Pressevielfalt und ihre Bedrohung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Begriff der Pressevielfalt
2.1 Zusammenhänge zwischen Vielfalt und Vielzahl
2.2 Zusammenhänge zwischen Vielfalt und Qualität

3. Die Bedeutung der Pressevielfalt
3.1 Bedeutung aus ökonomischer Sicht
3.2 Bedeutung aus medienpolitischer Sicht
3.3 Bedeutung für die Meinungsfreiheit
3.4 Folgen mangelnder Vielfalt

4. Die Messung der Vielfalt
4.1 Mögliche Vorgehensweisen
4.2 Probleme bei der Messung

5. Aktuelle Relevanz der Bedrohung

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Medien sind eine öffentliche Instanz, deren Existenz und Wirksamkeit eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft darstellen. Die Informationsvielfalt ist essentiell für die Meinungsbildung der Bürger. Die Aufgabe der Medien ist es im Wesentlichen, diese Vielfalt zu gewährleisten, um die Meinungsfreiheit zu sichern.

Innerhalb der Presse sind seit einigen Jahrzehnten Konzentrationstendenzen zu beobachten, die eine mögliche Bedrohung der Pressevielfalt mit sich bringen. Durch die Verteilung der ökonomischen Macht auf einige wenige Großkonzerne entsteht die Gefahr einer konzentrierten Meinungsmacht, die das Prinzip der freien Meinungs- und Willensbildung bedroht.

Die Bedrohung der Pressevielfalt ist ein Thema, das seit vielen Jahren immer wieder unter den Medien- und Kommunikationswissenschaftlern diskutiert wird. Dennoch herrscht nach wie vor keine Einigkeit darüber, wie man mit diesem Problem umzugehen hat. Vor allem aber ist umstritten, wie akut die Bedrohung tatsächlich ist und welche Möglichkeiten der Regulierung bestehen.

In meiner Arbeit setzte ich mich ausführlich mit der Pressevielfalt und ihrer Bedeutung auseinander. Dabei gehe ich sowohl auf die wirtschaftliche, als auch auf die gesellschaftliche Bedeutung ein. Zudem beschäftige ich mich mit den Folgen mangelnder Vielfalt. Des weiteren werfe ich die Frage auf, ob und wie man Pressvielfalt überhaupt messen kann. Zuletzt konzentriere ich mich auf die aktuelle Relevanz der Bedrohung der Vielfalt und analysiere die momentane Situation.

2. Der Begriff der Pressevielfalt

„Pressevielfalt“ ist ein vielfach benutzter, aber dennoch nicht eindeutig definierter Begriff. Trotz verschiedener Ansätze und Versuche, die Pressevielfalt deutlich abzugrenzen, werden in der Fachliteratur nach wie vor verschiedene Vielfaltsbegriffe synonym verwendet, wie zum Beispiel „Medienvielfalt“, „Pluralität der Medien“ oder “Pluralismus“.

Der Jurist Dr. Erwin Gerhardt hat sich in einem Artikel im „Archiv für Presserecht“ mit dem Begriff Pressevielfalt auseinandergesetzt. In seiner Definition betont er die Aufgabe der Presse, den Menschen eine ausreichende Menge an Informationen zum Zwecke der eigenen Meinungsbildung bereitzustellen:

„Pressevielfalt soll im Dienste der Pressefreiheit gewährleisten, dass die Presse nach Art und Zahl ihrer Organe jedem Bürger, um ihn zu informieren und ihm zur Bildung einer eigenen Meinung zu verhelfen, an seinem Wohnsitz, und zwar rechtzeitig, ein möglichst vollständiges, jedenfalls eben ausreichendes Informationsangebot, bestehend aus Nachrichten, eigenen Meinungen des Mediums sowie von ihm wiedergegebenen Meinungen, unterbreitet.“[1]

Diese Definition kann exemplarisch für die meisten Erklärungen zum Begriff „Pressevielfalt“ gesehen werden, die so oder so ähnlich formuliert sind. Ungeklärt bleibt jedoch, was unter einem „ausreichenden Informationsangebot“ zu verstehen ist.

