Alberta – Kanadas Energieprovinz: Entwicklungen gestern, heute und morgen


Examensarbeit, 2000

133 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitende Bemerkungen zur Provinz Alberta und zum Aufbau sowie Themen-

stellung dieser Examensarbeit

I. Kanadas Energieprovinz Alberta – Heartland oder Hinterland innerhalb der kanadischen Konföderation?

1. Kanadas Energieprovinz Alberta – vorgestellt anhand ausgesuchter wirt- schaftlicher Indikatoren.

2. Physio-geographische Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Nutzung der Provinz
2.1 Physio-geographische Rahmenbedingungen einer wirtschaftlichen Nutzung Albertas.
2.2 Klimatische Voraussetzungen.
2.3 Böden und Vegetation.

3. Die Besiedlung Albertas – Historische Entwicklung eines peripheren Raumes.
3.1 Historisch-politische Entwicklung Kanadas.
3.2 Die Besiedlung der Prärieprovinzen: Alberta im Hinterland der kanadischen Konföderation?

II. Ökonomische Entwicklung und planungspolitischer Rahmen

4. Die ökonomische Entwicklung Albertas vor 1945 – Ein monostrukturiertes Wirtschaftsgefüge
4.1 Eine traditionelle Säule der Wirtschaft Albertas: Die Landwirtschaft
4.2 Der Bedeutungsverlust der Landwirtschaft

5. Die ökonomische Entwicklung Albertas nach 1945 – Der Aufstieg des Erdöl- und Erdgas Sektors
5.1 Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nach 1945.
5.2 Die natürlichen Ressourcen der Provinz als Motor einer ökonomischen Entwicklung
5.2.1 Erdöl und Erdgas
5.2.2 Ölsande
5.2.3 Kohle .
5.3 Die Auswirkungen des Leduc-Erdölfunds auf die gesamtwirtschaft- liche Lage Albertas.
5.4 Die ökonomische Entwicklung Albertas von 1905 bis ca. 1970 diskutiert anhand zweier Raumwirtschaftstheorien
5.5 Die Energiekrise der 70er Jahre und ihre Auswirkungen auf die Stellung Albertas innerhalb der Kanadischen Konföderation – Albertas Entwicklung zu Kanadas Boom-Provinz der 70er Jahre.
5.6 Regionalismus als Ergebnis ungleicher Ressourcen-Politik von Provinz und Staat?.
5.6.1 Regionalismus in Kanada: Das Verhältnis von Alberta und Zentralkanada – einige allgemeine Anmerkungen
5.6.2 Ausländisches Kapital: Verstärkung der innerkanadischen Disparitäten?
5.6.3 Politische Rahmenbedingungen einer Nutzung der natürlichen Ressourcen.
5.6.4 Der Fall Alberta: Kanadas Energiepolitik im Kontrast zu provinziellen Interessen

6. Wirtschaftliche Entwicklungen der Gegenwart
6.1 Albertas Wirtschaft heute – Die natürlichen Ressourcen auch als Motor aktueller wirtschaftlicher Entwicklungen?.
6.2 Der Exportsektor als Standbein der Wirtschaft: Fluch oder Segen?

7. Strategien und Wege zur Sicherung der wirtschaftlichen Prosperität der Provinz
7.1 Die staatliche Seite: Maßnahmen der Provinzregierung zur Wirschafts- förderung
7.1.1 The Alberta Heritage Savings Trust Fund
7.1.2 Schaffung eines positiven Wirtschaftsklimas durch steuerliche Anreize und Vergünstigungen. 79 7.1.3 The Alberta Advantage – Ein Programm zur Sicherung der Stellung Albertas im internationalen Wettbewerb
7.1.3.1 Die Provinzregierung im Handlungszwang aufgrund einer sich ändernden wirtschaftlichen Realität
7.1.3.2 The Alberta Advantage: Richtungsweiser einer auch in Zukunft prosperierenden Ökonomie?
7.2 Die privatwirtschaftliche Seite: Der Energiesektor auch weiterhin wichtigster Wirtschaftszweig der Provinz?.
7.2.1 Die Reichweite der natürlichen Ressourcen der Provinz
7.2.2 Die Förderung von Ölsanden als wirtschaftliche Alternative zur Förderung konventionellen Rohöls? – Albertas Ölsandindustrie heute
7.2.3 Bewertung des wirtschaftlichen Potentials der Ölsandlager- stätten unter Hinzuziehung zukünftiger Projekte der Syncrude ltd
7.2.4 Übersicht geplanter innerprovinzieller Großprojekte: Trends und Entwicklungen

III. Ergebniszusammenfassung und Ausblick: Alberta – ein neuer wirtschaftlicher Kernraum innerhalb der kanadischen Konföderation?

8. Quo Vadis Alberta? Synthese der Untersuchungsergebnisse und Bewertung des Standorts Alberta hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen in der Erdöl- und Erdgasbranche

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Poltische Gliederung Kanadas

Abb. 2: Pro-Kopf-Einkommen ausgewählter Provinzen (1997) und Deutschland (1998) im Vergleich

Abb. 3: Bevölkerungswachstum in den kanadischen Provinzen in % (1996-1998)

Abb. 4: Physio-geographische Regionen Kanadas

Abb. 5: Natürliche Regionen und Höhenprofile der südlichen Inneren Ebenen

Abb. 6: Klimaunterteilung der Prärieprovinzen

Abb. 7: Niederschlagmengen in Alberta (1951-80)

Abb. 8: Vegetationsformen der Prärien

Abb. 9: Böden der Prärien

Abb. 10: Canadian Pacific Railway

Abb. 11: Öl-, Gas-, und Ölsandvorkommen im westlichen Kanada

Abb. 12: Schweröl- und Ölsandvorkommen im Vergleich zu konventionellen Ölvor- kommen in Trillionen Barrel

Abb. 13: Arbeitskräftebesatz in % nach Sektoren in Alberta und Ontario im Vergleich (1951-61)

Abb. 14: Modell der wirtschaftlichen Entwicklung in langen Wellen

Abb. 15: Calgary-Edmonton-Korridor

Abb. 16: The conventional explanation of Canadian Regionalism

Abb. 17: Steuereinnahmen der Provinz Alberta nach Bereichen (1997)

Abb. 18: Anteil einzelner Wirtschaftszweige am Bruttoinlandsprodukt der Provinz Alberta (1997)

Abb. 19: Albertas Exporte 1999 nach Industrien in %

Abb. 20: Kapitalzuwächse des Alberta Heritage Savings Trust Fund (1995-2000)

Abb. 21: Kumulierte städtische und provinzielle Steuerlast, im Verhältnis zum kanadischen Durchschnitt

Abb. 22: Produktionskosten ausgewählter Bereiche im internationalen Vergleich

Abb. 23: Veränderung des ökonomischen Profils der Provinz Alberta (1985-1998)

