Die Synergetik beschäftigt sich mit dem Verhalten von Systemen, die aus vielen Elementen bestehen (z.B. Zellen, Menschen) und genauer mit dem Zusammenwirken der einzelnen Systemkomponenten. Die Synergetik ist dabei als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet auf der Suche nach gemeinsamen Eigenschaften dieses Zusammenwirkens sowie nach den zugrunde liegenden allgemeinen Gesetzmäßigkeiten. Die synergetische Grundidee ist, dass das Zusammenwirken der Elemente von nur einigen wenigen Prinzipien bestimmt wird (Haken & Schiepek, 2006).Ausgehend von der Physik konnte die Theorie der Synergetik erfolgreich auf vielfältige sog. selbstorganisierende Phänomene in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen der Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften übertragen und angewendet werden. In der Psychologie fand fand die Synergetik zunächst nur in experimentell leicht zugänglichen Bereichen Anwendung (z.B. Wahrnehmung, motorische Koordination) (Haken & Schiepek, 2006; Schiepek, 1999b). Später wurden auch komplexere und experimentell schwerer zugängliche Gebiete als Beispiele für Selbstorganisation aufgedeckt. Nach Schiepek und Tschacher (1992) und Schiepek et al. (2000) ist das Paradigma der Selbstorganisation im Bereich psychologischer Phänomene insbesondere für die Psychotherapie relevant. Sie verweisen dabei sowohl auf theoretische Entwürfe als auch auf empirische Evidenzen durch Einzelfallstudien (u.a. Schiepek, 1999b). Psychotherapeuten beschäftigen sich professionell mit der Veränderung von Ordnungszuständen und kommen dadurch in Berührung mit den selbstorganisierten Veränderungen im Sinne der Synergetik (Haken & Schiepek, 2006). Die Synergetik liefert ein Modell psychotherapeutischer Veränderungsprozesse (Haken, 1992) und kann als innovative Metatheorie für die Psychotherapieforschung angesehen werden (Tschacher, 1990, zitiert in Tschacher & Grawe, 1996). Die Synergetik differenziert also nicht in einzelne Therapierichtungen, sondern analysiert grundlegende Prozesse. Der therapeutische Prozess ist vor dem Hintergrund der Synergetik ein idealtypisches Beispiel emergenter Selbstorganisation (Schiepek et al., 2000) und Psychotherapie kann dementsprechend verstanden werden als selbstorganisierter Ordnungswandel (Schiepek, 1999b), als alternative Realitätskonstruktion (Kruse, Stadler, Pavlekovic & Gheorghiu, 1992) sowie als Kaskade dynamischer nicht linearer Ordnungsübergänge zwischen verschiedenen Kognitions-Emotions-Verhaltens-Mustern (Haken & Schiepek, 2006).
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einführung in die Synergetik
- 1.1 Grundidee und historische Entwicklung der Synergetik
- 1.2 Synergetik als Theorie der Selbstorganisation
- 1.2.1 Begriffsdefinition und -abgrenzung
- 1.2.2 Voraussetzungen für Selbstorganisationsprozesse
- 2 Grundannahmen und Grundbegriffe der Synergetik
- 2.1 Hinführung zu den synergetischen Grundannahmen und Grundbegriffen
- 2.2 Darstellung synergetischer Grundannahmen und Grundbegriffe
- 2.2.1 System
- 2.2.2 Emergenz
- 2.2.3 Kontrollparameter
- 2.2.4 Instabilität und kritische Fluktuationen
- 2.2.5 Ordnungsparameter und Versklavungsprinzip
- 2.2.6 Zirkuläre Kausalität
- 3 Synergetik in der Psychotherapie
- 3.1 Transfer der Synergetik auf den Psychotherapieprozess
- 3.2 Prozessforschung: Methode zur Analyse therapeutischer Selbstorganisation
- 3.3 Verlaufsmerkmale therapeutischer Selbstorganisation
- 3.3.1 Reduktion von Freiheitsgraden im Therapieverlauf
- 3.3.2 Motivation als Kontrollparameter
- 3.3.3 Sicherheit und Stabilität im Therapieprozess
- 3.3.4 Kritische Fluktuationen als Kennzeichen von Ordnungsübergängen
- 3.3.5 Kairos der sensible Therapiemoment
- 3.4 Implikationen für die Psychotherapie
- 4 Kritische Stellungnahme zur Bedeutung der Synergetik für die Psychologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Anwendung der Synergetik, einer Theorie der Selbstorganisation, auf die Psychologie, insbesondere im Kontext der Psychotherapie. Ziel ist es, die Grundprinzipien der Synergetik darzustellen und ihren Transfer auf psychotherapeutische Prozesse zu analysieren. Dabei wird der Fokus auf die Erklärung von Selbstorganisation in therapeutischen Settings gelegt.
