Die Sprechakttheorie nach John R. Searle


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1 Definition der Sprechakte
2.2 Sprechakte und die Bedeutung von Sätzen
2.3 Referenz und Prädikation
2.4 Performative Verben

3. Unterteilung der Sprechakte
3.1 Äußerungsakte (utterance acts)
3.2 Propositionale Akte (propositional acts)
3.3 Illokutionäre Akte (illocutionary acts)
3.4 Perlokutionäre Akte (perlocutionary acts)

4. Arten der illokutionären Sprechakte
4.1 Grundlagen
4.2 Glückensbedingungen (felicity conditions)
4.3. Unterteilung der illokutionären Sprechakte
4.3.1 Assertive (Assertives)
4.3.2 Direktive (Directives)
4.3.3 Kommissive (Commissives)
4.3.4 Expressive (Expressives)
4.3.5 Deklarationen (Declarations)

5. Indirekte Sprechakte (indirect speech acts)

6. Schlussbetrachtung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Obwohl John R. Searles Sprechakttheorie aus den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts mittlerweile von Linguisten mehr oder weniger stark kritisiert wird, bildet sie dennoch eine bedeutende Grundlage für die Linguistik1. Zudem ist die Sprechakttheorie eines der wichtigsten Bestandteile der Pragmatikforschung. Searles Erkenntnisse beruhen dabei überwiegend auf den Arbeiten von Austin2, wobei er diese vor allem bei der Unterteilung der illokutionären Sprechakte entscheidend verändert und weiterentwickelt hat.

Die vorliegende Hausarbeit hat zum Ziel, einen Überblick über die Sprechakttheorie nach John R. Searle zu vermitteln. Im Folgenden werden zuerst die Grundlagen zu diesem Thema behandelt. Weiterhin werden die Unterteilung der Sprechakte und die Arten der illokutionären Sprechakte näher beleuchtet. Abschließend wird auf die indirekten Sprechakte und deren Besonderheiten eingegangen.

2. Grundlagen

Searles Sprechakttheorie geht vom Gebrauch der Sprache als Handlung durch den Sprecher aus. Dabei wird das Verhältnis zwischen einer sprachlichen Äußerung, vorzugsweise eines Satzes, und einem bestimmten sprachlichen Handlungstyp, d.h. einem Sprechakttyp, untersucht3. Dies geschieht in einer Situation, in der die sprachliche Äußerung vom Sprecher an einen Hörer adressiert wird und somit eine sprachliche Handlung stattfindet.

2.1 Definition der Sprechakte

Searle definiert die Sprechakte als die „grundlegenden und kleinsten Einheiten der sprachlichen Kommunikation“4 und somit als Basis seiner Theorie:

The unit of linguistic communication is not, as has generally been supposed, the symbol, word or sentence, or even the token of the symbol, word or sentence, but rather the production or issuance of the symbol or word or sentence in the performance of the speech act. More precisely, the production or issuance of a sentence token under certain conditions is a speech act, and speech acts […] are the basic or minimal units of linguistic communication.5

In Searles Untersuchungen spielt die semantische Ebene der Sprache die Hauptrolle. Er geht dabei von der Sprache als zweckbestimmtes Verhalten aus, d.h. im Sinne von Saussures langue, welche die Sprache als System bezeichnet6. Dieses zweckbestimmte Verhalten wird von Regeln und Prinzipien beeinflusst, wobei das „Prinzip der Ausdrückbarkeit“ eine wesentliche Rolle spielt: „ principle of expressibility: […] whatever can be meant can be said […]“.7 Als Beweis für dieses Prinzip führt Searle an, dass ein Sprecher eine Sprache durch Wörter aus anderen Sprachen bereichern kann, um bestimmte Dinge auszudrücken, für die es in der Ausgangssprache keine direkten Entsprechungen gibt8. Das „Prinzip der Ausdrückbarkeit“ besagt aber nicht, dass es immer möglich ist, einen sprachlichen Ausdruck zu finden, der zum einen alle Effekte beim Hörer produziert, die vom Sprecher anvisiert wurden (z.B. Emotionen, Glauben, Handlungen) und zum anderen dass der Sprecher immer genau vom Hörer verstanden wird. Dabei muss klar zwischen dem unterschieden werden, was der Sprecher meint und den Effekten, die er im Hörer erreichen will9. Dennoch bestehen zwischen diesen Faktoren enge Verbindungen:

The hypothesis that the speech act is the basic unit of communication, taken together with the principle of expressibility, suggests that there are a series of analytic connections between the notion of speech acts, what the speaker means, what the sentence (or other linguistic element) uttered means, what the speaker intends, what the hearer understands, and what the rules governing the linguistic elements are.10

Zwischen dem Sprechakt und der Intention oder Absicht des Sprechers bestehen wichtige Beziehungen, welche im Kapitel 4 zu den illokutionären Sprechakten näher behandelt werden.

2.2 Sprechakte und die Bedeutung von Sätzen

In direkter Verbindung sieht Searle die Bedeutung eines Satzes und die Untersuchung von Sprechakten:

The speech act or acts performed in the utterance of a sentence are in general a function of the meaning of the sentence. The meaning of a sentence does not in all cases uniquely determine what speech act is performed in a given utterance of that sentence, for a speaker may mean more than what he actually says, but it is always in principle possible for him to say exactly what he means. Therefore, it is in principle possible for every speech act one performs or could perform to be uniquely determined by a given sentence (or set of sentences), given the assumptions that the speaker is speaking literally and that the context is appropriate. […] the study of the meanings of sentences and the study of speech acts are not two independent studies but one study from two different points of view.11

Der durch einen Satz geäußerte Sprechakt ist eine Funktion der Bedeutung des Satzes, z.B. ist die Aufforderung (Sprechakt) eines Gegenübers, die Tür zu schließen, eine Funktion der Bedeutung des Satzes „Schließ’ bitte die Tür zu.“12. Grundsätzlich ist jeder Sprechakt durch einen Satz eindeutig bestimmbar, wenn der Zusammenhang stimmt und der Sprecher aufrichtig spricht13. Die direkte Bedeutung eines Satzes bestimmt aber nicht immer die Art des Sprechaktes, der mit dem Satz geäußert wird, da ein Sprecher mehr meinen kann, als er tatsächlich sagt. Zur besseren Veranschaulichung dient folgender Satz: „Can you reach the salt?“. Auf der einen Seite ist der Satz eine direkte Frage, ob der Hörer in der Lage ist, das Salz zu erreichen. Auf der anderen Seite aber beinhaltet er eine versteckte Aufforderung an den Hörer, das Salz herüber zu reichen14. Die zweite Bedeutung beinhaltet einen indirekten Sprechakt, der die Funktion einer Aufforderung beinhaltet. Dieses Phänomen der indirekten Sprechakte wird im Kapitel 5 näher betrachtet.

In seiner Analyse der Sprechakte geht Searle von idealisierten syntaktischen Aussagen aus, deren Bedeutung klar verständlich ist. Seiner Meinung nach kann ohne Idealisierung und Abstraktion keine Systematisierung der Sprechakte erzielt werden15. Dieser stark theoretische Ansatz gilt heutzutage als umstritten, da die Menschen im normalen Alltag üblicherweise keine konstruierten Sätze verwenden, um zu kommunizieren.

2.3 Referenz und Prädikation

Als Referenz wird die Bezugnahme des Sprechers auf belebte oder unbelebte Objekte oder Sachverhalte bezeichnet, d.h. der Sprecher nimmt mit seiner Äußerung auf die außersprachliche Welt Bezug. Searle definiert die Referenz folgendermaßen:

Any expression which serves to identify any thing, process, event, action, or any other kind of ‘individual’ or ‘particular’ I shall call a referring expression. Referring expressions point to particular things; they answer the questions “Who?” “What?” “Which?” It is by their function, not always by their surface grammatical form or their manner of performing their function, that referring expressions are to be known.16

Eine Referenz kann dabei nur als Teil der Äußerung eines illokutionären Aktes ausgedrückt werden17.