Abb. 24: Exportwert der Güter Albertas weiterverarbeitender Industrie

Abb. 25: Veränderung der etablierten Erdgasreserven (1994-98)

Abb. 26: Veränderung der etablierten Erdölreserven (1994-98)

Abb. 27: Anteilseigner an Syncrude ltd

Abb. 28: Investitionen und Regierungseinnahmen durch den Ölsandabbau

Abb. 29: Zukünftige neue Arbeitsplätze durch den Ölsandabbau

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Katastrophenartige Wetterereignisse in Kanada (1860-1990)

Tab. 2: Bevölkerungsentwicklung und Anzahl der Farmen in den Prärieprovinzen (1871-1906)

Tab. 3: Bevölkerungszahlen von Calgary, Edmonton, Alberta und Anzahl der Farmen in Alberta im Vergleich

Tab. 4: Anzahl der Farmen und landwirtschaftliches Areal in Alberta (1901-1936)

Tab. 5: Prozentuale Verteilung der Produktionswerte (net value of production) der Hauptwirtschaftzweige Albertas (1926-1960) (ohne Dienstleistungen)

Tab. 6: Anzahl der Farmen nach Provinzen (1936-51)

Tab. 7: Bevölkerungszuwachs der Städte Calgary und Edmonton (1941-51)

Tab. 8: Die Erdölförderung in Kanada (in 1000 Barrels)

Tab. 9: Die Erdgasförderung in Kanada (in mio. cubic feet)

Tab. 10: Kohleproduktion in Mio. t

Tab. 11: Anteil der Produktion in den Provinzen

Tab. 12: Wachstumsrate der Metropolitan Areas

Tab. 13: Bevölkerungsveränderung der Provinz Alberta durch natürliches Wachstum und Netto-Migration, in 5-jahres Intervallen (1951-1966)

Tab. 14: Erdöl- und Erdgasproduktion der Provinz Alberta (1968-1973) in Mio. m³

Tab. 15: Wachstumsraten der vier bevölkerungsreichsten Provinzen (1971-1986)

Tab. 16: Bevölkerungsentwicklung der "Metropolitan Areas" Calgary und Edmonton und der Provinz Alberta insgesamt (1951-1986)

Tab. 17: Einnahmen der Provinzen 1986

Tab. 18: Prozentualer Anteil der Kontrolle und des Besitzes an Firmen der kanadischen Petroleumindustrie durch ausländische Firmen

Tab. 19: Kanadas Produktion Fossiler Energieprodukte 1997 nach Provinzen

Tab. 20: Albertas Exportwert nach Rang und Ländern

Tab. 21: Albertas 5 wichtigste Ausfuhren in die USA

Tab. 22: Albertas 5 wichtigste Abnehmer agrarischer Produkte (1998-1999)

Tab. 23: Konsumsteuern…

Tab. 24: Klassifikation der Handelpartner Albertas

Tab. 25: Bereiche primären und sekundären wirtschaftlichen Interesses

Tab. 26: Regionen besonderen Interesses für die Vermarktung des Produkts "Alberta Tourism"

Tab. 27: "Businessplan" der Albertanischen Tourismusindustrie.…

Tab. 28: Albertas Anteil am kanadischen Tourismusaufkommen durch Besucher aus Europa, Asien und den USA ("Business Plan")

Tab. 29: Rangliste einzelner Wirtschaftszweige bezüglich des Investitionsvolumens zukünftiger Projekte der Provinz Albertas

Tab. 30: Investitionen ausgesuchter Konzerne in Ölsande

Einleitende Bemerkungen zur Provinz Alberta und zum Auf­bau sowie Themenstellung dieser Examensarbeit

Wenn von Kanada die Rede ist, steht häufig nur der ostkanadische Raum im Mit­telpunkt des Interesses, welcher mit Städten wie Montréal, Québec, Toronto und der Hauptstadt Ottawa den traditionellen kulturellen, wie wirtschaftlichen Kernraum des Landes darstellt. Dieser wird in der Literatur auch als Heartland (McCann 1982), also als Herz des Landes bezeichnet.

Städte wie Calgary und Edmonton dagegen sind oft­mals nur aufgrund der olympischen Winterspiele des Jahres 1988 den Sportbe­geisterten ein Begriff, wobei deren geographische Einordnung allerdings nicht selten Probleme bereitet. Dies mag zum einen an der enormen flächenmäßigen Ausdehnung des Landes liegen, zum anderen vielleicht aber auch daran, dass die Provinz Alberta, deren Hauptstadt Edmonton und das Finanzzentrum Calgary ist, häufig im Schatten der ostkanadischen Ballungsräume stehen.

Umso mehr stellt sich nun die Frage, warum ein Raum, der schon von seiner geo­graphischen Lage her abseits der traditionellen Wirtschaftsräume Kanadas liegt, und lange Zeit auch ökonomischen Hinterland-Status besaß, auf einmal überregio­nale, wenn nicht sogar internationale wirtschaftliche Bedeutung erlangen konnte.

Hier nun soll diese Examensarbeit mit wirtschaftsgeographischem Schwerpunkt ansetzen, in einem Versuch der Darstellung, wie es zu solch einem Bedeutungs­wandel kommen konnte. Dabei wird in einem ersten historisch-geographischen Teil darauf eingegangen, wie sich Alberta von einem agrarisch geprägten Raum mit Hinterland-Status zur Energieprovinz Kanadas entwickeln konnte. Besonderes Augenmerk gilt dabei zunächst den naturräumlichen Voraussetzungen (Genese, Klima, Vegetation), die lange Zeit die primär agrarische Orientierung Albertas determinierten. In diesem Zusammenhang bietet sich auch ein kurzer kulturhistorischer Überblick der Besiedlungs- und Bevölkerungsentwicklung an, wobei insbesondere auch auf das Heartland-Hinterland Paradigma eingegangen werden soll, welches ein wichtiger Bestandteil der historischen Entwicklung der Provinz ist.

Im Hauptteil dieser Arbeit soll der Betrachtungsschwerpunkt auf der ökonomischen Entwicklung Albertas liegen, wobei auch planungspolitische Hintergründe Beach­tung finden sollen, die den Werdegang der Provinz mehrfach entscheidend beein­flussen konnten.

Mittels einer wirtschaftsgeographischen Analyse der ökonomischen Struktur der Provinz wird schließlich versucht aufzuzeigen, wie sich Alberta seit dem Bedeutungsverlust der Landwirtschaft, Anfang der 40er Jahre, zu Kanadas Energieprovinz entwickeln konnte.

Hier soll nun auch die zentrale Fragestellung der Arbeit Beantwortung finden. Diese soll klären, inwieweit, auf Basis der natürlichen Ressourcen der Provinz auch in Zukunft die wirtschaftliche Prosperität gesichert bleibt, oder es langfristig zu einem Strukturwandel des Wirtschaftsgefüges kommen muss, damit Alberta nicht bald wieder der Status einer "Hinterland-Provinz" zukommen wird.