Einen Versuch, diese Frage zu beantworten, unternimmt Jörn Kruse mit seiner Unterscheidung von optimaler und maximaler Vielfalt. Als maximale Vielfalt bezeichnet er den Umstand, dass der gesamte Präferenzraum, der betrachtet werden soll, weitgehend mit sich unterscheidenden Inhaltsangeboten abgedeckt ist, so dass für die Rezipienten in dem für sie relevanten geografischen Raum eine größtmögliche Auswahl zur Verfügung steht. Dies ist allerdings eine utopische Vorstellung. Die optimale Vielfalt hingegen könnte man als „ausreichend“ verstehen:

„Bei gegebener Zahl von publizistischen Einheiten ist optimale Vielfalt dann gegeben, wenn sich die Angebote voneinander unterscheiden und etwa so über den Kriterienraum verteilen, wie es den aktuellen Präferenzen der Konsumenten entspricht.“[2]

Um eine noch weiter greifende Erklärung des Vielfaltbegriffes zu erhalten, kann man verschiedene Arten der Vielfalt unterscheiden.

Zum einen kann man wirtschaftliche, redaktionelle und publizistische Vielfalt voneinander abgrenzen. Die wirtschaftliche Vielfalt bezieht sich auf die Anzahl der wirtschaftlich voneinander unabhängigen Verlagsunternehmen. Sie ist also eine rein quantitative Zahl. Für die redaktionelle Vielfalt ist die Zahl der selbstständigen Redaktionen die Bezugsgröße, wobei mögliche, nicht ohne weitere Nachforschungen wahrnehmbare Abhängigkeiten unberücksichtigt bleiben. Unter der publizistischen Vielfalt versteht man die inhaltliche Vielfalt, die sich auf die Vielfalt der unterschiedlichen Angebote der Zeitungen bezieht.[3]

Eine weitere Möglichkeit verschiedene Arten von Vielfalt zu benennen, bezieht sich auf die angebotenen Presseerzeugnisse, dass heißt die Frage, wie Zeitungen und Zeitschriften voneinander unterschieden werden können. Dabei bietet sich eine Differenzierung zwischen inhaltlicher, stilistischer und struktureller Vielfalt an. Die inhaltliche Vielfalt werde ich im folgenden Abschnitt noch näher erläutern. Stilistische Vielfalt kann man auf die Art und Weise beziehen, wie die Inhalte innerhalb einer Zeitung oder Zeitschrift dargestellt werden. Diese Unterscheidung kann sowohl intramediär als auch intermediär getroffen werden. Eine weitere Abgrenzungsmöglichkeit ist die strukturelle Vielfalt, also die grundlegende Frage, um welche Art von Presseerzeugnis es sich überhaupt handelt, zum Beispiel Fachzeitschriften, Yellow Press, u.a.

Bezogen auf den Inhalt ergeben sich wiederum mehrere unterschiedliche Formen. Die intermediale Vielfalt meint die inhaltlich unterschiedlichen Angebote in verschiedenen Medien, zum Beispiel im Fernsehen und in der Presse. Auf die publizistische Vielfalt innerhalb eines einzelnen Mediums bezieht sich hingegen die intramediale Vielfalt. Gemeint sind damit zum Beispiel verschiedene Angebote in unterschiedlichen Zeitungen. Eine weitere Form ist die Vielfalt innerhalb einer einzelnen Zeitung, also die Anzahl verschiedener Meinungen und Tendenzen, die der Rezipient in der von ihm gelesenen Zeitung wiederfindet. Die letzte inhaltliche Vielfaltsvariante ist die Vielfalt innerhalb einzelner Beiträge. Diese zielt auf die Frage ab, ob innerhalb eines Artikels verschiedene Standpunkte dargelegt werden und es so dem Leser obliegt, eine eigene Meinung zu bilden.[4]

Anhand der Tatsache, dass es so viele verschiedene Möglichkeiten der Einteilung von Vielfalt gibt, wird deutlich, warum es so schwierig ist eine einheitliche Definition für den allumfassenden Begriff „Pressvielfalt“ zu finden.

