Sergej Ejzenštejn und sein Werk „¡Qué viva Mexico!“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Sergej Ejzenštejn
1.1 Das Leben des Sergej Ejzenštejn
1.2 Ejzenštejns Cinegrafie

2. ¡Qué viva Mexico
2.1 Die Handlung des Films
2.2 Die Probleme vor, während und nach der Produktion

3. Schlussbemerkung

Literatur

Einleitung

Sergej Ejzenštejn ist wohl der bekannteste Regisseur und Filmemacher der Sowjetunion. Filme wie „Panzerkreuzer Potemkin“ oder „Alexander Newski“ sind als wichtige Werke der sowjetischen Filmkunst in die Filmgeschichte eingegangen. Noch heute gilt Ejzenštejn als Pionier für verschiedene Schnitttechniken und ist aus kaum einem medienwissenschaftlichen Lehrwerk wegzudenken.

Aber nicht nur cineastische Erfolge sind charakteristisch für das künstlerische Schaffen von Sergej Ejzenštejn. Genauso gab es im Laufe seiner Karriere viele unabhängige Filmproduktionen, die in das Visier von Zensur und Kritik gerieten.

Einer der Filme Ejzenštejns, der seinerzeit keine Erfolge feiern konnte, aber heutzutage unter Medienwissenschaftlern und Filminteressierten als wahres Meisterwerk gelobt wird, ist „¡Qué viva Mexico!“. Dieses Werk ist ein ganz besonderes und außergewöhnliches aus Ejzenštejns Filmschmiede, fernab von der Art Film, die er sonst produzierte.

In dieser Hausarbeit möchte ich sowohl das Leben Sergej Ejzenštejns unter besonderer Berücksichtigung seiner filmischen Arbeiten darstellen, als auch speziell Augenmerk auf „¡Qué viva Mexico!“ nehmen, der eine besondere Stelle in der Cinegrafie des sowjetischen Regisseurs einnimmt.

1. Sergej Ejzenštejn

Für den Filmregisseur Sergej Ejzenštejn war nichts so wichtig wie seine Kunst. Weder die beruflichen Vorgaben durch seinen Vater am Anfang seines Lebens noch die harte Zensur und Kunstpolitik der Sowjetunion in seinem späteren Leben konnten ihn davon abhalten, das zu produzieren, was er auf Zelluloid bringen wollte. Sergej Ejzenštejn bestach fortwährend durch seinen hohen kreativen Anspruch und seine Filmqualität.

Viele Höhen und Tiefen kennzeichneten sein berufliches Leben. Sein privates Leben hingegen weist bis heute viele Rätsel auf. Die Person Sergej Ejzenštejn ist so vielfältig und unergründlich, dass es bis heute viele offene Fragen über ihn und sein Leben gibt.

„War er ein Homosexueller? Ein Stalinist? Opportunist? Dissident? Darauf gibt Eisenstein seinen Biografen keine Antwort.“[1]

1.1 Das Leben des Sergej Ejzenštejn

Sergej Michajlovič Ejzenštejn wurde am 23.Januar 1898 in Riga, im heutigen Lettland geboren. Er war der Sohn eines jüdischen Architekten und einer orthodoxen Kaufmannstochter. Ejzenštejn selbst war jüdischen Glaubens.

Nach seiner Schulausbildung musste Sergej Ejzenštejn das Studium der Architektur in Petrograd aufnehmen. Dieses tat er nur wegen seines strengen Vaters, trat aber 1918 der Roten Armee bei und kehrte der Universität den Rücken.

Ejzenštejn war während der Oktoberrevolution engagiert, die kulturelle Bewegung voranzubringen, die in Petrograd unter dem Namen Proletkul’t ins Leben gerufen wurde. Proletkul’t war kurz für Proletarskaja kultura und forderte eine Kultur ohne Bourgeoisie, die von der proletarischen Gesellschaft gelebt werden und gegen die Politik sein sollte.

1920 verließ Sergej Ejzenštejn auch die Armee wieder. Im Verlauf seiner Armeejahre hatte er besonders viel Zeit in Japan verbracht, wo er sich ausgiebig mit der japanischen Kunst und Kultur auseinandergesetzt hatte. Besonders die Schriftzeichen sowie das traditionelle japanische Theater begeisterten den jungen Ejzenštejn.

Ejzenštejn zog nach Moskau, wo er begann, sich seiner künstlerischen Arbeit zu widmen. Schon während seiner Tätigkeit beim Militär hatte Ejzenštejn sich damit beschäftigt, mit Laienspieltruppen kleine Theaterstücke einzuproben und Bühnenbilder für Stücke der Weltliteratur zu entwerfen. Sein politisches Desinteresse war schon immer stark ausgeprägt, seine Liebe zur Kunst und zur Kultur hingegen ein nicht wegzudenkender Bestandteil seines Lebens.

