Inwiefern können sprachliche Verletzungen als Gewalthandlungen begriffen werden?
Die Untersuchung erfolgt unter linguistischer Perspektive und unabhängig von physischer Gewalt, die womöglich mit verletzender Sprache in begleitender oder legitimierender Verbindung steht. Die Motivation für diesen Forschungsgegenstand speist sich aus widersprüchlichen Aussagen im sozialen Umfeld darüber, ob durch verletzende Sprache Gewalt verübt wird oder nicht, und ob durch Sprache tatsächlich eine aktive Handlung vollzogen werden kann oder nur beschreibende Äußerungen über eine Handlung möglich sind. Die daraus abgeleitete Forschungsfrage ist darüber hinaus insofern interessant, dass das Verletzungspotential von Sprache allgemeinhin als groß eingeschätzt wird, sprachliche Verletzungen jedoch kaum Beachtung im Vergleich zu physischer Gewalt ernten und nur selten im Zusammenhang mit Gewalt gebraucht werden, wie z.B. das Wortprofil des DWDS zeigt.
In der Literatur ist der Handlungscharakter von Sprache ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Als Ausgangspunkt werden hierfür vielfach Wittgensteins Philosophische Untersuchungen (1953) genannt, die als Bezugspunkt für die Sprechakttheorien nach Austin (1962) und Searle (1969) dienen sollten, welche bis heute prägend sind und auf die in dieser Arbeit eingegangen wird. Die Thematik Sprache als Gewalt geriet erst Anfang des 21. Jahrhunderts stärker in den Fokus der deutschen Linguistik. Zentral sind hierbei Fragen nach dem Gewaltpotential von Sprache, den damit verbundenen Folgen und das Verhältnis zwischen physischer und sprachlicher Gewalt.
Um den beschriebenen Forschungsgegenstand im Rahmen dieser Seminararbeit zu untersuchen, wird zunächst der deutsche Gewaltbegriff in Beziehung zu seiner Etymologie betrachtet und hinsichtlich seines Gehalts an sprachlicher Gewalt wird eine für die Arbeit verbindliche Definition des Terminus angeführt. Anschließend werden die Sprechakttheorien unter dem Gesichtspunkt beleuchtet, ob man mit verletzender Sprache fähig dazu ist, Handlungen zu vollziehen. Die Ergebnisse werden zusammengetragen und an ausgewählten Beispielformen sprachlicher Verletzung überprüft, ehe sie mit den Erkenntnissen aus einer knappen empirischen Studie zur Perzeption von Gewalt verglichen werden. Die Resultate und weitere Forschungsmöglichkeiten zu diesem Gebiet werden zum Schluss in einem Fazit zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Verletzende Sprache als Gewalt – der Gewaltbegriff und dessen historische Entwicklung
- Verletzende Sprache als Handlung - >>How to do Things with Words<<
- Verletzende Sprache als Gewalthandlung
- Benennungen als Herabsetzung
- Rechtfertigung von Gewalt
- Perzeption von Gewalt und sprachlichen Verletzungen – eine empirische Studie
- Forschungsgegenstand
- Methode und Durchführung
- Auswertung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwiefern sprachliche Verletzungen als Gewalthandlungen verstanden werden können. Sie untersucht das Verletzungspotenzial von Sprache, insbesondere von Beleidigungen und deren Auswirkungen, wobei sie sich auf die linguistische Perspektive konzentriert und den Zusammenhang zu physischer Gewalt außer Acht lässt.
- Der deutsche Gewaltbegriff und seine historische Entwicklung
- Die Rolle von Sprache als Handlung und deren Auswirkungen
- Die Perzeption von sprachlicher Gewalt im Vergleich zu physischer Gewalt
- Die Bedeutung von Sprechakttheorien für das Verständnis von sprachlicher Gewalt
- Forschungsmöglichkeiten im Bereich sprachlicher Verletzungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Einordnung sprachlicher Verletzungen als Gewalthandlungen in den Vordergrund und beleuchtet den Zusammenhang zwischen physischer und sprachlicher Gewalt.
- Verletzende Sprache als Gewalt – der Gewaltbegriff und dessen historische Entwicklung: Dieses Kapitel analysiert den deutschen Gewaltbegriff und seine Entwicklung, indem es die Ambivalenz des Begriffs sowie seine Bedeutung in verschiedenen historischen Epochen beleuchtet.
- Verletzende Sprache als Handlung - >>How to do Things with Words<<: Unter Bezugnahme auf Sprechakttheorien wird untersucht, ob und inwiefern Sprache Handlungen vollziehen kann, insbesondere in Bezug auf verletzende Sprache.
- Verletzende Sprache als Gewalthandlung: Dieses Kapitel betrachtet verschiedene Formen sprachlicher Gewalt, darunter Benennungen als Herabsetzung und die Rechtfertigung von Gewalt.
- Perzeption von Gewalt und sprachlichen Verletzungen – eine empirische Studie: Die Ergebnisse einer empirischen Studie zu der Wahrnehmung von Gewalt und sprachlichen Verletzungen werden vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie sprachliche Gewalt, Verletzungspotenzial, Sprechakttheorien, Beleidigungen, Perzeption, empirische Forschung, und die historische Entwicklung des Gewaltbegriffs.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2021, Verletzende Sprache als Gewalthandlung. Sprechakte und Wahrnehmung von sprachlichen Verletzungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1275514