Somit wird also überprüft, ob die Erdöl- und Erdgaswirtschaft auch weiterhin als tragende Säule der Wirtschaft Albertas fungieren kann und ob Prognosen bezüglich Laufzeit und Menge der Ressourcen verifiziert werden können oder der Revidierung bedürfen. Es seien daher auch neuere Entwicklungen und Tendenzen bei der Erd­ölförderung berücksichtigt und angeführt, die das zukünftige Bild der Ökonomie in entscheidender Weise beeinflussen könnten.

Die Frage nach einer Gefährdung der wirtschaftlichen Prosperität wird an aktuellen wirtschaftlichen Indikatoren überprüft, ebenso wie anhand von Programmen der Provinzregierung, deren übergeordnetes Ziel die wirtschaftliche Stabilisierung Al­bertas ist. Dabei gilt dem jüngeren Strukturwandel besonderes Augenmerk, welcher schon vor einiger Zeit in der Provinz einsetzte und vordergründig eine Abkehr von traditionellen Kernbereichen wirtschaftlicher Aktivität andeutet.

In einem kritischen Diskurs sollen somit Konzepte und Programme vorgestellt und auf Durchführbarkeit überprüft werden, um Aussagen über eine potentielle Entwick­lung Albertas in den nächsten Jahren machen zu können.

Ein letzter Teil beinhaltet schließlich die Synthese der Untersuchungsergebnisse, wobei die kritische Evaluierung einer zukünftigen Entwicklung Albertas im Vorder­grund der Diskussion stehen soll.

1. Kanadas Energieprovinz Alberta – vorgestellt anhand ausgesuchter wirtschaftlicher Indikatoren

Energie, welche auch als "Blut der Wirtschaft" (Gerloff 1987: 125) bezeichnet wird, hat für die industrialisierte Gesellschaft Kanadas eine ganz besondere Bedeutung. Nicht zuletzt aufgrund der geographischen Dimension des Landes, ebenso wie den im Winter extremen klimatischen Verhältnissen, hat das Land, noch vor den USA, gemessen an Bevölkerungszahl und Bruttosozialprodukt, den höchsten Verbrauch an Energieäquivalenten in der ganzen Welt (Statistisches Bundesamt 1995: 74). Somit ist es nicht verwunderlich, dass der Produktion von primären Energieträgern eine ganz entscheidende Rolle im Wirtschaftsgefüge zukommt.

Seinen Status als Kanadas Energieprovinz hat Alberta dem Umstand zu verdanken, dass es den größten Teil der Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorkommen des Landes auf seinem Territorium beherbergt. Hinzu kommen noch riesige Mengen an Ölsanden des Athabasca-Gebiets, die zu den größten Vorkommen der Erde zählen. Auf Basis dieser Rohstoffvorkommen entstand in den letzten 30 Jahren eine hochentwickelte Industrielandschaft, deren wichtigste Einnahmequelle die Förderung und der Export primärer Energieträger sowie die Weiterverarbeitung petrochemischer Pro­dukte ist.

Im folgenden Abschnitt wird nun versucht eine wirtschaftsgeographische Skizze Albertas zu erstellen, wobei anhand relevanter Indikatoren aufgezeigt werden soll, welchen Rang Albertas Ökonomie im innerkanadischen Vergleich einnimmt. Als Indikatoren dienen jedoch nur solche, die unmittelbare Rückschlüsse auf die Leis­tungsfähigkeit der Wirtschaft zulassen. Dazu zählen das Bruttoinlandsprodukt (BIP)[1], das BIP-Pro-Kopf und das Wirtschaftswachstum. Später werden zusätzlich auch sozioökonomische Indikatoren wie Arbeitslosigkeit, Pro-Kopf-Einkommen und Wanderungsbilanzen hinzugezogen, da sie relativ gut Aufschluss über sich abzeichnende wirtschaftliche Entwicklungen geben können.

Als westlichste der drei Prärieprovinzen Kanadas, besitzt Alberta eine Gesamtfläche von 661.000km² (incl. Gewässer) und ist damit fast doppelt so groß wie die Bundes­republik Deutschland (357.048km²). Von der Gradnetzeinteilung her liegt sie in der Nord-Süd Erstreckung zwischen 49° und 60°N, bei einer West-Ost Erstreckung von 110°-120° WL (im äußersten Süden 114° - 120° W).

Die große flächenmäßige Ausdehnung Albertas, verbunden mit einer geringen Ein­wohner­zahl von nur knapp 2,9 Mio. (Jan. 2000), führt dazu, dass die Provinz mit ca. 4,5 EW/km² als relativ dünn besiedelt angesehen werden kann (eigene Berechnun­g) (vgl. BRD 1999: 230EW/km²) (Statistisches Bundesamt 2000: 31). Ein Großteil der Bevölkerung ist zudem auf die Städteachse Calgary-Edmonton konzentriert, die mit zusammen 1,6 Mio. Einwohnern 55% der Bewohner Albertas auf sich vereinigt, wodurch die geringe Einwohnerdichte der Provinz nochmals rela­tiviert wird. Somit konzentriert sich zwangsläufig auch die wirtschaftliche Aktivität auf diesen Raum.

1997 stand Alberta bei der Produktion fossiler Energieträger auf dem ersten Platz in Gesamtkanada, und stellte 80% aller in diesem Bereich produzierten Güter (Gauthier 1999: 64.6). Durch die herausragende Stellung bei der Förderung primä­rer Energieträger, konnte die Provinz 1997 ihr Bruttoinlandprodukt auf 101 Mrd. $ steigern Dollar, was einem Anteil von 11,8% am kanadischen Bruttoinlandsprodukt (1997: 855 Mrd. $) entspricht. Dagegen ist das in Alberta erwirtschaftete Bruttoin­landsprodukt pro Kopf mit 37.364 $ das höchste in Kanada (Ontario 31.646 $, Bri­tish Columbia 28.792 $, Deutschland 26.249 $) und zeugt von einem extrem hohen wirtschaftlichen Produktivitätsgrad (Alberta Economic Development 1999d: 11).

Abb.2: Pro-Kopf-Einkommen ausgewählter Provinzen (1997)und

Deutschland (1998)im Vergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Angaben aus: Alberta Economic Development 1999d: 11.

Beim Wirtschaftswachstum wird ebenfalls die absolute Spitzenposition eingenom­men: im Zeitraum von 1992-1997 lag dieses bei 4,8% (Kanada 2,9 %) und übertraf somit alle anderen Provinzen bei weitem (Ontario 3%, British Columbia 2,8 %)

(Alberta Economic Development 1999d: 2).

