt der Gewinn mit der Dauer der Kundenbeziehung in der Regel an. Dies lässt sich durch erhöhtes Umsatzwachstum, Weiterempfehlungen des Kunden und v. a. Kosteneinsparungen durch die gewachsene Vertrautheit des Kunden mit den unternehmenseigenen Prozessen, erklären.
- Die Dauer der Kundenbeziehung und die Stärke der Kundenbindung (Loyalität) sind positiv korreliert. So stellen zwanzigjährige Stammkunden nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% ihre Beziehung ein, wohingegen mehr als die Hälfte der Neukunden innerhalb von zwei Jahren den Anbieter wechseln (sog. „Rosinen Kunde“ ).
- Die Gewinnung von Neukunden ist 5- bis 10-mal teurer als das Halten bestehender Kunden.
Anhand der oben aufgeführten Korrelationen, lassen sich zwei übergeordnete Zielvorgaben an das CRM ableiten.
Zum einen sollte mit Hilfe einer durchgängigen Strategie jeder Kunde komplett „abgebildet“ werden können, um eine individuelle, differenzierte und v. a. bedarfsorientierte Kundenansprache (One-to-One-Marketing) zu ermöglichen (s. Abbildung 2.3). Hierzu werden möglichst viele kundenbezogene Daten zusammengeführt und an einen entsprechenden Marketing- und Kommunikationsmix angepasst.
Zum anderen stellt das CRM den Kunden in den Fokus aller Verantwortlichkeiten und Geschäftsprozesse. Es gilt der Leitsatz, dass, anstatt „Kunden für Produkte [und Leistungen] zu finden, Produkte [und Leistungen] für die Kunden gefunden werden sollen“.
Abb. 2.3: Mit CRM vom Massen- zum One-to-One-Marketing
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Baaken et al. (2002), S.14
Aus den beiden übergeordneten Zielen lassen sich dann, nach Hettich et al., die Zieldimensionen der Nachhaltigkeit, Differenzierung, Integration und Profitabilität ableiten. Diese helfen, die Kundenbindung als strategischen Erfolgsfaktor zu identifizieren und unterstreichen somit die Bedeutung des CRM.
Ziel der Integration
Eines der wichtigsten Ziele bei der Umsetzung eines erfolgreichen CRM ist die Integration aller relevanten Kundendaten. Diese sollten jederzeit für diejenigen Mitarbeiter, die Kundenkontakt haben bzw. kundenrelevante Prozesse bearbeiten, verfügbar sein. Dabei müssen sie die bisherige Historie des Kunden im Unternehmen umfassend und lückenlos widerspiegeln (bzgl. Marketing, Vertrieb, Service, Kundendienst, etc.). Diese integrierte Datenbasis hilft den Mitarbeitern, eine möglichst individualisierte und kundenbedarfsgerechte Ansprache an der Schnittstelle zum Kunden zu ermöglichen.
Ziel der Differenzierung
„Die [Individualisierung] des einzelnen Kunden bedingt eine Differenzierung des Angebotes, sei es ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Kombination beider Leistungen.“ Darüberhinaus ist es für den Handel von Bedeutung, sich durch eine individuelle, bidirektional gerichtete, sowie auf den Kunden abgestimmte Kommunikation im Markt zu differenzieren. In der Folge bedeutet dies, dass Standardlösungen in der Kundenkommunikation überdacht werden müssen. Der Differenzierungsansatz ist jedoch mit Kostensteigerungen verbunden, und macht es nötig, die Aufwendungen, die durch die Differenzierung entstehen, der Profitabilität des Kunden gegenüberzustellen (Ziel der Profitabilität).
Ziel der Nachhaltigkeit
Mit Hilfe von CRM Maßnahmen (s. Abbildung 2.3, rechts) soll eine möglichst nachhaltige Kundenbindung und eine Steigerung des Gewinnes realisiert werden. Die positive Korrelation zwischen Kundenbindung und ökonomischem Erfolg wird in einschlägiger Literatur erläutert und uneingeschränkt nachgewiesen.
