Was wird durch den Film vermittelt und wie lassen sich filmische Stilmittel deuten und interpretieren? Diese Frage ist eine der grundlegenden Fragen der Filmanalyse und soll in der folgenden Hausarbeit beantwortet werden. Dafür wird hier ein Beispiel analysiert, der Film „Grand Budapest Hotel“ aus dem Jahr 2014. Regie führte hier der renommierte Filmproduzent Wes Anderson.
Der Film definiert sich durch die exzentrische Kulisse und die originellen filmischen Mittel, die hier näher erläutert werden. Dabei orientiert sich die Analyse an den Fragen nach der Filmvermittlung. Was wird durch die Kamerabewegung und -perspektive vermittelt? Wie ist die Farbsetzung in dem Film und was bewirkt sie? Wie ist die Bildkomposition und Raumgebung zu verstehen? Und was sind weitere Auffälligkeiten, die dem Film die gewisse Ästhetik verleihen? Und vor allem: was wird dadurch an die Rezipient*innen vermittelt? Diese Fragen werden versucht zu beantworten, indem der Film zunächst kurz allgemein erläutert wird, um in die tiefer gehende Analyse einzuleiten. Anschließend wird auf der inhaltlichen Ebene zunächst die besondere Erzählstruktur des Films herausgearbeitet, um dann auf allgemeine Charakteristiken, das Format, die Farbsetzung und die Symmetrie einzugehen und diese anhand von Standbildern darzustellen und zu interpretieren. Darauffolgend werden zwei prägnante Szenen näher erläutert und gedeutet. Die Lesart und allgemeine Interpretation werden gemeinsam mit den weiteren Ergebnissen der Analyse in einem Fazit zusammengetragen.
II. Formale Informationen zu „Grand Budapest Hotel“
III. Inhaltliche Analyse des Films „Grand Budapest Hotel“
2. Allgemeine Charakteristiken:
2.3 Symmetrie:
IV. Spezifische Analyse von zwei ausgewählten Szenen
Szene 1, Part 3, Minute 55:13 – 59:40:
Szene 2, Part 2, Minute 23:00 - 25:57:
IV. Fazit:
V. Literaturverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 5: Screenshot aus dem Film Grand Budapest Hotel [The Grand Budapest Hotel]. Regie von Wes Anderson, Fox Searchlight pictures, 2014, Min. 18:10
I. Einleitung
Was wird durch den Film vermittelt und wie lassen sich filmische Stilmittel deuten und interpretieren? Diese Frage ist eine der grundlegenden Fragen der Filmanalyse und soll in der folgenden Hausarbeit beantwortet werden. Dafür wird hier ein Beispiel analysiert, der Film „Grand Budapest Hotel“ aus dem Jahr 2014. Regie führte hier der renommierte Filmproduzent Wes Anderson. Der Film definiert sich durch die exzentrische Kulisse und die originellen filmischen Mittel, die hier näher erläutert werden. Dabei orientiert sich die Analyse an den Fragen nach der Filmvermittlung. Was wird durch die Kamerabewegung und -perspektive vermittelt? Wie ist die Farbsetzung in dem Film und was bewirkt sie? Wie ist die Bildkomposition und Raumgebung zu verstehen? Und was sind weitere Auffälligkeiten, die dem Film die gewisse Ästhetik verleihen? Und vor allem was wird dadurch an die Rezipient*innen vermittelt? Diese Fragen werden versucht zu beantworten, indem der Film zunächst kurz allgemein erläutert wird, um in die tiefer gehende Analyse einzuleiten. Anschließend wird auf der inhaltlichen Ebene zunächst die besondere Erzählstruktur des Films herausgearbeitet um dann auf allgemeine Charakteristiken, das Format, die Farbsetzung und die Symmetrie, einzugehen und diese anhand von Standbildern darzustellen und zu interpretieren. Darauffolgend werden zwei prägnante Szenen näher erläutert und gedeutet. Die Lesart und allgemeine Interpretation wird gemeinsam mit den weiteren Ergebnissen der Analyse in einem Fazit zusammengetragen.
