Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen. Beispiele, Stärken und Schwächen


Hausarbeit, 2022

11 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Beispiele unterschiedlicher Ökosystemdienstleistungen
2.1.1 Beispiel versorgender Ökosystemdienstleistungen: Bestäubung durch Bienen
2.1.2 Beispiel für regulierende Ökosystemdienstleistungen: Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen
2.1.3 Beispiel für sozio- kulturelle Ökosystemdienstleistungen: Tourismus im sächsischen Erzgebirge
2.2 Stärken und Schwächen des Konzeptes

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Die Natur und das Leben der Menschen werden häufig als zwei getrennte Welten erfasst. Der Nutzen und die Risiken, die in dem Leben der Menschen eine Rolle spielen, sind zwar allgemein bekannt, aber werden selten bewusst zu Rate bei z.B. politischen Diskursen und Entscheidungen herangetragen. Dabei bleiben viele Dienste, die uns die Natur liefert, in wichtigen Entscheidungen unsichtbar. Um solche bisher schwer gesellschaftlich sichtbaren Dienstleistungen der Natur sichtbarer zu machen, kam in den 1990ern das Konzept der Ökosystemdienstleistungen auf (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 2).

Der Sinn des Konzeptes ist, die bisher nicht ökonomisch betrachteten Dienstleistungen der Natur einen gesellschaftlichen- ökonomischen Wert zu geben. Dazu werden je nach betrachtetem Subjekt oder Ökosystem alle relevanten Dienstleistungen erfasst, und ihr ökonomischer Wert berechnet.

Das Konzept vereint ökologische und sozioökonomische Konzepte, und gerade der interdisziplinäre, integrative und transdisziplinäre Charakter macht das Konzept sehr attraktiv (MÜLLER & BURKHARDT 2007). Auch vor dem Hintergrund von der Überbeanspruchung und Ausbeutung der natürlichen Lebensgrundlagen stellt sich die Frage nach neuen Konzepten, um die natürlichen Dienstleistungen besser darstellen zu können (BASTIAN UND GRUNEWALD 2013, S. 2). Denn auch für Akteur*Innen aus der Privatwirtschaft und der Politik wird langsam immer ersichtlicher, dass die schwindende Biodiversität, die Verknappung natürlicher Ressourcen und die generelle Verschlechterung von Ökosystemdienstleistungen auch für sie finanziell erhebliche Risiken für die Zukunft darstellt (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 2).

Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen soll in dieser Hausarbeit genauer auf verschiedene Hinsichten untersucht werden. Dazu wird näher auf drei Beispiele eingegangen, die jeweils einen der Säulen (versorgend, regulierend, kulturell [(BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 49]) von Ökosystemdienstleistungen ausmacht. Anschließend sollen noch einmal die Stärken und Schwächen des Konzeptes gegenübergestellt werden, und dann am Ende ein Fazit gezogen werden.

2. Hauptteil

Als erstes großes Beispiel in der Forschung für allgemeine Ökosystemdienstleistungen lässt sich das Millennium Ecosystem Assessment anführen. Das Millennium Ecosystem Assessment (MA 2005) war eine im Jahr 2001 international angelegte Studie von den UN, bei der die Arbeit von mehr als 1360 Forscher*Innen aus der ganzen Welt eingeflossen ist. Ziel war es, den aktuellen Zustand der Ökosysteme zu erfassen, zu erfahren, wie sich Ökosysteme in den letzten 50 Jahren verändert haben, was die kritischen Faktoren sind, die die Ökosysteme gefährden und welche Möglichkeiten für besseren Schutz, Konservierung und Pflege oder Wiederherstellung es gibt.

Allgemein unterscheidet man grundsätzlich zwischen drei Unterkategorien der Ökosystemdienstleistungen: Versorgend, regulierend oder kulturell (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 49). Nach dem Millennium Ecosystem Assessment wurde außerdem die Kategorie der unterstützenden Ökosystemdienstleistungen hinzugefügt (MEIMBERG 2020, S. 139).

