Dass Lyrik nicht nur die schönen Seiten des Lebens beleuchtet, sollte für den oder die Lyrikbelesene/n keine neue Erkenntnis sein. Der 30-Jährige Krieg, Pest, Weltkriege oder persönliche Krisen waren seit jeher Themen, die in deutscher Lyrik Anklang gefunden haben. Dennoch scheint aus heutiger Sicht ein Zeitalter deutscher Geschichte besonders dunkel zu sein: Die NS-Zeit und der damit einhergehende Genozid an mehreren Millionen Juden. Noch immer ist diese Zeit ein Schandfleck deutscher Geschichte, noch immer scheint die Auseinandersetzung damit tabuisiert, gar nicht ganz verarbeitet zu sein. Lenkt man den Blick jedoch vielmehr auf die Sicht- und Denkweise direkt nach den Gräueltaten, so lässt sich nach 1945 ein noch extremeres Tabu erahnen. Geschehnisse müssen verarbeitet und geordnet werden, das Leben neu sortiert, der Blick auf die Zukunft gerichtet werden. Sollte in solch einer turbulenten, von Trauer und Leid geprägten Zeit, gedichtet werden? Wie kann Lyrik überhaupt aufgenommen und verarbeitet werden? Ist es korrekt, zu sagen, dass Kunst, die nach einer in jeder Hinsicht fürchterlichen Zeit entsteht und diese thematisiert, nur genau gleichsam fürchterlich sein kann? Und wenn gedichtet werden darf, gilt dies tatsächlich für jede/n?
Die vorliegende Arbeit wird sich mit ebendiesen Fragen beschäftigen und beleuchten, in welchem Verhältnis das Gedicht als solches zur Debatte nach 1945 über die Möglichkeiten und die Grenzen lyrischen Schreibens steht. Diese Betrachtung wird zunächst isoliert im Kontext der Debatte erfolgen, dabei sowohl die Geschichte, als auch die zeitliche Rezension der Debatte beleuchten. Ein grober Überblick soll dabei beleuchten, welche Möglichkeiten die Lyrik in Bezug auf den Genozid der jüdischen Bevölkerung hat. Danach folgt eine Betrachtung der Todesfuge von Paul Celan, worin die Entstehungsgeschichte, die Sprache und die rhetorischen Mittel analysiert und gedeutet werden. Letztlich werden diese Mittel Celans mit den Möglichkeiten und Grenzen der Lyrik nach 1945 in Relation gesetzt, wonach ein Fazit die Arbeit beenden wird.
Die Berühmtheit der Todesfuge resultiert besonders aus der Aufmachung des Gedichtes, das gleichsam metaphorisch und realitätsgetreu die Umstände des Holocausts beleuchtet. Daher wird es auch häufig als Unterrichtsgegenstand an Schulen genutzt, insbesondere zur Interpretation. Die vorliegende Arbeit bietet neben der Beleuchtung der Debatte auch eine ausführliche Interpretation des Gedichtes.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Debatte um Grenzen und Möglichkeiten von Gedichten nach 1945
- Die Geschichte der Debatte
- Die Rezeption der These Adornos
- Paul Celans Todesfuge - eine Analyse
- Die Entstehungsgeschichte der Todesfuge
- Der Titel
- Die Analyse der Form der Todesfuge
- Die Wirkung der rhetorischen Mittel der Todesfuge
- Die Sprecherkonstellationen
- Die rhetorischen Mittel
- Weitere Auffälligkeiten
- Die literarischen Verfahren Celans in Relation zur Debatte um Adorno
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Frage der Legitimität von Lyrik nach Auschwitz, insbesondere im Kontext der Debatte um Theodor W. Adornos berühmte These, dass „nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, barbarisch“ sei. Die Arbeit analysiert zunächst die historische Entwicklung dieser Debatte und die unterschiedlichen Positionen, die vertreten wurden. Im Anschluss wird Paul Celans Todesfuge im Detail untersucht, wobei die Entstehungsgeschichte, die sprachlichen Besonderheiten und die rhetorischen Mittel im Fokus stehen. Abschließend werden Celans Verfahren in Bezug auf die Debatte um Adornos These gesetzt, um zu ergründen, welche Möglichkeiten und Grenzen Lyrik im Angesicht des Holocausts hat.
- Die Rezeption von Adornos These und die Kontroverse um die Legitimität von Lyrik nach Auschwitz
- Die Analyse von Paul Celans Todesfuge hinsichtlich ihrer sprachlichen Gestaltung und ihrer Relevanz für die Debatte
- Die Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten von Lyrik im Kontext des Holocaust
- Die Bedeutung von literarischen Verfahren und Sprachgebrauch im Umgang mit traumatisierenden historischen Ereignissen
- Die Rolle des Autors und seiner eigenen Erfahrung in der Auseinandersetzung mit dem Holocaust
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Legitimität von Lyrik nach Auschwitz dar und führt in die Debatte um die Möglichkeiten und Grenzen lyrischen Schreibens ein. Sie beleuchtet die besonderen Herausforderungen, die sich aus der Erfahrung des Holocaust für das Schreiben von Lyrik ergeben.
Das zweite Kapitel widmet sich der Debatte um Adornos These. Es zeichnet die Geschichte der Debatte nach und analysiert die Rezeption von Adornos These durch verschiedene Lyriker. Das Kapitel beleuchtet verschiedene Argumentationslinien, die in der Debatte aufgeworfen wurden, und untersucht die Auswirkungen von Adornos Aussage auf das lyrische Schreiben nach 1945.
Das dritte Kapitel analysiert Celans Todesfuge im Detail. Es beleuchtet die Entstehungsgeschichte des Gedichts, untersucht die Sprache und die rhetorischen Mittel und analysiert die Wirkung der verwendeten Form.
Das vierte Kapitel setzt Celans Verfahren in Relation zur Debatte um Adornos These. Es untersucht, welche Bedeutung Celans Lyrik im Kontext des Holocaust hat und wie sie sich zu den Argumenten der Debatte verhält.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Lyrik, Holocaust, Adorno, Celan, Todesfuge, Sprache, Rhetorik, Literatur, Geschichte, Debatte, Legitimität, Grenzen, Möglichkeiten, Auschwitz.
- Arbeit zitieren
- Sarah Fremgen (Autor:in), 2021, Paul Celans Todesfuge und die Frage nach der Legitimität von Lyrik nach Auschwitz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1276161