Diese Arbeit untersucht folgende Fragen: Haben Kinder aus deprivierten Familien geringere Erfolgschancen? Wie kann der Prozess der intergenerationellen Reproduktion von Armut erklärt werden? Welche Möglichkeiten hat die Soziale Arbeit, zu intervenieren?
Armut ist mehrdimensional und führt zu Ausgrenzung und Benachteiligung der betroffenen Menschen, doch besonders schutz- und wehrlos sind Kinder multiplen Deprivationen ausgesetzt. Die Armutsgefährdungsquote von Kindern in Deutschland lag 2019 bei durchschnittlich 20,5 % und war somit auf dem höchsten Stand seit 2005. Die Tatsache, dass jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen ist, kann und sollte als skandalös beurteilt werden. Durch die globale Covid-19-Pandemie hat sich die Situation für benachteiligte Familien noch zusätzlich verschärft, indem die politisch handelnden Personen die Betroffenen mit den Folgen der Krise ihrem persönlichen Schicksal überlassen haben. Dabei drängt das Thema Kinderarmut immer mehr in den Fokus der Politik und wird mittlerweile vielfach in diversen Parteiprogrammen aufgegriffen und in öffentlichen Diskussionen als politischer Kampfbegriff missbraucht. Denn oftmals folgt auf die bloße Kenntnisnahme und die Anerkennung existierender Armutslagen von Familien kein beziehungsweise kein umfassendes Konzept, um Kinderarmut wirksam zu begegnen. Butterwegge hält allerdings fest, dass ein Leben in Armut keine individuelle und selbst verschuldete Problemlage darstelle, sondern das sozioökonomische System, von dem die Menschen abhängig sind, die hauptsächliche Ursache sei.
Dass besonders Kinder von Armut betroffen sind, wurde bereits in den 80er-Jahren deutlich, woraufhin Richard Hauser den Begriff der "Infantilisierung der Armut" prägte. Dieser Ausdruck sorgte damals für viel Aufsehen, jedoch bleibt bis heute besonders die Jugendarmut in der Forschung und politischen Auseinandersetzungen unterrepräsentiert. Dabei ist besonders die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen quantitativ am stärksten von Armut betroffen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Kinder- und Jugendarmut in Deutschland
- 2.1 Abgrenzung von Kindheit und Jugend
- 2.2 Versuch einer Definition von Kinder- und Jugendarmut
- 2.3 Messbarkeit von Armut
- 2.3.1 Formen von Armut: Absolute und relative Armut
- 2.3.2 Der Lebenslagenansatz
- 2.3.3 Der Capability Approach
- 2.4 Kinder- und Jugendarmut - Zahlen und Fakten
- 3 Mehrdimensionale Deprivationen und ihre Auswirkungen auf die Lebenschancen
- 3.1 Soziale Segregation
- 3.2 Der Einfluss von Armut auf die Gesundheit betroffener Kinder und Jugendlichen
- 3.2.1 Armutsbedingte pränatale Einflussfaktoren
- 3.2.2 Armutsbedingte Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit
- 3.3 Einfluss der sozialen Herkunft auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen
- 4 Transgenerationelle Transmission von Armut
- 4.1 Studien zur Transmission wohlfahrtstaatlicher Abhängigkeit
- 4.1.1 AWO-ISS-Studie
- 4.1.2 Reproduktion von Arbeitslosigkeit
- 4.2 Intergenerationenmobilität
- 4.3 Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze zur intergenerationellen Armutstransmission
- 4.3.1 Die Investitionstheorie und die Theorie der guten Eltern
- 4.3.2 Rationale Wahlen
- 4.3.3 Erlernte Hilflosigkeit
- 4.3.4 Habituelle Reproduktion sozialer Ungleichheit nach Pierre F. Bourdieu
- 5 Kinderarmut aus Sicht der Sozialen Arbeit
- 5.1 Annäherung an das Resilienzkonzept
- 5.1.1 Resilienzförderung durch positive Peerkultur
- 5.1.2 Kritik am Resilienzkonzept
- 5.2 Frühe Hilfen als Mittel zur Prävention
- 5.3 Kinder- und Jugendarmut aus Sicht der Hilfen zur Erziehung
- 6 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Problematik der Kinder- und Jugendarmut in Deutschland und beleuchtet dabei insbesondere den Aspekt der intergenerationellen Transmission. Die Arbeit befasst sich mit der Definition und Messbarkeit von Armut, analysiert die Auswirkungen von Armut auf die Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen und untersucht verschiedene Erklärungsansätze für die intergenerationelle Weitergabe von Armut. Schließlich werden die Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit im Kontext von Kinder- und Jugendarmut beleuchtet.