Darüberhinaus kommt dem Motiv einer Erhöhung der Kundenbindung aus Gesamtunternehmenssicht vor dem Hintergrund sinkender Markentreue und globalisierter Märkte eine besondere Bedeutung zu. Ein authentisch und klug strukturiertes CRM eröffnet die Möglichkeit, den Kunden über weite Abschnitte, im Idealfall sogar über den gesamten „Kunden-Lebens-Zyklus“ zu begleiten. „Vor allem im Bereich langlebiger Gebrauchsgüter können Kunden so, entsprechend ihrer sich im Zeitverlauf verändernden soziodemographischen Merkmale [und damit einhergehenden wandelnden Bedürfnisstrukturen], auf Dauer an das betreffende Unternehmen gebunden werden.“
In Kapitel 2.5 bzw. 2.6 wird im Rahmen dieser Arbeit zudem näher thematisiert, wie ein kundenwertorientiertes CRM ausgestaltet werden sollte (z. B. Customer Lifetime Value ).
2.4 Dimensionen des CRM
Die zentrale Aufgabe eines CRM ist es, allen Akteuren (Mitarbeitern), die im Unternehmen an Kundenbeziehungsprozessen beteiligt sind, die notwendigen Basisdaten über den Kunden laufend, aktuell und in jeder Phase der Unternehmen-Kunde-Interaktion zur Verfügung zu stellen. Hierdurch sollen beziehungsschädigende Handlungen aufgrund fehlender oder veralteter Informationen vermieden werden.
Neben den verschiedenen technischen Grundelementen eines professionellen CRM-Systems , lässt sich nach Hippner und Wilde eine dreistufige Systematisierung der Aufgaben eines CRM in operatives, kommunikatives und analytisches CRM vornehmen. Dieser Dreiteilung schließen sich andere wissenschaftliche Autoren und nicht-wissenschaftliche Autoren an. Abbildung 2.4 zeigt schematisch die Zuordnung einzelner Unternehmensbereiche und derer Komponenten in o. g. Dreiteilung.
Abb. 2.4: Bestandteile eines CRM(Öko-)-Systems
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Hettich et al. (2000), S.1350
2.4.1 Das operative CRM
Unter dem operativen CRM werden in der Fachliteratur alle „Instrumente und Anwendungen [verstanden], die die Abwicklung eines direkten Kontakts mit dem Kunden unterstützen“ (Front Office). Alle unmittelbaren Daten, die aus dem direkten Kundenkontakt resultieren, können mit Hilfe des operativen CRM gesammelt und an das analytische CRM weitergeleitet werden. Darüber hinaus werden die erworbenen Kundeninformationen für Kampagnen, Loyalitätspro-gramme und Vertriebsprozesse genutzt. Um gegenüber dem Kunden innerhalb des sog. kommunikativen CRM korrekte Aussagen über die Verfügbarkeit, Lieferzeiten, individuelle Preise, etc. treffen zu können, ist das operative CRM an vorhandene betriebliche (Back Office)-Systeme wie das ERP, SCM, etc. angebunden (s. Abbildung 2.4).
An der Schnittstelle zum Kunden ist der Übergang zum kommunikativen CRM fließend und wird im Folgenden betrachtet.
2.4.2 Das kommunikative CRM
Das kommunikative, bzw. kollaborative CRM umfasst als Teilbereich des Gesamtkonzeptes die Steuerung, Unterstützung und Synchronisation aller Kommunikationskanäle zum Kunden und soll daher in dieser Arbeit als Schwerpunkt des CRMs dienen. Ziel ist es, eine effiziente, bidirektionale Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen zu ermöglichen. Typischerweise laufen alle Kommunikationswege in einem Customer Interaction Center zusammen, das sämtliche Medien (z. B. Internet, Telefon, Pers. Kontakt) zur Unternehmen-Kunden-Interaktion in sich vereint (siehe Abbildung 2.4).
