Bis heute beeinflusst das Wissen um Vergänglichkeit und Sterblichkeit das Denken und Handeln der Menschen. Losgelöst von Zeit und Kultur wird dieses fundamentale Thema in Dichtung, Musik und bildender Kunst mithilfe des vanitas Motivs stets neu ausgelegt. Es handelt sich hierbei um einen eigenständigen Topos, der seinen Ursprung in der christlichen Theologie hat. Ziel des ersten Kapitels wird daher sein, das Begriffsgeflecht im Hinblick auf Definition und Entstehungsgeschichte zu entfalten, um darauf basierend eine Erklärung für dessen Unverzichtbarkeit in der Literatur des 17. Jahrhunderts zu liefern.
Im zweiten Kapitel wird anhand der Werke des Dichters Andreas Gryphius die traditionelle barocke Umsetzung des vanitas Motivs und dessen Steigerung im vanitas vanitatum et omnia vanitas dargestellt. Über einen Einstieg in den Melancholie Topos und die Situierung Gryphius ́ darin, soll die Begründung für dessen Mahnruf zur asketischen Lebensverneinung geleistet werden. Diese Manier der Weltabsage hat zudem große Auswirkung auf Gryphius ́ Verständnis von Körperlichkeit, das im Kapitel 2.2. näher ausgeführt wird.
Gryphius ́ Interpretation der vanitas wird im dritten Kapitel schließlich das Werk Hoffmannswaldaus gegenübergestellt. Hier findet eine doppelbödige Aktualisierung des Begriffs statt, die anhand des Gedichts „Vergänglichkeit der Schönheit“ entfaltet wird. Die dort gewonnenen Erkenntnisse werden im darauffolgenden Unterkapitel 3.2. am Text "So soll der Purpur deiner Lippen" vertieft, wobei besonders auf die Bedeutung Hoffmannswaldaus ästhetischer Vorgehensweise eingegangen und dessen Haltung zur Rettung der menschlichen Seele im Heil deutlich gemacht wird. Zuletzt werden erschlossene Ergebnisse zusammengetragen und ein Ausblick auf die Bedeutung der Dichtung Hoffmannswaldaus in Verbindung mit der Wiedererstattung der Sinnlichkeit in der Literatur gegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Begriffsgeflecht „vanitas“
- 1.1. Begriffsdefinition „vanitas“
- 1.2. Die vanitas bei Kohelet - Spannung zwischen carpe diem und memento mori
- 1.3. Die Hochzeit der vanitas-Dichtung im Barock
- 2. Andreas Gryphius - weltverachtender homo religious
- 2.1. Melancholie-Tradition und Gryphius' Situierung im Topos
- 2.2. Die Rolle der Körperlichkeit als kreatürliche Sinnlichkeit vor dem Hintergrund des Verfalls am Beispiel von „An Eugenien“
- 3. Christian Hoffmann v. Hofmannswaldau - Spiel mit den Grenzen - Zwischen Vergänglichkeitsbewusstsein und Lebensgenuss
- 3.1. Die doppelbödige Aktualisierung der vanitas am Beispiel von „Vergänglichkeit der Schönheit“
- 3.2. Zwischen Ernst und Erotik - Ironie durch Mehrdeutigkeit der Metaphorik in „So soll der Purpur deiner Lippen“
- 4. Schlussbetrachtung: Gryphius und Hoffmannswaldau im Vergleich
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung des Vanitas-Motivs in der barocken Lyrik am Beispiel von Andreas Gryphius und Christian Hoffmann von Hofmannswaldau. Ziel ist es, die unterschiedlichen Ausprägungen des Motivs und deren Kontextualisierung innerhalb der religiösen und gesellschaftlichen Bedingungen des 17. Jahrhunderts zu analysieren. Dabei wird der Spannungsbogen zwischen religiöser Askese und sinnlicher Entfaltung im Umgang mit dem Thema Vergänglichkeit beleuchtet.
- Das Begriffsgeflecht „vanitas“ und seine theologischen Wurzeln
- Die Interpretation des Vanitas-Motivs bei Andreas Gryphius und dessen Fokus auf religiöse Askese
- Die ambivalente Darstellung des Vanitas-Motivs bei Christian Hoffmann von Hofmannswaldau und der Umgang mit sinnlicher Erfahrung
- Der Vergleich der poetischen Strategien Gryphius' und Hofmannswaldau's im Umgang mit dem Thema Vergänglichkeit
- Der Einfluss des Dreißigjährigen Krieges und des Wandels im Weltbild auf die barocke Vanitas-Dichtung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Vergänglichkeit und des Vanitas-Motivs ein und skizziert die Ziele der Arbeit. Sie hebt die Bedeutung des Motivs in der Literatur des 17. Jahrhunderts hervor und kündigt die vergleichende Analyse der Werke Gryphius' und Hofmannswaldau's an. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Spannungen zwischen religiöser Askese und sinnlicher Erfahrung im Kontext des Barock.
1. Begriffsgeflecht „vanitas“: Dieses Kapitel definiert den Begriff „vanitas“ und untersucht seine historische Entwicklung. Es analysiert die Bedeutung der Vanitas im Buch Kohelet und die Spannung zwischen Carpe Diem und Memento Mori. Der Abschnitt beleuchtet die Entstehung des Vanitas-Motivs als Ausdruck der christlichen Theologie und zeigt auf, wie dieser Topos im Barock seine Hochblüte erlebte, besonders beeinflusst durch die Krisen der Epoche wie dem Dreißigjährigen Krieg und den Wandel des Weltbildes.