Als versorgende Ökosystemdienstleistungen werden Ressourcen gezählt, die von Ökosystemen produziert werden, wie z.B. Rohstoffe zum Weiterverarbeiten, Nahrungsmittel oder andere erneuerbare Naturressourcen (MEIMBERG 2020, S. 139). Dabei unterscheidet man zwischen Produkten, die gezüchtet oder angebaut werden, und denen, die direkt aus der Natur stammen, wie beispielsweise Fische, Wildfrüchte oder Wildkräuter (MEIMBERG 2020, S. 139).

Regulierende Ökosystemdienstleistungen sind ökologische Leistungen die meist indirekt erfolgen, und deshalb oft wenig beachtet werden, zum Beispiel Prozesse, die das Klima steuern, die Wasserqualität positiv beeinflussen oder die Ausbreitung von Schädlingen kontrollieren (MEIMBERG 2020, S. 139). Erst wenn diese Dienstleistungen ausfallen, ist es deutlich bemerkbar, denn sie bilden die Existenz für das Leben der Menschen (MEIMBERG 2020, S. 139).

Kulturelle oder soziokulturelle Dienstleistungen sind nicht- materiell und können zum Beispiel Möglichkeiten zur Gesundheitserhaltung, Erholung, geistige Bereicherung, Tourismus oder spiritueller oder ästhetischer Genuss sein (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 49). Diese Dienstleistungen sind nicht minder wichtig als regulierende oder versorgende Dienstleistungen, werden aber häufig übersehen oder ausreichend gewürdigt, auch weil kulturelle Dienstleistungen für Bewertungen monetärer Art schwer zugänglich sind (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 49). Eine Unterklasse bildet hier noch Informations- Ökosystemdienstleistungen, das heißt Beiträge der Ökosystemdienstleistungen zum Gewinn der Erkenntnis, zur Bildung oder Inspiration (BASTIAN & GRUNEWALD 2013, S. 49).

In dem Millennium Ecosystem Assessment werden zusätzlich die Unterordnung unterstützende Ökosystemdienstleistungen aufgelistet. Unter dies soll alles fallen, wovon der Mensch abhängig ist, wie z.B. der Nahrungskreislauf, die Primär/ Sekundärproduktion oder die Bereitstellung von Lebensräumen (MA 2005). Diese Unterkategorie wird aber auch je nach Quelle entweder als eigene Unterordnung dargestellt oder den anderen oben genannten Unterarten der Ökosystemdienstleistungen zugeordnet (MA 2005).

2.1 Beispiele unterschiedlicher Ökosystemdienstleistungen

2.1.1 Beispiel versorgender Ökosystemdienstleistungen: Bestäubung durch Bienen

Ein oft verwendetes Beispiel für die Kategorie der versorgenden Ökosystemdienstleistungen ist die Bestäubungsleistung von Wild- und Honigbienen.

Nach CANE et al. (2007) sind ca. geschätzte 75% der wichtigen landwirtschaftlichen Kulturen und 35% des Ertrags von der Bestäubung durch Insekten abhängig oder profitieren von ihnen, und laut GALLAI et al. (2009) wird die Bestäubungsleistung innerhalb der EU auf ca. 14 Milliarden Euro geschätzt.

Laut ALBRECHT et al. (2017) beträgt die Bestäubungsleistung von Wild- und Honigbienen in der Schweiz einem Wert zwischen 202 und 490 Millionen pro Jahr, und ist gerade für Obst, Beeren oder Rapsfelder entscheidend. Dies ist eine volkswirtschaftlich relevante Summe, bei der aber beachtet werden muss, dass es sich bei den dort berechneten Werten nur um direkte Nutzwerte durch Bestäubung handelt, ohne z.B. indirekte Nutzwerte, Versicherungswerte oder Nichtnutzwerte, die nur sehr schwer quantifizierbar sind, aber zusätzlich zur gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bestäubungsleistung beitragen (ALBRECHT et al. 2017, S. 335).