Positiv schlägt sich die allgemeine Wirtschaftslage vor allem in der Arbeitslosen­quote nieder. Im April 2000 lag sie bei geringen 5,1%, was nur noch von Manitoba mit 5,0% unterboten werden konnte (Kanada: 6,8%) (Alberta Human Resources and Employment 2000).

Ein weiterer Faktor, der die wirtschaftliche Attraktivität steigert, ist das insgesamt hohe Lohnniveau der Provinz. Beim verfügbareren Pro-Kopf-Einkommen liegt man mit 19.079 $ nur knapp hinter Ontario (19.249 $) auf dem zweiten Platz innerhalb Kanadas (Alberta Economic Development 1999d: 16). Allerdings muss in diesem Zusammenhang erwähnt wer­den, dass die Steuerlast in Alberta geringer ist als in jeder anderen kanadischen Provinz. Rechnet man alle Abgaben gegeneinander auf (städtische Abgaben, Pro­vinzsteuern und Krankenversicherungsbeiträge), so ist die finanzielle Belastung eine Albertaners um 25,5% geringer als im kanadischen Durchschnitt (Alberta Economic Development 1999d: 16). Deshalb steht dem Arbeitnehmer nach allen Abzügen auch wesentlich mehr Geld zur Verfü­gung als in jeder anderen Provinz, wodurch sich der zweite Platz beim Pro-Kopf-Einkommen faktisch als absolute Spitzenposition heraus­stellt.

Die wirtschaftliche Attraktivität der Provinz spiegelt sich zudem in der innerkanadi­schen Migration wieder. Diese kann im Allgemeinen als entscheidender Faktor für Bevölkerungsschwankungen innerhalb der Provinzen angesehen werden, da die Zuwanderung aus dem Ausland für Alberta kaum von Bedeutung ist und zusätzlich durch Auflagen regle­mentiert wird. 1997/98 tauschten 358.800 Menschen ihren bisherigen Wohnort gegen einen neuen, in einer anderen Provinz gelegenen, ein

(Statistics Canada 1999a).

Am 1. Juli 1998 erreichte Alberta eine Bevölkerung von 2,9 Mio., was einem Bevöl­kerungsanstieg um 2,8% zum Vorjahr bedeutet (1996/97: 2,0%). Dieser Anstieg ist insbesondere auf die innerkanadische Migration zurückzuführen, wobei Alberta, neben Ontario, die einzige Provinz ist, die Netto-Wanderungsgewinne zu verzeichnen hat (Abb. 3) (Statistics Canada 1999a). Im Jahre 1997/98 erreichte Alberta einen Rekordzuwachs bei der Zuwanderung aus anderen Provinzen, der vergleichbar ist mit den enorm hohen Zuwanderungsraten während eines neuerlichen Öl-Booms im Jahre 1980. Insgesamt zogen 1998 46.800 Menschen mehr nach Alberta, als die Provinz verließen (Statistics Canada 1999a). Dabei kamen 36% der Zuwan­derer aus dem benachbarten British Columbia, 18% aus Ontario und 15% aus Saskatchewan. Für Alberta war dies die höchste Zuwachsrate der letzten zwei Dekaden. Die schon zuvor erwähnten Steuererleichterungen, geringe Arbeitslosig­keit und ein hohes Lohnniveau mögen dabei als entscheidender Anreiz für die Ab­wanderung nach Alberta anzusehen sein.

Abb. 3: Bevölkerungswachstum in den kanadischen Provinzen (1996-1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistics Canada 1999a.

Als ein letzter Indikator, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Provinz doku­mentieren soll, fungiert die Summe aller privaten und öffentlichen Investitionen in Alberta. 1998 verzeichnete die Provinz mit 9655 $ (eigene Berechnung) das höchste Pro-Kopf-Investitionsvolumen innerhalb kanadischen Konföderation. Der Gesamt­umfang aller in Alberta getätigten Investitionen betrug dabei 28,4 Mrd. $ für das Jahr 1998 (Alberta Economic Development 2000e). Ein Anstieg des Investitionsvolumens wird auch für die nächsten Jahre prognostiziert, wobei Investitionen in Ölsandprojekte, der Petroche­mie, bei Pipelines, in der Lebensmittelherstellung und im Dienstleistungsbereich einen Großteil der Geldmenge auf sich vereinigen werden.

Die bisher angeführten Indikatoren belegen somit eindeutig, dass der Provinz Al­berta im innerkanadischen Vergleich eine Spitzenposition zukommt. Das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, ein weit über dem Landesdurchschnitt liegendes Wirtschaftswachstum von 4,8% und geringe Arbeitslosigkeit kombiniert mit einem hohen Lohnniveau, machen Alberta auch über seine Grenzen hinaus attraktiv für Arbeitssuchende und zeugen von einem hohen sozioökonomischen Entwicklungs­stand. Dies belegt auch der Bevölkerungsanstieg Albertas durch Wanderungsge­winne aus der innerkanadischen Migration.

Fasst man nun all diese Faktoren zusammen, so ergibt sich ein äußert positives Wirtschaftsklima, welches sich – wie schon zuvor erwähnt – in den höchsten Pro-Kopf-Investitionen des Landes niederschlägt.

Trotz dieser positiven Entwicklung darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Provinz auch heute noch in hohem Maße auf ihre natürlichen Ressourcen angewie­sen ist. Schwankungen der Weltmarktpreise bei Erdöl und Erdgas[2], konstant nied­rige Preise für Agrarprodukte, ein schwacher kanadischer Dollar sowie Absatz­probleme der exportorientierten Branchen, treffen Alberta mit aller Härte und keh­ren das positive Wirtschaftsklima schell ins Gegenteil wie zuletzt Ende 1998/Anfang 1999.

2. Physio-geographische Voraussetzungen einer wirt-schaftlichen Nutzung der Provinz

Im folgenden Kapitel sollen nun die physio-geographischen Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Nutzung der Provinz im Vordergrund stehen, die – wie sich im wei­teren Verlauf dieser Arbeit noch zeigen wird – als Ausgangspunkt für die wirtschaft­liche Erschließung und Nutzung des Raumes anzusehen sind. Im Hinblick auf die reichhaltigen Erdöl-, Erdgas-, und Kohlevorkommen der Provinz, spielt natürlich die Geologie Albertas eine bedeutsame Rolle. Allerdings sollen in diesem Überblick auch Klima und Böden Beachtung finden, da beide Faktoren die traditionell land­wirtschaftliche Ausrichtung der Wirtschaft in entscheidender Weise determinierten.

2.1 Physio-geographische Rahmenbedingungen einer wirtschaftlichen Nutzung Albertas

Versucht man Alberta in die physio-geographischen Großregionen Kanadas einzu­ordnen so fällt auf, dass es im Nordosten, mit einem Prozentsatz von nur 3% (Lenz 1965: 1), wenig Anteil an der wohl bedeutensten geologischen Formation Kanadas, dem Kanadischen Schild besitzt. Dieser stellt den "physischen Kern" des Landes, wenn nicht sogar des gesamten nordamerikanischen Kontinents dar (Putnam/

Put­nam 1979: 16).

