Als eines der einflussreichten Werke in Bezug auf die Kultur des Abendlandes ist
noch heute die «Nikomachische Ethik» des Aristoteles zu sehen, mit welcher vor
mehr als 2300 Jahren ein noch heute äußerst aktuelles Thema erstmals in solcher
Ausführlichkeit diskutiert wurde: die philia, die Freundschaft. 1
Aufgrund der Definition des Glückes, der eudaimonia, als höchstes Gut und Endziel
allen Strebens im Handeln, welche Aristoteles in den ersten sieben Büchern der
«Nikomachischen Ethik» liefert, lässt sich die Ethik des Aristoteles eindeutig als
teleologische charakterisieren, d.h. er entwickelt im Vergleich zur deontologischen,
der Pflichten-Ethik, eine Ethik, deren ganzes Handeln auf ein einziges höchstes Ziel
gerichtet ist.
Im Anschluss an diese Definition folgt eine eingehende Untersuchung der Tugenden,
„denn man muss wohl zuerst einen Umriss skizzieren und dann die Einzelheiten
hineinzeichnen.“2 Getreu dieser Aussage kommt Aristoteles in Buch 8 und 9, den
Kapiteln über die Freundschaft, mit der längsten Einzeluntersuchung seines ganzen
Werkes zu dessen Höhepunkt. Doch nicht nur die außergewöhnliche Länge3 dieses
Kapitels reizen zu einer näheren Betrachtung; auch die erstmalige Diskussion eines
heute so selbstverständlich wichtigen Themas, sowie die große Differenz hinsichtlich
des Umfangs zum heutigen, postmodernen Freundschaftsbegriff verlangen eine
genauere Analyse.
Mit dieser Absicht wende ich mich nachfolgend der Erläuterung der verschiedenen
Arten und Besonderheiten der Freundschaft bei Aristoteles zu, um abschließend
ihren Nutzen für das Erreichen des obersten Gutes zu erörtern.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Grundlagen der Ethik des Aristoteles
- Die Freundschaft bei Aristoteles
- Generelle Merkmale der Freundschaft (EN, VIII, 1-2)
- Die drei Arten der Freundschaft (EN VIII, 3-7)
- Der Aspekt der Gleichheit unter Freunden (EN VIII, 8-10)
- Politische Freundschaft (EN XIII, 11 – IX,3)
- Aufbau und Zusammensetzung
- Die Einheit privater Beziehungen und öffentlicher Einrichtungen
- Ungleichheiten in der Freundschaft
- Selbstliebe (IX,4; IX, 7-12)
- Freundschaft und Selbstliebe (IX, 4)
- Ist Geben seliger als Nehmen?
- Braucht ein Glücklicher Freunde?
- Das Zusammenleben der Freunde
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Aristoteles' Konzeption von Freundschaft (philia) in seiner Nikomachischen Ethik. Das Hauptziel besteht darin, die verschiedenen Arten von Freundschaft, ihre Merkmale und ihre Bedeutung für das Erreichen des höchsten Gutes (eudaimonia) zu erläutern.
- Die verschiedenen Arten von Freundschaft bei Aristoteles (aus Lust, aus Nutzen, vollkommene Freundschaft)
- Der Begriff der Gleichheit und Ungleichheit in Freundschaften
- Die Rolle der Freundschaft im Hinblick auf Tugend und Glückseligkeit
- Die Bedeutung der Freundschaft für das gesellschaftliche Leben
- Vergleich des aristotelischen Freundschaftsbegriffs mit modernen Konzepten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung legt die Grundlage, indem sie Aristoteles' ethisches System und den Stellenwert der Freundschaft darin beschreibt. Das Kapitel über die Freundschaft bei Aristoteles führt zunächst in die generellen Merkmale der Freundschaft ein, rechtfertigt deren ethische Bedeutung und beschreibt anschließend die drei Arten von Freundschaft: Freundschaft aus Lust, aus Nutzen und die vollkommene Charakterfreundschaft. Der Abschnitt über die Gleichheit unter Freunden diskutiert die Frage, ob Freundschaft zwischen Gleichen oder Ungleichen bestehen kann. Die Arbeit berücksichtigt dabei die Bedeutung von Geben und Nehmen in verschiedenen Arten von Beziehungen.
Schlüsselwörter
Aristoteles, Nikomachische Ethik, Freundschaft (philia), Eudaimonia, Tugend (arete), Charakterfreundschaft, Nutzenfreundschaft, Lustfreundschaft, Gleichheit, Ungleichheit, Gerechtigkeit, ethisches Problem, Gemeinschaftsleben.
- Quote paper
- Katharina Los (Author), 2008, Grundlagen der Ethik des Aristoteles, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125610