2.4.3 Das analytische CRM
Das operative und kommunikative CRM unterstützen unmittelbar die kundenbezogenen Geschäftsprozesse eines Unternehmens, das analytische CRM hingegen zeichnet die Kontakte und Aktivitäten, die im Rahmen der Kundenbeziehung auftreten (z. B. Kundenkontaktdaten, Kundenreaktionen, Kundenreklamationen, etc.), in einer Kundendatenbank (Customer Data Warehouse) systematisch auf und analysiert sie, mit Hilfe eines Data Minings, hinsichtlich verschiedenster Anfragen aus den einzelnen Fachbereichen. Ziel ist es, die vorliegenden Datensätze hinsichtlich der „kontinuierlichen Verbesserung der kundenorientierten Geschäftsprozesse auszuwerten“. Zudem wird es mittels derartiger datenanalytischer Anwendungen möglich, zukünftige Entwicklungen der Unternehmen-Kunde-Beziehung zu prognostizieren und ein besseres Verständnis für das Kundenverhalten zu erlangen.
Insgesamt ist seit 2006 ein allgemeiner Trend zum Zusammenwachsen der drei CRM-Systemkategorien zu sog. „CRM-Suites“ zu beobachten, welche die Funktionalitäten der drei Systemtypen in sich vereinen. Ähnlich verhält es sich mit Wissensmanagement-Systemen, die mehr und mehr in operative CRM-Systeme integriert werden, um den Mitarbeitern in jeder Phase des Geschäftsprozesses Zugang zu den individuellen, kundenrelevanten Informationen zu ermöglichen.
2.5 Wissen als zentrale Größe der Kundenbindung
Im Grundsatz gilt, dass, gleichzeitig mit der Fähigkeit des Unternehmens, die spezifischen Kundenbedürfnisse zu erfüllen, die Loyalität der Kunden gegenüber dem Unternehmen steigt. In der Konsequenz wird es für Wettbewerber schwerer, diesen Kunden, aufgrund seiner emotionalen Bindung zum Ur-sprungsunternehmen , zu einem Wechsel zu bewegen. Bekannt unter dem „Tante Emma“-Theorem trägt dieser Ansatz dazu bei, die Kundenbindung signifikant zu steigern. Was „Tante Emma“ auszeichnet, ist die Kenntnis des Kunden und die Fähigkeit, entsprechend dessen Präferenzen eine individuelle Unternehmen-Kunden-Interaktion zu gestalten, sowie passgenaue Angebote zu unterbreiten. Somit lässt sich „selbst die individuelle Betreuung von Kunden in Massenmärkten (wie z. B. dem Handel) ermöglichen.“ Im Kampf um den Kunden ist Wissen demnach ein entscheidender Erfolgsfaktor, der es Unternehmen erleichtert, Kundendaten zu verdichten, um spezifische Maßnahmen abzuleiten.
Das Wissen zu erlangen (in zahlreichen Branchen umfassen die gespeicherten Kundendaten bereits die Größe von Terabytes ) ist aber nur die „halbe Wahrheit“, denn noch wichtiger ist es, das angehäufte Wissen an den Schnittstellen zum Kunden verfügbar zu machen. So wird es für Unternehmen bedeutend sein, die entscheidungsrelevanten Daten aus der Datenflut zu extrahieren, um die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, ihren Kunden mit den adäquaten Kundenbearbeitungsstrategien zu begegnen.
Diese Rahmenbedingungen schaffen die zu bewältigenden Herausforderungen für eine erfolgreiche CRM-Umsetzung:
- Bedarfsdifferenzierung: Kunden werden immer anspruchsvoller und deren individueller Bedarf immer heterogener.
- Marketingimmunität: Die klassischen Instrumente des Marketing, wie beispielsweise unpersonalisierte Massenwerbung, erweisen sich zunehmend als unwirksam.
- Erosion der Profilierung durch die eigentliche Kernleistung: Eine Profilierung über das eigentliche Kernprodukt ist heute kaum noch möglich, da sich Qualität und Preise der Konkurrenzprodukte zunehmend angleichen.
