Maryse Condé "Traversée de la Mangrove" - Eine Analyse


Hausarbeit, 2007

24 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Biographie von Maryse Condé

3. „Traversée de la Mangrove“
3.1. Inhaltsangabe
3.2. Die einzelnen Charaktere
3.3. Auswertung und Analyse
3.3.1. Ethnische Vielfalt
3.3.2. Bildung und Schrifttum im Roman
3.3.3. Das Kreol
3.3.4. Traditionen und Rituale
3.3.5. Der Bezug zu Afrika
3.3.6. Identität und Befreiung
3.3.7. Europa und Frankreich
3.3.8. Rassismus, Fremdenhass und Hautfarbe
3.3.9. Modernität
3.3.10. Frauenbilder-Männerbilder

4. Fazit

5. Bibliographie

1. Einleitung

Guadeloupe, ein Inselstaat der Französischen Antillen im Karibischen Meer, wurde im 17. Jahrhundert durch die Franzosen kolonisiert und damit wie die meisten europäischen Kolonien zum Schauplatz von rund 300 Jahren Ausrottung, Sklaverei, Plantagenökonomie und Unterdrückung. Die Insel wurde zum Schmelztiegel indianischer, europäischer, afrikanischer und asiatischer Bevölkerungsgruppen und Kulturtraditionen. Im 20. Jahrhundert wurden die meisten besetzten Inseln unabhängig, doch Guadeloupe und die Nachbarinsel Martinique haben seit 1946 den Status als Überseedepartements „Départements d’Outre-Mer“ und sind bis heute Frankreich gleichgestellt (vgl.Gewecke 1988, S. 16-19). Im klassischen Sinne sind sie nicht postkolonial, da sie immer noch politisch, wirtschaftlich und kulturell von der französischen Metropole Paris abhängig sind. Diese Identitätsproblematik ist auch Thema vieler kritischer Aufsätze antillanischer Schriftsteller, wie Aimé Césaire, einer der Gründer der Négritudebewegung in den dreißiger Jahren, Edouard Glissant, der mit seinem „Discours antillais“ die Antillanität beschreibt, sowie Jean Bernabé, Raphaël Confiant und Patrick Chamoiseau, welche mit ihrem Werk „Éloge de la Créolité“ ihre kreolische Identität proklamierten.

In der vorliegenden Arbeit soll die Frage untersucht werden, wie die antillanische Schriftstellerin Maryse Condé unter diesen Umständen ihre Identität findet und welche Bedeutung das Exil und die Rückkehr ins Heimatland für sie hat? Ein anderes Ziel dieser Analyse ist es zu ermitteln, wie sich die Präsenz der verschiedenen kulturellen Elemente, die sich im Laufe der Geschichte gebildet haben, sich in ihrer Literatur niederschlagen und inwiefern ihr Werk Teil der Kreolitäts-und Antillanitätsbewegung ist.

Dazu möchte ich auf das Werk „Traversée de la Mangrove“ von Maryse Condé eingehen, welches 1989 publiziert wurde, in demselben Jahr, in dem auch das oben genannte Werk „Éloge de la Créolité“ von Edouard Glissant erschien. In dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit stelle ich eine biographische Kurzfassung der Autorin dar, um danach das Werk selbst vorzustellen. In dem zweiten Teil analysiere ich die Charaktere sowie den Inhalt, um diese mit den Intentionen der Autorin zu verknüpfen. Schließlich ziehe ich mein Fazit daraus.

2. Biographie von Maryse Condé

Maryse Condé wurde am 11.2.1937 als jüngstes von acht Kindern in Pointe-à-Pitre (Guadeloupe) geboren. Schon sehr früh, mit sechzehn Jahren, ging sie nach Paris, wo sie ihren Schulabschluss machte und im Anschluss an der Universität Sorbonne ein Literaturstudium in Französisch, Latein, Griechisch und Englisch absolvierte. Hier lernte sie auch ihren zukünftigen Mann den Afrikaner Mamadou Condé kennen, den sie 1959 heiratete und mit dem sie vier Kinder namens Sylvie, Aicha, Leila, Denis bekam. 1960 zog sie mit ihrer Familie 1960 nach Guinea. Dort konnte sie die große Sehnsucht nach der alten Heimat Afrika stillen. In den darauf folgenden Jahren lebte sie an der Elfenbeinküste, in Ghana (1964-1966), in England, in Senegal, danach wieder in Paris (ab 1972) und in den USA (zum 1. Mal 1978). Im Jahre 1986, 33 Jahre nach ihrem Weggang, kehrte sie nach Guadeloupe zurück um dort zu leben. Doch um ihre Verpflichtungen als Gastdozentin der Literatur an der Universität von Columbia (NewYork) nachzukommen, lebt sie mit ihrem zweiten Mann, dem Engländer Richard Philcox, je zur Hälfte eines Jahres in Montebello auf Guadeloupe und in den USA (vgl. Pfaff 1996, S.24-26).

