Wenn man sich eine Gesetzessammlung einer beliebigen Landesherrschaft in Deutschland aus der frühen Neuzeit ansieht, wird man mit großer Wahrscheinlichkeit gleich mehrere Mandate zur Vertreibung des dort sogenannten herrenlosen „Gesind“ oder „unnützem Volk“ finden. Diese Mandate tauchten in so gut wie allen Landesherrschaften und auch in ganz Europa in dieser Zeit auf. Man verdammt diese Menschen über Jahrhunderte hinweg und verweist sie immer wieder des Landes, was so wichtig erscheint, daß man furchtbare Strafen bis hin zur Hinrichtung androht.
Diese Menschen, die eine so große Beachtung der Herrschenden fanden, gehörten alle zu der großen gesellschaftlichen Gruppe der Fahrenden. Sie erscheinen in einer Vielzahl von Berufen, da sie von den Mandaten recht unterschiedlich benannt werden, hier tauchen sie beispielsweise als Krämer, Hausierer, Spielleute, Quacksalber oder Bärenführer auf.
Diese Häufung von Maßnahmen gegen eine Gruppe von Menschen, die offensichtlich eine Vielzahl von Funktionen für ihre Zeitgenossen erfüllte, wirft einige Fragen auf : Wer waren sie? ; Wie lebten sie?; Was taten sie?; Warum waren sie ohne Heimat ?; Warum wurden sie mit welchen Begründungen verfolgt?; Gibt es eventuell einen Unterschied zwischen der Behandlung in der Neuzeit und im Mittelalter?
All dies soll hier beantwortet werden. Dabei wird der Autor zunächst einen Überblick über die Geschichte der Mandate der beginnenden Neuzeit samt ihrer angedrohten Strafen und deren Wirkung geben, abgerundet durch ein Beispiel für ein solches Mandat aus dieser Zeit. Dann wird in einem zweiten Teil erklärt werden, inwiefern man Fahrende in der Überlieferung findet und warum es so schwierig ist, sie von der anderen Bevölkerung abzugrenzen. Auch auf die Gründe die sie zwangen, ihre Heimat zu verlassen, wird eingegangen werden. Zur weiteren Veranschauung soll dann noch erläutert werden, was die speziellen Merkmale der Fahrenden waren und wie sich ihr tägliches Leben gestaltete.
In einem dritten Teil soll dann ihre Nützlichkeit für die Gesellschaft dargestellt werden und wie sie von jener angesehen und behandelt wurden, bevor man sie zu vertreiben suchte. Zum Ende der Arbeit schließlich sollen noch die Gründe für die Landesverweise, namentlich Müßiggangvorwurf, Disziplinierung, Gefährlichkeit und Marginalisierung, behandelt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die Mandate zur Vertreibung der Fahrenden
- 1.1 Umfang und Dauer der Vertreibung und Ausgrenzung
- 1.2 Durchsetzung dieser Verbote
- 1.3 Erfolg dieser Maßnahmen
- 1.4 Beispiel für ein Mandat am Übergang zur Neuzeit
- 2. Die Welt der Fahrenden
- 2.1 Überlieferungs- und Abgrenzungsproblematik
- 2.2 Gründe für die Existenz von Fahrenden
- 2.3 Eigenschaften und Unterschiede zwischen Fahrenden
- 2.4 Lebenswirklichkeit von armen Fahrenden
- 3. Stellung der Fahrenden im Mittelalter und früher Neuzeit
- 3.1 Nutzen für die Allgemeinheit
- 3.2 Christliche Barmherzigkeit
- 3.3 Minderrecht / Unehrlichkeitsverruf
- 4. Gründe für die Vertreibung zu Beginn der Neuzeit
- 4.1 Müßiggangvorwurf
- 4.2 Sozialdisziplinierung
- 4.3 Bedrohung durch Fahrende
- 4.4 Allgemeine Marginalisierung
- Zusammenfassung / Ergebnis
- Literatur
- Quellen
- Darstellungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Geschichte der Fahrenden an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Sie untersucht die Gründe für ihre Vertreibung und Ausgrenzung durch die Obrigkeit, beleuchtet ihre Lebensweise und ihre Rolle in der Gesellschaft sowie die Auswirkungen der Mandate auf ihre Existenz. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Begründungen für die Vertreibung, wie z.B. den Müßiggangvorwurf, die Sozialdisziplinierung und die vermeintliche Gefährlichkeit der Fahrenden.
- Die Vertreibung der Fahrenden durch die Obrigkeit in der frühen Neuzeit
- Die Lebensweise und die Rolle der Fahrenden in der Gesellschaft
- Die Gründe für die Ausgrenzung und die Vertreibung der Fahrenden
- Die Auswirkungen der Mandate auf die Existenz der Fahrenden
- Die Bedeutung der Fahrenden für die Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Fahrenden an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit ein und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor. Sie beleuchtet die Bedeutung der Mandate zur Vertreibung des „herrenlosen Gesindes“ und die Vielfältigkeit der Berufe, die unter den Fahrenden vertreten waren.
Das erste Kapitel befasst sich mit den Mandaten zur Vertreibung der Fahrenden. Es analysiert den Umfang und die Dauer der Vertreibung und Ausgrenzung, die Durchsetzung dieser Verbote und die angedrohten Strafen. Ein Beispiel für ein Mandat aus dieser Zeit verdeutlicht die konkrete Umsetzung der Maßnahmen.
Das zweite Kapitel widmet sich der Welt der Fahrenden. Es beleuchtet die Überlieferungs- und Abgrenzungsproblematik, die Gründe für die Existenz von Fahrenden, ihre Eigenschaften und Unterschiede sowie ihre Lebenswirklichkeit.
Das dritte Kapitel untersucht die Stellung der Fahrenden im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Es beleuchtet ihren Nutzen für die Allgemeinheit, die christliche Barmherzigkeit gegenüber ihnen und die Entwicklung des Minderrechts und des Unehrlichkeitsverrufs.
Das vierte Kapitel analysiert die Gründe für die Vertreibung der Fahrenden zu Beginn der Neuzeit. Es untersucht den Müßiggangvorwurf, die Sozialdisziplinierung, die Bedrohung durch Fahrende und die allgemeine Marginalisierung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Fahrenden, die Vertreibung, die Ausgrenzung, die Mandate, die Lebensweise, die Rolle in der Gesellschaft, die Gründe für die Vertreibung, der Müßiggangvorwurf, die Sozialdisziplinierung, die Bedrohung, die Marginalisierung, das Mittelalter, die frühe Neuzeit, die Geschichte, die Sozialgeschichte, die Kulturgeschichte.
- Quote paper
- M. A. Jochen Lehnhardt (Author), 2002, Die Fahrenden an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126214