Die Populationen leiden aber zunehmend unter Stress, durch Faktoren wie beispielsweise Pflanzenschutzmittel, mangelndem Nahrungsangebot oder Parasiten wie der Varroamilbe (ALBRECHT et al. 2017, S. 333).

2.1.2 Beispiel für regulierende Ökosystemdienstleistungen: Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen

Laut KÜHN et al. (2004) ist die Biodiversität in Städten überraschend hoch, und die Heterogenität der Stadtlandschaften bietet vielfältige Lebensräume. Stadtbäume und die Stadtbaumdiversität tragen dabei signifikant zur Verbesserung der allgemeinen Luftqualität und der Regulation des Mikroklimas bei (COSTANZA et al. 2012, ZITER 2015).

Bei dem Betrachten der Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen stehen dabei oft die Abwägung zwischen Nutzen der Ökosystemdienstleistungen des städtischen Grüns und den Pflege- und Erhaltungskosten im Mittelpunkt (HOF et al. 2016, S. 464). Relevant kann diese Berechnung der Ökosystemdienstleistungen für Standortentscheidungen der Stadtbäume sein, oder pol. Entscheidungsträger*Innen von den Kosten und Nutzen von Stadtbäumen zu sensibilisieren. Auch in Hinblick auf das sich verändernde Klima und der Hitze in Ballungsräumen ist es sinnvoll, sich so ein Bild für mögliche Lösungen zu verschaffen.

Der Großteil des Stadtbaumbestandes, das heißt 86%, werden von folgenden Gattungen ausgemacht: Acer (Ahorn), Platanus (Platane), Tilia (Linde), Fraxinus (Esche), Quercus (Eiche), Betula (Birke), Corylus (Hasel) und Sorbus (Mehlbeeren) (HOF et al. 2016).

Bei der Feststellung der Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen können beispielsweise folgende Werte festgestellt und miteinberechnet werden: die jährliche Schadstoffbeseitigung durch urbane Gehölze (wie z.B. gesundheitsschädliche Schadstoffe aus Abgasen wie Schwefeloxide, Stickstoffoxide, Kohlenstoffmonoxid etc.), die urbane Forststruktur wie z.B. die Artenzusammensetzung, der Bedeckungsgrad, die Dichte, Gesundheit der Bäume oder der Bodenbewuchs wie z.B. Gebüsche o. Ä., den Effekt von Bäumen auf den Energiehaushalt von Gebäuden einschl. der Reduktion des CO2- Ausstoßes, der Regenwasserrückhalt, Allergiepotential oder die Anfälligkeit gegenüber Schädlingen (HOF et al. 2016, S. 463f.).

Hinsichtlich zukünftiger Eignung für Klima- und Standortbedingungen urban- industrieller Stadtlandschaften, sind nur etwa die Hälfte des Stadtbaumbestandes aus Arten, die eine geeignete Prognose haben, um den Anpassungen z.B. des Klimawandels standzuhalten (WITTIG et al. 2012). Im Folgenden werden zwei Abbildungen erklärt werden, die näher auf das Thema eingehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Darstellung Veränderung der Menge von ausgewählten Stadtbäumen, die für die Biodiversität relevante Ökosystemdienstleistungen im derzeitigen Zustand (Balkendiagramm links) im Vergleich zu Stadtbaumbestand laut Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (Balkendiagramm rechts) (aus Hof et al. 2016, S.469).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Darstellung der qualitativen Veränderung der Gefährdungen und Beeinträchtigungen des Ökosystems der Stadt im derzeitigen Zustand (Balkendiagramm links) im Vergleich zu Stadtbaumbestand laut Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (Balkendiagramm rechts) (aus Hof et al. 2016, S.469).