Ihre Werke lassen sich in mehrere Phasen einteilen. In ihren früheren Werken setzte sie sich inhaltlich vor allem mit dem afrikanischen Erbe der Karibik auseinander. Sie hatte mit ihren sehr populären Familiensagas die Aufarbeitung der Verschleppung aus Afrika in Gang gebracht (Heremakhonon, 1976 und Une saison a Rihata, 1981).

Danach (Moi, Tituba, sorcière... noire de Salem, 1986 und La vie sclérate, 1987) beschäftigte sie sich mit den Eigenheiten und Gemeinsamkeiten der karibischen Inseln.

Ab 1986, nachdem sie Ségou geschrieben hatte, war sie finanziell unabhängig und wendete sich fortan literarisch der Realität und Sprache der Antillen zu. 1989 wurde ihr Werk Traversée de la Mangrove publiziert. Identitätssuche, Schriftlichkeit und Mündlichkeit werden ihre bevorzugten Themengebiete.

Später schrieb sie noch weitere Bücher. Darunter sind die bekanntesten: Les derniers rois mages (1992), Desirada (1997), Célanire cou-coupé (2000). 1987 erhält sie den „Grand Prix littéraire de la Femme“ für ihre Werk Moi, Tituba, sorcière... noire de Salem. Im Jahre 1993 erhält sie als erste Frau den Puterbaugh-Preis für die Gesamtheit ihrer Werke (vgl.Metz 2001, S.51-54).

3. „Traversée de la Mangrove“

3.1. Inhaltsangabe

Die Handlung des Romans „Traversée de la Mangrove“ spielt in dem Guadelouper Dorf Rivière au Sel. Dort ist ein undurchsichtiger Fremder namens Francis Sancher oder Francisco Alvarez Sanchez hinzugezogen. Eines Tages wird dieser von der pensionierten Dorflehrerin Léocadie Timothée, während ihres abendlichen Spaziergangs in einer Böschung tot aufgefunden. Daraufhin halten die Bewohner des Dorfes, die ihn kannten, für ihn eine traditionelle Totenwache und erzählen, jeder in einem Kapitel des Buches, ihre Meinung, Erinnerung[1] und Beziehung zu dem mysteriösen und angsteinflössenden Verstorbenen (Vgl. Pfaff 1996, S. 72). Die Bewohner versuchen nun während der Totenwache Klarheit über sich, ihr Leben und über diesen Fremden und dessen Geheimnis zu bekommen. Daran erkennt man, dass der Fremde trotz seines seines kurzen Aufenthaltes das Leben der Dorfbewohner entscheidend verändert hat (vgl. Suk 2001, S.156). Durch den inneren Monolog des jeweiligen Erzählers, gewinnt der Leser ein vollständigeres Bild der Persönlichkeit des Toten.

Insgesamt handelt es sich im Roman um neunzehn Charaktere: Moïse, Mira, Aristide, Man Sonson, Joby, Dinah, Sonny, Loulou Lameaulnes, Cyrille, Dodose und Sonny Pélagie, Lucien Évariste, Émile Étienne und Xantippe.

3.2. Die einzelnen Charaktere

Der erste Dorfbewohner, der die Erzählung beginnt, ist der immerzu betrunkene Briefträger Moïse. Er wird von jedem zurückgestoßen, weil er als Halb-„Neger“ und Halb-Chinese eine Randposition einnimmt. In dem redseligen Sancher hofft er endlich einen Freund zu finden. Dieser ist der erste, der mit Sancher Kontakt aufnimmt und ihm hilft sein neu erworbenes und baufälliges Haus zu reparieren. Sancher und Moïse, die eine enge Beziehung haben, provozieren im Dorf Gerüchte über Homosexualität.

Danach spricht die schöne Mira Lameaulnes. Sie ist die uneheliche Tochter des reichen Mulatten, Lameaulnes und einer Negerin, die bei ihrer Geburt gestorben war. Sie verliebt sich in Sancher, flüchtet als seine erste Geliebte zu ihm und setzt alle ihre Hoffnungen in ihn. Nachdem sie von ihm ein Kind bekommt, aber Sancher sie nicht heiratet, bringt sie Schande über ihre Familie.

Aristide ist der Halbruder Miras, in die er verliebt ist. Bisher hatte Mira, zur Freude Aristides, alle heiratswilligen Männer abgewiesen, doch mit dem Auftauchen Sanchers im Dorf, der ihm seine Liebestreitig macht, wird er mit Hass erfüllt.

Man Sonson die alte Hellseherin, die mit einem Schwarzen verheiratet war, liebte Sancher und die beiden verband das Geheimnis der Pflanzen und deren Heilwirkung, welche Sancher kannte, da er früher einmal Arzt in Afrika gewesen war und dort aus Geldmangel alternativ die Menschen versorgen musste.