Mit einer Gesamtfläche von 1.771.000 km², bedeckt er, aus präkambrischen Gnei­sen und Graniten bestehend, große Teile der Provinzen Québec und Ontario, dem nördlichen Manitoba und Saskatchewan, ebenso wie die Hälfte der Fläche der Nord-west-Territorien im Norden des Landes.

In seinem Verlauf, zieht er in nord-östlicher Richtung durch den Winnipeg-See, um dann in einem weit auslaufenden Bogen durch Manitoba und Sakatchewan schließ­lich den Nordosten Albertas zu streifen.

Für die wirtschaftliche Nutzung des Raumes ist dieser Umstand deshalb von Be­deutung, da die alten Gesteine des Kanadischen Schildes wertvolle Lagerstätten an metallischen Mineralien enthalten, unter denen Gold, Silber, Eisen, Nickel und Kupfer sind. Innerhalb der Provinz Alberta lässt die geologische Struktur des Schil­des auch noch Uran sowie Blei- und Zinkvorkommen vermuten (Lenz 1965: 1), de­ren Erschließung bis heute allerdings noch nicht vorangetrieben wurde.

An den Rändern des Schildes lagern sich zum größten Teil Tiefländer und Plateaus an. Dabei handelt es sich im Norden um das Arktische Tiefland, im Westen um die Inneren Ebenen (Interior Plains) und im Südosten um das Tiefland Süd-Ontarios sowie die Senke des St. Lorenz. Es sind hier vor allem Sedimente, die sich während des Paläo- und Mesozoikums abgelagert haben. Bei den Sedimenten der Inneren Ebenen bilden kreidezeitliche und tertiäre Ablagerungen den Untergrund, wobei die heutige Oberfläche allerdings im wesentlichen durch die pleistozäne Vereisung mit­gestaltet wurde, wo Material in wechselnden Mächtigkeiten zur Ablagerung kam (Lenz 1988: 21).

Abb. 4: Physio-geographische Regionen Kanadas

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Vorlage aus: Putnam/Putnam 1979: 16.

Als zweite geologisch-morphologische Großregion, die einen Großteil des Reliefs der Provinz bestimmt, sind die Inneren Ebenen (auch: Interior Plains/Great Plains) zu nennen, die einen Anteil von ca. 15% an der Gesamtfläche Kanadas besitzen (Lenz 1992: 1). Ihre Ausdehnung erstreckt sich dabei vom Kanadischen Schild im Osten bis zu den Kordilleren im Westen sowie von der Staatsgrenze der USA im Süden bis zum Arktischen Ozean im Norden.

Dennoch handelt es sich bei den Inneren Ebenen Kanadas, wie das Wort "Ebenen" eigentlich andeutet, nicht um eine zusammenhängende ebene Fläche, sondern wie in den USA, um eine "weitgespannte Schichtstufenlandschaft" (Lenz 1988: 21). Da­bei lassen sich drei deutlich gegeneinander abzugrenzende Schichtstufen ausmachen. Geologisch ist für das Relief der Provinz Alberta allerdings lediglich der westliche Teil dieser Schichtstufenlandschaft von Bedeutung, welcher im Anschluss an die Saskatchewan Ebene durch das 750m hohe Missouri Coteau in Erscheinung tritt (Abb. 5). Westlich dieser markanten Schichtstufe schließt nun die Alberta Ebene an, welche auf einem durchschnittlichen Niveau von circa 600-900m liegt und stark re­liefiert ist.

Abb. 5: Natürliche Regionen und Höhenprofile der südlichen Inneren Ebenen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Vorlage aus: Lenz 1992: 23.

Hier findet man hügelige Grundmoränenbereiche, ebenso wie Resthügel und Pla­teaus, die aus tertiärem Material aufgebaut sind (z.B. Milk River Ridge und

Porcupine Hills, Südalberta; Cypress Hills, Alberta/Saskatchewan). Ausgedehnte Ebenen finden wird lediglich in Zentralalberta, im südlichen und mittleren Saskatchewan sowie in Süd-Manitoba, wo es vor der Front des abschmelzenden Inlandeises der letzten Eiszeit zur Ausbildung einer Vielzahl von Eisstauseen kam (Lake Edmonton, Lake Swift Current, Lake Rosetown, Lake Saskatoon), in welchen bis zu 100m mächtige Sedimente abgelagert wurden (Hoppe 1998: 30).

Für die Versorgung Kanadas mit Nahrungsgütern nimmt die Region der Inneren Ebenen – die flächenmäßig auch den größten Teil der Provinz Albertas einnimmt – eine herausragende Stellung ein. Hier liegen, auf fruchtbaren Braun- und Schwarz­erdeböden, drei Viertel des landwirtschaftlich-genutzten Areals, weshalb diese Re­gion oftmals auch als Weizenkammer oder "bread basket" des Landes bezeichnet wird (Richards 1970: 396).

Im Bereich der Inneren Ebenen sind es vor allem Ablagerungen des Devons und der Kreide, die den geologischen Untergrund bilden. Die devonischen Ablagerungen sind dabei durch ihre weite Ausdehnung und fazielle Mannigfaltigkeit gekennzeich­net. Das Peace-River Gebiet Nordalbertas ist beispielsweise von einem mitteldevoni­schen Ablagerungsbecken unterlagert, welches der umfangreichen Bodenschätzen enthaltenden Elk-Point-Serie zuzuordnen ist (Lenz 1965: 4). Ähnlich weite Verbrei­tung finden auch die Ablagerungen der Kreide, welche in wechselnd breiten Schichten vor allem im Athabasca- und Peace-River Gebiet anstehen. In Südalberta erreichen diese sogar eine Mächtigkeit von bis zu 300m. Der geologische Untergrund Albertas begünstigte somit die Entstehung von Erdöl und Erdgas, die vor­wiegend den Formationen des oberen Devons bis zur oberen Kreide zuzurechnen sind. Dabei nimmt deren Verbreitung von Osten nach Westen hin zu, wobei die Tiefe der Vorkommen zwischen 700 und 2700m schwankt. Hinzu kommen noch bedeutsame Vorkommen an Ölsanden im Gebiet des Peace Rivers und des Athabascas in Nordalberta, die sich derzeit allerdings noch nicht geologisch zuordnen lassen (Lenz 1965: 4) (vgl. Anhang Abb. 3).

In den Schichten der Kreide und des Paläozäns sind aber auch Kohlevorkommen eingeschlossen. Dies gilt speziell für den Bereich der Fußhügelzone Albertas (Foothill-Zone), welche in wechselnder Breite den Rocky Mountains vorgelagert ist und den Übergangsbereich zu den Kordilleren darstellt. Es handelt sich dabei um Braun- und Steinkohlevorkommen, die größtenteils im Tagebau gewonnen werden (vgl. Anhang Abb. 4).