Im Vergleich mit dem jetzigen Stadtbaumbestand und dem Szenario des Umbaus des Stadtbaumbestandes hinsichtlich der Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (ROLOFF 2013, WITTIG et al. 2012) wird deutlich, dass der Umbau qualitative Veränderungen der Ökosystemdienstleistungen der Stadtbäume für die Biodiversität von Wildbienen, Käfern, Schmetterlingen, Vögeln und Säugetieren mit sich bringen könnte (Siehe Abb. 1) (HOF et al. 2016).

In Abbildung 2 lässt sich erkennen, dass eine angepasste Stadtbaumauswahl auch hinsichtlich der Beeinträchtigung des Stadtökosystems und der Gefährdungen wie Invasionsgefahr von Schädlingen oder das Allergiepotential einen qualitativen Unterschied machen würde (HOF et al. 2016). Für die Analysen wurden 34 Arten ausgewählt, die aktuell 91% im betrachteten Gebiet bilden, und im Vergleich dazu die 34 Arten auf der Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (HOF et al. 2016).

Anhand dieser Daten kann man feststellen, dass Städte und Kommunen durch ein klimaangepasstes Stadtbaummanagement die urbanen Ökosystemdienstleistungen steigern können.

Ein anderes untersuchtes Beispiel der Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen sind die Ökosystemdienstleistungen der Stadtbäume im Schlosspark Nymphenburg in der Stadt München, dazu kann man in der folgenden Abbildung 3 die jährlich errechnete Menge der Aufnahme der Stadtbäume von verschiedenen gesundheitsschädlichen Ausstoßen erkennen, wie z.B. Kohlenstoffmonoxid oder Stickstoffdioxid. Der jährlichen Menge an Schadstoffen wurde dabei ein gesellschaftlicher Schadenswert pro Tonne zugerechnet, dieser besteht z.B. aus gesundheitlichen gesellschaftlichen Folgen für das Gesundheitssystem.

Insgesamt wird der Wert der Schadstoffaufnahme von den Stadtbäumen im Schlosspark Nymphenburg auf jährlich 392,170€ geschätzt, mit einem Minimumszenario von 65,590€ und Maximumszenario von 785,310€ (AEVERMANN und SCHMUDE 2015, S. 195).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Jährliche Schadstoffaufnahme und monetarisierte Werte für den Schlosspark Nymphenburg in München (aus Aevermann & Schmude 2015, S.195).

2.1.3 Beispiel für sozio- kulturelle Ökosystemdienstleistungen: Tourismus im sächsischen Erzgebirge

Die Nutzung der Region des sächsischen Erzgebirges ist durch einen historischen Wandel geprägt (GRUNEWALD, und BASTIAN 2013). Früher diente die Region mit versorgenden Ökosystemdienstleistungen wie dem Bergbau, heute stehen Erholungs- und Schutzfunktionen eine zentrale Rolle, wie der Tourismus oder der Naturschutz, zunehmend auch die regenerative Energiegewinnung (GRUNEWALD, und BASTIAN 2013).

Im Rahmen dieses Kontextes wurde zur Erarbeitung von Bewertungsansätzen für Ökosystemdienstleistungen eine Analyse der ästhetischen und monetären Wertschätzung der landschaftlichen Schönheit durch eine Befragung am Erzgebirgskamm in der für Hochlagen charakteristischen Region Carlsfeld/ Eibenstock durchgeführt (GRUNEWALD et al. 2012). Zu finden sind dort charakteristische Mittelgebirgsformen wie z.B. Berge, Täler oder Hochflächen, aber auch viel „Grün“, wie beispielsweise Wiesen, Wälder oder Auen, oder „Blaues“, wie Talsperren oder Gebirgsbäche, aber auch zahlreiche Kulturlandschaftselemente wie Dörfer, touristische Infrastruktur, Baurelikte und Ähnliches (GRUNEWALD et al. 2012, S. 17).