- Definition und Messbarkeit von Kinder- und Jugendarmut
- Auswirkungen von Armut auf die Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen
- Intergenerationelle Transmission von Armut
- Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze für die intergenerationelle Armutstransmission
- Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit im Kontext von Kinder- und Jugendarmut
Zusammenfassung der Kapitel
2 Kinder- und Jugendarmut in Deutschland
Dieses Kapitel befasst sich mit der Abgrenzung von Kindheit und Jugend, definiert den Begriff der Kinder- und Jugendarmut und beleuchtet verschiedene Messmethoden. Es werden die Formen der Armut (absolute und relative Armut) sowie der Lebenslagenansatz und der Capability Approach vorgestellt. Schließlich werden Zahlen und Fakten zur Kinder- und Jugendarmut in Deutschland präsentiert.
3 Mehrdimensionale Deprivationen und ihre Auswirkungen auf die Lebenschancen
Dieses Kapitel untersucht die Folgen von Armut auf die Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen. Es geht auf die soziale Segregation ein und analysiert die Auswirkungen von Armut auf die Gesundheit betroffener Kinder und Jugendlicher. Dabei werden sowohl pränatale Einflussfaktoren als auch die Folgen für die physische und psychische Gesundheit betrachtet. Darüber hinaus wird der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen beleuchtet.
4 Transgenerationelle Transmission von Armut
Dieses Kapitel befasst sich mit der intergenerationellen Transmission von Armut. Es werden Studien zur Transmission wohlfahrtstaatlicher Abhängigkeit, insbesondere die AWO-ISS-Studie, sowie die Reproduktion von Arbeitslosigkeit untersucht. Darüber hinaus wird die Intergenerationenmobilität behandelt und verschiedene sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze für die intergenerationelle Armutstransmission, wie die Investitionstheorie, die Theorie der rationalen Wahlen, die Theorie der erlernten Hilflosigkeit und Bourdieus Konzept der habituellen Reproduktion sozialer Ungleichheit, werden vorgestellt.
5 Kinderarmut aus Sicht der Sozialen Arbeit
Dieses Kapitel beleuchtet die Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit im Kontext von Kinder- und Jugendarmut. Es wird das Resilienzkonzept vorgestellt und seine Förderung durch positive Peerkultur sowie die Kritik am Konzept diskutiert. Darüber hinaus werden Frühe Hilfen als Mittel zur Prävention von Armut betrachtet und die Bedeutung von Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche aus armen Familien beleuchtet.
Schlüsselwörter
Kinder- und Jugendarmut, Intergenerationelle Transmission, Deprivation, Lebenschancen, soziale Segregation, Gesundheit, Bildung, Wohlfahrtstaat, Reproduktion von Arbeitslosigkeit, Intergenerationenmobilität, Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze, Resilienzkonzept, Frühe Hilfen, Hilfen zur Erziehung.
- Quote paper
- Stefanie Langerwisch (Author), 2022, Kinder- und Jugendarmut als Resultat intergenerationeller Transmission. Eine Herausforderung für die Soziale Arbeit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1267791