Traditionelle theoretische Ansätze verwenden ein Nutzenkonzept, welches ausschließlich Einkommen respektive pekuniäre Anreize im Allgemeinen als Argumente umfasst. Akerlof (2007) greift diesen Aspekt in seiner Presidential Address auf. Jene konstituiert die fehlende Berücksichtigung sozialer Normen und Werte im Rahmen der makroökonomischen Theorie.
Diese Beobachtung lässt sich allgemein auf die ökonomische Theorie übertragen. Das Konzept der Nutzenmaximierung wird im Folgenden allerdings nicht angetastet. Erforderlich erscheint dagegen eine Erweiterung des zu Grunde gelegten Nutzenkonzeptes. Als Argumente werden in dem Fall neben ökonomischen Anreizen auch soziale Anreize implementiert.
Indem vorliegenden Papier wird in Anlehnung an Lindenberg (1990) und Kangas (1997) das Konzept des homo socio-oeconomicus zu Grunde gelegt. Vor diesem Hintergrund betrachten rationale Individuen neben monetären Werten auch soziale Werte und Normen als Referenz hinsichtlich ihres ökonomischen Entscheidungsverhaltens. Da nun individualistische Demokratien auf den Präferenzen ihrer Mitglieder basieren, übt das individuelle ökonomische Verhalten einen signifikanten Einfluss auf die politische Gestaltung innerhalb der Gesellschaft aus. Genauer steht in dieser Arbeit die Ausprägung sowie der Umfang sozialstaatlicher Aktivitäten im Mittelpunkt.
Ausgegangen wird von einem umfassenden Begriff des Sozialstaates. Jener umfasst neben einer direkten Einkommensumverteilung in Form eines progressiven Steuersystems sämtliche soziale Sicherungssysteme. Letztere werden beispielsweise durch das Gesundheits- und Rentensystem sowie die Versicherung gegen Arbeitsplatzverlust gebildet. Dieses Papier basiert auf der Prämisse, dass Werte und soziale Normen einen Einfluss auf die Gestaltung der Sozialpolitik haben.
Das vorliegende Papier beginnt in Kapitel 2 mit einer eingehenden Betrachtung der in Ostasien verankerten Werte. Auf Basis dieser werden elementare kulturelle Unterschiede zum individualistisch, westlich geprägten Kulturkreis herausgearbeitet. Anschließend erfolgt im 3. Kapitel eine deskriptive Analyse hinsichtlich des Umfanges sowie der Struktur sozialstaatlicher Instrumente und Maßnahmen in den ostasiatischen Ländern. Die Erkenntnisse aus diesen beiden Kapiteln werden im 4. Kapitel verknüpft, um Implikationen bezüglich der Sozialpolitik in den Ländern des ostasiatischen Kulturkreises herauszuarbeiten und diese im Anschluss durch entsprechende Erklärungsansätze zu stützen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Werte und soziale Normen in der ökonomischen Theorie
- Werte und soziale Normen in der ostasiatischen Kultur
- Abgrenzung des ostasiatischen Kulturkreises
- Konfuzianismus und ostasiatische Kultur
- Sozialpolitik in den ostasiatischen Ländern
- Umverteilung und Sicherung von Einkommen
- System zur Alterssicherung
- Gesundheitssystem
- Ergebnis der deskriptiven Analyse
- Sozialpolitische Implikationen für die ostasiatischen Länder
- Thesen und Erklärungsansätze
- Familienwerte und Respekt vor dem Alter
- Soziale Normen und Arbeit
- Soziale Identität
- Sonstige konfuzianische Werte
- Ergebnis zu den sozialpolitischen Implikationen
- Thesen und Erklärungsansätze
- Fazit und Ausblick für zukünftige Forschungstätigkeiten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht den Einfluss von Werten und sozialen Normen auf die Gestaltung der Sozialpolitik im ostasiatischen Kulturkreis. Sie analysiert die Relevanz von immateriellen Werten im Vergleich zu rein ökonomischen Anreizen und hinterfragt die Anwendbarkeit des westlich geprägten homo oeconomicus-Modells auf diese Region.
- Relevanz von Werten und sozialen Normen in der ökonomischen Theorie
- Spezifische Werte und Normen im ostasiatischen Kulturkreis
- Analyse der Sozialpolitik in ostasiatischen Ländern
- Zusammenhang zwischen Werten, Normen und sozialstaatlichen Maßnahmen
- Implikationen für die Gestaltung der Sozialpolitik in Ostasien
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung - Werte und soziale Normen in der ökonomischen Theorie
Das Kapitel beleuchtet die Bedeutung immaterieller Anreize im Kontext von ökonomischem Verhalten und hinterfragt die Gültigkeit des homo oeconomicus-Modells. Es wird die Notwendigkeit einer Erweiterung des Nutzenkonzepts um soziale Werte und Normen im Rahmen des homo socio-oeconomicus-Modells aufgezeigt.
- Kapitel 2: Werte und soziale Normen in der ostasiatischen Kultur
Dieses Kapitel analysiert die Werte und Normen des ostasiatischen Kulturkreises. Es befasst sich mit der Abgrenzung des Kulturkreises und der besonderen Rolle des Konfuzianismus im Vergleich zum westlich geprägten Kulturkreis.
- Kapitel 3: Sozialpolitik in den ostasiatischen Ländern
Das Kapitel gibt einen deskriptiven Überblick über die Sozialpolitik in den ostasiatischen Ländern. Es untersucht die verschiedenen Bereiche der Sozialpolitik, wie die Umverteilung von Einkommen, die Alterssicherung und das Gesundheitssystem.
- Kapitel 4: Sozialpolitische Implikationen für die ostasiatischen Länder
Das Kapitel verknüpft die Erkenntnisse der vorangehenden Kapitel und analysiert die Implikationen von Werten und sozialen Normen auf die Sozialpolitik in Ostasien. Es werden verschiedene Erklärungsansätze für die Ausgestaltung der Sozialpolitik in der Region präsentiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Werte, soziale Normen, Sozialstaat, ostasiatischer Kulturkreis, Konfuzianismus, Sozialpolitik, homo socio-oeconomicus, deskriptive Analyse, Implikationen, Erklärungsansätze, Familienwerte, Respekt vor dem Alter, soziale Identität.
- Arbeit zitieren
- Daniel Weinreich (Autor:in), 2009, Werte, Soziale Normen und Sozialstaat. Eine Anwendung auf den ostasiatischen Kulturkreis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126762