- Grundprinzipien der Synergetik und deren historische Entwicklung
- Konzepte der Selbstorganisation und deren Anwendung auf psychotherapeutische Prozesse
- Analyse therapeutischer Prozesse unter dem Blickwinkel der Synergetik
- Bedeutung von Kontrollparametern und kritischen Fluktuationen in der Therapie
- Kritische Reflexion der Anwendbarkeit der Synergetik in der Psychologie
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einführung in die Synergetik: Dieses Kapitel führt in die Grundidee und die historische Entwicklung der Synergetik ein. Es wird erläutert, dass die Synergetik sich mit dem Zusammenwirken vieler Elemente in Systemen beschäftigt und nach universellen Gesetzmäßigkeiten sucht. Die Entstehung der Synergetik im Jahr 1969 durch Hermann Haken wird beschrieben, sowie die anfängliche Anwendung der Theorie auf die Erklärung der Lichtemission von Lasern. Der Kapitel beschreibt auch die spätere Übertragung der Synergetik auf verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und die Entwicklung mathematischer Formalismen. Die interdisziplinäre Natur und das Streben nach universellen Prinzipien der Synergetik werden hervorgehoben.
2 Grundannahmen und Grundbegriffe der Synergetik: Dieses Kapitel erläutert die zentralen Annahmen und Begriffe der Synergetik. Es behandelt Konzepte wie System, Emergenz, Kontrollparameter, Instabilität, kritische Fluktuationen, Ordnungsparameter, das Versklavungsprinzip und zirkuläre Kausalität. Jeder Begriff wird detailliert erklärt und in den Kontext der Selbstorganisation gestellt. Die Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der Anwendung der Synergetik auf psychotherapeutische Prozesse in den folgenden Kapiteln. Die Interdependenzen und das dynamische Wechselspiel zwischen diesen Konzepten wird herausgestellt. Es wird verdeutlicht, wie diese Konzepte für ein Verständnis von selbstorganisierenden Systemen essentiell sind.
3 Synergetik in der Psychotherapie: Dieses Kapitel konzentriert sich auf den Transfer der Synergetik auf den Psychotherapieprozess. Es beleuchtet die Anwendung der Synergetik als methodisches Werkzeug zur Analyse therapeutischer Selbstorganisation, insbesondere durch die Prozessforschung. Es werden die Verlaufsmerkmale therapeutischer Selbstorganisation, wie die Reduktion von Freiheitsgraden, Motivation als Kontrollparameter, Sicherheit und Stabilität, kritische Fluktuationen und der "Kairos" (sensibler Therapiemoment) beschrieben und deren Bedeutung im Therapieverlauf detailliert erläutert. Das Kapitel stellt heraus, wie synergetische Prinzipien helfen können, die Dynamik von Veränderungsprozessen in der Psychotherapie besser zu verstehen.
Schlüsselwörter
Synergetik, Selbstorganisation, Psychotherapie, Prozessforschung, Kontrollparameter, kritische Fluktuationen, Ordnungsparameter, Emergenz, System, therapeutische Veränderung, Selbstorganisation in Systemen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Synergetik in der Psychotherapie
Was ist das Thema der Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Anwendung der Synergetik, einer Theorie der Selbstorganisation, auf die Psychologie, insbesondere im Kontext der Psychotherapie. Der Fokus liegt auf der Erklärung von Selbstorganisation in therapeutischen Settings.
Welche Inhalte werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit beinhaltet eine Einführung in die Synergetik, die Darstellung ihrer Grundannahmen und -begriffe (System, Emergenz, Kontrollparameter, Instabilität, kritische Fluktuationen, Ordnungsparameter, Versklavungsprinzip, zirkuläre Kausalität), die Anwendung der Synergetik auf den Psychotherapieprozess, eine Analyse therapeutischer Prozesse unter synergetischem Blickwinkel und eine kritische Reflexion der Anwendbarkeit der Synergetik in der Psychologie.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit besteht aus vier Kapiteln: Kapitel 1 führt in die Synergetik ein, Kapitel 2 erläutert die zentralen Annahmen und Begriffe, Kapitel 3 konzentriert sich auf die Anwendung in der Psychotherapie und Kapitel 4 bietet eine kritische Stellungnahme.
Was sind die zentralen Begriffe der Synergetik, die in der Arbeit behandelt werden?
Zentrale Begriffe sind Synergetik, Selbstorganisation, System, Emergenz, Kontrollparameter, kritische Fluktuationen, Ordnungsparameter, Versklavungsprinzip und zirkuläre Kausalität.
Wie wird die Synergetik in der Psychotherapie angewendet?
Die Synergetik wird als methodisches Werkzeug zur Analyse therapeutischer Selbstorganisation eingesetzt. Die Arbeit analysiert Verlaufsmerkmale therapeutischer Selbstorganisation wie Reduktion von Freiheitsgraden, Motivation als Kontrollparameter, Sicherheit und Stabilität, kritische Fluktuationen und den "Kairos" (sensibler Therapiemoment).
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Grundprinzipien der Synergetik darzustellen und ihren Transfer auf psychotherapeutische Prozesse zu analysieren, um Selbstorganisation in therapeutischen Settings zu erklären.
Welche Methoden werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit verwendet die Prozessforschung als Methode zur Analyse therapeutischer Selbstorganisation.
Gibt es eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel?
Ja, die Arbeit enthält Kapitelzusammenfassungen, die die wichtigsten Punkte jedes Kapitels hervorheben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Synergetik, Selbstorganisation, Psychotherapie, Prozessforschung, Kontrollparameter, kritische Fluktuationen, Ordnungsparameter, Emergenz, System, therapeutische Veränderung, Selbstorganisation in Systemen.
- Arbeit zitieren
- Franziska Roßmann (Autor:in), 2009, Synergetik in der Psychologie und Psychotherapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127823