Die Geschichte des Lichts

Licht ist nicht gleich Licht


Ausarbeitung, 2009

84 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einführung: Was ist Licht? Licht ist Licht-, Materie-, Elektrizitäts- und Energiequanten
Ursprünge europäischer Naturvorstellungen vom Licht
Zeittafel der Geschichte der Sonne
Die Sonne und das Sonnenlicht
Zeittafel des künstlichen Lichtes
Feuer
Vulkan und Glut
Elektrizität
Elektrisches Licht
Ursprünge europäischer Vorstellungen des Lichts in Licht, Wort, Raum und Technik

II. Mythologische Kosmologie: Wurzeln europäischer Vorstellungen vom Licht
1. Schauplatz Ägypten
Die ägyptische Schöpfungsgeschichte – die Sonne als Symbol
Der ägyptische Sonnengott Re
Gott , Mensch und das Werk
Herrschaft über Licht und der Kampf gegen die Finsternis
Echnaton
Licht und Bild: Ägyptische Kunst
2. Licht und Raum: Schauplatz New Grange, Irland
3. Licht und Raum: Schauplatz Stonehenge
4. Licht und Wort: Schauplatz Orient: Altorientalische Mythen
Licht und Wort: Mithras, Mythos des Lichtgottes
5. Licht und Wort: Schauplatz Griechenland
Figuren des Lichts: Der Mythos vom Sonnengott Helios, Apollon und Hermes
Licht und Philosophie
Licht und Wissenschaft
Licht und optische Theorien
Licht und Bild: Künste
6. Licht und Wort: Schauplatz Achsenzeit
7. Schauplatz Rom
Licht und Bild: Licht in der Kunst
8. Licht und Wort: Schauplatz: Tschüantschu, Ostküste Chinas
9. Licht und Wort: Schauplatz arabische Wissenschaften
Alhazen`s Sendetheorie, de aspectibus
Mittelalter
10. Licht und Wort: Schauplatz England
Kosmologische Vorstellungen im Mittelalter
11. Licht und Raum: Schauplatz Frankreich
Licht und Wort: septem artes liberales
12. Licht und Bild: Kunst des Mittelalters
Die mittelalterliche Perspektive
Renaissance (14 – 17 Jahrhundert)
13. Licht und Wort: Neuzeitliche Kosmologie
Licht und Wort: Wissenschaft Kepler und Descartes
14. Schauplatz Italien: Licht und Raum
Licht und Bild
Leonardo da Vinci
Sehen und die Konsequenzen des neuen wissenschaftlichen Weltbildes
Fotografie
15. Licht und Wort: physikalische Theorien
Licht und Bild: Das Ende der wissenschaftlichen Perspektive/Dominanz des
Beleuchtungslicht - das reine Sehen Cezanne
Licht und die Konsequenzen des neuen wissenschaftlichen Weltbildes
16. Schauplatz künstliches Licht
Licht im 21 Jahrhundert
Die Beleuchtung der Metropolen
Lichtplanung
Stadtbeleuchtung im Spannungsfeld
17. Licht und Bildraum: Lichtkunst – eine Kunst ohne Bild
Lichtkunstarten
18. Schluß
19. Übersichten
Was ist Licht?
Licht als Energieform
Künstliches und elektrisches Licht
Licht, Raum und Techniken
20. Literaturverzeichnis

Vorwort

„Mehr Licht” sagte Goethe auf seinem Sterbebett. Als Künstler und Wissenschaftler trieb ihn die Sehnsucht nach mehr Licht ein Leben lang.

Nicht nur während der Zeit der Romantik, sondern zu allen Zeiten suchten Pharaonen und Astronomen, Philosophen und Physiker, Priester und Maler nach Methoden, Licht zu begreifen und ihm mächtig zu werden. Die Kulturgeschichte ist reich an Mythen und Legenden, Theorien und Erfindungen. Sie alle handeln vom Wesen des Lichtes, da es Teil unserer Erfahrungen und unseres Bewußtseins ist. Erst in Berührung mit der Natur des Lichtes und unserer Wahrnehmung läßt sich ein Leben im Lichte begreifen, seine heilsamen wie auch zerstörenden Kräfte.

Abstract

Licht ist allumfassend und berührt alle Bereiche des menschlichen Lebens. Sein Geist wurde zu allen Zeiten beschwört. Mythen beschreiben das Sonnenlicht als übernatürliche, unbestimmbare Macht, anders als die Weltreligionen, die es als göttlich, schöpferisch bezeichnen. Systematisch erfassten als erste die Philosophen der Antike Licht in ihren Theorien. Fast 1000 Jahre war die platonische Lehre, die vor allem die geistig-innerliche Dimension des Lichts betonte, Basis für alle nachfolgenden Lichtkonzepte – von der Optik über Architektur bis hin zur Philosophie. Mit dem Beginn der Neuzeit wurde sie verdrängt und damit dem Licht seine geistige Bezugsgröße entzogen. Dieser Bruch kennzeichnet einen entscheidenden Moment in der Geschichte des Lichtes und ist die Grundlage für unser heutiges Verständnis.

Im 21 Jahrhundert wird der Charakter des Lichtes neu diskutiert. Licht ist lebens- und damit kulturgestaltend. Regenerierbare Sonnenenergie ist heute international eine politische Grösse, da Solartechnologien auch wirtschaftlich relevant sind. Solarstrom ist nicht nur zukunftsweisend, weil er die Umwelt schont, sondern er schafft auch neue Arbeitsplätze und ermöglicht vermehrte Unabhängigkeit gegenüber Ölpolitik.

