Während für den „Sozialfuzzi“ (d.h. Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, etc.) Armut in Deutschland schon seit langem eine Tatsache darstellt, ist dies in der allgemeinen Diskussion und in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor umstritten. Die Existenz von Armut in einem der reichsten Länder der Erde ist nämlich nicht zuerst eine Herausforderung, vielmehr ist sie in erster Linie ein Problem: Armut stellt den Reichtum der Nation in Frage - Armut zerstört das Bild der schönen heilen Welt, in der wir alle leben, während die Bösen die anderen und die Armen anderswo sind; Armut kratzt somit am Selbstbild der Bevölkerung und beschämt die Volksseele, und nicht zuletzt ist sie eine Beleidigung für die Erfolgsbilanz der jeweiligen Regierung, gleichwelcher politischen Couleur diese auch sein mag. Vor jeglicher Entscheidung darüber, was den nun genau Armut ist und wer denn dann als arm gelten darf, d.h. vor jeglicher Begriffsbestimmung von Armut, ist Armut ein moralischer Begriff, der „eine latente moralische Anklage gegenüber denjenigen (beinhaltet), die zu teilen hätten mit den Armen“. Auf diese Moralität der Armut bezieht sich auch der Titel des ersten deutschen Armutsberichts der Paritätischen Wohlfahrtsverbandes 1989, welcher lautet „… wessen wir uns schämen müssen in einem reichen Land …“. Dies beinhaltet auch, daß Armut nicht nur ein Analysebegriff ist, sondern daß von Armut zu reden in besonderer Weise einen Handlungsapell einschließt, denn Armut darf moralisch gesehen eigentlich nicht existieren. Das erste Problem der Armut ist also, ob sie überhaupt sein darf oder ob nicht, und die Antwort ist klar: Armut darf nicht sein - erst recht nicht in einem reichen Land.
Inhaltsverzeichnis
- „Darf Armut sein?“ - Moralität des Begriffs Armut
- Armut im Spannungsfeld von Sozialpolitik und Sozialwissenschaft
- Politische Funktionalisierung der Armutsdebatte
- Entstehung und Entwicklung der Armutsforschung
- Zwischen Armutspolitik und Armutsforschung
- Erfahrungen aus der Armutsdebatte zwischen Politik und Forschung
- Allgemeine Anforderungen an den Armutsbegriff
- Armutsbegriffe und Armutsgrenzen
- Bestandsaufnahme: Armut und Reichtum in Deutschland
- Methodische Basis
- Ergebnisse in Auswahl
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Referat befasst sich mit dem Problem der Armut in Deutschland und beleuchtet die Debatte um Armut aus verschiedenen Perspektiven. Es analysiert die moralische Dimension von Armut, die politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzungen sowie die unterschiedlichen Definitionsansätze und Forschungsmethoden im Kontext von Armut.
- Die moralische Dimension des Armutsproblems
- Die politische Instrumentalisierung der Armutsdebatte
- Die Entwicklung der Armutsforschung in Deutschland
- Verschiedene Definitionen und Messmethoden von Armut
- Die Analyse von Armut und Reichtum in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel untersucht den Begriff der Armut aus einer moralischen Perspektive und beleuchtet die Frage, ob Armut in einem reichen Land wie Deutschland moralisch akzeptabel ist. Das zweite Kapitel analysiert die Debatte um Armut im Spannungsfeld von Sozialpolitik und Sozialwissenschaft. Es beleuchtet die politische Funktionalisierung der Armutsdebatte und die Entstehung und Entwicklung der Armutsforschung in Deutschland. Die dritte Sektion befasst sich mit verschiedenen Armutsbegriffen und Armutsgrenzen. Das vierte Kapitel präsentiert eine Bestandsaufnahme von Armut und Reichtum in Deutschland und analysiert die Ergebnisse verschiedener Studien.
Schlüsselwörter
Armut, Sozialpolitik, Sozialwissenschaft, politische Funktionalisierung, Armutsforschung, Armutsbegriffe, Armutsgrenzen, Bestandsaufnahme, Deutschland.
- Arbeit zitieren
- Markus Raschke (Autor:in), 1998, Bestandsaufnahme 1998: Armut und Reichtum in einem reichen Land, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12568