2. Andreas Gryphius - weltverachtender homo religious: Dieses Kapitel widmet sich der Darstellung des Vanitas-Motivs in den Werken Andreas Gryphius'. Es untersucht Gryphius' Situierung innerhalb der Melancholie-Tradition und analysiert seine Betonung einer asketischen Lebensverneinung als Reaktion auf die Vergänglichkeit. Die Rolle der Körperlichkeit und deren Verfall im Kontext des Vanitas-Motivs wird anhand konkreter Beispiele aus seinem Werk beleuchtet.
3. Christian Hoffmann v. Hofmannswaldau - Spiel mit den Grenzen - Zwischen Vergänglichkeitsbewusstsein und Lebensgenuss: Im Gegensatz zu Gryphius präsentiert dieses Kapitel die ambivalente Behandlung des Vanitas-Motivs bei Christian Hoffmann von Hofmannswaldau. Die Analyse konzentriert sich auf die doppelbödige Aktualisierung des Begriffs, wobei die Gedichte „Vergänglichkeit der Schönheit“ und „So soll der Purpur deiner Lippen“ im Mittelpunkt stehen. Die Untersuchung analysiert Hofmannswaldau's ästhetische Strategien und dessen Haltung zur menschlichen Seele im Kontext des Vanitas-Motivs.
Schlüsselwörter
Vanitas, Barock, Andreas Gryphius, Christian Hoffmann von Hofmannswaldau, Vergänglichkeit, Memento Mori, Carpe Diem, Askese, Sinnlichkeit, Melancholie, Dreißigjähriger Krieg, Körperlichkeit, Poetik, Lyrik, Theologie, Kohelet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Vanitas-Motiv in der barocken Lyrik bei Gryphius und Hofmannswaldau
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Darstellung des Vanitas-Motivs in der barocken Lyrik anhand der Werke von Andreas Gryphius und Christian Hoffmann von Hofmannswaldau. Sie analysiert die unterschiedlichen Ausprägungen des Motivs und deren Kontextualisierung im 17. Jahrhundert, wobei der Spannungsbogen zwischen religiöser Askese und sinnlicher Erfahrung im Umgang mit der Vergänglichkeit beleuchtet wird.
Welche Autoren stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Lyrik von Andreas Gryphius und Christian Hoffmann von Hofmannswaldau, zwei bedeutenden Vertretern der barocken Literatur.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt das Begriffsgeflecht „Vanitas“, seine theologischen Wurzeln und seine literarische Umsetzung im Barock. Im Fokus stehen die Interpretation des Vanitas-Motivs bei Gryphius (mit Schwerpunkt auf religiöser Askese) und bei Hofmannswaldau (mit Schwerpunkt auf der ambivalenten Darstellung zwischen Vergänglichkeitsbewusstsein und Lebensgenuss). Der Einfluss des Dreißigjährigen Krieges und des Wandels im Weltbild auf die barocke Vanitas-Dichtung wird ebenfalls berücksichtigt.
Wie werden Gryphius und Hofmannswaldau verglichen?
Die Arbeit vergleicht die poetischen Strategien Gryphius' und Hofmannswaldau's im Umgang mit dem Thema Vergänglichkeit. Der Vergleich zeigt die unterschiedlichen Ausprägungen des Vanitas-Motivs bei beiden Autoren auf und beleuchtet deren jeweilige Haltung zur religiösen Askese und sinnlicher Erfahrung.
Welche konkreten Werke werden analysiert?
Die Arbeit analysiert unter anderem Gryphius' Werk im Hinblick auf die Rolle der Körperlichkeit und deren Verfall im Kontext des Vanitas-Motivs. Bei Hofmannswaldau stehen die Gedichte „Vergänglichkeit der Schönheit“ und „So soll der Purpur deiner Lippen“ im Mittelpunkt der Analyse, um dessen doppelbödige Aktualisierung des Vanitas-Motivs zu beleuchten.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Vanitas, Barock, Andreas Gryphius, Christian Hoffmann von Hofmannswaldau, Vergänglichkeit, Memento Mori, Carpe Diem, Askese, Sinnlichkeit, Melancholie, Dreißigjähriger Krieg, Körperlichkeit, Poetik, Lyrik, Theologie und Kohelet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Begriffsbestimmung von „Vanitas“, ein Kapitel zu Andreas Gryphius, ein Kapitel zu Christian Hoffmann von Hofmannswaldau und eine Schlussbetrachtung, welche einen Vergleich beider Autoren bietet. Jedes Kapitel enthält eine detaillierte Analyse des Vanitas-Motivs im jeweiligen Kontext.
Welches ist die zentrale Fragestellung der Arbeit?
Die zentrale Fragestellung ist, wie das Vanitas-Motiv bei Gryphius und Hofmannswaldau literarisch umgesetzt wird und wie sich die unterschiedlichen Darstellungen im Kontext der religiösen und gesellschaftlichen Bedingungen des 17. Jahrhunderts erklären lassen.
Für welche Zielgruppe ist die Arbeit gedacht?
Die Arbeit richtet sich an Leser, die sich für die Barockliteratur, das Vanitas-Motiv und die Werke von Andreas Gryphius und Christian Hoffmann von Hofmannswaldau interessieren. Sie ist insbesondere für Studierende der Literaturwissenschaft und Germanistik relevant.
- Arbeit zitieren
- Leah Geißler (Autor:in), 2022, Religiöse Askese oder Entfaltung der Sinnlichkeit. Spannungen vor dem Leitmotiv der vanitas in der Poesie des 17. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1277967