- Schaffung von sog. Value-Added-Services zur Differenzierung durch Zusatzleistungen.
Diese Herausforderungen machen deutlich, dass Unternehmen nur durch ein wissensbasiertes CRM in der Lage sind, Kunden ökonomisch zielgerichtet und bedarfsgerecht anzusprechen bzw. zu binden. So ist die Anwendung eines in CRM-Prozesse integrierten Wissensmanagements (Customer Knowledge Management – CKM) unabdingbar und soll an dieser Stelle kurz angesprochen werden.
Die in CKM zu behandelnde Thematik lässt sich im Wesentlichen zu drei Wissensflüssen (zwischen dem Unternehmen und den Kunden) aggregieren:
- Wissen für die Kunden befriedigt deren Informationsbedürfnisse, beispielsweise im Hinblick auf Produkte, Lieferanten, etc. Diese Wissensdimension beeinflusst maßgeblich die Kundenwahrnehmung zur Servicequalität eines Unternehmens.
- Wissen über die Kunden beinhaltet die Kundenkontakthistorie, Präferenzen und Eigenschaften der Kunden sowie in der Vergangenheit erworbene Produkte bzw. Leistungen. Es wird im Rahmen der operativen CRM-Prozesse gesammelt und durch CRM-Analyseprozesse ausgewertet.
- Wissen von Kunden wird über geeignete Mechanismen im Rahmen des Feedbackmanagement in die Unternehmung hineingetragen.
Um die drei Wissensflüsse ganzheitlich koordinieren zu können ist die Einführung eines sog. geschlossenen Wissenskreislaufs (engl. „closed knowledge loop“) nötig. Tragender Gedanke ist dabei, das „Wissen von und über Kunden, […] im Unternehmen an die relevanten Stellen weiterzuleiten, um Leistungsinnovationen, Prozessverbesserungen und neues Wissen für die Kunden zurückzuleiten“ und an der Schnittstelle zum Kunden einzusetzen. Somit wird eine lernende Kundenbeziehung, wie in Abbildung 2.5 schematisch dargestellt, ermöglicht.
Abb. 2.5: Der CRM-Kreislauf als Erfolgsfaktor in der langfristigen Kundenbindung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Böcker (2001b), S.222
Die Zielsetzung des CRM, langfristig profitable Kundenbeziehungen aufzubauen und zu pflegen, bedingt, wie oben aufgeführt, eine Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten auf die Bedürfnisse der Kunden. Diese Kundenorientierung erfordert jedoch eine Erweiterung der ökonomischen Erfolgs- und Steuerungsgrößen um kundenspezifische Größen wie den Kundenwert.
2.6 Nicht jeder Kunde ist gleich‘wert‘ – Wertorientierte
Kundenbeziehung
Das Grundprinzip jeder Wertschöpfung besteht in der Ausrichtung aller Aktivitäten und Geschäftsbereiche auf eine nachhaltige Steigerung des langfristigen Unternehmenswerts. Auch CRM-Aktivitäten müssen sich diesem Leitprinzip unterordnen und mittel- bis langfristig wertsteigernd wirken. Denn diese Aktivitäten betrachten letztlich den Kunden als Zielgröße. Demnach sind „Marketingaktivitäten gezielt auf diejenigen Kundengruppen zu richten, die einen hohen Kundenwert versprechen. Der Kundenwert wird damit zur Steuergröße von CRM-Aktivitäten.“ Nun wäre jedoch eine rein profitabilitätsorientierte Ausrichtung ein sehr eingeschränkter Blickwinkel für die Entwicklung von adäquaten, kundenorientierten Beziehungsstrategien.
Die vielfältigen Ausprägungen des nachfragerseitigen Kundenwerts lassen sich vereinfacht auf zwei Dimensionen reduzieren (s. Abbildung 2.6). Diese unterscheiden sich einerseits durch den Ertrag einer Geschäftsbeziehung, der das Marktpotenzial reflektiert, andererseits kann der Kunde als Ressource des Unternehmens verstanden werden. Er trägt damit ein inhärentes Ressourcenpotential.
