Das subjektive Gesundheitsempfinden im Lebensverlauf


Forschungsarbeit, 1999

23 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Forschungsstand

3 Hypothesen

4 Daten

5 Ergebnisse

6 Interpretation

Literatur

Zusammenfassung:

Angaben zum subjektiven Gesundheitsempfinden korrelieren positiv mit objektiven Gesundheitsindikatoren (wie etwa die Anzahl der Arztbesuche, vergangene Krankenhausaufenthalte oder Kuren, der Behinderungsgrad oder das Vorhandensein chronischer Leiden), eine weitgehende Determination existiert allerdings nicht. Somit stellt sich die Frage nach den übrigen Determinanten des subjektiven Gesundheitsempfindens. Der vorliegende Beitrag zeigt anhand von Befragungsdaten des Sozio-ökonomischen Panel zum einen die Entwicklung des subjektiven Gesundheitsempfindens im Lebensverlauf und zum anderen die Einflußfaktoren auf das subjektive Gesundheitsempfinden auf. Befragte, die unter objektiven Kriterien als gleich krank resp. gesund einzustufen sind, unterscheiden sich in ihrem subjektiven Gesundheitsempfinden: So fühlen sich unter Konstanthaltung verfügbarer objektiver Indikatoren Ältere, Befragte mit geringer Schulbildung und Befragte aus den neuen Bundesländern subjektiv kranker. Mit fortschreitendem Alter geht - ceteris paribus - ein zunehmender pessimistic bias, also eine zunehmende Schlechtereinstufung der eigenen Gesundheit einher. Im Anschluß an die empirischen Analysen werden mögliche Ursachen für die gefundenen Effekte diskutiert

Key Words:

Subjective Health - Objektive Health - Correlates of Health Status - Subjective Health among Aged

1 Einleitung

Die zentrale Bedeutung der Gesundheit in unserer Gesellschaft ist unbestritten. Ein erheblicher Anteil der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung des Sozialstaates dient der Aufrechterhaltung respektive der Wiederherstellung der Gesundheit seiner Bürger. Auch ist die herausragende Bedeutung des Gesundheitszustandes für die Lebenszufriedenheit des Individuums hinreichend bekannt, insbesondere die Bedeutungszunahme des individuellen Gesundheitszustandes in der zweiten Lebenshälfte (Larson 1978, Schuhmacher 1996).

So verwundert es nicht, daß die Erhebung des Gesundheitszustandes zu den Standardfragen sozialwissenschaftlicher Erhebungen gehört. In der Regel wird dabei die subjektive Einschätzung durch den Befragten ermittelt. Dies geschieht meist mittels einer Globalfrage beispielsweise nach dem Muster ‘Wie zufrieden sind sie mit Ihrer Gesundheit?’ (Sozioökonomisches Panel) oder ‘Ist Ihr gegenwärtiger Gesundheitszustand sehr gut / gut / zufriedenstellend / weniger gut / schlecht?’ (Familiensurvey). Als Antwortvorgaben finden sich meist drei- bis elfstufige Skalen. Eine derartige Operationalisierung anhand einer subjektiven Einstufung hat den Vorteil, schneller, billiger und praktikabler zu sein, als den Gesundheitszustand durch einen externen Sachverständigen (Arzt, Pflegepersonal) nach standardisierten medizinischen Kriterien einschätzen zu lassen oder eindeutig meßbare Angaben wie etwa die Anzahl der Arztbesuche innerhalb der letzten drei Monate oder die Anzahl einzunehmender Medikamente o.ä. zu erheben. Nun korrelieren Angaben zum subjektiven Gesundheitsempfinden erwartungsgemäß positiv mit den letztgenannten objektiven Gesundheitsindikatoren, eine völlige Determination existiert allerdings nicht (Markides 1979, Ferraro 1980, Cockerham et al. 1983, Levkoff et al. 1987, Borchelt et al. 1996, Jylhä et al. 1996). Somit stellt sich die Frage nach der Aufklärung der Restvarianz, d.h. welche weiteren Faktoren (neben dem objektiven Gesundheitszustand) das subjektive Gesundheitsempfinden determinieren. Einige Autoren betonen dabei das Lebensalter als einen weiteren bedeutenden Faktor. Offenbar verändert sich also das subjektive Gesundheitsempfinden im Lebensverlauf (Ferraro 1980, Cockerham et al. 1983, Borchelt et al. 1996). Die Notwendigkeit einer Unterscheidung von objektiven von subjektiven Angaben wird auch bei der Vorhersage zukünftiger Morbidität und Mortalität bedeutsam. Maddox / Douglas (1973), LaRue et al. (1979), Salthouse et al. (1990) und Stolar et al. (1992) berichten, daß das subjektive Gesundheitsempfinden ein guter Prädiktor für zukünftige Morbidität und Mortalität sei. Das subjektive Gesundheitsempfinden ist bei der Vorhersage zukünftiger Mortalität gar ein besserer Prädiktor als objektive Variablen (Willits / Crider 1988).