Ejzenštejn arbeitete am Proletkult-Theater und später am Meyerhold-Theater. Er entwarf Skizzen für Kostüme und Bühnenbild und versuchte sich in der Leitung kleinerer Stücke. Im April 1923 übernahm er sogar die Inszenierung eines ganzen eigenen Stückes.

Schon zu Beginn seiner künstlerischen Aktivität im Theater interessierte er sich besonders für die Schnitttechniken in Filmen. Cineastisch gesehen ist Ejzenštejn der Pionier der Attraktionsmontage, über die er 1923 sein Manifest „Montage der Attraktionen“ veröffentlichte. Im gleichen Jahr folgte der erste Film, in dem Ejzenštejn Regie führte: „Dnevnik Glumova“, zu Deutsch „Glumows Tagebuch“.

International bekannt wurde Ejzenštejn zwei Jahre später mit seinem noch heute im westlichen Fernsehen gezeigten Film „Bronenosec Potëmkin“, zu Deutsch „Panzerkreuzer Potemkin“.

Im Jahr 1934 heiratete Sergej Ejzenštejn die Filmemacherin und Autorin Pera Ataševa. Es rankten sich schon damals viele Gerüchte über Ejzenštejns Sexualität, doch da beinahe alle Annahmen nur spekulativ waren und sind, lässt sich wissenschaftlich schwer nachforschen, welche Neigungen Sergej Ejzenštejn wirklich hatte.

Anfang der 1930er Jahre reiste Ejzenštejn auch nach Nord- und Südamerika, wo er unter anderem die Dreharbeiten zu „¡Qué viva Mexico!“ begann. Ejzenštejn besuchte im Laufe seines Lebens zahlreiche Länder und Städte, um dort Vorträge zu halten und Filme zu drehen.

Zeit seines Lebens war Ejzenštejn künstlerisch aktiv. Als freischaffender Künstler blieb es nicht aus, dass Ejzenštejn immer wieder in die Kritik und Zensur der Regierung fiel. Dennoch arbeitete er ohne Unterbrechung an seinen eigenen Projekten. Er veröffentlichte unter anderem auch viele Texte über Filmtheorie und –geschichte sowie einige Bücher über Theorie und Praxis der Filmregie. Ejzenštejn wurde zum Professor für Regie am Staatlichen Institut für Filmkunst in Moskau ernannt und erhielt weitere Ehrentitel an verschiedenen sowjetischen Akademien.

Sein Tod trat am 11.Februar 1948 in Moskau ein, als Folge eines zuvor erlittenen Herzinfarktes. Noch im Krankenhaus schrieb Ejzenštejn an seinen Memoiren, welche er aber nicht mehr vollenden konnte.

Sein Grab befindet sich auf dem Moskauer Ehrenfriedhof Novodevič’e Kladbišče, dem Neujungfrauen-Friedhof, auf dem viele weitere bedeutende russische Persönlichkeiten begraben sind.

1.2 Ejzenštejns Cinegrafie

Während seiner Tätigkeiten beim Proletkul’t und im Theater bekam Sergej Ejzenštejn den ersten Kontakt zum Verfahren der Schnitttechnik in Filmen. Die Schnitttechnik, für die Ejzenštejn als Urvater gilt, ist die Montage der Attraktionen oder kurz Attraktionsmontage. Bei dieser Art des Schnitts werden Schocksequenzen aus einem anderen Kontext in eine Filmszene hineingeschnitten, um damit die Wahrnehmung des Zuschauers auf verschiedene Weise zu stimulieren.

In seinem zweiten Film „Stačka“ bzw „Streik“, der die erste längere Filmproduktion Ejzenštejns darstellte, kam die Attraktionsmontage zum ersten Mal zum Einsatz. In Szenen, bei denen die Streikenden getötet werden, wurden Bilder aus einem Schlachthof eingeschnitten. Dieser ungewöhnliche Effekt sollte zum einen schockieren, zum anderen aber auch beim weiteren Nachdenken Assoziationen wecken, die Parallelen zwischen Schlächtern und Vieh mit Kapitalisten und Sozialisten zogen.

Bei den Arbeiten zu „Stačka“ lernte Ejzenštejn den ebenfalls im heutigen Lettland geborenen Fotografen und Kameramann Eduard Tisse kennen, der in den nächsten 20 Jahren zahlreiche Filme zusammen mit Ejzenštejn verwirklichte.

