Johann Wolfgang Goethes Werk hat in der Geschichte der deutschen Literatur deutliche Spuren hinterlassen und sich auf die Etablierung der deutschen Literatur weltweit ausgewirkt. Schon die zeitgenössischen Reaktionen auf Goethes Wirken waren zahlreich und uneinheitlich. Goethe stellte die Literaturkritiker vor das Problem, ihn nicht einer Gruppe zuordnen zu können. Er hielt sich nicht an bestehende Normen, trieb laufende Entwicklungen auf den Höhepunkt und vergrößerte den Freiraum der Autoren. Seine Werke übertrafen die Erwartungen des Publikums und stellten das bisherige Verständnis von Literatur in Frage.
Ein Modellfall dafür ist die Wirkungsgeschichte des Briefromans Die Leiden des jungen Werther von Goethe, der im Jahre 1774 erschien und gefühlsintensiv den Weg Werthers zum Freitod beschreibt. In dem damaligen Spannungsverhältnis von verschiedenen Weltanschauungen löste der Werther, der den Rahmen des bisher Dagewesenen sprengte, einen enormen Literaturstreit aus, den es so noch nie gegeben hat. Bereits kurze Zeit nach dem Erscheinen wimmelte es an Rezensionen verschiedenster Meinungen.
In dieser Hausarbeit ist es mein Ziel, die Menge an Rezensionen zu strukturieren. Dazu werde ich die jeweiligen geschichtlichen und geistigen Hintergründe betrachten, um die Berechtigung der einzelnen Meinungen herauszuarbeiten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig auf die damalige Selbstmorddebatte einzugehen und zu untersuchen in wie weit ein Generationenkonflikt zu dem Literaturstreit beigetragen hat. Ein weiterer Aspekt, den ich betrachten will, ist, in welchem Maße die Rezensenten zwischen dem Autor Goethe und der literarischen Figur Werther differenzierten. Um das Wirken des Romans zu betrachten, widme ich mich letztlich der Frage, ob Goethes Werther die befürchtete Selbstmordwelle ausgelöst hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die Neue Leserschaft
- Selbstmorddebatte und Moraldefinitionen
- Lager
- Orthodoxe Reaktionen
- Rationalistische Meinungen
- Aufklärer
- Stürmer und Dränger
- Generationenkonflikt
- Selbstmordwelle
- Schluss
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die zeitgenössischen Reaktionen auf Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ und untersucht den Literaturstreit, der durch das Werk ausgelöst wurde. Die Arbeit beleuchtet die verschiedenen Lager und ihre Meinungen, die sich in der Debatte um den Selbstmord und die Moraldefinitionen des Romans zeigten.
- Die Entwicklung der Leserschaft und ihre unterschiedlichen Reaktionen auf den Werther
- Die Selbstmorddebatte und die verschiedenen moralischen Ansichten der Zeit
- Die verschiedenen Lager in der Debatte um den Werther: Orthodoxe, Rationalisten, Aufklärer und Stürmer und Dränger
- Der Generationenkonflikt und seine Rolle im Literaturstreit
- Die Frage, ob Goethes Werther eine Selbstmordwelle ausgelöst hat
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Literaturstreits um Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ ein und erläutert die Zielsetzung der Hausarbeit. Sie beleuchtet die Bedeutung des Werthers für die deutsche Literatur und die vielfältigen Reaktionen auf das Werk.
Der Hauptteil der Arbeit analysiert die verschiedenen Aspekte des Literaturstreits. Das erste Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Leserschaft und ihren unterschiedlichen Reaktionen auf den Werther. Es wird deutlich, dass die neue weltlich fiktionale Literatur ein breiteres Publikum erreichte und dass der Werther insbesondere bei den unerfahrenen Lesern zu einer emotionalen Identifikation und zum sogenannten „Wertherfieber“ führte.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Selbstmorddebatte und die verschiedenen moralischen Ansichten der Zeit. Es wird deutlich, dass der Selbstmord im 18. Jahrhundert zunehmend zum Gegenstand wissenschaftlicher und philosophischer Diskussionen wurde. Die orthodoxen Kleriker verurteilten den Selbstmord als Todsünde, während die junge Generation ihn als Ausdruck von Kultiviertheit oder als Konsequenz einer bürgerlichen Außenseiterposition sah.
Das dritte Kapitel analysiert die verschiedenen Lager in der Debatte um den Werther. Es werden die Reaktionen des orthodoxen Klerus, der Rationalisten, der Aufklärer und der Stürmer und Dränger dargestellt. Der orthodoxe Klerus kritisierte den Werther scharf und forderte seine Zensur, während die Rationalisten ebenfalls kritisch gegenüber dem Roman eingestellt waren. Die Aufklärer hingegen zeigten eine relativ neutrale Meinung, während die Stürmer und Dränger den Werther lobten.
Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Generationenkonflikt und seiner Rolle im Literaturstreit. Es wird deutlich, dass die junge Generation, die sich von der konservativen Moral der älteren Generation befreien wollte, den Werther als Ausdruck ihrer eigenen Werte und Ideale sah.
Das fünfte Kapitel untersucht die Frage, ob Goethes Werther eine Selbstmordwelle ausgelöst hat. Es wird deutlich, dass der Roman zwar eine große Wirkung auf die Leserschaft hatte, aber nicht direkt zu einer Zunahme von Selbstmorden führte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“, den Literaturstreit, die Selbstmorddebatte, die Moraldefinitionen der Zeit, die verschiedenen Lager in der Debatte, den Generationenkonflikt und die Wirkung des Werthers auf die Leserschaft.
- Quote paper
- Ilona Späth (Author), 2009, Meinungsstreit um den Selbstmord in Goethes 'Die Leiden des jungen Werther', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126345