Ökonomisch motivierte Migrationsströme gibt es nicht erst seit der Neuzeit, vielmehr sind sie
wohl so alt wie die Menschheit selber. Man betrachte nur nomadisierende Jäger und Sammler
oder aber die Wanderung ganzer Stämme auf der Suche nach neuen und ergiebigeren Weidegebieten.
In der Vergangenheit haben internationale Wanderungen von Arbeitskräften schon immer eine
bedeutende Rolle für die soziale und ökonomische Entwicklung vieler Staaten gespielt. Doch mit
dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und mit dem dadurch geschaffenen Ost-West-
Migrationspotential hat die Migrationstheorie einen enormen Aufschwung erfahren. Die Integration
der mittel- und osteuropäischen Staaten in die Europäische Union (EU) ist die größte Aufgabe,
die die Gemeinschaft seit ihrer Gründung zu bewältigen hat. Bereits 1994 haben Polen und
Ungarn Anträge auf den Beitritt in die EU gestellt. Inzwischen haben acht weitere mittel- und osteuropäische
Länder die EU-Mitgliedschaft beantragt: Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien,
Slowakei, Slowenien und Tschechien. Verhandlungen finden zunächst aber erst mit fünf
Staaten statt, nämlich mit Estland, Polen, Slowenien, Tschechien und Ungarn.
Die wirtschaftliche Integration dieser Länder in die EU wirft für beide Seiten eine Reihe von Fragen
auf. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Migration von Ost nach West bei Arbeitnehmerfreizügigkeit.
„Warum wandern Menschen?“ wird damit im Rahmen der EU-Osterweiterung zu
einer zentralen Fragestellung. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Migration als Folge der
Arbeitnehmerfreizügigkeit auf ökonomische Weise zu begründen.
Die Antwort auf die Beurteilung von Migrationsursachen kann nicht mit den gleichen Methoden
erfolgen, wie dies bei der Schätzung der Wanderungspotentiale erfolgt. Migrationsursachen sind
bislang vor allem in theoretischen Modellen erforscht worden. Auf der empirischen Basis sind
Migrationsmotive jedoch weitestgehend unerforscht. Man kann daher durchaus von einem Black
Hole sprechen. Dies ist zum einen zurückzuführen auf die schwache Qualität von Zeitreihenbeobachtungen
und zum anderen auf den Mangel an qualitativem mikroökonomischem Datenmate rial.
Die zeitgenössischen Wanderungsströme sind durch eine Kombination verschiedener Ursachen
gekennzeichnet. Einzelne Motive können nur im theoretischen Modell isoliert werden. In der Realität
wird selten eine Ursache allein die Migrationsentscheidung bestimmen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Zur Migrationstheorie
- Begriff und Abgrenzung von Migration
- Aufbau der Arbeit
- Ursachen aus makrotheoretischer Sicht
- Reine Außenhandelstheorie
- Substitutives Verhältnis von Güter- und Faktorbewegungen
- Theorie der komparativen Kosten: Ricardo-Modell
- Faktorproportionentheorie: Heckscher-Ohlin-Modell
- Erweiterung der Außenhandelstheorie
- Moderne Außenwirtschaftstheorie
- Einkommensunterschiede
- Migrationsnachfrage
- Migrationstypologien
- Reine Außenhandelstheorie
- Die Migrationsentscheidung aus mikrotheoretischer Sicht
- Klassische Migrationstheorie
- Push-Pull-Modelle
- Human-Kapital-Modelle
- Moderne ökonomische Migrationstheorie
- Analyse der Immobilität
- Klassische Migrationstheorie
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die ökonomischen Gründe für Migration im Kontext der EU-Osterweiterung. Sie analysiert, wie Arbeitsmigration durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Rahmen der EU-Integration aus ökonomischer Sicht begründet werden kann. Die Arbeit stützt sich dabei auf verschiedene theoretische Modelle, um das komplexe Zusammenspiel von ökonomischen und nicht-ökonomischen Faktoren, die zu Migrationsentscheidungen führen, zu beleuchten.
- Mikro- und Makroökonomische Ansätze zur Erklärung von Migration
- Der Einfluss der Außenhandelstheorie auf die Migrationsentscheidung
- Die Rolle von Einkommensunterschieden und Humankapital bei der Migrationsentscheidung
- Moderne Migrationstheorien und ihre Bedeutung für die Analyse von Migrationsströmen
- Der Einfluss von Push-Pull-Faktoren und anderen Determinanten auf die Migrationsentscheidung
Zusammenfassung der Kapitel
Einführung
Der erste Teil dieser Arbeit beleuchtet den historischen Kontext von Migrationsströmen und erklärt den Begriff und die Abgrenzung von Migration. Außerdem wird der Aufbau der Arbeit vorgestellt und der Fokus auf die ökonomischen Ansätze zur Erklärung von Migration gelegt.
Ursachen aus makrotheoretischer Sicht
Dieses Kapitel befasst sich mit den Ursachen der Migration aus einer makroökonomischen Perspektive. Es analysiert die klassische Außenhandelstheorie und zeigt, wie diese die Rolle von Güter- und Faktorbewegungen bei der Erreichung von Produktions- und Allokationseffizienz betrachtet. Darüber hinaus werden verschiedene Theorien, wie die Ricardo- und Heckscher-Ohlin-Modelle, untersucht, die den Einfluss von internationalen Produktionsfunktionen und Faktoreinsätzen auf die Migration beleuchten. Die Erweiterung der Außenhandelstheorie mit modernen Ansätzen, wie z. B. dem Konzept der monopolistic competition, und der Berücksichtigung von Einkommensunterschieden und Faktorproportionentheorie bilden den Schwerpunkt dieses Abschnitts.
Die Migrationsentscheidung aus mikrotheoretischer Sicht
Das dritte Kapitel widmet sich der individuellen Migrationsentscheidung aus mikroökonomischer Sicht. Es stellt klassische Migrationstheorien, wie z.B. Push-Pull-Modelle, vor und analysiert den Einfluss von Human-Kapital auf die Entscheidung zu migrieren. Die Arbeit beleuchtet den Nutzenkalkül des Humankapital-Modells und die Bedeutung von Investitionskalkül und Altersstruktur der Einwanderer. Darüber hinaus werden moderne ökonomische Migrationstheorien und die Rolle von Migranten-Netzwerken, Risikostreuungsstrategien und Transaktions- und sozialen Anpassungskosten betrachtet. Das Kapitel schließt mit einer Analyse der Immobilität und dem Aspekt der relativen Verelendung sowie dem Optionswert der Migration.
Ausblick
Dieser Abschnitt bietet einen kurzen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in der ökonomischen Migrationsforschung und auf die Bedeutung der Thematik für politische Entscheidungen.
Schlüsselwörter
Migration, EU-Osterweiterung, Arbeitsmigration, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Außenhandelstheorie, Mikroökonomik, Makroökonomik, Human-Kapital, Push-Pull-Modelle, Einkommensdifferenzen, Risikostreuungsstrategie, Transaktionskosten, Immobilität.
- Arbeit zitieren
- Joachim Mathe (Autor:in), 2002, Die ökonomische Begründung von Migration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12611