Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Vorgehensweise
2. Das Christentum im vierten Jahrhundert
2.1 Christenverfolgung
2.2 Galerius-Edikt
2.3 Konstantinische Wende
2.3.1 Mailänder Vereinbarung
2.3.2 Nizänisches Glaubensbekenntnis
2.4 Staatsreligion
3. Schlussbetrachtung
3.1 Einfluss Konstantins des Großen
3.2 Ausblick
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Hinführung zum Thema
Konstantin der Große und das Christentum sind zwei Themen, die nur schwer als geschichtliche Fakten auseinanderzuhalten sind. Sie beeinflussten sich gegenseitig und prägten die damalige Welt. Bis heute noch sind die Auswirkungen der damaligen Umbrüche zu spüren.
Das Römische Reich, zu Beginn des vierten Jahrhunderts in vier Teile aufgegliedert, war durch die polytheistische römische Religion geprägt. Sie war ein verbindlicher Staatskult, der durch Rituale und Opfergaben ausgeübt wurde.
Das Christentum war zur Zeit des vierten Jahrhunderts keine junge, aber noch wenig verbreitete Religion, die in der Zeit der Spätantike anfing, sich stärker auszubreiten. Jedoch wurden die Christen von den römischen Kaisern verurteilt, da sie nicht den Ritualen der römischen Religion folgten, deren Aufgabe es war, das Reich und die Macht des Kaisers zu stärken1.
Schon unter Kaiser Nero gab es die ersten Christenverfolgungen, bei denen Christen aufgrund von falschen Anschuldigungen verfolgt und hingerichtet wurden2.
Im Jahr 312 n.Chr. wurde Konstantin offiziell als Mitkaiser anerkannt, obwohl er schon ab 306 n.Chr. zu einem solchen ausgerufen wurde. Damit änderte sich allmählich die schwere Situation der Christen zum Guten. Ob und inwieweit das Christentum bei dieser Wende im vierten Jahrhundert bereits auf dem Weg zur Staatsreligion war und welche Rolle Konstantin dabei einnahm, wird im Folgenden erörtert.
1.2 Vorgehensweise
Nach einer kurzen Einführung über den heutigen Forschungsstand des Themas konzentriert sich die vorliegende Arbeit zunächst auf die Christenverfolgung, bis zu ihrem Ende, durch das Galerius-Edikt.
Darauffolgend wird die, mit Konstantins Machtübernahme eintretende, sogenannte Konstantinische Wende analysiert. Dafür werden die Mailänder Vereinbarung und das Nizänische Glaubensbekenntnis genauer betrachtet.
Im Anschluss wird die Position des Christentums im römischen Staat während der Zeit der Nachfolger Konstantins bis zu Theodosius dem Großen dargestellt.
Zum Schluss wird der Einfluss Konstantins des Großen auf das Christentum begutachtet und eine Bewertung aus der heutigen Zeit versucht.
1.3 Forschungsstand
Die Literaturrecherche ergab, dass Konstantin der Große und das Christentum in der Spätantike, aufgrund der Wichtigkeit der beiden Themen, viel Zuwendung in der Forschungsliteratur erhielten. Lediglich die Bekehrung Konstantins selbst zum Christentum ist umstritten3, obwohl er begann das Christentum zu bevorzugen und sich zu ihm bekannte4. Abgesehen von seiner Taufe kurz vor seinem Tod, gibt es aber keinen eindeutigen Beweis für eine innere Bekehrung Konstantins5.
Essenziell für die heutige Meinungsbildung über Konstantin ist das ‚Leben Konstantins‘ und die ‚Kirchengeschichte‘6, zwei Werke des Theologen Eusebius von Caesarea. Das ‚Leben Konstantins‘ ist ein von ihm geschriebener übertriebener Lobeshymnus auf Konstantin7 und die ‚Kirchengeschichte‘ ist eine Dokumentation des Siegeszuges des Christentums8.