Nicht nur die Energieversorgung, sondern auch die Überblendung in den europäischen Metropolen ist heute ein Problem. Elektrisches Licht ist die Grundlage unseres modernen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Wachsenden wirtschaftlichen Interessen stehen eine zunehmende Lichtverschmutzung und Reizüberflutung, ein erhöhter Stromverbrauch und politische Interessen entgegen.

Dabei steht die Bedeutung und Wirkung des künstlichen Lichts auf Mensch, Ästhetik und Raum zur Debatte. Als problematisch erweist sich heute die Verbreitung und Existenz des künstlichen Lichts. Zwar ist künstliches Licht für unsere Wahrnehmung, unser Erfahrungswissen und Lebenswelt eine nicht auffällige, aber dennoch ernstzunehmende Größe. Es strukturiert den Raum, beeinflusst unsere ästhetischen Erfahrungen und legt das für unsere Augen zuträgliche Mass fest. Zudem setzten moderne Lichttechniken optische Akzente voraus, legen Standards fest, fokussieren und manipulieren - im positiven wie im negativen Sinne.

Das höchste, was der Mensch begreifen kann, ist, dass alles Faktische Theorie ist. Goethe.

Was ist Licht?

Licht ist nicht an jedem Ort und nicht zu jeder Zeit und nicht für jeden Menschen gleich Licht. Das Licht in Europa ist ein anderes Licht als das in Afrika. Im Winter sehnen wir uns oftmals nach dem südlichen Sonnenlicht. Was ist es, was uns da treibt?

Aspekte des Lichts

Ohne Licht gibt es kein Leben. Licht kann angenehm oder unangenehm sein, inspirieren, etwas hervorheben oder auch verführen. Die Natur zeigt sich im Licht und wir können die Welt erst durch Licht entdecken.

Natürliches Licht ist das faszinierendste und zugleich mysteriöseste Phänomen aller Elemente. Es ist das Selbstverständlichste der Welt, allgegenwärtig und lebensnotwendig. Es wirft Schatten, leuchtet bunt und ist blitzschnell, ohne das wir es sehen können. Licht ist nicht faßbar wie das Wasser oder lagerbar wie das Holz. Es entzieht sich unserer Herrschaft und Kontrolle: wir können die Sonne weder an oder ausschalten oder ihre Intensität verringern, wenn es uns zu heiß wird.

Die Macht des natürlichen Lichts können wir in der Natur beobachten: den Farbreichtum bei Sonnenaufgang oder die Dramaturgie bei Blitzleuchten. Bei Dunkelheit oder seltenen Konstellationen, wie etwa bei einer Sonnenfinsternis, bemerken wir die Kraft der Natur. Dann begreifen wir die alten Mythen, die Licht als übernatürliches Phänomen oder göttliche Gnade beschreiben.

Natürliches Licht berührt uns wie kaum ein anderes Medium. Es regt unseren Geist und unsere Vorstellungen an, unsere Sinne und Gefühle. Wir sind abhängig vom Licht, anders jedoch als von der Luft. Atmen müssen wir, ob wir es wollen oder nicht. Beim Sehen haben wir die Wahl, ob wir hinschauen, wegschauen oder einfach die Augen verschließen.

Licht ist nicht gleich Licht. Licht setzt sich aus Licht-, Materie-, Elektrizitäts- und Energiequanten zusammen, dh. es gibt das Licht des glühenden Sonnenkerns (Sonne/Feuer), das reflektierte Licht der Gegenstände (Materie), elektrisches Licht

(Elektrizität), Licht als Formel, Metapher und als Symbol. Sie alle haben eines gemeinsam: sie repräsentieren das Wesen des Lichts, seine Doppelnatur.

Künstliches Licht. Anders als das natürliche Licht ist künstliches Licht heute für Industrienationen ein überlebenswichtiger, nicht mehr wegzudenkender Wirtschaftsfaktor und politisches Instrument.

Albert Einstein antwortete auf die Frage was Licht sei: „ Was Licht ist, ist nicht eindeutig zu beantworten. Nicht nur Materie und elektrische Ladungen haben eine körnige Struktur; für die Strahlungsenergie gilt genau dasselbe. Auch sie setzt sich aus Quanten, nämlich Lichtquanten zusammen. Neben Materiequanten und Elektrizitätsquanten gibt es auch Energiequanten."

Das heißt, dass über ein einzelnes Atom oder die Materie ist nichts mehr mit Sicherheit zu sagen ist, da die Quantenwelt physikalische Gesetze nicht mehr auf konkrete Einzelereignisse bezieht, sondern auf Kollektive. Aussagen sind deshalb nur mehr oder weniger wahrscheinlich.

Der Idee eines von Wahrscheinlichkeiten beherrschten Universums, in dem das Verhalten einzelner Atome vom Zufall abhängig ist, mißtraute Einstein: „Gott würfelt nicht!“. Dazu war Einstein ein zu religiöser Mensch.

