In den vergangenen Tagen sorgte die Äußerung des Berliner Innensenators Ehrhart Körting, die Innenminister der Länder würden zum Teil Verbindungsleute aus der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) abziehen, um ein wiederholtes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei anstrengen zu können, für große Aufregung. Körting heizte damit erneut eine Debatte an, die seit einiger Zeit in der deutschen Öffentlichkeit immer wieder kontrovers diskutiert wird. Die Rede ist von der Forderung nach einer Abschaffung der NPD, die aufgrund des starken Anstiegs fremdenfeindlicher Gewalttaten im Jahr 2000 von führenden Politikern sowie Teilen der Bevölkerung gestellt wurde. Der Verbotsantrag, der daraufhin gemeinsam von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde, scheiterte 2003 jedoch daran, dass sich der Einsatz von Verfassungsschutzbeamten in der Führungsspitze der NPD als unüberwindbares juristisches Hindernis für ein Verbot der Partei erwies. Dennoch hält die Diskussion um ein nunmehr erneutes Verbotsverfahren bis heute an und spaltet Politiker, Fachleute und Bürger weiterhin in Befürworter und Gegner einer solchen Maßnahme.
Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der im obigen Zusammenhang häufig gestellten Frage nach dem grundsätzlichen Sinn und Nutzen von Parteienverboten sowie den Erfolgsaussichten solcher Verfahren. Dazu soll der Leser einleitend über die Geschichte und die rechtlichen Grundlagen dieser Institution informiert werden, um so deren Entstehungsbedingungen, Kontext und Auswirkungen besser verstehen zu können. Daraufhin wird der Grundgedanke, der hinter dem Parteienverbot steht, sowie die zentralen Thesen der Befürworter vorgestellt. Im dritten Punkt soll auf die Schwächen und Gefahren der Maßnahme eingegangen werden, die von ihren Gegnern immer wieder angeführt werden, um dann in einem abschließenden Fazit die genannten Vor- und Nachteile zu bewerten sowie gegeneinander abzuwägen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Geschichte und rechtliche Grundlagen des Parteienverbots in der BRD
2. Warum Parteien verbieten?
3. Argumente gegen das Parteienverbot
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
In den vergangenen Tagen sorgte die Äußerung des Berliner Innensenators Ehrhart Körting, die Innenminister der Länder würden zum Teil Verbindungsleute aus der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) abziehen, um ein wiederholtes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei anstrengen zu können, für große Aufregung.[1] Körting heizte damit erneut eine Debatte an, die seit einiger Zeit in der deutschen Öffentlichkeit immer wieder kontrovers diskutiert wird. Die Rede ist von der Forderung nach einer Abschaffung der NPD, die aufgrund des starken Anstiegs fremdenfeindlicher Gewalttaten im Jahr 2000 von führenden Politikern sowie Teilen der Bevölkerung gestellt wurde. Der Verbotsantrag, der daraufhin gemeinsam von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde, scheiterte 2003 jedoch daran, dass sich der Einsatz von Verfassungsschutzbeamten in der Führungsspitze der NPD als unüberwindbares juristisches Hindernis für ein Verbot der Partei erwies.[2] Dennoch hält die Diskussion um ein nunmehr erneutes Verbotsverfahren bis heute an und spaltet Politiker, Fachleute und Bürger weiterhin in Befürworter und Gegner einer solchen Maßnahme.
Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der im obigen Zusammenhang häufig gestellten Frage nach dem grundsätzlichen Sinn und Nutzen von Parteienverboten sowie den Erfolgsaussichten solcher Verfahren. Dazu soll der Leser einleitend über die Geschichte und die rechtlichen Grundlagen dieser Institution informiert werden, um so deren Entstehungsbedingungen, Kontext und Auswirkungen besser verstehen zu können. Daraufhin wird der Grundgedanke, der hinter dem Parteienverbot steht, sowie die zentralen Thesen der Befürworter vorgestellt. Im dritten Punkt soll auf die Schwächen und Gefahren der Maßnahme eingegangen werden, die von ihren Gegnern immer wieder angeführt werden, um dann in einem abschließenden Fazit die genannten Vor- und Nachteile zu bewerten sowie gegeneinander abzuwägen.