2.1 Zusammenhänge zwischen Vielfalt und Vielzahl

Im Allgemeinen wird angenommen, dass die Vielzahl von wirtschaftlich voneinander unabhängigen Zeitungen und Zeitschriften gleichbedeutend ist mit publizistischer Vielfalt. Dem ist jedoch bei weitem nicht so. Zum einen lesen die wenigsten Rezipienten mehr als eine Zeitung. Daher wäre, selbst wenn die einzelnen Medien über unterschiedliche Aspekte berichten, in diesem Fall Vielfalt noch nicht garantiert. Zudem sind viele Regionen in Deutschland so genannte „Ein-Zeitungs-Kreise“, dass heißt dort wird nur eine einzige Zeitung mit lokalen Bezügen angeboten. Damit ist dem Rezipienten zwar die Möglichkeit gegeben, sich aus einer Vielzahl von überregionalen Zeitungen sein bevorzugtes Medium auszuwählen, will er sich jedoch über die lokalen Ereignisse informieren, hat er keine Alternativen. Es ist dementsprechend besonders von Bedeutung, dass die Vielfalt innerhalb einer einzelnen Zeitung gewährleistet wird.

Ein anderer Aspekt bezüglich des Zusammenhangs zwischen Vielzahl und Vielfalt ist die Tatsache, dass publizistische Vielfalt nicht durch die Veröffentlichung möglichst vieler Meinungen und Informationen erreicht werden kann, sondern nur durch möglichst kontroverse und alternative Inhalte.[5] Gerade im Bereich der Yellow Press wird dieser Aspekt deutlich. Es gibt zwar eine Unmenge verschiedener Boulevardmagazine, im Wesentlichen sind diese aber alle gleich, es handelt sich zum größten Teil um Nachahmungen.

Auch die Verflechtungen zwischen den einzelnen Presseunternehmen widersprechen der Annahme, dass eine große Zahl von Zeitungen einer großen Vielfalt entspricht. Die Abhängigkeiten zwischen einzelnen Redaktionen und den Verlag zu dem sie gehören sind für den Leser nicht unmittelbar beobachtbar, spielen aber dennoch eine große Rolle für die Frage nach publizistischer Vielfalt. Wenn ein Verlag mehrere verschiedene Zeitungen herausgibt, liegt die Vermutung nahe, dass die Inhalte sich ähneln oder zumindest die inhaltlichen Tendenzen nicht sehr weit voneinander abweichen. So erhält der Leser zwar den Eindruck, sich zwischen einer großen Zahl von Presseerzeugnissen entscheiden zu können, dennoch liegt dadurch keine publizistische Vielfalt vor.

[...]


[1] Gehrhardt, Dr. jur. Erwin: „Pressevielfalt“ – ein oft gebrauchter, doch ungeklärter Begriff. In: Archiv für Presserecht. Heft 4. 1980, S. 205.

[2] Kruse, Jörn: Publizistische Vielfalt und Medienkonzentration zwischen Marktkräften und politischen Entscheidungen. In: Ökonomie der Medien und des Mediensystems. Grundlagen, Ergebnisse und Perspektiven medienökonomischer Forschung. Hg. Von Klaus-Dieter Altmeppen. Westdeutscher Verlag: 1996, S.28.

[3] Vgl. Knoche, Dr. Manfred: Die Messbarkeit publizistischer Vielfalt. In: Probleme der Pressekonzentrationsforschung. Ein Experten-Colloquium an der Freien Universität Berlin. Hg. von Klaue, Dr. Siegfried; Knoche, Dr. Manfred; Zerdick, Prof. Dr. Axel. In: Materialien zur interdisziplinären Medienforschung. Hg. von Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann Riem. Band 12. Nomos Verlagsgesellschaft: Baden-Baden 1980, S.131f.

[4] Vgl. ebd., S.131f.

[5] Vgl. Rasch, Dirk: Wettbewerbspolitik und Pressevielfalt. Eine wettbewerbs- und medientheoretische Analyse der Pressefusionskontrolle. Osnabrück 1986, S. 22.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Pressevielfalt und ihre Bedrohung
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften)
Veranstaltung
Pressekonzentration als Problemfeld der Medienökonomie
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V125496
ISBN (eBook)
9783640311309
ISBN (Buch)
9783640310197
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pressevielfalt, Bedrohung, Pressekonzentration, Problemfeld, Medienökonomie
Arbeit zitieren
Uta Leonhardt (Autor:in), 2006, Pressevielfalt und ihre Bedrohung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125496

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