Ein flächenmäßig geringer Teil im Westen der Provinz wird nunmehr noch von den Kordilleren oder auch dem pazifischen Gebirgssystem eingenommen (Vogelsang 1993: 47). Entstanden im Mesozoikum/Tertiär, sind die Kordilleren ein geologisch junges Gebirge, welches von der Orogenese her mit den Alpen verglichen werden kann (Lenz 1992: 12). Als charakteristisch für diese Region sind große Reliefunterschiede anzusehen, ebenso wie eine Kleinkammerung mit verschiedenartigen pedologischen und klimatischen Verhältnissen (Vogelsang 1993: 37). In relativ komplexer Weise setzen sich die Kordilleren aus mesozoischen und paläozoischen Formationen zusammen, die in ihren östlichen und westlichen Au­ßenzonen eine starke Faltung erfahren haben. Wirtschaftlich ist dieser Raum jedoch lediglich im Hinblick auf den Tourismus von Bedeutung, da Alberta an einem Bereich der Rocky Mountains teilhat, in dem zwei der schönsten und meistbesuchten Nationalparks Kanadas liegen: Banff und Jasper.

Zusammen mit den auf der Seite British Columbias liegenden Nationalparks Yoho und Kootenay, bilden sie ein zusammenhängendes Parksystem in den Rocky Mountains, mit einer Ausdehnung von über 20.000 km. Seit 1985 stehen diese „Four Mountain Parks“ in einer von der UNESCO geführten Liste der zu schützen­den Natur- und Kulturdenkmäler (Canadian Heritage 1998: 6). Als touristi­sches Ziel kommt dieser Region daher übergeordnete Bedeutung zu, wodurch na­türlich auch die im Umkreis der Parks liegenden Städte profitieren.

2.2 Klimatische Voraussetzungen

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich nunmehr mit Klima und Böden der Provinz Alberta, im Hinblick auf die schon angesprochene Bedeutung der Landwirtschaft für die Versorgung Kanadas mit Nahrungsgütern. In diesem Zusammenhang soll auf­gezeigt werden, welche Bereiche sich – aufgrund günstiger klimatischer Vorausset­zungen sowie fruchtbarer Böden – besonders für eine landwirtschaftliche Nutzung anbieten.

Bei der Provinz Alberta handelt es sich nicht um einen klimatisch homogenen Raum, der eindeutig nur einer einzigen Klimaregion zuzuordnen ist. Vielmehr zeigt sich das Gebiet klimatisch stark ausdifferenziert, so dass sich eine Einteilung anbietet, wie Lenz sie 1965 (8-16) vornimmt. Demnach besitzt der Raum der Provinz Anteil an 4 Klimaregionen: einer semiariden Zone in Südalberta, einer subhumiden Zone die sich nördlich an die vorherige Zone anschließt, einer subborealen Zone, die sich von Mittel- bis Nordalberta erstreckt und einer borealen Klimaregion im äußersten Norden der Provinz.

Abb. 6: Klimaunterteilung der Prärieprovinzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Putnam/Putnam 1979: 262.

Insgesamt ist das Klima Albertas stark kontinental geprägt, was sich in großen Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter zeigt. Da Kanada und somit auch Alberta im Bereich westlicher Luftströmungen liegt, bilden die von Nordwesten nach Südosten verlaufenden Kordilleren eine natürliche Barriere, die verhindert, dass feuchte pazifische Luftmassen in den Raum eindringen können. Dennoch lassen sich bei der Verteilung der Niederschläge innerprovinzielle Unterschiede ausmachen. Die geringsten Mengen erfährt hierbei eine Raumeinheit an der südlichen Provinzgrenze Albertas zu Saskatchewan.

Abb. 7: Niederschlagsmengen in Alberta (1951-80)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Chetner 1996.

Verbunden mit hohen sommerlichen Temperaturen (Medicine Hat: Julimittel 20,2°C), ist dieses Gebiet als semiarid einzustufen. Oftmals spricht man in diesem Zusam­menhang auch vom "dry belt"[3] – einer Region, die sich auch noch bogenförmig über Teile Saskatchewans erstreckt. Geringe Niederschlagsmengen lassen es somit als Grenzbereich der ackerbaulichen Nutzung erscheinen (Lenz 1965: 9).

Zusätzlich zur relativen Trockenheit dieser Region kommt noch eine Unsicherheit, die in der Abweichung von der durchschnittlichen Niederschlagsmenge begründet liegt. Oftmals verschieben sich die Niederschläge zeitlich oder bleiben im ungüns­tigsten Fall sogar ganz aus, so dass die benötigten Mengen an Wasser, die vor al­lem nach der Aussaat des Weizens Ende Mai/Anfang Juni benötigt werden, nicht ausreichen, um für eine gute Getreideernte zu sorgen. Dies spielt natürlich in der heutigen Zeit, bei einer hochentwickelten und technisierten Landwirtschaft in Ka­nada, mit ihren Möglichkeiten der künstlichen Bewässerung, nur eine untergeord­nete Rolle. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Rentabilität allerdings wird zu überle­gen sein, ob Getreideanbau in diesem Gebiet heute noch Sinn macht. Früher zu­mindest, stellten die natürlichen Niederschlagsmengen den entscheidenden Faktor für eine effektive landwirtschaftliche Nutzung eines Gebietes dar, wobei ihr Ausblei­ben oder eine zu geringe Menge die Existenz der ansässigen Farmer bedrohte. Je­doch bedeuten nicht nur fehlende Niederschläge eine Einschränkung der landwirt­schaftlichen Nutzung. Bodenfröste, die zeitweise sogar bis Mitte Mai auftreten können, sind als weitere "Gefahr", insbesondere für den Getreideanbau, anzusehen.

Hinzuzufügen sei noch, dass katastrophenartige Wetterereignisse immer wieder den Raum der Prärieprovinzen und somit auch Albertas heimsuchen (Vogelsang 1993: 70). Dabei können sie großen volkswirtschaftlichen Schaden herbeiführen, wie z.B. in den 30er Jahren, wo eine langanhaltende Trockenperiode zeitlich zusammenfiel mit der großen Weltwirtschaftskrise und dadurch zu einer der einschneidensten Phasen in der kanadischen Siedlungs-, Wirtschafts-, und Sozialgeschichte wurde (Vogelsang 1993: 70).

Tab. 1: Katastrophenartige Wetterereignisse in Kanada (1860-1990)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vogelsang 1993: 69.