Die Quantentheorie hatte jedoch alte Streitfragen der Religionen aufgeworfen. Die Naturwissenschaft ist in eine ähnliche Situation geraten, wie früher die Kirche, die voller Überzeugung verkündet hatte, dass nur sie die Wahrheit vertrete. Zwar feierte die moderne Physik viele Erfolge, wobei Teilerkenntnisse wie die Entdeckung der Korspukusstrahlen andere Erkenntnisse ausblendeten, die später korrigiert wurden. Mit den neuen Erkenntnissen waren die Zeiten, in denen das Universum wie ein Uhrwerk beschrieben werden konnte und die Teilchen vorhersehbar waren, vorbei.

Diese Wende der neuen Physik ist nicht nur ein Paradigmenwechsel. Sie besagt, dass unter der Wirklichkeit im Grunde keine dinghafte Realität mehr zu verstehen ist, sondern Wirklichkeit Potentialität ist. Vor dem Hintergrund unsere gewohnten Vorstellungen sind das kaum nachvollziehbar. Das herkömmliche Wissen hat mit dem

klassisch physikalischen Weltbild viel an Erklärungskraft verloren und macht eine Neubestimmung der Verhältnisse zwischen Geist und Materie notwendig, die wiederum zu den Ursprüngen zurückführt.

Ein Rückblick auf die Geschichte des Lichts ist deshalb inspirierend und verschafft eine Orientierung von der Vielfalt des Lichts – nicht für die Wissenschaften, sondern auch für die Lichtpraxis, wie den Solartechnologien, der Städteplanung und unserer Lebensgestaltung schlechthin.

Ursprünge europäischer Naturvorstellungen vom Licht Überblick: historische Zeittafeln vom Licht

1. Geschichte der Sonne

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Die Sonne und das Sonnenlicht

Die Sonne ist der Motor unseres Lebens. Jede Bewegung auf der Erde resultiert aus Ihren Sonnenstrahlen. Die Strahlen der Sonne lässt Wasser verdunsten, Winde entstehen und wertvolle Rohstoffe Kohle, Gas und Öl. Zudem liefern sie mehr nutzbare Energie als der Mensch braucht. Mit der Sonne kann Energie erzeugt werden: entweder sie erwärmt das Wasser in den Sonnenkollektoren oder sie erzeugt Strom durch Sonneneinstrahlung.

Als selbstleuchtender Planet besteht die Sonne aus einem Sonnenkern, der im Inneren glüht. Dort wandelt die Sonne Wasserstoff in Helium um und verströmt Energien, die über Zwischenstufen in den Kosmos gelangen und durch die Lufthülle transportiert werden als elektromagnetischen Strahlungen. Für den Menschen ist der Bereich der elektromagnetischen Strahlung von ca. 380nm (Nanometer) bis 750nm Wellenlänge sichtbar- was umgangssprachlich als Licht bezeichnet wird. Angrenzend an das für den Menschen sichtbare Licht befinden sich der UV-Bereich und der Infrarot-Bereich mit längeren Wellenlängen.

Die Sonnenstrahlen, die auf die Erdoberfläche treffen, werden teilweise absorbiert und reflektiert und wandelt sich erst dann in Wärmeenergie um, ein Lebensmechanismus, der unsere Bedingungen auf der Erde überhaupt erst möglich macht.

Um die Sonne befinden sich mehrere Gasschichten, die nur bei einer totalen Mondfinsternis sichtbar sind. Dann leuchten sie im roten Licht wie bei einem Präriebrand. Ihre Glut verdunstet Wasser, lässt die Wolken aufhellen und die Winde wehen und sorgt so für ein Gleichgewicht der Luftströme im Himmel. Die Magnetfelder sozusagen bilden sozusagen das Korsett der Sonne, die ihre Form zusammenhält.

Die Sonnenstrahlen schenkt die Vielfalt der Farben und Formen. Das Farbspektrum der Sonnenstrahlen können wir im Regenbogen beobachten, da der Regenbogen wie ein Primsa funktioniert. Die feinen Wassertröpfchen der Wolken brechen dann die Sonnenstrahlen und streuen das Sonnenlicht in einen farbigen Bogen.

Eine effiziente Nutzung der Sonnenenergie ist nicht nur von der Sonne abhängig, sondern auch von unserem Wissen über Wesen sowie Wirkung des Lichts in seiner ganzen Bandbreite. Die Grundlagen wurden im Laufe der Zeit erforscht und stellen das Potential für zukünftige Entwicklungen dar.

Die Energiepolitik orientiert sich bereits seit Jahren neu. Bis Mitte dieses Jahrhunderts sollten die Erneuerbaren Energien die Hälfte des Strombedarfs in Deutschland decken. Nicht nur in Deutschland auch in andere Ländern wird umgedacht: wie kann Energieversorgung nachhaltig gesichert werden und Rohölimporte durch alternative Energien ersetzt werden. Die Kernenergie stösst wegen ihrer ökologischen Risiken und Folgelasten auf Ablehnung, gilt aber nach wie vor als unverzichtbar. Regenerierbare Energie – wie Solarenergie Windkraft und Geothermie erschienen noch als utopisch und ineffizient. Der Kampf um das knappe Gut Energie berührt nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche, technologische und medizinische Interessen.

Damit umfasst das Thema Licht Aspekte wie Atomausstieg, Klimaschutz und eine umweltverträgliche Politik - neben ökologischen Reformen und umweltverträgliche Gestaltung des Lebensraums sowie einen verbesserten Verbraucherschutz. Klimaschutz und der Umbau der Energieversorgung sind Herausforderung um die natürlichen Ressourcen zu bewahren.

