Diese Arbeit widmet sich der Frage, in welchem Umfang der Hilfsverein der Deutschen Juden einen Beitrag zur Integration der Juden und Jüdinnen Salonikis in das Konzept des griechischen Nationalstaates geleistet hat. Um diese Fragestellung näher zu erörtern, werden die recht ausführlichen Geschäftsberichte des Hilfsvereins der Deutschen Juden aus den entsprechend relevanten Jahrgängen 1908-1913/14 analysiert. Unterdessen soll der Fokus meiner Betrachtung insbesondere auf den Aspekten der Unterrichts- und Lehrsprache, des unterrichteten Inhaltes, sowie der Beteiligung lokaler Akteure liegen.
Das Konzept eines Nationalstaates basiert auf einigen geteilten und deshalb verbindenden Faktoren, zu denen man Sprache, Geschichte, Kultur, Religion und noch vielfältige weitere Aspekte zählen kann, wobei die endgültige Definition der aktuellen politikwissenschaftlichen Forschung obliegt. Aus einer historischen Perspektive kann man jedenfalls in den allermeisten Fällen die genannten Faktoren als dem nationalen Charakter einer Gruppe an Menschen zuträglich werten. Damit einher geht zugleich die Frage nach dem Umgang mit Menschen, die auf einer oder mehreren Ebenen nicht diesen Konzepten der Nation entsprechen. Um sich dieser historisch ergiebigen und zugleich hochaktuellen Frage zu nähern, lohnt es sich, einen Blick auf historische Regionen zu werfen, in denen das Konzept von Nationalstaatlichkeit weniger eindeutig erscheint.
Salonika oder auch Saloniki - im heutigen Griechenland Thessaloniki genannt - kann für den von mir betrachteten Zeitraum, die Phase von etwa 1908 bis spätestens 1922, als ein solcher Ort der Transformation auf staatlicher, kultureller und sozioökonomischer Ebene bezeichnet werden. Begrenzt wird dieser Zeitraum auch durch die Aktivitäten des Hilfsvereins der Deutschen Juden in der Region. Insbesondere das Schul- und Bildungswesen erscheint mir hierbei von Interesse, war es doch einer der reformbedürftigsten und die Bevölkerung direkt betreffenden Lebensbereiche. Während die einflussreiche und über viele Jahrzehnte in Saloniki aktive Alliance Israélite Universelle, kurz A.I.U., bereits zum Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen von HistorikerInnen wurde, erfährt die Bildungsarbeit des Hilfsvereins der Deutschen Juden hingegen kaum oder nur als Randnotiz fachliche Beachtung.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung in die Thematik
- I. Quellenkritik
- II. Betrachtung der Quellen
- II. I. Inhaltliche Darstellung der Quellen
- II. II. Kernargumente und Hauptanliegen der Geschäftsberichte 1908 bis 1913/14
- III. Deutung der Geschäftsberichte 1908 bis 1913/14
- IV. Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern der Hilfsverein der Deutschen Juden durch sein Schul- und Bildungswerk dazu beigetragen hat, die jüdische Bevölkerung Salonikis in das Konzept eines griechischen Nationalstaates zu integrieren. Der Fokus liegt dabei auf der Zeit zwischen 1908 und 1922, einer Periode, die von tiefgreifenden Transformationsprozessen in Saloniki geprägt war.
- Analyse der Geschäftsberichte des Hilfsvereins der Deutschen Juden in Saloniki
- Untersuchung des Einflusses von Bildung auf die Integration in den griechischen Nationalstaat
- Bewertung des Beitrags des Hilfsvereins im Kontext der Hellenisierung Salonikis
- Kritik an bestehenden Forschungsansätzen zur Integration der jüdischen Bevölkerung Salonikis
- Entwicklung eines neuen Interpretationsansatzes, der die Rolle des Hilfsvereins in den Vordergrund stellt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema des Forschungsvorhabens vor und skizziert den historischen Kontext der Stadt Saloniki in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im ersten Kapitel wird die Quellenkritik dargelegt, die sich mit der einseitigen Perspektive der Geschäftsberichte des Hilfsvereins auseinandersetzt. Das zweite Kapitel präsentiert die inhaltliche Darstellung der Geschäftsberichte und beleuchtet wichtige Themen wie die Unterrichts- und Lehrsprache sowie die Beteiligung lokaler Akteure. Im Anschluss daran werden die Kernargumente und Hauptanliegen der Berichte zwischen 1908 und 1913/14 herausgearbeitet.
Schlüsselwörter
Hilfsverein der Deutschen Juden, Saloniki, Thessaloniki, Hellenisierung, Integration, Nationalstaat, Schul- und Bildungswesen, Geschäftsberichte, Quellenkritik, Bildungsideale, deutsche Philanthropie, jüdische Minderheit, Transformation, Modernisierung, Osmanisches Reich, Griechischer Nationalstaat.
- Quote paper
- Moritz Rinaldo (Author), 2022, Integration der jüdischen Bevölkerung Salonikis in das Konzept des griechischen Nationalstaates. Beitrag des Hilfsvereins der Deutschen Juden durch das Schul- und Bildungswerk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1262694