2. Das Christentum im vierten Jahrhundert
2.1 Christenverfolgung
Schon seit der Zeit Neros, war das christliche Leben von Unsicherheit geprägt. Nero selbst war von 54 bis 68 n.Chr. Kaiser des Römischen Reiches, also schon kurz nach der Entstehung des Christentums.
Die erwähnte Intoleranz gegenüber den Christen kam daher, dass die Kaiser, während der Tetrarchie, ihrem Volk eine größtmögliche Aufgeschlossenheit für deren private religiösen Vorstellungen gewährte9. Wenn es zu politischen Schwierigkeiten kam, konnten die Kaiser die Grundlage staatlicher Existenz stärken, indem sie die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Gegenzug für die erhaltene religiöse Toleranz wiederum dazu auffordern konnten, ihre Treue gegenüber dem Staatskult zu bekunden und somit den Staat zu stärken10. „Die Christen verweigerten gelegentlich solche öffentlichen Bekundungen“11, wahrscheinlich aufgrund des strengen Monotheismus im Christentum, der es verbietet, sich in Notsituationen anderen Kulten zuzuwenden.
Dies war ein Anlass für die Kaiser, die Christen aus der Gesellschaft auszuschließen und so erging, vorangetrieben von Kaiser Diokletian, am 23. Februar 303 das erste Edikt von insgesamt vier12. Fortan wurden ihnen Versammlungen und jegliche Gottesdienste verboten, und sie büßten ihre bürgerlichen Rechte und Ämter ein13. Außerdem wurden ihre Kultstätten zerstört und sie mussten ihren Gemeindebesitz, sowie ihre Schriften ausliefern14. Dies war ein großer Rückschlag für das Christentum, da es fortan nicht nur verboten, sondern auch verfolgt wurde. Somit begann die 303 einsetzende „erste wirkliche, im Osten weitgehend systematisch betriebene Christenverfolgung, die 311 durch ein Edikt des Galerius ihr Ende fand“15.
2.2 Galerius-Edikt
Galerius, zu dem Zeitpunkt des Ediktes Kaiser der östlichen Hälfte des Römischen Reiches, verkündete mit dem Edikt den Abschluss des Zeitalters der Christenverfolgungen16. Jedoch tat er dies nicht aus Wohlwollen gegenüber den Christen, sondern er verfolgte mit dem Edikt die Absicht, dass die Christen fortan ebenfalls für das Gemeinwohl beten sollen17, eine Aufgabe, der sie bisher nicht nachkamen und Grund für deren Verfolgung war. Neben dieser Pflicht durften die Christen, weil sie nun ein eingetragener Verein waren, wieder ihre Gottesdienste verrichten und Friedhöfe anlegen18.
Bis zu diesem Edikt war Galerius jedoch ein konsequenter Christenverfolger19, er handelte also aus Staatsräson.
Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass nicht alle Christenverfolgungen seitdem eingestellt wurden, vor allem der Nachfolger des Galerius, Maximinus Daia, der bis zum Tod des Galerius dessen Caeser, also untergeordneter Mitkaiser war, ging den Christenverfolgungen weiterhin nach20.
Bei genauerer Untersuchung des Ediktes, fällt auch das immer noch vorherrschende Misstrauen gegenüber den Christen auf und mit was für einer Unwilligkeit Galerius den Christen ihre Toleranz zusicherte21. Dies erkennt man an den Formulierungen wie „hat diese Christen ein solcher Wille erfaßt und eine solche Dummheit ergriffen“22 oder „wir glaubten, unsere freimütige Nachsicht auch auf die Christen ausdehnen zu müssen“23.
Die Christen waren demnach mittlerweile geduldet, aber nach wie vor unerwünscht.
2.3 Konstantinische Wende
Durch Konstantin dem Großen änderte sich die schwierige Situation der Christen. Doch wie kam es zur Unterstützung durch Konstantin, ein nicht christlich erzogener Kaiser, für die Christen?