Was sind ihre Grundlagen der Sonnenenergie? Und der Technologien? Wie sind sie entstanden, was sind ihre Kriterien und Bestimmungsgrössen? Die Geschichte des Lichtes gibt Hintergründe.

2. Geschichte des künstlichen Lichtes

Feuer ist jenes Element, das alles belebt, dem alles das Dasein verdankt, das als Lebens- und Todesprinzip, als Prinzip des Seins und des Nichts durch sich selbst wirkt und seine Wirkkraft in sich trägt. Reynier: du feu et de quelques-uns de ses principaux effets. Lausanne 1787, s. 129, 34

Feuer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Geschichte des Feuers ist ca. 500 000 Jahre v. Chr. mit dem Gebrauch des Feuers als Licht- und Wärmequelle datiert. Mit Raffinesse haben Menschen seit Jahrtausenden Licht zu nutzen gewusst. Das Feuerlicht verlängerte den Tag, spendete sowohl Licht als auch Wärme und Geborgenheit.

Die ersten Fackeln werden um 1.500 v. Chr. datiert. Der Fackellauf, bei dem ein neues reines Feuer zu einer Feuerstelle überbracht wurde, stellt bis heute bei den Griechen eine zentrale Kulthandlung dar, die auf seine reinigende Wirkung zurückzuführen ist.

In Sagen, Mythen und kultischen Handlungen hat das Feuerlicht seit frühester Zeit einen hohen Stellenwert. In der griechischen Mythologie ist Prometheus der Feuerbringer und Lehrmeister der Menschen. Er wollte die Menschen aus der Erde erwecken. Also ging er auf die Erde und formte sie aus Ton. So lebten die Menschen und Prometheus war ihr Lehrmeister. Als die Götter auf die Menschen aufmerksam wurden, verlangten sie von ihnen Opfer. Da verfiel Prometheus zu ihren Gunsten auf eine List: Er schlachtete im Namen der Menschen einen Stier und machte daraus zwei Haufen, einen größeren aus den Knochen und einen kleineren aus dem Fleisch. Dann umhüllte er beide mit Stierhaut, um den Inhalt zu verbergen. Schließlich forderte er Zeus auf, einen der Haufen zu wählen. Dieser wählte den größeren, obwohl er als Göttervater naturgemäß den Betrug durchschaute, den Menschen aber anscheinend Verderben bringen wollte. Als der Betrug offensichtlich wurde, sagte er voller Zorn, dass Prometheus dafür büßen müsse. Als erste Strafe versagte Zeus den Sterblichen das Feuer. Um das Feuer für die Menschen wiederzuerlangen, hob Prometheus einen langen Stengel des Riesenfenchels in den Himmel, um ihn am vorüberrollenden funkensprühenden Sonnenwagen des Helios zu entzünden. Mit dieser lodernden Fackel eilte er zur Erde zurück und setzte einen Holzstoß in Flammen. Als Zeus den Raub sah und erkannte, dass er den Menschen das Feuer nicht mehr nehmen konnte, sann er auf Rache und befahl das Trugbild einer schönen Jungfrau zu gestalten und einer Büchse mit allem Übel drinnen, Ursache für Leiden und Tod. Aber nicht nur die Menschen sollten bestraft werden, sondern auch Prometheus selbst. Zeus ließ ihn fangen und in die schlimmste Einöde des Kaukasus schleppen, wo er ihn an einen Felsen über einem Abgrund fesseln ließ. Ohne Speis, Trank und Schlaf musste Prometheus dort ausharren. Jeden Tag kam der Adler Ethon und fraß von Prometheus' Leber, wodurch sich dessen Qual immer wieder erneuerte. Vergeblich flehte Prometheus um Gnade. Wind und Wolken, die Sonne und die Flüsse machte er zu Zeugen seiner Pein. Doch Zeus blieb unerbittlich. Seine Qual dauerte viele Jahrhunderte bis der Herakles, von Mitleid erfüllt, ihn erlöste. Fortan musste er einen Ring mit einem Stein aus dem Kaukasus tragen, um Zeus zu rühmen.

Der Mythos beschreibt den Segen und die Gefahren des Feuers, die den Menschen seit seiner Geschichte begleiten. Bis heute sind offne Feuerstellen religiöse Rituale wie beispielsweise das Osterfeuer.

Lange bevor es Fackel gab wurden in den Stadtkulturen Mesopotamiens um 2500 v. Chr. die ersten Tonöllampen hergestellt und in Serie in Ägypten und im Dreistromland produziert. Die Techniken des Lichtmachens wurden mit dem Seßhaftwerden der Menschen stärker ausgebaut. Die ersten Öllampen aus Ton stammen aus den Stadtkulturen Mesopotamiens. Die Herrschaft über Feuer und Flamme war ein wichtiger Schritt in der Ausbildung menschlicher Zivilisationen. Jahrhunderte lang wurde die offene Feuerstelle im praktischen Leben zum Kochen, Schmieden, Opfern, zur Brandbestattung, als Signal oder Waffe und zur Reinigung und Gewinnung von Erz benutzt. Bis Ende des 17. Jahrhunderts änderte sich nur unwesentliches: Neben Ton wurden Eisen, Messing und Kupfer als Material für die Öllampen verwendet. Erst als François Ami Argand 1783 eine Öllampe vorstellte, die unter dem Namen Argand- Lampe in kurzer Zeit in zahllosen Haushalten einen Platz fand, war man vor allem von der besonderen Helligkeit und dem nahezu rauchfreien Betrieb der Neuentwicklung begeistert. Mit der zunehmenden Industrialisierung und dem damit verbundenen erhöhten Lichtbedarf war am Ende des 18. Jahrhunderts auch in der Geschichte der Beleuchtung ein neues Zeitalter angebrochen. Althergebrachte Leuchtmittel wie Kerzen und Öllampen waren zwar geeignet, Haushalte zu erhellen oder kleinen Handwerksbetrieben die Einhaltung fester, von der Sonne unabhängiger, Arbeitszeiten zu gewährleisten, aber im Verhältnis waren sie viel zu teuer, um z.B. Fabrikräume effizient auszuleuchten und Ursache großer Gefahren. Sichere Beleuchtung wurde mit der Gas und der elektrischen Beleuchtung zu Beginn des 19. Jahrhunderts möglich.