1. Geschichte und rechtliche Grundlagen des Parteienverbots in der BRD
Bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes spielten verschiedene historische Faktoren eine wichtige Rolle: zum einen erlebten die Verfassungsväter und -mütter der BRD, wie zahlreiche ost- und mittel-europäische Demokratien ihrer Zeit in kommunistische Diktaturen umgewandelt wurden,[3] zum anderen führten sie das Scheitern der Weimarer Republik auf das Fehlen institutioneller Sicherungen in deren Verfassung zurück. Hinzu kam ihr Misstrauen gegenüber dem Volk im Umgang mit der Demokratie.[4] All dies führte dazu, dass Deutschland im Grundgesetz als eine Art „Spezialform“ der Demokratie, die sog. „wehrhafte“ oder auch „streitbare“ Demokratie, festgelegt wurde, auch wenn der Ausdruck dort nicht explizit erwähnt wird. Dieser Terminus bezeichnet die „Verpflichtung und Ermächtigung des Staates [...], die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor potentiell totalitären Bestrebungen zu schützen“.[5] Extremisten sollten somit daran gehindert werden, unter dem Schutz der Demokratie gegen eben diese vorzugehen. Elemente der wehrhaften Demokratie sind u. a. das Recht der Deutschen zum Widerstand gegen die Ordnung bedrohende Kräfte (Art. 20 Abs. 4 GG), die Verpflichtung Lehrender auf die Verfassung (Art. 5 Abs. 3 GG) sowie eine mögliche Verwirkung von Grundrechten (Art. 18 GG). Ein anderer zentraler Punkt ist hierbei eben auch das Parteienverbot. Es ist im Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes geregelt, welcher besagt: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“[6] Fällt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem solchen Verbotsverfahren zu Gunsten des Antragsstellers aus, so sind die Konsequenzen für die betroffene Partei äußerst weitrei-chend: „Die Partei wird als Organisation aufgelöst und in ihrer rechtlichen Existenz ausgelöscht. Außerdem kann das Vermögen der Partei gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden. Mit dem Verbot verbunden ist das weitere Verbot, Ersatzorganisationen zu betreiben. Nach den Wahlgesetzen verlieren die Abgeordneten einer verbotenen Partei ihre Parlamentsmandate.“[7] Ein Verbotsantrag kann nur von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat gestellt werden, und nur das Bundesverfassungsgericht kann über ihn entscheiden. Organisationen, die keine Parteien darstellen, z. B. Verbände oder Vereine, können in einem einfacheren Verfahren auch von der Exekutive verboten werden. Sie genießen also nicht den gleichen Schutz und Status wie Parteien, die nach Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes maßgeblich an der politischen Willensbildung der bundesdeutschen Bevölkerung beteiligt sind. In der Geschichte der BRD waren zwei Parteien von einem solchen Verbot betroffen: die Sozialistische Reichspartei (SRP) im Jahre 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 1956.[8]
[...]
[1] Vgl. http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E8B50383947DC41E5ABE87 2FCDF3A41F8~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Zugriff 02.03.2009)
[2] Vgl. Lang, Anne-Katrin: Demokratieschutz durch Parteiverbot? Die Auseinandersetzung um ein mögliches Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Marburg 2008. S. 30 ff.
[3] Vgl. Wassermann, Rudolf: Revitalisierung eines totgesagten Verfassungsprinzips. In: Leggewie, Claus/Meier, Horst (Hg.): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben? Die Positionen. Frankfurt a. M. 2002. S. 98-103.
[4] Vgl. Groh, Kathrin: Reanimation der „wehrhaften“ Demokratie? In: Leggewie, Claus/Meier, Horst (Hg.): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben? Die Positionen. Frankfurt a. M. 2002. S. 89-97.
[5] Dreier, Ralf: Verfassung und „streitbare“ Ideologie. In: Leggewie, Claus/Meier, Horst (Hg.): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben? Die Positionen. Frankfurt a. M. 2002. S. 81-88.
[6] Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Bonn 2002.
[7] Morlok, Martin: Schutz der Verfassung durch Parteiverbot? In: Leggewie, Claus/Meier, Horst (Hg.): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben? Die Positionen. Frankfurt a. M. 2002. S. 64-80.
[8] Vgl. Lang, Anne-Katrin: Demokratieschutz durch Parteiverbot? Die Auseinandersetzung um ein mögliches Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Marburg 2008. S. 46 ff.
- Arbeit zitieren
- Michael Neureiter (Autor:in), 2009, Parteienverbot - Zeichen einer wehrhaften Demokratie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126019