Abb. 2.6: Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Rudolf-Sipötz (2001)
Das Marktpotential erfasst die gegenwärtigen und zukünftigen Verkaufserfolge bei einem Kunden. Gegenwärtig orientieren sich die Unternehmen noch vorwiegend an sog. Ist-Größen (Deckungsbeitrag, Umsatz). Jedoch finden mehr und mehr auch dynamische, intertemporale Ansätze wie die „Customer-Lifetime-Value-Berechnung“ Einzug.
Das Marktpotential setzt sich dabei aus den Determinanten Ertrags-, Entwicklungs-, Cross-Buying- und Loyalitätspotential zusammen:
- Das Ertragspotential eines Kunden beinhaltet den gegenwärtigen monetären Beitrag des Kunden zum Unternehmenserfolg. Häufig wird in der Praxis, zur Bestimmung des Ertragspotentials, die Kundenrentabilität heran gezogen. Diese Kennzahl lässt jedoch zukünftige Wertbeiträge einer Kundenbeziehung unberücksichtigt. Daher wird eine Internalisierung des Entwicklungspotentials notwendig.
- Bei der Bestimmung des Entwicklungspotentials sind die gegenwärtigen Erträge eines Kunden von geringerer Bedeutung. Dahingegen steht die Betrachtung der zukünftigen Entwicklung des Kundenbeitrags im Vordergrund. Einflussfaktoren für die Einordnung des Kunden stellen dabei das Konsumentenverhalten des Kunden und dessen Loyalität dar. Hier kann der „Customer-Lifetime-Value-Ansatz“ helfen, den Kunden, unter Einordnung in verschiedene Lebensphasen, richtig zu beurteilen.
- Das Cross-Buying-Potential des Kunden beschreibt dessen Eigenschaft, sich neben den ursprünglichen Einkaufswünschen zum Erwerb von zusätzlichen Produkten zu entscheiden. Diese als Cross-Selling („Überkreuzverkauf“) bezeichnete Vertriebsstrategie von Unternehmen zielt darauf ab, das Kundeninteresse für weitere Verkaufsmöglichkeiten zu nutzen und ihm dabei v. a. zeitraubende Anbietervergleiche zu ersparen.
- Die Determinante des Loyalitätspotentials gibt an, ob der Kunde die angebotenen Produkte des Unternehmens auch in Zukunft kaufen wird. Dabei beschreibt die Loyalität des Kunden in diesem Kontext das bewusste Verhalten des Kunden, bei dem bisherigen Unternehmen zu verbleiben, auch wenn er mit attraktiven Alternativangeboten anderer Unternehmen konfrontiert wird.
Neben dem Marktpotential des Kunden ist es für die wertorientierte Ausrichtung von CRM-initiierten Kundeninteraktionen wichtig, das Ressourcenpotential eines Kunden zu betrachten. Hierunter werden nicht-monetäre Wirkungen der Kundenbeziehung verstanden, die dennoch einen Beitrag zum betrachteten Kundenwert leisten. Das Ressourcenpotential lässt sich im Gegensatz zum Marktpotential lediglich indirekt messen und umfasst mit dem Referenz-, Informations- und Kooperationspotential drei Komponenten:
- Das Referenzpotential beinhaltet die Einflussnahme aktueller Kunden des Unternehmens auf die Kaufentscheidung möglicher Dritter (positive Mund-zu-Mund-Propaganda). Es bemisst sich aus der Anzahl potentieller Kunden, die ein Kunde innerhalb eines vordefinierten Zeitraums erreichen kann, sowie der Kontakthäufigkeit und –intensität (Theorie der Multiplikatorwirkung von Meinungsführern ).
- Das Informationspotential eines Kunden umfasst sämtliche Informationen, die der Kunde dem Anbieter liefert. Im Gegensatz zum Referenzpotential handelt es sich hierbei um Informationsströme, die vom Kundenumfeld zum Unternehmen fließen. Das Unternehmen ist somit in der Lage, wertvolle Informationen über Kunden zu erlangen und diese zur Optimierung von Leistungserstellungsprozessen zu verwenden (z. B. zur Trendforschung, Problembehandlung, Produktentwicklung, Serviceverbesserung, etc.).