Wissenschaftlich ist Feuer wenig erforscht. In den Schulbüchern sind die Kapitel über Feuer knapp, Untersuchungen sind selten. Anders als die Elektrizität hat das Feuer nie wirklich seine Wissenschaft gefunden. Ein Grund dafür mag seine subjektive und gleichzeitig universelle Deutungsmöglichkeit sein. Seine Wirkung und Erscheinung ist einzigartig, ein Phänomen, das alles zu erklären vermag und doch subjektiv gefärbt ist. Schriftsteller, wie Novalis, Edgar Allen Poe, Balzac, Emile Zola, haben all ihre Leidenschaften ins Feuer gelegt, aber auch Ärzte wie Paracelsus oder Physiker wie Pascal. Alle gehen von denselben Bildern aus und gelangen zu dem gleichen Gedanken: Sie wenden Metaphern für die Flamme an, um mit dem Herzen zu kommunizieren, dem Begehren, das sie verzückt, irreführt oder läutert.

Vulkan und Glut

Die Glut des Feuers ist nicht nur in allen Schmiedekünsten ein wichtiges Phänomen der Transformation. Auch in der Natur ist die Glut ein fester und lebenswichtiger Bestandteil unserer Erde. Vulkane sind für unser Ökosystem äußerst wichtig, da es ohne sie wahrscheinlich kein Leben auf der Erde geben würde. Ihre fruchtbare Asche versorgt die Erde mit wichtigen Mineralien. Ein Vulkanausbruch ist deshalb ein Naturphänomen, zwar ein unberechenbares Phänomen, aber keine Naturkatastrophe.

Elektrizität

Die griechischen Gelehrten erforschten elektrostatische Aufladungen des Bernsteins. Thales von Milet bezeichnete sie als erster elektron.

Das wohl bekannteste und spektakulärste Phänomen der Elektrizität ist der Blitz. Der Blitz ist ein Lichtbogen, der durch Entladung in den Gewitterwolken verursacht wird. Physikalisch ist die natürliche Blitzentstehung bis heute nicht widerspruchsfrei erforscht. Sicher ist, dass es sich nicht um eine reine Funkenentladung handelt, was lange Zeit angenommen wurde.

Natürliche Elektrizität ist eine Kraft im Universum, die elektrische Kräfte, Atome und Moleküle zusammenhält. Die Erde selbst ist ein elektromagnetisches Feld. Der Erdkern besteht zum Teil aus flüssigen metallischen Eisen in dem elektrische Ströme fließen. Ihre Bewegung erzeugt ein irdisches Magnetfeld, dem wir Schutz vor gefährlichen energiereichen Teilchen von der Sonne und den Polarlichter verdanken.

Elektrische Kräfte sind für Lebewesen überlebensnotwendig, die durch das Einfangen von Sonnenlicht umgewandelt werden, wie beispielsweise bei der Photosynthese. Ähnlich werden auch im menschlichen Kreislauf elektrischen Signale von den Sinnesorganen ausgehend zum Gehirn und an die Muskeln umgewandelt.

Elektrisches Licht

Elektrisches Licht ist die Grundlage unseres modernen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Mit der Industrialisierung wurde Licht Träger des modernen Fortschrittglaubens, eine Synthese von göttlicher Utopie und technischer Machbarkeit. Die Erfindung der Glühbirne veränderte sich unseren Alltag und das soziale, kulturelle Leben grundlegend. Leben wurde formbarer, beeinflussbarer, flexibler und die Welt transparenter. Fortan bestimmte der Mensch selbst, wann und wo es Licht wurde. Von Anfang an war elektrisches Licht mehr als nur funktionales Beleuchtungslicht. Die Mystifizierung des elektrischen ist deutlich im sprachlichen Ausformung: mit der Weltausstellung in Paris 1900 wurde das Licht Feerie genannt. Die Feerie war im Unterschied zum nüchternen Licht der Farbriksäle und Büroräume, ein gedämpftes, farbiges Licht, das wie ein Juwel schimmerte. Beleuchtung war ihre Aufgabe nicht oder Gegenstände zu erhellen. Vielmehr erzeugte sich eine eigentümliche Atmosphäre.

