Gesellschaftskritik in der utopischen Literatur am Beispiel von Aldous' Huxleys "Brave New World"


Hausarbeit, 2009

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Utopie in der Literatur
1.1 Begriffserklärung
1.2 Geschichte der utopischen Literatur
1.3 Die negative Utopie

2. Huxleys „Brave New World“
2.1 Inhalt und Interpretation
2.2 Rezeption und Kritik

3. Adornos Kritik an Huxleys negativer Utopie
3.1 „Aldous Huxley und die Utopie“

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Menschen beschäftigen sich schon seit langer Zeit mit fiktiven Gesellschaftsmodellen, utopischen Vorstellungen oder Traumwelten, die es ihnen ermöglichten für kurze Zeit aus dem harten Alltagsleben zu entfliehen. Jedoch erdachten sie auch schreckliche, beängstigende Szenarien, die etwa mit der Intention entworfen wurden auf Missstände der Gesellschaft hinzuweisen, oder um einen Umbruch der momentanen Lebensbedingungen zu erzielen. Die Anfänge der utopischen Literatur reichen bis in die griechische Mythologie zurück. Der erste utopische Idealstaat ist jedoch bei Platon in der Antike zu finden. „Der Staat“, etwa 375 v. Chr. verfasst, ist wohl eine der frühesten politisch-philosophischen Utopien. Er liefert das Bild einer Gesellschaft, in der die gebildeten Philosophen als Könige regieren sollen, was durch verschiedene Gleichnisse, unter anderem Platons berühmtes Höhlengleichnis, verdeutlicht wird. Das entscheidene Merkmal, welches wohl allen Utopie gemeinsam ist, scheint die Sehnsucht nach einer besseren Welt zu sein und die Hoffnung, sie eines Tages realisieren zu können.

Ich möchte in der vorliegenden Hausarbeit die utopische Literatur, am Beispiel von Aldous' Huxleys Roman „Brave New World“, im Hinblick auf ihre kulturkritischen Inhalte untersuchen. Im ersten Teil werde ich, nach einer kurzen Definition des Begriffs, genauer auf die literarische Gattung der Utopie und ihre geschichtliche Entwicklung eingehen, einige berühmte Beispiele näher erläutern und mich schließlich auf den Bereich der negativen Utopie konzentrieren. Im Hauptteil der Arbeit beschäftige ich mich mit Huxleys bekannter negativer Utopie „Brave New World“, die bis heute kaum etwas von ihrer Faszination und Aktualität eingebüßt hat. Nachdem Intention und Rezeption des Romans kurz herausgestellt werden, möchte ich genauer auf Adornos Essay „Aldous Huxley und die Utopie“ eingehen und seine Kritikpunkte an der negativen Utopie herausarbeiten.

1. Die Utopie in der Literatur

1.1 Begriffserklärung

Wenn wir im Alltagsleben von einer utopischen Vorstellung sprechen, meinen wir zumeist eine verworrene, unrealistische Idee. Der Begriff Utopie (griechisch: kein Ort, nirgendwo) bezeichnet jedoch, ganz im Gegenteil zu seiner umgangssprachlichen Bedeutung, den „durchdachten Entwurf einer idealen Gesellschaft“.[1] Der Glaube an diese Möglichkeit bestimmt seit vielen Jahrhunderten die politische und soziale Geschichte Europas und hat das menschliche Philosophieren über Gerechtigkeit, Glück, Gesellschaft und Zukunft geprägt.[2] Werke aus der Gattung der literarischen Utopie verbinden eine fiktionale Vorstellung mit konkreten politisch-philosophischen Überlegungen. Einige wichtige gesellschaftliche Merkmale der utopischen Modellstaaten sind Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Abwesenheit von sozialer Not und Krankheit, außerdem die Bezwingung und Beherrschung der Natur. Der Preis dafür ist das gehorsame Befolgen der Gesezte des Staates.[3]