Somit bestehen vielfältige landschaftsbezogene touristische Nutzungsmöglichkeiten, nebenbei findet ebenfalls Kulturtourismus statt (GRUNEWALD et al. 2012). Nach Angaben des Tourismusverbandes Erzgebirge e.V. gilt das höchste Interesse der Merkmalsgruppe „Natur erleben“ zugeordnet werden (GRUNEWALD et al. 2012).

Berechnungen von Ökosystemdienstleistungen können aber auch die komplexen Verflechtungen zwischen den verschiedenen Nutzungen aufzeigen, und diese sichtbar machen (GRUNEWALD et al. 2012).

2.2 Stärken und Schwächen des Konzeptes

Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen hat als neueres Bewertungskonzept und Anschauungsmodell Stärken und Schwächen.

Ein Vorteil des Konzeptes ist der neuartige integrative, transdisziplinäre und interdisziplinäre Charakter, an Sachverhalte heranzugehen und zu beschreiben (BASTIAN & GRUNEWALD 2013). Dieser macht es gerade für Außenstehende, oder Menschen die sich schnell einen Überblick erfassen wollen, attraktiv. Neu ist an dem Konzept, dass es wie kein anderes vorher die Werte und Bedeutungen von Natur allumfassend und konsequent ökonomisiert (KIRCHHOFF 2019). Daraus können neue ökonomische Argumentationen möglich werden, durch die sich z.B. die Durchsetzungschancen von Naturschutz verbessern lassen (KIRCHHOFF 2019). Die Ökonomisierung von Ökosystemdienstleistungen kann außerdem als wichtige Grundlage für politische Zielfindungen und Ausrichtung wirtschaftspolitischer Steuerungsinstrumente dienen, da sie politischen Entscheidungsträgern helfen kann, zwischen miteinander konkurrierenden Zielen, Ressourcen oder anderen Konfliktpotentialen abzuwägen (SCHÄFER 2012).

Desweiteren bietet der Ansatz die Chance, den Schutz der öffentlichen Naturphänomene zu erhöhen, indem die systematische Erfassung Präsentation und ökonomische Bewertung aller Vorteile (Nutzen) und aller Nachteile (Kosten) von allen Beteiligten einer Umweltveränderung das Bewusstsein dafür schaffen kann (HANSJÜRGENS 2015).

Als Schwächen des Konzeptes wäre z.B. zu kritisieren, dass die Natur durch die konsequente Ökonomisierung fast ausschließlich durch ihren wirtschaftlichen Nutzen betrachtet wird (KÜHNE 2014; MCCAULEY 2006). Durch die Ökonomisierung wird ebenfalls der Schutz der Natur um ihrer selbst willen, der Naturschützer*Innen seit Jahrzehnten antreibt, ersetzt oder vertrieben (BAKKER et al. 2014). Der Begriff der Dienstleistungen schließt außerdem aus, dass Werte von der Natur berücksichtigt werden, die nicht aus subjektiven Vorteilen hervorgehen (KIRCHHOFF 2019). Auch stoßen ökonomische Bewertungen an fundamentale Grenzen, wenn es um nicht marginale Veränderungen von Natur geht und eine Substitution nicht sicher möglich ist, wie z.B. beim Erreichen ökologischer Kipppunkte, Aussterben von Arten oder dem Verschwinden einzigartiger Landschaften (HANSJÜRGENS 2015, S. 286, 289).

Dass das komplexe Thema Ökosystemdienstleistungen von so vielen verschiedenen Fachrichtungen überschneidend betrachtet wird, kann es zu unterschiedlichen Begriffsverwendungen oder Missverständnissen kommen, zum Beispiel bei den Begriffen Leistungsfähigkeit der Natur, Naturkapital oder Dienstleistungsansatz (BASTIAN & GRUNEWALD 2013). Dies könnte ein Risiko der Transdisplinarität des Ansatzes darstellen.