- Das Kooperationspotential umfasst alle Werttreiber, die aus der Bereitschaft der Kunden zur Zusammenarbeit mit dem Unternehmen entstehen. Dieser Wertdeterminante kommt jedoch zumeist im B2B-Bereich große Bedeutung zu und soll daher im Kontext dieser Arbeit vernachlässigt werden.
Anhand der zuvor dargestellten Determinanten des Kundenwertes, lässt sich mit Hilfe des Kundenkubus-Modells, einem v. a. im Handel weit verbreiteten Konzept , nun ein Lösungsansatz abbilden, der es ermöglicht, die Kunden hinsichtlich ihres Potentials zu klassifizieren (s. Abbildung 2.7). Dieses Vorgehen ermöglicht es dem Unternehmen, geeignete Strategien für die einzelnen Kunden-Cluster zu entwickeln . Bei der Durchführung eines wertorientierten Kundenmanagements geht es dabei vor allem um folgende Fragestellungen:
- Was bringt uns der Kunde heute? (gegenwartsbezogen)
- Welches Erfolgspotential hat er in der Zukunft? (zukunftsbezogen)
- Wie hoch ist das Ressourcenpotential des Kunden? (indirekte Effekte)
Abb. 2.7: Kundenkubus-Modell auf Basis der Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Stokburger (2002), S.82
Die Abbildung 2.7 hilft, diese Fragen anhand eines dreidimensionalen Modells zu vereinen und zu quantifizieren.
Die X-Achse stellt hierbei den momentanen, gegenwärtigen Erfolgsbeitrag des Kunden zum Unternehmen dar (z. B. Umsatz bzw. Deckungsbeitrag). Diese Achse ließe sich auch als Rentabilität bezeichnen.
Die Z-Achse repräsentiert das zukünftige Erfolgspotential (bzw. Entwicklungspotential) eines Kunden. Sie spiegelt somit Daten wider, die den zukünftigen Deckungsbeitrag bzw. den Customer-Lifetime-Value beziffern. Des Weiteren sind in diesem Kontext als Indikatoren das Cross-Buying- und Loyalitätspotential des jeweiligen Kunden zu berücksichtigen.
Auf der Y-Achse wird der komplementäre Wertbeitrag eines(r) Kunden(gruppe) abgebildet, das dem jeweiligen Ressourcenpotential entspricht. Hierzu werden die jeweiligen Werte des Referenz-, Informations- und Kooperationspotentials ermittelt und bewertet.
Das hierdurch konstruierte dreidimensionale Modell (sog. Kundenkubus) ist ein probates Hilfsmittel zur spezifischen Einordnung von Kunden(gruppen) anhand ihrer Wertigkeit. Diese visuelle Darstellung ermöglicht die Positionierung der Kunden(gruppen) anhand nachfolgender Dimensionen:
- Gegenwärtiges Erfolgspotential (niedrig – hoch)
- Zukünftiges Erfolgspotential (niedrig – hoch)
- Ressourcenpotential (niedrig – hoch)
In einem nächsten Schritt lässt sich für jedes der acht im Kundenkubus-Modell gebildeten Kundensegmente (sog. Kundencluster) eine spezifische und adäquate Kundenbeziehungsstrategie formulieren. Die in Tabelle 2.1 aufgeführte operative Ausgestaltung der angepassten Strategien erfolgt dabei vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Determinanten des Kundenwertes (Ertrags-, Entwicklungs-, Cross-Buying-, Loyalitäts-, Referenz-, Informations- und Kooperationspotential).
Die in Tabelle 2.1 aufgeführten Handlungsstrategien sind dabei lediglich als richtungsweisende, übergeordnete Strategien zu verstehen, die in einer langfristig ausgelegten unternehmensstrategischen Ausrichtung zur Erhöhung des Kunden- bzw. Unternehmenswerts beitragen sollen.