Nach Schulte Herbrüggen gibt es drei weitere Gattungsmerkmalen einer Utopie: Dies sind Idealität, Isolation und Selektion, die im Folgenden kurz skizziert werden: Er nennt als ersten Punkt die Idealität der Gesellschaft, damit verbunden ist eine gewisse Statik. Das schon perfekte System erlebt keinen Fortschritt, es findet nur die Wiederholung des ewig Gleichen statt. Reglementierung im Inneren und Isolation nach außen erhalten schließlich die Statik des Systems. Zwar ist das Glück des Menschen das Ziel dieser Reglementierung, jedoch werden Oppositionen häufig nicht geduldet, womit die Freiheit der Individuen stark eingeschränkt ist. Durch Selektion, also gesteuerte Auswahl bestimmter grundlegender Kulturelemente, wird die Gesellschaft künstlich konstruiert.[4]

Der örtlichen Abschirmung - utopische Romane spielen sich zunächst überwiegend auf Inseln oder unentdeckten Kontinenten ab – folgt später auch eine zeitliche Entrückung, wenn eine hoch entwickelte Gesellschaft der Zukunft dargestellt wird.[5]

Im folgenden Kapitel werde ich einen kurzen Überblick über die Geschichte der utopischen Literatur von der frühen Neuzeit bis hin zum Science-Fiction geben, um im Anschluss auf die Sonderform der Utopie, die negative Utopie oder Dystopie einzugehen.

1.2 Geschichte der utopischen Literatur

Nach Platons ersten Staatsromanen in der Antike wird es erst einmal ruhig um die Gattung der Utopie. Im Mittelalter gibt es zwar eine Vielzahl märchenhafter Erzählungen, jedoch keine konkrete utopische Literatur.[6] Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass in dieser Zeit zwischen Staat und gebildeten Bürgern kein Konflikt herrschte und die ärmere Bevölkerung noch zum großen Teil aus Analphabeten bestand. Der Beginn der utopischen Literatur der Neuzeit ist in der Renaissance zu suchen. Der Begriff findet sich erstmals in dem 1516 in England erschienenen Dialogroman „Utopia“ von Thomas Morus (1477-1535).[7] Es handelt sich um eine, in lateinischer Sprache verfasste Abhandlung über den Idealstaat, die als Kritik an den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen verstanden werden kann. „Utopia“ gilt als Vorbild für die folgenden Staatsromane. Morus eigene Vorbilder liegen in der Antike, er übernimmt etwa Elemente des platonischen Dialogs.[8] Einen Gegensatz zu Morus' freiheitlicher Gesellschaft schuf Tommaso Campanella 1623 mit „Civitas Solis“, hier ist das Leben der Bürger bis ins kleinste Detail strengen Reglementierung unterworfen.[9] Nun spielen auch erstmals die Naturwissenschaften eine entscheidene Rolle in einer Utopie.

Sie tragen beispielsweise zur immer weitergehenden Aufklärung und Emanzipation der Protagonisten bei, eine Idee, die der Philosoph Francis Bacon 1627 aufnimmt und weiterführt.[10] Er entwirft mit „New Atlantis“ eine Utopie, in der die Menschen der Natur durch Wissenschaft und Technik überlegen sind. Es ist ihnen gelungen die Natur zu kultivieren. Erstaunlich ist dabei, dass Bacon in seinem Werk viele technische Errungenschaften, etwa Telekommunikation oder Computer, beschreibt und vorhersieht.

Die sozialkritischen Utopien des 18. Jahrhunderts fordern Menschenrechte und eine aufgeklärte Gesellschaft, sie spiegeln somit die großen Ideale ihrer Entstehungszeit wieder.

„Die europäische Aufklärung wäre ohne utopische Impulse nicht denkbar, [...] die modernen utopischen Modellstaaten können als Orientierungspunkte im Prozess der Staatsmodernisierung und im Prozess der Zivilisation, wie ihn Norbert Elias bezeichnet, angesehen werden.“[11]

In der bürgerlichen Gesellschaft verbreitet sich ein Fortschrittsoptimismus, der auch durch die rasante Entwicklung der Naturwissenschaften bedingt ist. Es wächst zunehmend die Einsicht, dass es möglich ist bestehende gesellschaftliche Verhältnisse zu verändern.