Zurückkehrend zur klimatischen Gliederung schließt sich weiter nördlich eine an Niederschlägen etwas reichere subhumide Zone an. Die Niederschläge sind dabei durchschnittlich um ca. 100mm höher (Calgary: 436,6mm; Edmonton: 446,5mm) als in der semiariden Zone. Die Temperaturmaxima liegen im Juli ein wenig nied­riger (Calgary: 16,5°C; Edmonton: 17,4°C), als in der zuvor betrachteten Klimaregion (Medicine Hat: 20,6°C). Auch dieses Gebiet bietet sich aufgrund einer frostfreien Periode von über 100 Tagen für den Getreideanbau an. Ausreichende Temperatu­ren ab Mitte bis Ende Mai sowie eine gute Durchfeuchtung des Bodens wirken hier begünstigend.

Die subboreale Klimazone nimmt einen Großteil der Fläche Albertas ein und ist dem subarktischen Klimabereich zuzuordnen ist. Ihre maximale Ausdehnung nach Nor­den erreicht sie dabei im Gebiet des Peace River. Daher sind mit zunehmen­der geographischer Breite auch die Temperaturmaxima im Juli geringer als in der subhu­miden Klimaregion (Fairview: 15,7°C; Fort Vermillion: 16,7°C).

Die Niederschläge hingegen sind dabei ähnlich hoch (Fairview: 454 mm), nehmen aber nach Norden hin ab (Fort Vermillion 328mm). Aufgrund einer frostfreien Peri­ode von nur 64 (Fort Vermillion) bzw. 90 Tagen (Beaverlodge), ist die Region für den Getreideanbau nicht zu empfehlen, da das Auftreten des letzten Frosttages stark variieren kann und somit im ungünstigsten Fall die schon erfolgte Einsaat ver­nichtet würde. Lediglich das Peace River Country erfährt eine "fleckenhafte" land­wirtschaftliche Nutzung (Ehlers 1963: 8), wobei sich speziell Gebiete bei Manning und Fort Vermillion als äußerst fruchtbar erweisen. Die ungünstigen Voraussetzun­gen einer landwirtschaftlichen Inwertsetzung des Raumes ließen daher nur wenige Siedlungen entstehen, die dann zumeist auch sehr klein blieben, wie z.B. Fairview mit 3316 bzw. Manning 1295 Einwohnern im Jahre 1996 (Northern Alberta

Development Branch 1998: 25). Fasst man subboreale und boreale Klimazone zu­sammen, stellen diese auf 60% (380.229 km²) der Gesamtfläche Albertas (638.232 km² ohne Gewässer) nur 9,3% Bevölkerungsanteil (Northern Development Branch 1998: 6).

Im äußersten Norden hat Alberta nur noch geringen Anteil an der borealen Zone, die zumeist durch niedrige Temperaturen und ein geringes Niederschlagsaufkommen (High Level: 274,8mm) gekennzeichnet ist, wobei ein Großteil der Niederschläge zwischen Juni und August fällt (High Level: 180,7mm). Für den Menschen ist diese Region, auf­grund der extremen Klimabedingungen und einer kurzen Wachstumsperiode, eher als Ungunstraum anzusehen und unterliegt daher auch nur geringer Besiedlung und fleckenhafter landwirtschaftlicher Nutzung.

2.3 Böden und Vegetation

Neben dem Klima, determinieren Böden und Vegetation in hohem Maße die Mög­lichkeit einer landwirtschaftlichen Inwertsetzung eines Raumes.

Das Klima ist dabei der Schlüssel zum Verständnis der Verbreitung der natürlichen Vegetation und Böden. Betrachtet man alle Faktoren, die am Wachstum der Pflan­zen beteiligt sind, ist die Menge Niederschläge in der Wachstumsperiode als beson­ders kritisch anzusehen.

Daher bestehen immer enge Verflechtungen zwischen einem Klimatyp und der Art der natürlichen Vegetation (Tomkins; Hills; Weir 1970: 260). Viele Vegetationszonen sind deshalb auch deckungsgleich mit einem bestimmten vorherrschenden Boden­typ, da sich dieser aus dem vorherrschenden Klima in Kombination mit der typi­scher Vegetation entwickelt. In den Prärieprovinzen und somit auch in Alberta ist der Zusammenhang von Bodenbedeckung und Bodentyp besonders charakteris­tisch. Allerdings erfuhr der Prärieraum durch die Landwirtschaft erhebliche Umges­taltungen und zeigt daher nicht mehr in allen Teilen den natürlichen Bewuchs.

"Man muss davon ausgehen, dass die Vegetation des Mittleren Westens vor

Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung vielfältiger war als meist angenom-­

men wird" (Vogelsang 1993:58).

Der Raum Albertas hat Anteil an einer Vielzahl unterschiedlicher Vegetationszonen, die in ihrer Verbreitung insbesondere durch das Auftreten von Niederschlägen be­stimmt werden. Dabei klassifizierte man traditioneller Weise ein Gebiet im Südosten der Provinz, welches fast deckungsgleich zur ariden Zone war, als Kurzgrasprärie (short grass prairie) (Abb. 8). Neuere Veröffentlichungen jedoch (Hoppe 1998: 51) präferieren als Terminologie zur Beschreibung dieses Gebietes eher den Begriff "Dry Mixed Grass Prairie", welche eine trockene Variante der nördlich vorkommenden Mischgrasprärie darstellt, wobei man darauf verweist, dass die traditionelle Klassifizierung des Raumes als "short grass prairie" obsolet sei. In aktuellen Publikationen findet somit keine Differenzierung mehr zwischen "short - und mixed grass prairie" statt, wobei man das früher als "short grass prairie" bezeichnete Gebiet (Abb. 8) heute als "Trockene Mischgrasprärie" klassifiziert (vgl. Anhang Abb. 1)[4]. In diesem trockeneren Bereich sind vorwiegend Braunfarbene Kastanozeme anzutreffen, die der Gruppe der Schwarzerdeböden zuzuordnen sind. Dieser Bodentyp zeichnet sich vor allem durch sein flaches Bodenprofil aus, wobei der Anteil an organischem Material gering ist. Allerdings können nahe der Oberfläche Kalk- und Salzanreiche­rungen auftreten, die die Bodengüte verringern (Lenz 1988: 80). Dennoch garantie­ren ausreichend hohe Niederschläge auch bei diesen Böden das Gedeihen von Weizen in bester Qualität. Meistens muss jedoch zusätzlich künstlich bewässert werden, als Folge einer Variabilität der Niederschläge. Wasserdefizite, die aufgrund der beschriebenen Variabilität oftmals auch kurz nach der Einsaat auftreten können, würden sich, konsequenterweise, in schlechten Ernte­erträgen manifestieren. Insgesamt wird in der Prärieregion eine Differenzierung einzelner Bodentypen innerhalb der Gruppe der Schwarzerdeböden speziell über die Mächtigkeit und Farbe der organischen Bodenauflagen vorgenommen, wobei diese in Abhängigkeit von Niederschlagshöhe und Ausprägung der jeweiligen Graslandvegetation variieren können (Hoppe 1998: 57).