Tabelle 2.1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bevor eine Anpassung der Strategien an die Bedürfnisse der jeweiligen Cluster vorgenommen werden kann ist es notwendig, die einzelnen Kunden in die ihnen zugehörigen Kundensegmente einzuordnen. Hierzu muss eine möglichst intertemporale Einordung des Kunden hinsichtlich verschiedener erfolgsrelevanter Kriterien erfolgen.
Das Konzept des Customer-Lifetime-Value soll an dieser Stelle exemplarisch für verschiedene Konzepte zur Kundenbewertung vorgestellt werden, da es am anschaulichsten den Kundenwert in den einzelnen Phasen der Kunde-Unternehmen-Interaktion aufzeigt.
2.7 Das Konzept des Customer-Lifetime-Value
Es hat sich gezeigt, dass ein Großteil der Unternehmen den größten Teil ihres Gewinns nur mit einem geringen Prozentanteil ihrer Kunden erwirtschaften. Dass Kunden daher differenziert betrachtet werden müssen, unterstützt auch eine Studie von A.C. Nielsen, der herausfand, dass 35 Prozent der Haushalte annähernd 75 Prozent der verkauften Güter konsumieren. Dies verdeutlicht, dass es nicht zweckmäßig ist, die CRM-Maßnahmen nach dem „Gießkannen-Prinzip“ unselektiert anzuwenden, sondern dass einzelne, profitable Kundensegmente bzw. Kunden durch spezifische und individualisierte Maßnahmen gesondert anzusprechen sind.
Der Customer-Lifetime-Value (CLV) greift diesen Ansatzpunkt auf und hilft, den Wert eines Kunden idealtypisch über die gesamte „Lebenszeit“ der Unternehmen-Kunden-Interaktion zu kalkulieren. Auf diese Weise wird erkennbar, ob sich die teilweise hohen Anfangsinvestitionen für Akquisition und Betreuung amortisieren , indem der Kunde dem Unternehmen lange treu bleibt. Der CLV lässt sich gemeinhin definieren als „ein dynamisches Verfahren zur Kundenbewertung, das auf Basis der Kapitalwertmethode den Lebenszeitwert eines Kunden mit seinen quantitativen und qualitativen Größen monetarisiert“.
Im Laufe dieses Lebenszyklus durchläuft ein Kunde bestimmte Phasen: Kennt-nisnahme, frühe Entwicklung, Expansion und höchste Einbindung. Der idealtypische Verlauf des Kunden-Lebenszyklus ist in Abbildung 2.8 durch Umsatz- bzw. Kostenzeitreihen demonstriert.
Abb. 2.8: Ansätze des CRM im Rahmen der Maximierung des Customer-Lifetime-Value
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung i. A. a. Fuchs (2007), S.8
In der Phase der Kenntnisnahme (rotes Oval) existiert kein Umsatzerlös, dem Unternehmen entstehen jedoch erhebliche Kosten, um den Kunden beispielsweise durch personifizierte Werbung auf sich aufmerksam zu machen.
In der Phase der frühen Entwicklung (oranges Oval) sind hingegen bereits erste Umsatzerlöse mit dem Kunden zu erzielen. Jedoch übersteigen die in den beiden Phasen akkumulierten Kosten die erwirtschafteten Umsätze. In dieser Phase entscheidet sich, ob es zu einer längeren Kundenbeziehung kommt oder ob die Akquisition des Kunden eine Fehlinvestition war.
Bleibt die Kundenbeziehung bestehen, so geht die intertemporäre Unternehmen-Kunden-Interaktion in die dritte Phase, die sog. Expansionsphase (hellgrünes Oval), über. Diese ist kennzeichnet durch ein signifikant ansteigendes Umsatzvolumen, dem nur geringe Akquisitions- und sonstige Kundenservicekosten gegenüberstehen. Ab diesem Break-Even-Point bringt die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehung einen positiven intertemporären Deckungsbeitrag.
