Bildungstheoretische Didaktik nach Wolfgang Klafki und deren historische Bezüge


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geschichtlicher Rückblick
2.1 Von der Antike bis ins Mittelalter
2.2 Das 17. Jahrhundert
2.3 Die Zeit der Aufklärung
2.4 Entwicklung zu einer systematisch-wissenschaftlichen Theorie
2.5 Grundzüge der geisteswissenschaftlichen Pädagogik

3 Klafkis Theorie der Kategorialen Bildung
3.1 Einseitige Bildungstheorien
3.2 Bildung “als Ganzes”
3.3 Die 7 Grundformen des „Elementaren“

4 Die „Didaktische Analyse“
4.1 Der „allgemeine“ Teil der „Didaktischen Analyse“
4.2 Der „besondere“ Teil der „Didaktischen Analyse“

5 Der kritisch-konstruktive Theorieentwurf
5.1 Begriffsklärung
5.2 Die Fundierung der Didaktik in einer Bildungstheorie
5.3 Der neue Bedeutungsumfang des Begriffs „Didaktik“
5.4 Methodenintegration
5.5 Perspektivschema zur Unterrichtsplanung

6 Schlussbemerkungen

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Theorien und Modelle didaktischen Handelns lassen sich nach drei Schlüsselbegriffen einordnen: Bildung, Lernen und Interaktion[1]. Da das Augenmerk dieses Aufsatzes aber auf den Begriff der Bildung gerichtet ist, wird deshalb hier nicht näher auf lern- und interaktionstheoretische Modelle eingegangen.

Der Mittelpunkt „…des Bildungsbegriffs ist durch die Einzigartigkeit des Menschen bezeichnet. Der Mensch wird dabei in seiner bildenden Tätigkeit, d.h. in seiner Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden kulturellen Wertwelt, gesehen. Das Ziel dieser individuellen geistigen Tätigkeit liegt in der wertvollen Persönlichkeit.“[2] Die „Bildungstheoretische Didaktik“[3] wurde ab Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts zum ersten großen, bis heute gültigen Modell der Didaktik ausgebaut. Einer der bedeutendsten Vertreter der „Bildungstheoretischen Didaktik“ ist Wolfgang Klafki.

Wolfgang Klafki wurde am 1.9. 1927 in Angerburg (Polen) geboren. Auf sein Erststudium an der Pädagogischen Hochschule Hannover und eine mehrjährige Tätigkeit als Volksschullehrer, folgte ein zweites Studium der Pädagogik, Philosophie und Germanistik in Göttingen und Bonn. Von 1963 bis 1992 lehrte Klafki als Professor an der Universität Marburg. Er ist heute emeritiert.[4]

Dieser Aufsatz soll einen Überblick über Wolfgang Klafkis Modell der „Bildungstheoretischen Didaktik“ verschaffen, und der Frage nachgehen auf welchen Konzepten diese beruht.

Als Einstieg in diese Thematik steht zunächst ein kurzer historischer Abriss über die Entstehung und Entwicklung der bildungstheoretischen Didaktik. Vor diesem Hintergrund werden im darauffolgenden Hauptteil Klafkis Konzept der „kategorialen Bildung“ und der „kritisch-konstruktive“ Theorieentwurf vorgestellt.

2 Geschichtlicher Rückblick

2.1 Von der Antike bis ins Mittelalter

Die Basis der Entwicklung der Pädagogik und Didaktik bildet die, von den Sophisten ausgebildete „enkyklios paideia“, als „allgemeine, jedem Freien zugängliche und angemessene, zugleich in sich abgerundete Bildung als Voraussetzung für die Teilnahme am kulturellen Gemeinbesitz und am öffentlich-politischen Leben.“[5] Im Hellenismus verbreitete sich mit der griechischen Kultur auch der „erste Lehrplan“ im Mittelmeerraum. Die Römer übernahmen diesen größtenteils in Form der so genannten sieben freien Künste[6][7], der „septem artes liberales“[8].Obwohl diese ursprünglich den eigentlichen Bildungsinhalt bezeichneten, sind sie seit dem Mittelalter lediglich als eine Vorübung für das Studium der Theologie existent.

2.2 Das 17. Jahrhundert

Die Anfänge der Geschichte der Didaktik - in einem modernen Sinn – liegen im 17. Jahrhundert. Der tschechische Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius (*1592, - †1670) erlangte Bekanntheit durch seine theologisch-pansophischen Werke und seine Lehrbücher. Schule sollte nach seinen Ansichten allen Menschen alles Grundlegende vollständig lehren können. M. a. W.: Bildung für alle, allseitige Bildung und Bildung im Medium des Allgemeinen.