Wachsende wirtschaftliche und politische Interessen stehen heute einer zunehmenden Lichtverschmutzung, Reizüberflutung und einem erhöhten

Stromverbrauch entgegen. Auch die explosionsartigen Zuwächse in den Metropolen verlangen übergeordnete Konzepte. Die Planung ist nicht unproblematisch, da nicht nur die Wirkung des künstlichen Lichts auf Mensch und Raum zur Debatte stehen, sondern auch dessen Verbreitung und Existenz. Zwar ist künstliches Licht für unsere Wahrnehmung, unser Erfahrungswissen und Lebenswelt eine nicht auffällige, aber dennoch ernstzunehmende Größe. Es strukturiert Räume, beeinflußt unsere ästhetischen Erfahrungen und legt das zuträgliche Maß für Augen und Sinne fest.

Die modernen Lichttechnologien legen damit nicht nur bestimmte Akzente/Ausschnitte im Wahrnehmungsfeld fest, sondern selektieren und fokussieren ausgewählte Aspekte - führen oder verführen, manipulieren oder informieren – im positiven wie im negativen Sinne. Über diese Voraussetzungen, das Maß und Wirkung auf Mensch, Natur und Umwelt, hat sich seit den Erfindungen innerhalb der Lichttechnologien kaum jemand Gedanken gemacht.

Licht ist lebens- und kulturgestaltend. Die Hintergründe sind nicht nur historisch bedeutend, sondern verweisen unmittelbar auf unsere Lebensbedingungen und dessen Gestaltung. So wie Verschmutzung der Meere, Böden und Lufträume, sind auch die Konsequenzen der Praktiken rund ums Licht nicht absehbar und deren Auswirkungen nicht eindeutig bestimmbar. Heute befinden wir uns an einem Wendepunkt.

Die Arbeit liefert Fakten und Hintergründe, um gegenwärtige Prozesse transparent zu machen und den Leser für Unterschiede zu sensibilisieren. Blickfelder und Interessen kehren sich um: Konzentrierte sich die neuzeitliche Forschung, Wirtschaft und Beleuchtungspraxis auf das künstliche Licht und dessen einseitige rationale Annahmen, steht heute das natürliche Licht und deren ästhetisch-geistige Dimensionen im Zentrum der Diskussion und die zu neuen Perspektiven für zukünftige Lebensraumnutzung und –gestaltung führt.

Ursprünge europäischer Vorstellungen des Lichts in Licht, Wort, Raum und Technik

Licht ist das faszinierendste und zugleich mysteriöseste Phänomen aller Elemente. Ohne Licht gibt es kein Leben. Die Natur zeigt sich durch das Licht und wir erfahren durch Licht die Welt, in die wir körperlich eingebunden sind und sinnlich und geistig erfassen. Unsere Naturempfindungen drücken wir mit Hilfe von Begriffen oder Bildern aus. Eine Übertragung unserer Empfindungen in Sprache bedeutet aber nicht automatisch ein Übergang von Unwissenheit zu Wissen. Wie der Mensch sieht, hängt vom Betrachter, von der Natur ab und der harmonischen Gestaltung der Erkenntnisse ab.

Die Ägypter waren die ersten, die den Himmel und das Sonnenlicht erforschten und schriftlich erfassten. Ihre Erkenntnisse übermittelten sie in ihren Schriften und Mythen. Die Griechen führten die Sternkunde als astronomische Wissenschaft ein und begründeten das ptolemäussche Weltbild.

Ganzheitlich erklärten die antiken Philosophen das Phänomen Licht in Theorie und Praxis. Die platonische Lehre legte für über 1000 Jahre den Grundstein für alle nachfolgenden Lichtkonzepte – innerhalb der Optik, Philosophie, Theologie, Kunst und Politik. Ihre Besonderheit liegt in der umfassenden Begründung des Lichts, die die Zusammenhänge zwischen Erkenntnis, Gesellschaft und Natur staatstheoretisch erklären und die sowohl die logisch-rationalen als auch geistig-innerlichen Dimensionen umfassen.

Mit der Einführung des Christentums veränderten sich die Auslegung des Lichts und damit auch die Vermittlungsform von Wissen. Hatten die Mythen bislang Welt und Naturkräfte mit Hilfe von mystischen Bildern erklärt, die Philosophie mit wissenschaftlich-transzendenten Begriffen, führten die Religionen das Wort Gottes als einzig wahrheitsfähige Erkenntnis ein und das Licht Gottes wurde mit der Person Jesus eingegrenzt.

Die nachfolgende astronomische Revolution von Kopernikus veränderte dann nicht nur das vorherrschende Welt-Bild, sondern auch grundlegend das Verhältnis zu den Naturkräften. Entsprechend dem neuen Wirklichkeitsverständnis wurde Licht zu einem rein mathematisch-physikalischen Phänomen, dem jegliche ästhetische Dimension und geistige Bezugsgröße entzogen worden war.

Diesen Bruch kennzeichnet einen entscheidenden Moment in der europäischen Geschichte des Lichtes und ist gleichzeitig das Fundament für unser heutiges Verständnis vom Licht. Die Reduktion des Naturphänomens auf ein rein mathematisch-rationales Phänomen hatte nicht nur Konsequenzen auf Vorstellungen, sondern wirkte sich auch grundlegend auf unsere Lebensqualität und -gestaltung aus.