Im letzten Schritt, der sog. höchsten Einbindung, ist die Loyalität des Kunden gegenüber dem Unternehmen am größten. Dies drückt sich in minimalen Akquisitionskosten des Unternehmens aus, da ein zusätzlicher Informationsbedarf des Kunden auch nur noch gering ist. Der Umsatz und die Deckungsbeiträge erreichen ihr Maximum.
Neben dem Konzept des CLV kommen in der Praxis noch weitere Verfahren zur Kundenbewertung zum Einsatz. Da eine detaillierte Erklärung dieser Verfahren den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, seien sie an dieser Stelle lediglich erwähnt. Es sind in diesem Kontext Kunden-Portfolioanalysen, Scoring-Modelle, Kundendeckungsbeitragspotenzialanalysen, Kundenumsatzanalysen und Kundendeckungsbeitragsanalysen zu nennen.
Nachdem in diesem Kapitel die allgemeinen Grundlagen zum Verständnis des Untersuchungsgegenstandes geschaffen wurden, soll im folgenden Kapitel speziell auf den Status Quo des kundenwertorientierten CRM im Handel sowie auf die verschiedenen angewandten Strategien im Beziehungsmanagement dieser Branchen eingegangen werden.
3 Ausgewählte Strategien des CRM im Handel
Die Menge an Publikationen zum Thema CRM ist kaum noch überschaubar. In der einschlägigen Literatur und Fachpresse wird das Konzept des CRM jedoch allzu häufig lediglich im Zusammenhang mit dem Dienstleistungssektor, vor allem im Bereich der Finanzdienstleistungen, diskutiert, da in diesen Wirtschaftszweigen die Erstellung individualisierter Angebote leichter umzusetzen ist als im Handel. Dies ist u. a. darin begründet, dass der Handel in der Regel ein für alle Kunden einheitliches Sortiment anbietet.
Dennoch ist es möglich und sinnvoll, das vorgestellte Konzept des kundenwertorientierten CRM auf Handelsunternehmen zu übertragen. Dieser Transfer ermöglicht der Handelspraxis, die sich wohl schon seit Jahrzehnten der ökonomischen Bedeutung von Stammkunden bewusst ist, aber erst in den letzten Jahren zu einer aktiven und differenzierten Kundenansprache übergeht, ein Umdenken in der Kundenpolitik. Dass derartige Konzepte bis Ende der 90er Jahre im Handel zunächst nur schwache Resonanz fanden, lag v. a. an dem fehlenden differenzierten empirischen Material, das die handelsbetriebliche Relevanz des Relationship-Marketing hätte forcieren können. Erst seit wenigen Jahren wird der intuitiv geahnte, positive Zusammenhang zwischen dem Kundenbindungs- und Unternehmenserfolg durch wissenschaftliche Analysen systematisch aufbereitet und ausgewertet.
Im Rahmen dieser unternehmerischen Marktbearbeitungsprozesse im Handel hat die Gestaltung der Geschäftsbeziehung zu Kunden durch diese Analysen einen erheblichen Wandel erfahren. Denn während im klassischen Marketing die Kundenpolitik im Handel durch Transaktionen mit nicht näher bekannten Kunden die jeweilige Geschäftspolitik prägte (sog. Massenmarketing), gewinnt in den letzten Jahren unter der Existenz eines zunehmenden Wettbewerbs- und Kostendrucks der Aufbau und Erhalt der Geschäftsbeziehungen zum Kunden immer mehr an Bedeutung. Einhergehend mit dieser Erkenntnis lässt sich an wenigen Beispielen verdeutlichen, vor welchen vielfältigen Problemen und Herausforderungen Handelsunternehmen derzeit stehen, um die Beziehung zu ihren Kunden langfristig erfolgreich zu gestalten.
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- Arbeit zitieren
- Diplom Kaufmann Univ. / Diplom Wirtschaftsinformatiker Univ. Christian Werner (Autor:in), 2009, Kundenwertorientiertes Customer Relationship Management als Determinante ökonomischer Kundenbindung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125461
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