3. Fazit

Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen hat in den letzten Jahrzehnten einen neuen Blick auf die Natur und den aktuellen Zustand der Ökosysteme erkennen lassen.

Die Beispiele für die drei oben genannten Ökosystemdienstleistungen, die Bestäubungsleistung von Wild- und Honigbienen für versorgende Ökosystemdienstleistungen, die Erläuterung der Ökosystemdienstleistungen von Stadtbäumen als regulierende Ökosystemdienstleistungen oder die Betrachtung des Tourismus im Erzgebirge als sozio- kulturelle Ökosystemdienstleistungen sollten dabei die enge Verflechtung zwischen den Ökosystemdienstleistungen der Natur und der menschlichen Welt verdeutlichen.

Das Konzept besitzt viele Stärken und Schwächen, die im Hauptteil bereits beleuchtet wurden, die konsequente Ökonomisierung der Natur und ihrer Bereitstellung der Lebensgrundlage für die menschliche Welt im 21. Jahrhundert des Ansatzes ist ein großer Punkt, der für viel Diskussion sorgt.

Da das Konzept in der Forschung noch relativ neu ist, aber schnell gewachsen ist, werden Feinheiten des Konzeptes noch gefunden, in der Fachwelt diskutiert und ausdifferenziert werden müssen. Insgesamt aber hat der Ansatz viel Potential, das Bewusstsein für die Leistungen, die die Natur für den Menschen leistet, aufzuzeigen und an die breite Bevölkerung zu bringen.

4. Literaturverzeichnis

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Kirchhoff T. (2019): Ökosystemdienstleistungen, In: Berr, K., Jenal, C., Kühne, O. & Weber, F. (Hrsg.) (2019): Handbuch Landschaft. Wiesbaden, 807-822.

Kühne, O. (2014): Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen als Ausdruck ökologischer Kommunikation. Betrachtungen aus der Perspektive Luhmannscher Systemtheorie. In: Naturschutz und Landschafsplanung 46, Vol. 1, 17– 22.

Mccauley, D.J. (2006): Selling out on nature. Nature 443 Vol. 7107, 27– 28.

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Müller F., Burkhard B. (2007): An ecosystem based framework to link landscape structures, functions and services. In: Helming K., Mander Ü. & Wiggering H. (Hrsg.): Multifunctional Land Use – Meeting Future Demands for Landscape Goods and Services. Springer Verlag, Berlin, 37–64.

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Ziter, C. (2015): The biodiversity-ecosystem service relationship in urban areas. A quantitative review. Oikos, Vol. 125, No. 6, 761-768.

5. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung Veränderung der Menge von ausgewählten Stadtbäumen, die für die Biodiversität relevante Ökosystemdienstleistungen im derzeitigen Zustand (Balkendiagramm links) im Vergleich zu Stadtbaumbestand laut Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (Balkendiagramm rechts) (Hof et al. 2016, S.496)

Abbildung 2: Darstellung der qualitativen Veränderung der Gefährdungen und Beeinträchtigungen des Ökosystems der Stadt im derzeitigen Zustand (Balkendiagramm links) im Vergleich zu Stadtbaumbestand laut Liste der Stadtbaumarten der Zukunft (Balkendiagramm rechts) (Hof et al. 2016, S.469)

Abbildung 3: Jährliche Schadstoffaufnahme und monetarisierte Werte für den Schlosspark Nymphenburg in München (Aevermann & Schmude 2015, S.195)

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Details

Titel
Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen. Beispiele, Stärken und Schwächen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Autor
Jahr
2022
Seiten
11
Katalognummer
V1264013
ISBN (eBook)
9783346773371
ISBN (Buch)
9783346773388
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ökosystemdienstleistungen, Physische Geographie
Arbeit zitieren
Fabian Selent (Autor:in), 2022, Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen. Beispiele, Stärken und Schwächen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1264013

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