Im gleichen Erscheinungsjahr wie „Stračka“ veröffentlichte Ejzenštejn den wohl bekanntesten seiner Filme: „Bronenosec Potëmkin“. Als Film über einen Matrosenaufstand des Revolutionsjahres 1905 geplant, sollte er während der Dreharbeiten erweitert werden zu einem anspruchsvollen Abendfilm. Es wurde ein propagandistisches Kriegsepos und feierte am 24.Dezember 1925 im Bol’šoj-Theater seine Premiere. Weltweit feierte „Bronenosec Potëmkin“ große Erfolge, wurde Ende der 50er Jahre sogar als „Bester Film alles Zeiten“ ausgezeichnet und zählt noch heute zu den bedeutendsten Filmen der Sowjetunion.

Aufgrund seiner hohen Bekanntheit nach „Bronenosec Potëmkin“ wurde Sergej Ejzenštejn gebeten, einen Film zum zehnten Jahrestag der Oktoberrevolution zu drehen. Zwar war er bereits mit seinem dritten Film „Generalnaja linija“, „Die Generallinie“, beschäftigt, doch konnte er den Wunsch Stalins nicht abschlagen und verband die Dreharbeiten beider Filme und brachte im Jahr 1928 den Film „Oktober“ in die sowjetischen Kinos. Auch dieser Film erhielt Anerkennung, während bei „Generalnaja linija“ zum ersten Mal die Zensur zuschlug: Ohne einen geänderten Schluss des Films war es Ejzenštejn nicht erlaubt, diesen zu veröffentlichen.

Im Jahr 1930 reisten Sergej Ejzenštejn und Eduard Tisse gemeinsam in die USA. Sie hatten einen Vertrag mit Paramount Pictures unterzeichnet, der Ejzenštejn seinen ersten Tonfilm ermöglichen sollte. Jedoch ging der Vertrag nach diversen Vorträgen und Drehbuchentwürfen Ejzenštejns und Tisses in die Brüche. Dennoch blieben die beiden Künstler in Amerika und planten eigenständig einen Film, der in Mexiko spielen sollte.

„¡Qué viva Mexico!“ sollte ein Film fernab vom sowjetischen Kontext werden. Seine Realisierung erwies sich jedoch als schwierig, und die Produktion ging schleppend voran, bis sie schließlich gänzlich abgebrochen werden musste.

1932 kehrte Ejzenštejn zurück nach Moskau und begann die Arbeit an seinem Buch über Theorie und Praxis der Filmregie. Filmisch gesehen wurde es einige Jahre ruhig um Sergej Ejzenštejn, der zwar den Film „Bešin lug“, zu Deutsch „Die Beschinwiese“, begann, aber krankheitsbedingt lange Zeit nicht weiter verfolgte und schließlich nie vollendete. Außerdem war er bei Stalin in Ungnade gefallen und mit einem nicht öffentlichen, aber dennoch allgemeinhin spürbaren Verbot versehen, weitere Filme zu drehen, die nicht in die sowjetische Kunstauffassung passten. Seinen nächsten großen filmischen Meilenstein setzte Ejzenštejn erst wieder 1938 mit der Verfilmung des Lebens Alexander Nevskijs. „Als es Eisenstein wieder erlaubt war, einen Film zu drehen, wurde er zwangsweise von neuen Mitarbeitern umgeben. […] Seinen Kameramann Eduard Tisse durfte Eisenstein allerdings behalten.“[2]

Beauftragt von Stalin und bemüht darum, sein etwas angeschlagenes Image als Filmregisseur wieder zu verbessern, produzierte Ejzenštejn den propagandistischen Historienfilm über den russischen Volkshelden aus dem 13. Jahrhundert. Es war Ejzenštejns erster vollendeter und von Zeitgenossen gefeierter Film seit acht Jahren sowie der erste Tonfilm Ejzenštejns.

[...]


[1] Bulgakowa, Oksana (1997): Sergej Eisenstein – Eine Biografie. Berlin, PotemkinPress. Seite 9

[2] Bulgakowa, Oksana (1997): Sergej Eisenstein – Eine Biografie. Berlin, PotemkinPress. Seite 236

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Sergej Ejzenštejn und sein Werk „¡Qué viva Mexico!“
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Seminar für Slavistik, Lotmann-Institut für russische und sowjetische Kultur)
Veranstaltung
Russischer Realismus II
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V126149
ISBN (eBook)
9783640315161
ISBN (Buch)
9783640318544
Dateigröße
447 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
eisenstein, sergej eisenstein, mexico, que viva mexico
Arbeit zitieren
BA Jenny Schulz (Autor:in), 2007, Sergej Ejzenštejn und sein Werk „¡Qué viva Mexico!“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126149

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