Vor diesem Hintergrund sollen im folgenden verschiedene Einflußfaktoren auf ihre Erklärungskraft für das subjektive Gesundheitsempfinden überprüft werden. Die Fragestellung im ersten Teil der folgenden empirischen Analysen wird dabei sein: Wie verändert sich das subjektive Gesundheitsempfinden im Lebensverlauf? Der zweite Teil widmet sich der Fragestellung: Durch welche Faktoren wird das subjektive Gesundheitsempfinden (unter Konstanthaltung objektiver Indikatoren) determiniert? Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bedeutung des Lebensalters als Determinante subjektiven Gesundheitsempfindens zu richten sein.

2 Forschungsstand

Eine mögliche Vorgehensweise zur Analyse des Alterseinflusses auf das subjektive Gesundheitsempfinden ist eine bivariate Betrachtung. Bei der Mehrzahl derartiger Studien findet sich ein negativer Einfluß des Lebensalters auf das subjektve Gesundheitsempfinden (Übersicht 1). Dennoch wird ein solcher Zusammenhang nicht in allen Studien berichtet. Teilweise ergibt sich unter bivariater Perspektive kein oder ein positiver Zusammenhang.

Übersicht 1: Bivariate Studien zum Alterseinfluß auf das subjektive Gesundheits-empfinden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1) Heimbewohner.
2) Soweit bekannt: Größe der in die Berechnungen eingeflossenen Teilstichprobe, anderenfalls: Gesamtstichprobengröße.
3) 0: kein signifikanter Alterseinfluß feststellbar.

Quelle: eigener Entwurf.

Zur Untersuchung, aus welchen weiteren Faktoren sich das subjektive Gesundheitsempfinden konstituiert, scheint deshalb eine multivariate Betrachtungsweise unabdingbar. In Übersicht 2 sind einige Studien gegenübergestellt, die die Einflußfaktoren auf das subjektive Gesundheitsempfinden unter multivariater Perspektive überprüfen.

Übersicht 2: Multivariate Studien zum Alterseinfluß auf das subjektive Gesundheits-empfinden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anm.: Abhängige war in allen Studien der subjektive Gesundheitszustand. Hohe Werte der Abhängigen bedeuteten gute subjektive Gesundheit.

+ : positiver Effekt, — negativer Effekt, 0 : Prädiktor kontrolliert und nicht signifikant;

*** p < 0.001; ** p < 0,01; * p < 0,05;

1) Befragt wurden nur Weiße.
2) Größe der in die Berechnungen eingeflossenen Teilstichprobe.
3) In den Studien von Borchelt et al. (1996) und Hooker / Siegler (1993) wurden auch psychologische und medizinische Variablen, bei Markides (1979) und Cockerham et al. (1983) auch ethnische Variablen berücksichtigt, deren meist geringer Einfluß hier nicht wiedergegeben ist.
4) Hohe Index-Werte bedeuten einen objektiv schlechten Gesundheitszustand.
5) Dummyvariable, die bei Vorliegen der genannten Ausprägung mit 1, ansonsten mit 0 kodiert ist.

Quelle: eigener Entwurf.

Unter Konstanthaltung objektiver Indikatoren wird der vorher negative Alterseinfluß nicht signifikant oder es ergibt sich ein positiver Alterseffekt (Übersicht 2). Je älter der Befragte ist, desto positiver empfindet er demnach einen konstantgehaltenen Gesundheitszustand. Bei den Studien von Levkoff et al. (1987) und Hooker / Siegler (1993) ergibt sich dagegen ein (nicht signifikanter) negativer Alterseffekt.

Bei der Mehrzahl der betrachteten multivariaten Studien läßt sich außerdem kein signifikanter Geschlechtseffekt nachweisen (Übersicht 2). Zwischen Bildungsniveau (i.d.R. operationalisiert mit der Anzahl an Schuljahren) und dem subjektivem Gesundheitsempfinden ergibt sich in den meisten Studien ein positiver Zusammenhang (Übersicht 2).

[...]

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Details

Titel
Das subjektive Gesundheitsempfinden im Lebensverlauf
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Wissenschaftlicher Zeitschriftenbeitrag
Autor
Jahr
1999
Seiten
23
Katalognummer
V12796
ISBN (eBook)
9783638186001
ISBN (Buch)
9783638642620
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesundheit, Medizin, Soziologie, Krankheit, subjektives Empfinden
Arbeit zitieren
Privatdozent Dr. Sven Schneider (Autor:in), 1999, Das subjektive Gesundheitsempfinden im Lebensverlauf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12796

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