II. Formale Informationen zu „Grand Budapest Hotel“
Der Film „Grand Budapest Hotel“ (Originaltitel „The Grand Budapest Hotel“) ist ein Film von Wes Anderson, der die Regie führte und das Drehbuch verfasste (IMBd „Grand Budapest Hotel“). Der Film wurde im Jahr 2014 veröffentlicht und wurde für insgesamt neun Oscars nominiert, von denen er vier gewann, unteranderem für bestes Szenenbild (ebd.). Der Film lässt sich in die Genres Komödie, Abenteuerfilm und Krimi einordnen. Wes Anderson griff beim Schreiben des Drehbuchs und Realisieren des Films auf die Werke des Schriftstellers Stefan Zweig zurück, die ihn zur Handlung und zur Geschichte inspirierten (Katzenberger). Der Film spielt auf mehreren zeitlichen Ebenen, hauptsächlich im Jahr 1932, in dem fiktiven Land Zubrowka. Ein namenloser Schriftsteller erzählt von seiner Reise im Jahr 1968 in das Grand Budapest Hotel, wo er auf den Besitzer des Hotels, Zèro Moustafa, trifft, der ihm bei einem gemeinsamen Abendessen die Geschichte erzählt, wie er zu dem Besitz des Grand Budapest Hotels gekommen ist. Diese Geschichte, die im Jahr 1932 beginnt, ist die wesentliche Handlung im Film. In dieser Erzählebene wird die Geschichte aus Zèros Perspektive erzählt, als er noch ein Lobby-Boy war und den Concierge Monsieur Gustave kennenlernte. Die wohlhabende Madame D, mit der Gustave eine Affäre hat, wird ermordet aufgefunden. Sie hinterlässt Gustave ein unbezahlbares, fiktives Gemälde, was für Konflikte mit dem Sohn Dmitri sorgt. Durch Intrigen des Sohns wird Gustave des Mordes verdächtigt und geht ins Gefängnis, wo er wieder ausbricht und zusammen mit Zèro versucht, den wahren Mörder, Dmitri, zu entlarven. Dabei wird eine Kopie ihres Testaments im Falle ihrer Ermordung veröffentlicht, indem verfügt ist, dass all ihr Besitz an Gustave übergeht. Dieser wird laut der Erzählung von Zèro erschossen. Die Zuschauer*innen sehen die Ermordung von Gustave nicht. Durch einen Pakt, der früher im Film zwischen Gustave und Zèro geschlossen worden ist, geht der Besitz und auch das Grand Budapest Hotel an Zèro über. Welche Stilmittel der Film einsetzt um neben dieser Handlung eine Stimmung zu vermitteln, wird in den folgenden Texten analysiert.
III. Inhaltliche Analyse des Films „Grand Budapest Hotel“
1. Erzählstruktur:
In dem Film „Grand Budapest Hotel“ lässt sich eine besondere Erzählstruktur festhalten, die ihn von klassischen Spielfilmen unterscheidet. Der Film beginnt in der Gegenwart, wo ein Mädchen vor dem Grabmal eines Autors steht, der sich als der Autor von dem Buch „Grand Budapest Hotel“ herausstellt, was sie in der Hand hält. Der Film springt hier (Min. 1:40) eine Ebene tiefer ins Jahr 1985, wo der namenlose Autor direkt, die Zuschauer*innen anschauend, zur Kamera spricht und erzählt, wie er vor einigen Jahren zu der Geschichte des „Grand Budapest Hotel“ gekommen war. Die frontale Aufnahme von dem Charakter (Min 1:46) vermittelt den Eindruck einer Dokumentation oder persönlichen Nachricht, wo sich der namenlose Autor direkt und subjektiv an eine oder mehrere Personen wendet (Siehe Abb. 3). Anschließend führt der Film bei Minute 3:20 die Zuschauer*innen eine weitere Ebene tiefer, in das Jahr 1968, wo der namenlose Autor das Grand Budapest Hotel besucht hat und Zèro Moustafa und seine Geschichte kennenlernte. Die Erzählebene der Geschichte von Gustave und Zèro wird bei Minute 9:13 eingeleitet, was auch gleichzeitig der erste Part „M. Gustave“ ist. Denn die Geschichte von Gustave und Zèro wird in fünf Parts erzählt und setzt sich somit von dem typischen 3-Akt-Modell der Dramaturgie ab, das sich durch die Abschnitte Exposition, Durchführung und Auflösung definiert (Keutzer et. al 197). Der Film verläuft auf diesen vier Ebenen (Gegenwart/1985/1968/1932) und wechselt zwischen-durch, beispielsweise bei Minute 45:14, wo die Erzählung wieder ins Jahr 1968 zurückspringt um die Trauer über Zèros verstorbene Frau Agatha, die Teil der Erzählung ist, zu verdeutlichen. Am Ende des Films wird die Narration durch jede Ebene zurück in die Gegenwart geleitet, wo eine junge Frau das Buch von dem Autor liest, der seine Geschichte erzählt, wie er sie 1968 von Zèro Moustafa dargestellt bekommen hat. Durch diese besondere Erzählstruktur wird eine gewisse Ästhetik unterstützt, die im weiteren näher analysiert wird.