Die Prädikation bezeichnet hingegen die Zuordnung von Eigenschaften zu diesen belebten oder unbelebten Objekten oder Sachverhalten. Diese werden z.B. hinsichtlich ihrer Qualität und Quantität, dem Raum und der Zeit näher spezifiziert18. Bei Searle findet man zur Veranschaulichung der Referenz und Prädikation folgende Beispielsätze:

Sam smokes habitually. Does Sam smoke habitually? Sam, smoke habitually! Would that Sam smoked habitually.19

Die Referenz und Prädikation in den vorangegangenen Beispielen sind jeweils gleich, obwohl die ausgedrückten Sprechakte jeweils unterschiedlich sind. Der Sprecher verweist in jedem der Sätze auf das außersprachliche Objekt „Sam“ (Referenz) und weist diesem Objekt die Eigenschaft „smokes habitually“ zu (Prädikation).

Referenz und Prädikation sind Teile des propositionalen Sprechakts und somit auch des illokutionären Sprechakts20.

2.4. Performative Verben

Durch die Verwendung performativer Verben in sprachlichen Äußerungen kann genau die Art von Handlung vollzogen werden, die von diesen Verben beschrieben wird:

Ein Verb ist performativ, wenn es in der 1. Ps. Sg. Ind. Präs. Akt. steht, und den vollzogenen illokutionären Akt bezeichnet. Der performative Charakter einer Äußerung kann durch das Wort hiermit klargemacht werden.21

Das Verb versprechen kann u.a. performativ, aber auch nicht performativ verwendet werden:

Ich verspreche dir (hiermit), pünktlich zu sein. Sie verspricht dir (*hiermit), pünktlich zu sein.22

Im ersten Beispiel handelt es sich um ein Versprechen, welches durch ein Subjekt „ich“ und dem performativen Gebrauch von versprechen ausgedrückt wird. Im zweiten Beispiel hingegen handelt es sich um eine Feststellung, dass das Subjekt „sie“ einer anderen Person etwas verspricht23.

3. Unterteilung der Sprechakte

3.1 Äußerungsakte (utterance acts)

Die Äußerungsakte bezeichnen nach Searle die Äußerung von sprachlichen Zeichen, z.B. Morphemen und Sätzen, mit einer bestimmten grammatischen Struktur ohne jedoch den Inhalt dieser sprachlichen Zeichen mit einzubeziehen. Ein Äußerungsakt kann auch vollzogen werden, ohne einen propositionalen oder illokutionären Akt zu äußern, indem einfach zusammenhanglose Wörter aneinander gereiht werden. Searle geht nicht näher auf eine direkte Beschreibung der Äußerungsakte ein, da Äußerungsakte gleichzeitig auch illokutionäre Akte sind24.

[...]


1 Levinson 1983: 237/238: „[…] Searle, through whose writings speech act theory has perhaps had most of its impact on linguistics [...].”

2 John L. Austin (1962): How to do things with words. (posthum veröffentlichte Vorlesungsreihe)

3 Searle 1969: 16

4 Searle 1988: 30

5 Searle 1969: 16

6 Searle 1969: 17; Saussures Dichotomie: langue (Sprache als System) – parole (individuelles Sprechen)

7 Searle 1969: 19

8 Searle 1969: 19/20; vgl. z.B. heutzutage den Einfluss des Englischen auf das Deutsche

9 Searle 1969: 20: „We need to distinguish what a speaker means from certain kinds of effects he intends to produce in his hearers.“

10 Searle 1969: 21

11 Searle 1969: 18

12 Siehe dazu auch: Unterschied zwischen dem illokutionären Sprechakt und dem propositionalen Gehalt des illokutionären Sprechaktes (3.3 Illokutionäre Akte)

13 Siehe dazu Kapitel 4.3. Unterteilung der illokutionären Sprechakte

14 Searle 1979: 30

15 Searle 1969: 56: „Without abstraction and idealization there is no systematization.“

16 Searle 1969: 26/27

17 Searle 1969: 25

18 Searle 1969: 26

19 Searle 1969: 22

20 Searle 1969: 24, 28; siehe auch Kapitel 3

21 Meibauer 1999: 89; siehe auch Levinson 1983: 232

22 Meibauer 1999: 88

23 Meibauer 1999: 89

24 Searle 1969: 24

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Sprechakttheorie nach John R. Searle
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V125929
ISBN (eBook)
9783640314058
ISBN (Buch)
9783640317745
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprechakttheorie, John, Searle, Sprechakt
Arbeit zitieren
M.A. Kathleen Fritzsche (Autor:in), 2007, Die Sprechakttheorie nach John R. Searle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125929

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