Nachdem Kaiser Galerius 311 starb, gab es vier Kaiser im Römischen Reich. Den Westen teilten sich Konstantin und Maxentius und den Osten Licinius und Maximinus Daia. Durch Spannungen zwischen Maxentius und Konstantin kam es zum Einmarsch Konstantins in die Gebiete des Maxentius. Der Feldzug Konstantins wurde für ihn selbst zu einem religiösen Wendepunkt24. Laktanz und Eusebius berichten von einer Vision, die Konstantin vor der Schlacht an der Milvischen Brücke gehabt haben soll, in der ihm Christus erschien und ihm befahl das Christogramm auf die Schilde seiner Krieger zu malen, um so den Kampf zu gewinnen25. Er entschied den Kampf für sich, Licinius starb und Konstantin war fortan Alleinherrscher im Westen. Nach dem Sieg über Maxentius erschien auf den Münzen das Christogramm und die Götter der Tetrarchie verschwanden allmählich26. Es ist wahrscheinlich, dass der Ausgang der Schlacht und Konstantins vorherige Vision dazu führten, dass er sich selbst dem Christentum verbunden fühlte. Inwieweit er sich als Christ verstand, ist aber schwer festzustellen. Eine große Anzahl an Quellen berichtet dennoch von einem aktivem Engagement Konstantins für das Christentum27. Dies tat er fortlaufend bis zu seinem Tod, daher kann man die Konstantinische Wende nicht auf ein Datum festlegen, da sie als zeitlicher Prozess verstanden werden muss, der sich über viele Jahre streckte28.
Einer der ersten wichtigen Schritte erfolgte im Jahr 313 mit der Mailänder Vereinbarung.
2.3.1 Mailänder Vereinbarung
Die Mailänder Vereinbarung war eine Abmachung zwischen den beiden Kaisern Konstantin aus dem Westen und Licinius aus dem Osten. Licinius war noch kein Alleinherrscher in seinem Territorium, als Maximinus Daia, sein Konkurrent noch im selben Jahr starb, so dass anschließend nur noch Licinius und Konstantin die Herrscher der beiden Teile des Römischen Reiches waren. Somit war die durch Diokletian eingeführte Tetrarchie zerfallen.
Bei der Abmachung sollten die Grundlinien der zukünftigen Politik festgelegt werden, in denen die Religionspolitik eine wichtige Rolle spielte29.
Die Mailänder Vereinbarung wurde oft als Edikt bezeichnet, was es aber gar nicht war, da keines benötigt wurde, weil das Galerius Edikt bereits im Ganzen Reich Anwendung fand30. Dennoch wurde die Religionsfreiheit weiter ausgebaut, indem jeder seine Religion frei wählen konnte und somit den Christen und allen anderen Religionen eine volle Kultfreiheit gewährt wurde31. „Aufgenommen wird auch hier der römische Gedanke, daß durch die Freigabe aller Religionen sich jede Gottheit dem Reich gnädig erweisen kann“32. Somit verspricht die Vereinbarung einerseits die Religionsfreiheit, andererseits ist dies als Ausübung zum Wohl des Staates gedacht33.
In einem Schreiben, welches zurück auf die Abmachung der beiden Kaiser geht34, sticht die unterschiedliche Formulierung im Gegensatz zum Galerius-Edikt hervor. Diese ist deutlich positiver gestaltet, was man gut erkennen kann in Sätzen wie: „ausnahmslos alle Bestimmungen … die sich auf die Sache der Christen bezogen, aufzuheben. Sie erschienen als ganz und gar unglücklich. Und unserer Milde war sie fremd“35. Dieser Wortlaut ähnelt schon sehr einem Schuldeingeständnis der Kaiser. Die Situation der Christen hat sich demnach schon im Laufe der zwei Jahre zwischen dem Galerius-Edikt 311 und der Mailänder Vereinbarung 313 erheblich verbessert.
Zusammenfassend sind die wichtigsten Punkte der Mailänder Vereinbarung die Religionsfreiheit ohne Einschränkung, die Gleichstellung des Christentums mit den anderen Religionen, die Religionsfreiheit für den Kaiser und die Rückgabe des Besitzes der Christen, welcher während der Verfolgung gestohlen wurde36.
[...]