2. Allgemeine Charakteristiken:
„Grand Budapest Hotel“ arbeitet mit vielen stilistischen Mitteln und legt den Fokus auf den Aufbau des Bildes und die Stimmung, die unteranderem dadurch vermittelt wird. Man kann drei primäre Auffälligkeiten in dem Film herausarbeiten. Das Format, die Farbgestaltung und die Symmetrie. Diese allgemeinen Charakteristiken aus „Grand Budapest Hotel“ werden im Folgenden herausgearbeitet und durch Filmstandbilder verglichen und analysiert.
2.1 Das Format:
Wie bereits erläutert, befindet sich der Film auf vier narrativen Ebenen. Was hierbei auffällt ist, dass jede Ebene ein anderes Seitenformat besitzt, welche die Ebenen, somit auch die Erzählung und die damit verbundene Ästhetik, weiter voneinander abgrenzt. In der Gegenwart und dem Jahr 1985 wurde das Format 1,85:1 verwendet (Siehe Abb. 3). In dem Jahr 1968 wurde das Format 2,35:1 verwendet (Siehe Abb. 2), was normalerweise eingesetzt wird um bei beispielsweise Westernfilmen die Weite der Landschaften zu unterstreichen (Filmglossar Bildformate). In der Geschichte von Zèro und Gustave wird das 1,33:1 Format angewendet (Siehe Abb. 1).
Was dabei besonders ist, ist das jedes der Formate zu der Zeit, in der die jeweilige Erzählung spielt, als Standartformat galt beziehungsweise beliebt war. So wurde beispielsweise im Jahr 1932 das 1,33:1 Format als Normalformat festgelegt und als „Acadamy Ratio“ bezeichnet (ebd.). In den 1960ern war, durch die zahlreichen Produktion von Westernfilmen und Filmen generell, die sich auf Landschaften bezogen, das Cinemascope Format von 2,35:1 populär (ebd.). Das Widescreenformat, 1,85:1 etablierte sich ab den 1950er Jahren um sich von dem Vollformat des Fernsehens abzusetzen und gilt seit dem als amerikanischer Standard (ebd.). Auch hier stimmt also das Seitenformat mit der Epoche überein. Eine Interpretation der Verwendung verschiedener Formate ist, dass Anderson dadurch die verschieden Zeitebenen und Epochen unterstreichen und voneinander abgrenzen möchte. Durch die zeitgetreuen Formate wird die Ästhetik, auf die dieser Film den Fokus setzt, der jeweiligen Epochen verdeutlicht und wirklichkeitsannähernd dargestellt. Der Film vermittelt ein Gefühl, was von Epoche zu Epoche wechselt und das jeweilige Format unterstützt die Vermittlung. Durch harte Schnitte (bspw. Min. 3:19), in denen sich die Szenerie und das Format ändert, wird den Zuschauer*innen dargelegt, auf welcher Erzählebene sie sich nun befinden und die Narration wird verdeutlicht.