So war eine von Comenius grundlegenden pädagogischen Forderungen die allgemeine Schulpflicht für Jungen und Mädchen[9].

Sein im Jahr 1658 (in Nürnberg) erschienener „Orbis sensualium pictus“ verkörpert das erste moderne Curriculum, das aber noch nach dem Prinzip der göttlichen Schöpfung ausgerichtet ist: „Alle Elemente stehen als Geschöpfe Gottes miteinander und untereinander in Verbindung: alle sind jedoch „Von Gott und zu Gott“ hin geordnet.“[10] Seine didaktischen Anschauungen legte Comenius bereits ein Jahr zuvor in seinem Werk die „Grosse Didaktik“ („Didactica magna“) dar.

2.3 Die Zeit der Aufklärung

Seine spezifisch neuzeitliche Wendung nimmt das didaktische und methodische Denken aber erst mit Rousseau, der mit seinem pädagogischen Lehrbuch „Émile oder über die Erziehung“ (1762) mit seinem Eingehen auf die Eigenart des Kindes neue pädagogische Maßstäbe aufstellte.[11] Rousseaus erzieherischen Grundsätzen liegt das Ideal zugrunde, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit auf der Grundlage von Natur und Empfindung basiert. Sein Grundgedanke vom „Eigenrecht der Kindheit und Jugend als Momenten der Anerkennung des Menschen als zur Selbstbestimmung fähigen Wesens“[12] wirkte bis ins 20. Jahrhundert als ein Grundimpuls der Pädagogik. Klafki nennt in diesem Zusammenhang unter anderem Pestalozzi, Humboldt, und Herbart.[13]

Diesen Einsichten zugrunde liegt das Postulat der Aufklärung, welches in Kants Aussage vom Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zum Ausdruck kommt.

Besonders beeinflusst von diesen Gedanken war auch der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi[14] (*1746 – †1827). Auch Pestalozzi wollte durch die Erziehung die in der menschlichen Natur liegenden positiven Kräfte zur Entfaltung bringen.[15]

2.4 Entwicklung zu einer systematisch-wissenschaftlichen Theorie

Unter Johann Friedrich Herbart und Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher erfolgte die Weiterentwicklung dieser pädagogischen Denkansätze in Richtung einer systematisch-wissenschaftlichen Theorie, die seit Wilhelm Dilthey[16] auf dem Gebiet der Didaktik ausgebaut wurden.

Dilthey definiert Pädagogik wie folgt: „Sie soll (…) Gesetzmäßigkeiten finden, um daraus allgemeine Prinzipien für das Eingreifen in menschliche Welt zu finden. Sie soll dabei anthropologisch bzw. psychologisch und kulturgeschichtlich über den Menschen und seine Verflochtenheit mit Welt [sic] arbeiten, ohne in bloßer Deskription zu verbleiben. Sie darf aber andererseits auch nicht naturwissenschaftlich bestimmte psychologische und geschichtliche Gesetze unterstellen. Prinzipien und Normen müssen vielmehr aus dynamischen Wechselwirkungsbeziehungen zwischen dem einzelnen und Um- sowie Mitwelt gefunden werden.“[17]

2.5 Grundzüge der geisteswissenschaftlichen Pädagogik

Die „Geisteswissenschaftliche Pädagogik“ ist eine Strömung der deutschen Erziehungswissenschaft, welche im Anschluss an die Ansätze Wilhelm Diltheys entwickelt wurde; sie greift zurück auf die „klassische deutsche philosophische Pädagogik“ (u. a. Pestalozzi, Humboldt, Herbart und Schleiermacher).[18]

Klafki benennt vier Charakteristika „Geisteswissenschaftlicher Pädagogik“[19]:

Das erste Merkmal bezieht sich auf das Verhältnis von Theorie und Praxis. Pädagogik als Wissenschaft im Sinne der geisteswissenschaftlichen Pädagogik steht nicht außerhalb der Praxis. Sie versteht sich vielmehr „ als Theorie der pädagogischen Praxis und als Theorie für die Praxis“[20].

Als zweiten Punkt nennt Klafki die „Formel der relativen Autonomie der Pädagogik“. Damit ist gemeint, dass die Pädagogik in Theorie und Praxis eine gewisse Selbst- und Eigenständigkeit erreicht hat. Diese geht aus von Rousseaus Grundgedanken vom „Eigenrecht der Kindheit und Jugend als Momenten der Anerkennung des Menschen als zur Selbstbestimmung fähigen Wesens, der als Grundimpuls (…) weiterwirkte“[21].