In kaum einem Jahrhundert in der Geschichte der Utopie findet sich eine solche Vielfalt und Menge von utopischen Texten wie im 18. Jahrhundert.[12] Utopien in Form eines Abenteuerromans oder einer imaginären Reise waren beim Publikum besonders beliebt. Ihre Herkunftsländer sind zumeist England oder Frankreich. Beispiele für Utopien dieser Epoche sind etwa Johann Gottfried Schnabels „Insel Felsenburg“ (1731-43), Daniel Defoes Robinson Crusoe (1719) oder „Das Jahr 2440. Ein Traum aller Träume“ von Louis- Sébastien Mercier (1772).[13]

Ab dem Ende des 18. Jahrhundert lassen sich in der Geschichte der literarischen Utopie zwei Hauptströmungen ausmachen, die sich im 19. und 20. Jahrhundert in ganz unterschiedliche Richtungen entwickeln sollten: einerseits die sogenannte technische Phantastik, die später die Science-Fiction Literatur begründen sollte und hauptsächlich in Romanform auftrat.[14]

[...]


[1] Bode, Christoph: Aldous Huxley. „Brave New World“. 2., verbesserte Auflage. München: Fink 1993 (= UTB 1312). S. 42.

[2] Vgl. Winter, Michael: Utopie. In: Literatur Lexikon. Hg. von Walther Killy. Bd.14: Begriffe, Realien, Methoden. Hg. v. Volker Meid. München: Bertelsmann Verlag 1993. S. 451f.

[3] Vgl. ebd. S. 452.

[4] Vgl. Schulte-Herbrüggen, Hubertus: Utopie und Anti-Utopie. Von der Strukturanalyse zur Strukturtypologie. Bochum: Pöppinghaus 1960. S. 112 ff.

[5] Vgl. Schulte-Herbrüggen, Hubertus: Utopie und Anti-Utopie. Von der Strukturanalyse zur Strukturtypologie. Bochum: Pöppinghaus 1960. S. 112 ff.

[6] Vgl. Biesterfeld, Wolfgang: Die literarische Utopie. 2., neubearbeitete Auflage. Stuttgart: Metzler 1982 (= Sammlung Metzler, Bd. 127). S. 35 f.

[7] Vgl. Winter, Michael: Utopie. In: Literatur Lexikon. Hg. von Walther Killy. Bd.14: Begriffe, Realien, Methoden. Hg. v. Volker Meid. München: Bertelsmann Verlag 1993. S. 451f.

[8] Vgl. Saage, Richard: Utopische Profile. Bd. 1. Münster: Lit Verlag 2001. (= Politica et Ars. Bd. 3). S. 83. S. 75.

[9] Vgl. ebd. S. 110 ff.

[10] Vgl. Saage, Richard: Utopische Profile. Bd. 1. Münster: Lit Verlag 2001. (= Politica et Ars. Bd. 3). S. 143 ff.

[11] Winter, Michael: Utopie. In: Literatur Lexikon. Hg. von Walther Killy. Bd.14: Begriffe, Realien, Methoden. Hg. v. Volker Meid. München: Bertelsmann Verlag 1993. S. 453.

[12] Vgl. Biesterfeld, Wolfgang: Die literarische Utopie. 2., neubearbeitete Auflage. Stuttgart: Metzler 1982 (= Sammlung Metzler, Bd. 127).S. 53.

[13] Vgl. ebd. S. 53 ff.

[14] Vgl. ebd. S. 54 ff.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Gesellschaftskritik in der utopischen Literatur am Beispiel von Aldous' Huxleys "Brave New World"
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V126705
ISBN (eBook)
9783640329427
ISBN (Buch)
9783640331277
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesellschaftskritik, Literatur, Brave New World, Huxley, Adorno, Utopie, Dystopie, Schöne neue Welt
Arbeit zitieren
B.A. Katharina Bär (Autor:in), 2009, Gesellschaftskritik in der utopischen Literatur am Beispiel von Aldous' Huxleys "Brave New World", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126705

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