2.2 Farbgestaltung:
Der Einsatz von Farben im Film kann sich nicht nur auf spezielle Objektfarben beziehen, sondern werden auch zur Dramaturgie eingesetzt, um eine spezielle emotionale Anmutung oder symbolische Bedeutung zu erzeugen (Hickethier 45). Das Farbspektrum in „Grand Budapest Hotel“ ist markant und sorgt für die grundlegende Ästhetik. Es lässt sich festhalten, dass sich auch hier die Farbgestaltung von den einzelnen Narrationsebenen differenziert. In dem Jahr 1968 wird das Interieur, sowie auch das Hotel an sich und die äußere Natur in einheitlichen Gelb- , Braun- und Orangetönen dargestellt (Siehe Abb. 2). Diese Farbauswahl differenziert die Ebene zusätzlich zu dem Format umso mehr von den anderen Erzählebenen und schafft einen gewissen Kontrast. Diese homogene Farbordnung vermittelt zwar Behaglichkeit, andererseits wirkt es vor allem im Vergleich zur früheren Zeit, fast monoton und endgültig. Die Farben erinnern an herbstliche Farben, welches sich symbolisch so interpretieren lässt, dass dies die letzte behagliche Zeit vor dem symbolisch endgültigen, verheerenden Winter für das Hotel ist. Wie im Film erläutert wird, hat das Grand Budapest Hotel nur noch einen sentimentalen Wert und hat seine frühere Reputation verloren und steht umgangssprachlich vor dem Abgrund. Durch die Erzählung des älteren Zèro und den Kontrast des Hotels in dieser Zeitebene, lassen sich die Glanzzeiten des Hotels nochmal rekonstruieren. Im Kontrast dazu steht, wie bereits erwähnt, das Hotel im Jahr 1932. Hier werden viele Farbtöne eingesetzt, Rosa, Lila und Pastellblau dominieren aber zumindest das Exterieur des Grand Budapest Hotel. Das Hotel wirkt pittoresk durch die unnatürliche Farbgebung, vor allem der Natur drum herum (Siehe Abb. 1). Die leichten, pastellfarbene Kolorierung des Bildes vermittelt eine Leichtigkeit und eine Art von Nostalgie, die sich durch den gesamten Film über erkennen lässt. Auch inhaltlich lässt sich dies verbinden, da es Zèros Geschichte ist, somit aus seinem nostalgischen Standpunkt erzählt wurde. Durch den Farbe-an-sich-Kontrast (Keutzer et. al. 66), der sich zum Beispiel im Interieur des Hotels im Jahr 1932 finden lässt, wird die Vitalität des Hotels und die Nostalgie, die damit einhergeht, verdeutlicht. Eine Erkenntnis, die sich über den Film hinweg feststellen lässt, ist, dass sich die Farben in Laufe von Zèros Erzählung verändern. Von Part zu Part wird die Umgebung und das Bild farbloser. Der inhaltliche Klimax spielt in einem Observatorium in einem Gebirge (Siehe Abb. 4), wo das Farbspektrum auf den dort naturell wirkenden Farbmischungen Weiß und Grau, beziehungsweise verschiedene Graustufen, beruht.
Auch das Gefängnis in Part 3 grenzt sich von dem Grand Budapest Hotel farblich ab, lässt sich als monoton beschreiben. Die Szenen, die außerhalb des Gefängnis spielen sind überwiegend in monotonen, bräunlichen Farben gehalten oder sind Nachts ,beziehungsweise in der Dämmerung lokalisiert, sodass dadurch ein Kontrast zu den dynamischen, harmonischen Farben des Hotels geschaffen wird. Dies lässt sich auch so interpretieren, dass die retrospektiven Emotionen von Zèro durch das Bild vermittelt werden sollen. Je näher die Geschichte dem Tod von Zèros Bezugspersonen kommt, desto mehr verliert das Bild an Nostalgie und an harmonischen Assoziationen. Neben dem Grand Budapest Hotel werden auch Szenen mit seiner Frau Agatha in dem harmonischen Farbspektrum dargestellt. Der Tag von Gustaves Ermordung wird mit einem Schwarz-Weiß Farbfilter dargestellt. Damit verliert sich jegliche Assoziation durch Farbgestaltung, was sich durch die Handlung nachvollziehen lässt. Die Szene im Zug doppelt sich und ist ein Verweis auf die frühere Szene bei Minute 18:50 bis 22:59. Hier werden Zèro und Gustave in einem Zug abgebildet, der an einem Grenzübergang hält. Die beiden Protagonisten werden kontrolliert und ein Streit über Zèros Reisedokumente bricht aus, der allerdings gelöst werden kann. Hier bahnt sich der Konflikt an und ist ein Verweis auf den späteren Handlungsverlauf. Es wird auf diese erste Szene verwiesen[1] und es wird den Zuschauer*innen deutlich gemacht, dass die Szene nicht so gelöst wird wie die vorherige. Auch durch die Farbsetzung wird dies bereits impliziert. Durch die Polarisierung gegenüber dem farbspektralen Bildaufbau der vorherigen Szenen mit Gustave aus dem Hotel wird die Tragik und die Melancholie Zèros verdeutlicht. An den genannten Beispielen zeigt sich, dass die Farbgestaltung eine essenzielle Rolle in der Vermittlung von Emotionen und Assoziationen spielt.
- Arbeit zitieren
- Svenja Cremers (Autor:in), 2022, Was wird durch den Film „Grand Budapest Hotel“ (2014) von Wes Anderson vermittelt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1275782
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