Drittens betrachtete die Geisteswissenschaftliche Pädagogik „die Erziehungswirklichkeit und alle pädagogischen Theorien – einschließlich ihrer selbst – als historische Erscheinungen“[22].

Im vierten und letzten Punkt bezieht sich Klafki auf die vorwiegend „historisch-hermeneutische Vorgehensweise der „Geisteswissenschaftlichen Pädagogik“.

[...]


[1] vgl. KRON, Friedrich W.: Grundwissen Didaktik. 3. aktualisierte Auflage. Ernst Reinhardt Verlag. München Basel 2000. S.118.

[2] vgl. ebd. S.119.

[3] Didaktik als Begriff ist nach Klafki „als übergreifende Bezeichnung für erziehungswissenschaftliche Forschung, Theorie- und Konzeptbildung im Hinblick auf alle Formen intentionaler (zielgerichteter), systematisch vorbedachter „Lehre“ (im weitesten Sinne von reflektierter Lernhilfe) und auf das im Zusammenhang mit solcher „Lehre“ sich vollziehende Lernen zu beziehen.“

KLAFKI, Wolfgang: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. 2., erweiterte Auflage. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 1991. S.90.

[4] vgl. Der Brockhaus multimedial. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2004

[5] KLAFKI, Wolfgang: Didaktik und Methodik. In: Hermann Röhrs (Hrsg.). Didaktik. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt a.M. 1971. S. 1-16. S. 7

[6]. Die „septem artes“ unterteilen sich in das Trivium (umfasst Grammatik, Rhetorik und Dialektik) und das Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik).

[7] vgl. KLAFKI, Wolfgang: Didaktik und Methodik. In: Hermann Röhrs (Hrsg.). Didaktik. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt a.M. 1971. S. 1-16. S. 7.

[8] Der Begriff „Kunst“ bezeichnet hier bei nicht die "Kunst" im modernen Sinne, sondern bezieht sich auf Techniken oder Fähigkeiten.

[9] vgl. Der Brockhaus multimedial. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2004

[10] KRON, Friedrich W.: Grundwissen Didaktik. 3. aktualisierte Auflage. Ernst Reinhardt Verlag. München Basel 2000. S.61.

[11] vgl. HAGER, Fritz-Peter: Pestalozzi und Rousseau – Pestalozzi als Vollender und Gegner Rousseaus. Verlag Paul Haupt. Bern und Stuttgart 1975. S.12.

[12] KLAFKI, Wolfgang: Aspekte kritisch-konstruktiver Erziehungswissenschaft. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 1976. S. 21.

[13] vgl. ebd. S. 21.

[14] Pestalozzi vertrat die Ansicht, dass Erziehung die geistigen, sittlich-religiösen und körperlich-werktätigen Kräfte („Kopf“, „Herz“ und „Hand“) gleichermaßen ansprechen müsse vgl. Der Brockhaus multimedial. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2004

[15] Wobei hier nicht der Eindruck erweckt werden soll, dass Rousseaus und Pestalozzis Vorstellungen von Erziehung als deckungsgleich zu sehen sind. Trotz vieler Parallelen und Übereinstimmungen bestehen auch deutliche Unterschiede.

vgl. dazu HAGER, Fritz-Peter: Pestalozzi und Rousseau – Pestalozzi als Vollender und Gegner Rousseaus. Verlag Paul Haupt. Bern und Stuttgart 1975.

[16] Wilhelm Dilthey (*1833 – † 1911)

[17] UHLE, Reinhard: Wilhelm Dilthey – Ein pädagogisches Porträt. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 2003. S.12.

[18] vgl. KLAFKI, Wolfgang: Theodor Litt. In: Scheuerl, Hans: Klassiker der Pädagogik. 2. Auflage. Verlag C.H. Beck. München 1991. S.241

[19] vgl. KLAFKI, Wolfgang: Aspekte kritisch-konstruktiver Erziehungswissenschaft. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 1976. S. 19ff.

[20] ebd. S. 19.

[21] ebd. S. 20.

[22] ebd. S. 22.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Bildungstheoretische Didaktik nach Wolfgang Klafki und deren historische Bezüge
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Pädagogik)
Veranstaltung
Einführung in die Didaktik
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V128117
ISBN (eBook)
9783640342914
ISBN (Buch)
9783640342662
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pädagogik, Klafki, Bildungstheoretische Didaktik, Didaktik, Kategoriale Bildung, kritisch-konstruktiv
Arbeit zitieren
Michael Kraus (Autor:in), 2004, Bildungstheoretische Didaktik nach Wolfgang Klafki und deren historische Bezüge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128117

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