Die Entwicklungen im 20 Jahrhundert führten zunehmend zu der Einsicht, dass sich Licht keineswegs so einfach zu erklären und handhaben lässt, wie man es sich wünschte. 1930 wurden die mechanischen Annahmen durch die Quantenphysik aufgegeben und von den Künsten in Frage gestellt. Neue Erkenntnisse der theoretischen und Experimental-Physik führten zur Infrage-Stellung des bisherigen Weltbildes und damit auch zu einer Neubestimmung des Zusammenhangs von Geist und Materie.

Licht und Wort: Mythen

Zu Beginn der Geschichte des Lichts wurde Licht in Mythen beschrieben, die eng mit Alltagsleben und Riten der Gesellschaften verknüpft sind. Mythos heißt übersetzt erzählende, bildhaft-symbolische Rede und ist die älteste Form über die Zusammenhänge des Lebens nachzudenken.

Bis heute sind mystische Bilder und Motive in Dichtung, Kunst, Religion und Alltagssprache lebendig. Wir sprechen von einer langen „Odyssee“, der „Sisyphusarbeit“ oder einer „babylonischen Sprachverwirrung“. Damit erschließen wir allzeit gültige existentielle Erfahrungen, die für jedermann verständlich sind: das Bestehen schwieriger Herausforderungen oder Sinnbilder für das Menschsein.

Als bildhafte Sacherklärungen führen Mythen zu ganz persönlichen Wissen und Wahrheiten. Anders als das logisch-rationale Denken, das mit Begriffen zu einer Sacherkenntnis gelangt, schlussfolgert der Mythos von der Sache her auf das emotional-bildhafte Wissen.

Die ersten Schöpfungsmythen beschreiben die Erschaffung der Welt, der Dinge und des Menschen durch eine übergeordnete Macht. Sie sind Erklärungen zur Entstehung der Welt und des Universums. Alle Schöpfungsberichte gehen von einer Macht aus, die vor der Existenz des Universums existiert, sich aus sich selbst kreiert, zielgerichtet ist und eng mit Licht verwoben ist.

Jede Zeit und jeder Kulturkreis entwickelte Theorien, die die Besonderheiten der Sonne, ihr Wesen und Wirkung erklärten. Bis ins Mittelalter hin haben die alten Mythen eine zentrale geistesgeschichtliche Bedeutung. Mit der wachsenden Betonung der Rationalität der Neuzeit wuchs die Skepsis gegenüber der Mythen. Mit der kopernikanischen Wende wurden diese mit abstrakten Vorstellungen ersetzt.

In der Art, wie Kulturen Licht interpretieren, sei es mit Hilfe von Mythen, wissenschaftlichen Formeln oder Künsten, repräsentieren sie ihr vorherrschendes Bewußtsein und Verständnis von Zeit und Raum und ihre Haltung zum Licht. Die Schöpfungsgeschichte wie die Relativitätstheorie sind Beispiele dafür, wie Theorien die Weltgeschichte beeinflussen. Aus ihnen ergeben sich Weltbilder, die Lebenszeit und Lebensgestaltung prägen.

II. Mythologische Kosmologie: Wurzeln europäischer Vorstellungen vom Licht

Die Ursprünge der ersten schriftlichen Überlieferungen vom Licht, von Europa bis zum Nahen Osten, liegen in den ägyptischen Mythen begründet. Die ersten Schöpfungsmythen beschreiben Vorstellung von Mensch, Gesellschaft und Kosmos in einem Gesamtbild.

Die alten Kulturen schätzten den Mythos sehr. Mit ihm war es möglich, das Wirken der Mächte, die die Welt formen, zu beschreiben und sie gleichzeitig in Analogie zum Menschen zu bringen. So symbolisierte beispielsweise die Scheidung von Licht und

Finsternis am Uranfang der Geschichte das Setzen der ersten Ordnung und damit der kosmologischen Vorstellung.

In den Mythen spielt Licht eine zentrale Rolle. Ägyptische Pharaone begründen darin ihre Macht.

Schauplatz Ägypten

Die ägyptische Schöpfungsgeschichte – die Sonne als Symbol

Die Sonne steht seit alter her als das Symbol für Lebensquelle, Existenzgrundlage, Lebenskraft und Gerechtigkeit und repräsentiert das allumfassende, grenzenlose Prinzip, das in seiner Vielfalt und Umfang in den Schöpfungsgeschichten beschrieben wird. Die erste umfassende Schöpfungsgeschichte stammt aus Ägypten.

In der klassischen, ägyptischen Schöpfungsgeschichte Heliopolis wird die Weltentstehung mit dem Sonnenaufgang beschrieben, der eine noch raumlose Welt erhellt, die aus dem Urwasser besteht.

„Am Anfang gab es nur das dunkle Urwasser aus dem Atum, der erste Gott, entstand. Atum hustete und spuckte Shu aus, den Gott der Luft, und Tefnut, die Göttin der Feuchtigkeit…“

Die erste Schöpfungstat ist nach ägyptischen Texten mit der biblischen Geschichte gleich. Der Ursprung der Welt ist nach ägyptischen Vorstellungen jedoch ein anderer: sie ist keine Schöpfung aus dem Nichts – wie nach biblischen Vorstellungen, sondern entsteht aus dem Vorhandenen.

Atum ist der Sonnengott, der mit dem der Sonnenaufgang entsteht, das Licht und damit das Ur-eins. Er herrscht über das Chaos, das kein Nichts ist, sondern ein Urschlamm. Aus diesem lichtlosen, endlosen und noch formlosen Chaos erhebt sich in spontaner Selbstentstehung der Sonnengott, der Übergang von der Präexistenz in die Existenz.

