Die Medizin hat sich als beliebtes Thema in der antiken wie gegenwärtigen Literatur, sowohl in der Prosa wie auch im Drama oder der Lyrik, erwiesen: Immer wieder wurden Ärzte samt der durch sie vertretenen wissenschaftlichen Ausrichtung zu zentralen literarischen Gestalten. Die Literatur beschreibt und verarbeitet dabei das medizinische Wissen und bewertet schließlich Aspekte der Medizin implizit oder explizit als positiv oder negativ.
Die Wechselwirkung, die Literatur und Medizin aufeinander ausüben, lässt sich, wie Engelhardt deutlich macht, in drei Perspektiven gliedern. Es ist hier die Rede von der „literarische[n] Funktion der Medizin, [der] medizinische[n] Funktion der Literatur [sowie der] genuine[n] Funktion der literarisierten Medizin“ (Engelhardt, 12).
Gerade auch im Zeitalter der Aufklärung war die Auseinandersetzung mit dem medizinischen Diskurs hoch aktuell. Christlob Mylius (1722-1754) und Theodor Johann Quistorp (1722-1776) leisteten im Jahr 1745 mit ihren Lustspielen „Die Ärzte“ bzw. „Der Hypochondrist“ jeweils einen wichtigen Beitrag zur literarischen Verarbeitung der medizinischen Thematik.
Gegenstand vorliegender Arbeit soll nun die Untersuchung von Mylius' Lustspiel „Die Ärzte“ sein. Aufgrund des dürftigen Forschungsstandes zu Mylius und diesem Stück, der einerseits darin begründet sein mag, dass Myluis' Oeuvre aufgrund seines zeitigen Ablebens sehr begrenzt geblieben ist und andererseits darin, dass es ihm aus diesem Grund nicht vergönnt war, sein Können zu perfektionieren, erscheint es lohnend, über die Analyse des Dramas hinaus etwas weiter auszuholen.
Dabei wird insbesondere von den zwei miteinander im Legitimationsstreit liegenden medizinischen Hauptsystemen sowie von der stetig anwachsenden Gruppe der „vernünftigen Ärzte“ die Rede sein. Im Folgenden soll der Entstehungskontext um „Die Ärzte“, ausgehend von den Prätexten über den Verfasser bis hin zu den Erwartungen und Forderungen, die man in der Frühaufklärung an ein Lustspiel stellte, thematisiert werden. Schließlich soll der medizinische Diskurs, der Mylius' Lustspiel durchzieht, genauer betrachtet werden, indem der Medizin eine fiktionale, das Stück in seiner Anlage formende Funktion und eine inhaltliche Funktion, die ein spiegelbildlich-verzerrtes Abbild der realen zeitgenössischen Situation generiert, zugewiesen wird. Letztlich eröffnet die Analyse des Phänomens der Hypochondrie im Kontext von Mylius' Lustspiel Deutungsperspektiven im Hinblick auf den Aufklärungsdiskurs.
Inhaltsverzeichnis
- Theoretische Vorbemerkungen: Medizin und Literatur
- Der Arzt und seine Therapie in der Aufklärung
- Medizinische Konzepte zu Mylius' Zeit
- Die mechanistische Arzneigelehrtheit
- Der Stahlsche Animismus
- Vernünftige Ärzte
- Der Entstehungskontext
- Der Freigeist Christlob Mylius
- Prätexte
- Das deutsche Lustspiel in der Frühaufklärung
- Der medizinische Diskurs in „Die Ärzte“
- Die fiktionale Funktion der Medizinthematik
- Analyse der inhaltlichen Darstellung der Medizin
- Hypochodrie – ein antiaufklärerisches Übel?
- Schluss
- Verzeichnis sämtlicher zitierter und genannter Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse des Lustspiels „Die Ärzte“ von Christlob Mylius (1722-1754) und untersucht die Rolle der Medizin im Kontext der Frühaufklärung. Ziel ist es, die fiktionale Funktion der Medizinthematik im Stück zu beleuchten, die inhaltliche Darstellung der Medizin zu analysieren und die Bedeutung der Hypochondrie im Aufklärungsdiskurs zu erforschen.
- Die Rolle der Medizin in der Frühaufklärung
- Die fiktionale Funktion der Medizinthematik in „Die Ärzte“
- Die inhaltliche Darstellung der Medizin im Stück
- Die Bedeutung der Hypochondrie im Aufklärungsdiskurs
- Der Entstehungskontext des Lustspiels
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die theoretischen Vorbemerkungen zum Thema Medizin und Literatur. Es wird die wechselseitige Beziehung zwischen diesen beiden Bereichen untersucht und die drei Perspektiven der „literarischen Funktion der Medizin“, der „medizinischen Funktion der Literatur“ und der „genuinen Funktion der literarisierten Medizin“ vorgestellt.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Arzt und seiner Therapie in der Aufklärung. Es wird die Bedeutung der Vernunft und der empirischen Erfahrungsbildung für die Entwicklung der Medizin in dieser Epoche hervorgehoben. Zudem wird die Spaltung der Medizin in verschiedene Lager, insbesondere die Mechanisten und die Animisten, beleuchtet.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den medizinischen Konzepten zu Mylius' Zeit. Es werden die mechanistische Arzneigelehrtheit, der Stahlsche Animismus und die „vernünftigen Ärzte“ vorgestellt.
Das vierte Kapitel untersucht den Entstehungskontext des Lustspiels „Die Ärzte“. Es werden der Freigeist Christlob Mylius, die Prätexte und die Erwartungen an ein Lustspiel in der Frühaufklärung thematisiert.
Das fünfte Kapitel analysiert den medizinischen Diskurs in „Die Ärzte“. Es werden die fiktionale Funktion der Medizinthematik und die inhaltliche Darstellung der Medizin im Stück untersucht. Zudem wird das Phänomen der Hypochondrie im Kontext des Aufklärungsdiskurses beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Medizin in der Frühaufklärung, das Lustspiel „Die Ärzte“ von Christlob Mylius, die fiktionale Funktion der Medizinthematik, die inhaltliche Darstellung der Medizin, die Hypochondrie, der Aufklärungsdiskurs, die Mechanisten, die Animisten und die „vernünftigen Ärzte“.
- Quote paper
- Sarah Till (Author), 2008, Christlob Mylius Beitrag zum medizinischen Diskurs der Frühaufklärung mit dem Lustspiel "Die Ärzte", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126582