Mit einem Anstieg der Niederschläge weiter nördlich, erstreckt sich nun bogenförmig vom Rand der Fußhügelzone Albertas bis nach Südwestmanitoba ein zunächst schmaler, dann aber sich verbreitender Bereich mit vorherrschendem Mischgrasbewuchs, der auch als Mischgrasprärie (mixed grass prairie) bezeichnet wird. Bei den Böden handelt es sich hier meistens um Dunkelbraune Kastanozeme, die reicher an organischen Bestandteilen sind und ein tiefgründigeres Boden­profil besitzen als die Braunfarbenen Kastanozeme der Trockenen Mischgrasprärie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Putnam/Kerr 1970:317 Quelle: Putnam/Kerr 1970: 320

Zusätzlich zur traditionellen Klassifikation der Vegetationszonen der Prärien, führt Hoppe (1998: 52) als weitere Grassland-Gesellschaft die Festuca-Prärie (Fescue Prairie) an, wobei der Name dieser Zone auf die in diesem Bereich vorherrschende Schwingel-Art Festuca scabrella zurückzuführen ist. Jedoch kommt diesem Gebiet nur untergeordnete Bedeutung zu, da es lediglich in einem nur maximal 50km breiten, zwischen 45° und 52°N im Vorland der Rocky Mountains verlaufenden Streifen, westlich der Mischgrasprärie auftritt (vgl. Anhang Abb. 1).

Nördlich der Festuca-Prärie schließt sich eine als Aspen Parkland bezeichnete Waldsteppe an, welche den Übergangsbereich zur Bore­alen Mischwaldzone dar- stellt. Diese erstreckt sich in alternierender Breite von den Fußhügeln im Südwesten Albertas über Saskatchewan bis in den Südosten Manitobas, wobei sich inselartige Waldareale eng mit den Graslandflächen der Prärien verzahnen (Vogelsang 1993: 59). Der frühere Laubwaldbewuchs in dieser Zone war dafür verantwortlich, dass sich Böden mit großer Humusauflage (bis zu 20 cm) bilden konnten (Lenz 1988: 80). Somit kommen hier auch fruchtbare Schwarzerdeböden (Chernozeme) im engeren Sinne vor. Aufgrund dieser Tatsache unterliegt die Region auch einer intensiven ackerbaulichen Nutzung, wobei natürliche Vegetationsbestände nur noch auf ca. 10% der Gesamtfläche auftreten (Hoppe 1998: 52/53). Dabei ist die Region charakterisiert, durch das Auftreten von ca. 1 ha großen Hainen (Parkland Subregion), die mosaikartig in das Grasland eingestreut sind, ebenso wie dem fleckenhaften Auftreten von Strauch- und Baumbewuchs (Groveland Subregion), welcher insbesondere im südlichen Teil des Gebiets vorkommt (Hoppe 1998: 52).

Als letzte Vegetationszone, die den flächenmäßig größten Teil Albertas einnimmt, sei schließlich noch die Boreale Mischwaldzone (mixed wood region) zu nennen. Als Böden finden wir in dieser Region dunkelgraue Böden (Greyzeme), aber auch die sogenannten "degradierten" Schwarzerden vor (Lenz 1988: 80). Wenn auch zwischen den Rocky Mountains im Westen und dem Kanadischen Schild im Osten 150 Mio. Quadrat­meilen von diesem Boden bedeckt werden, unterliegen nur 25 Mio. einer landwirt­schaftlichen Nutzung (Putnam/Kerr 1970: 323). Dies zeugt vom geringen landwirt­schaftlichen Nutzwert dieses Bodentyps, wobei sich aber auch die kurze Vegetati­onsperiode nachteilig auswirkt. Somit kann, wenn überhaupt, auf nur einem ge­ringen Prozentsatz der Fläche Weizenanbau betrieben werden, welcher aber in sei­ner Qualität wesentlich schlechter ist, wie der weiter südlich auf Chernozemen an­gebaute Weizen.

Zusammenfassend lässt sich also konstatieren, dass nicht alle Gebiete der Provinz Alberta für eine landwirtschaftliche Nutzung in Frage kommen. Als klimatische Un­gunsträume sind dabei besonders das im Südosten gelegene semiaride Gebiet der Trockenen Mischgrasprärie zu nennen, ebenso wie die ausgedehnte, flächenmäßig größte Zone des Borealen Mischwaldzone im Norden. "Optimale" ackerbauliche Bedingungen finden wir im zentralen Bereich der Provinz, wo höhere Niederschlags- mengen in Kombination mit den weit verbreiteten fertilen Chernozemen günstige Voraussetzungen für eine ackerbauliche Nutzung bieten (vgl. Anhang Abb. 2). Die Flächen des semiariden Südostens hinge­gen können allenfalls durch kostenintensivere Bewässerung ähnlich hohe Erträge wie in Bereichen der Chernozeme liefern. Ansonsten empfiehlt sich diese Region insbesondere für die extensive Weidewirtschaft.

[...]


[1] Das Bruttoinlandsprodukt wird hier im Sinne von Schätzel (1994:13) verstanden, der es als "Summe aller in einem bestimmten Zeitraum produzierten Güter und Dienstleistungen definiert, abzüglich der Vorleistungen einzelner Sektoren (Unternehmen, Staat, private Haushalte) und korrigiert um die Einfuhrabgaben."

[2] Anfang 1999 sank der Erdölpreis auf ein Rekordtief von 12.49 $ pro Barrel, was den niedrigsten Wert der letzen 12 Jahre darstellt.

[3] "Neben der Bezeichnung “dry-belt“ wird dieses semiaride Gebiet in der Literatur oftmals auch als Palliser Triangle bezeichnet, nach einem von der englischen Regierung im 18.Jh. ausgeschickten Offizier namens Palliser, der dieses Gebiet als nicht landwirtschaftlich nutzbar einstufte" (Schott 1985: 57).

[4] Aufgrund der Tatsache, dass in neueren Publikationen lediglich der südliche Teil der kanadischen Prärien teilweise vegetationsgeographisch neu gegliedert wurde, sei für den nördlichen Teil Albertas und der Prärien auf die traditionelle Einteilung von Putnam/Kerr (1970: 317) zurückgegriffen.

Ende der Leseprobe aus 133 Seiten

Details

Titel
Alberta – Kanadas Energieprovinz: Entwicklungen gestern, heute und morgen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Geographie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
133
Katalognummer
V1265
ISBN (eBook)
9783638107983
Dateigröße
3991 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erdöl, Erdgas, Ölsande, Bitumen, Kanada, Alberta, Britisch Columbia, Westkanada, Pipeline, Energie, Prärieprovinz, Prärie, Erdölsektor, Erdgassektor, Ressourcen, Energiepolitik, Ölsandindustrie
Arbeit zitieren
Eric Mühle (Autor:in), 2000, Alberta – Kanadas Energieprovinz: Entwicklungen gestern, heute und morgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1265

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