Das ist die erste Schöpfungstat: der Übergang von der Existenz in die Selbstentstehung, die als erster Sonnengang beschrieben wird und mit dem Licht entsteht. Das Licht hat einen doppelten Sinngehalt: einmal entspricht es den Moment der Selbstentstehung aus dem Nichts, die gleichzeitig die erste Schöpfungsaktivität ist. Existenz entspricht demgemäß Aktivität im Lichte.

Der Moment der Selbstentstehung ist der Umschlag von Präexitenz in Existenz, das creatio ex deo. Wie in der Bibel wird der Umschlag mit der Entstehung des Lichts beschrieben: indem Gott als Sonne aufgeht, setzt er als erstes das Licht frei.

Um 200 v. Chr. werden die ägyptischen Texte neu ausgelegt. Der Schöpfungsmoment wird als der Moment dargestellt, in dem Atum zu Bewusstsein gelangt. Aus seiner bisherigen Handlungsunfähigkeit entfaltet sich Wille und Tat.

Mit der Bibel wird der der Gott anders dargestellt: er ist nicht die Sonne, sondern ein ausserweltlicher Gott, der die Welt durch sein Wort erschafft. Er schafft die Sonne erst später, die die Lampe am Himmel ist und mit dem Mond die Zeit. Nicht Zeugung und Geburt kennzeichnen damit den Augenblick, sondern die Selbstentfaltung.

Im ägyptischen Mythos ist die Doppelnatur des Lichts wie folgt beschrieben: Nachdem der Sonnengott sein Auge ausgesandt hat, um nach Shu und Tenut zu suchen, benötigte er in der Zwischenzeit ein Auge. Deshalb liess er kurzerhand ein anderes Auge an seiner Stelle nachwachsen. Bei der Rückkehr des ursprünglichen Auges war der Platz besetzt. Darüber geriet das Auge in einen grossen Zorn.

Der Sonnengott konnte es nur dadurch besänftigen, indem er das heimgekehrte Auge als drittes Auge an seine Stirn setzte. Das Auge nahm Gestalt der Uräuschlange an, Ursymbol des pharaonischen Königtums. Als Diadem an der Stirn konnte nun das Auge seine zornflammende Energie gegen Feinde richten. Als Herrschaftssymbol verkörpert es den Schrecken: um die Welt mit Hilfe des aggressiven, zerstörerischen Sonnenlichts zu erschaffen, braucht es auch Herrschaft und Führung.

Damit ist es nicht allein der fürsorglicher Blick des Schöpfers, der den Menschen umgibt, sondern auch ein herrschender Schrecken, mit dem der Schöpfer die Welt regiert und das Böse in Schach hält.

Der Schrecken, die aggressive, feurige Seite des Lichts, spielt eine auffallende Rolle in der ägyptischen Mythologie, der durch die Schlange symbolisiert wird. Unter Bedingungen der Gottesferne bleibt damit nach ägyptischen Vorstellungen die politische Herrschaft in Beziehung zur Welt der Götter.

In der Welt der vermittelten Gottesnähe ist der Schrecken Gottes ein zentraler Moment. Er bedarf einer medialen Vermittlung. Medium ist der Luftgott, der den Schrecken verbreitet. Er schafft die Distanz und Unterscheidbarkeit zwischen Heiligen und Profanen, Himmel und Erde, Göttern und Menschen, Herrschern und Beherrschten. Er ist ein politisches Phänomen und gehört zur Herrschaft: er gehört dem Himmel als Licht und dient den Herrschern als Instrument.

Gleichzeitig ist das die Geburtsstunde von Kultur. Menschen bauen Tempel und Städte, erfinden Instrumente, singen Lieder, malen Bilder und bringen Opfer um die verlorene Verbindung mit den Göttern, die Symbiose, nicht abreissen zu lassen. Die Kulturgüter vergegenwärtigen dabei die Kraft des Symbols, das Göttliche, und stiften den direkten Kontakt mit dem Göttlichen. Damit ist die ursprüngliche Gottesnähe der Mythen in den kulturell geformten Raum transportiert mit Schu, dem Gott der lichterfüllten Luft.

Die politische Führung zeichnet sich nicht durch eine reale Präsenz aus, sondern durch Mittelbarkeit und Repräsentation. Gerade diese Allianz zwischen Herrschaft und Heil brachte die grossartige ägyptische Kultur hervor. Sie stellte das Politische vor der Kultur im Verhältnis zum Heiligen und gibt damit dem Schrecken das verlockend und reizvoll zugleich ist, den Rahmen.

Inbegriff der Ambivalenz des Heiligen ist das Licht. Dabei handelt es sich nicht um ein mystisches Schaudern oder erregendes Gefühlserleben, sondern es ist ein eindeutiges politisches Symbol, dass für die Politik des Königs und seiner Untertanen bedeutend ist.

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Titel
Die Geschichte des Lichts
Untertitel
Licht ist nicht gleich Licht
Autor
Jahr
2009
Seiten
84
Katalognummer
V126895
ISBN (eBook)
9783640892297
ISBN (Buch)
9783640892457
Dateigröße
623 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
geschichte, lichts, licht
Arbeit zitieren
Mag Brigitte Vrochte (Autor:in), 2009, Die Geschichte des Lichts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126895

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Titel: Die Geschichte des Lichts



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