1 Vgl. Tertullian, Apologeticum 35–36, 1. In: P. Guyot / R. Klein (Hrsg.), Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen, Eine Dokumentation, Bd. II: Die Christen in der heidnischen Gesellschaft, Darmstadt 1994, S. 159.
2 Vgl. Tacitus, Annales XV 44,2–5. In: P. Guyot / R. Klein (Hrsg.), Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen, Eine Dokumentation, Bd. I: Die Christen im heidnischen Staat, Darmstadt 1993, S. 16f.
3 Vgl. Dassmann, Ernst. Kirchengeschichte II/1, Konstantinische Wende und spätantike Reichskirche, Stuttgart 1996, S. 19.
4 Vgl. Clauss, Manfred. Konstantin der Grosse und seine Zeit, München 1996, S. 75.
5 Vgl. Bleicken, Jochen: Constantin der Große und die Christen. Überlegungen zur konstantinischen Wende. In: Schlange-Schöningen, Heinrich (Hrsg.), Konstantin und das Christentum, Darmstadt 2007, S. 67.
6 Vgl. Clauss, Manfred. Konstantin der Grosse und seine Zeit, München 1996, S. 104.
7 Vgl. ebd., S. 104.
8 Vgl. ebd., S. 105.
9 Vgl. ebd., S. 16.
10 Vgl. ebd., S. 16.
11 Ebd., S. 16.
12 Vgl. Dörries, Hermann.Konstantin der Große,Stuttgart 1958, S. 12.
13 Vgl. ebd., S. 12.
14 Vgl. Clauss, Manfred. Konstantin der Grosse und seine Zeit, München 1996, S. 28.
15 Ebd., S. 17.
16 Vgl. Dörries, Hermann.Konstantin der Große,Stuttgart 1958, S. 25.
17 Vgl. ebd., S. 41.
18 Vgl. Clauss, Manfred. Konstantin der Grosse und seine Zeit, München 1996, S. 27.
19 Vgl. Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 40.
20 Vgl. Zecchini, Guiseppe: Das „Mailänder Edikt“. In: Wallraff, Martin (Hrsg.), Religiöse Toleranz, 1700 Jahre nach dem Edikt von Mailand, Berlin 2016, S. 55.
21 Vgl. Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 40.
22 Vgl. Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 41.
23 Ebd., S. 43.
24 Vgl. Dassmann, Ernst. Kirchengeschichte II/1, Konstantinische Wende und spätantike Reichskirche, Stuttgart 1996, S. 25.
25 Vgl. Demandt, Alexander: Wer war Konstantin der Große?. In: Ehling, Kay / Weber, Gregor (Hrsg.), Konstantin der Grosse: zwischen Sol und Christus, Mainz 2011, S. 136.
26 Vgl. Dassmann, Ernst. Kirchengeschichte II/1, Konstantinische Wende und spätantike Reichskirche, Stuttgart 1996, S. 26.
27 Vgl. Wallraff, Martin. Sonnenkönig der Spätantike, Die Religionspolitik Konstantins des Großen, Freiburg im Breisgau 2013, S. 113.
28 Vgl. Dassmann, Ernst. Kirchengeschichte II/1, Konstantinische Wende und spätantike Reichskirche, Stuttgart 1996, S. 16.
29 Vgl. Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 58.
30 Vgl. Zecchini, Guiseppe: Das „Mailänder Edikt“. In: Wallraff, Martin (Hrsg.), Religiöse Toleranz, 1700 Jahre nach dem Edikt von Mailand, Berlin 2016, S. 51.
31 Vgl. ebd., S. 57.
32 Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 59.
33 Vgl. Wallraff, Martin. Sonnenkönig der Spätantike, Die Religionspolitik Konstantins des Großen, Freiburg im Breisgau 2013, S. 114.
34 Vgl. Keil, Volkmar. Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Grossen, Wien 1989, S. 58.
35 Ebd., S. 61.
36 Vgl. Zecchini, Guiseppe: Das „Mailänder Edikt“. In: Wallraff, Martin (Hrsg.), Religiöse Toleranz, 1700 Jahre nach dem Edikt von Mailand, Berlin 2016, S. 62.