Joby, der kleine Halbbruder von Mira, der seinen Vater verabscheut und sich dessen Tod wünscht, hat Mitleid mit dem Sohn von Mira und Sancher, Quentin, der keine Erinnerung an seinen verstorbenen Vater Sancher haben wird.

Dinah ist die Tochter einer Mulattin und eines Indonesiers, die aus Saint-Martin stammt und mit einem Mann namens Loulou Lameaulnes verheiratet wurde. Dieser liebt sie nicht, betrügt sie unentwegt und unterdrückt sie. Dies treibt Dinah dazu ein Verhältnis mit Sancher anzufangen.

Sonny, der kleine geistig zurückgebliebene Sohn von Dodose und Emmanuel Pelagie, wird von allen Bewohnern zurückgewiesen. Dies hat zur Folge, dass er nicht mehr die Schule besucht und stattdessen seine Zeit mit dem Fremden verbringt. In ihm findet er jemanden, der sich seiner annimmt und versucht, hinter den Lauten, die er hervorbringt, Lieder zu verstehen und hinter dem Gekritzel, das er produziert, schöne Zeichnungen zu sehen.

Loulou Lameaulnes, der reiche und arrogante Inhaber einer großen Baumschule, ist ein Nachfahre eines weißen Pflanzers aus Martinique, der von seiner Familie verstoßen wurde, weil er eine „Negerin“ geheiratetet hatte und sich deshalb auf Guadeloupe niedergelassen hatte. Er ist nicht dazu fähig zu lieben, da er selber von seiner Mutter abgelehnt wurde. Infolgedessen geht er mit allen Menschen schlecht um und herrscht über jeden und alles.

Sylvestre Ramsaran ist ein reich gewordener Nachfahre von Indern, ein ehemaliger Coolie, der durch seinen Reichtum kaltherzig geworden ist. Seine Liebe zu seiner Tochter Vilmazeigt er, indem er ihr einen reichen Mulatten als Ehemann aussucht und sie von der Schule nimmt. Vilma liebt den Mulatten jedoch nicht und flieht zu Francis Sancher, den Sylvstre Ramsaran nicht mag.

Léocadie Timothée, die pensionierte Lehrerin, die den Leichnam des Fremden findet, verachtet ihn wegen seiner anzüglichen Lebensweise. 1920 hatte sie als erste Lehrerin die Schule als „Schwarze“ in Sel au Rivière gegründet und Zeit ihres Lebens für ihre Rasse, der schwarzen Rasse, gearbeitet.

Cyrille, der Märchenerzähler der Gegend, der sogar in seiner Jugend schon in Afrika war, ist vielleicht der letzte, der Sancher noch lebend gesehen hatte.

Rosa, die Mutter Vilmas, wird sich bei der Totenwache bewusst, dass sie, aus Trauer um ihre erste Tochter Shireen, Vilma nicht genügend Liebe entgegengebracht hat. Außerdem wird ihr klar, Vilma nicht unterstützt zu haben, als der Vater beschloss, sie zu verheiraten und von der Schule zu nehmen. Dies tat der reiche Coolie, weil für ihn eine Frau zum Heiraten und zum Gebären da ist.

Carmélien Ramsaran ist der Bruder Vilmas und hat in Frankreich Medizin studiert. Seit seiner Pubertätsphase ist er in Mira verliebt, die ihn jedoch ignoriert. Er hasst Sancher, der ihm zuerst Mira und dann seine Schwester Vilma weggenommen hat.

Die einsame und intelligente Vilma war die letzte Gefährtin von Sancher und erwartet ein Kind von ihm. Sie hatte sich zu Sancher geflüchtet, nachdem ihre Familie beschlossen hatte, eine geschäftliche Heirat zu arrangieren.

Désinor, der Haitianer, der nach Guadeloupe gekommen ist, um dem Elend im eigenen Land zu entfliehen, und als Zuckerrohrschneider zu arbeiten. Eines Tages musste er vor den Gendarmen, die die Papiere der Landarbeiter sehen wollten, fliehen und gelang so nach Rivière au Sel.

Dodose Pélagie, die Mutter des geistig behinderten Sonny, die die ärztliche Hilfe von Sancher nicht angenommen hatte, betrog ihren Mann Émanuel Pélagie, den sie nicht liebte mit einem Franzosen.

Für Lucien Évariste war Sancher ein Freund. Lucien ist der Sohn eines Arztes und somit Mitglied des Kleinbürgertums seiner Insel. Während seines Studienaufenthaltes in Paris war er zum Revolutionär und Atheist geworden. Nach seiner Rückkehr nach Guadeloupe kehrte er dem Milieu, in dem er aufgewachsen ist, den Rücken, vertrat die Patrioten und heiratete Margarita, eine Schwarze aus dem Volk. Er war zum Chef einer kreolischen Sendung im Rundfunk geworden und träumte davon, endlich einen Roman über sein Volk und für sein Volk zu schreiben. Seine Freunde drängten ihn dazu, sein Buch in seiner Muttersprache, auf kreolisch, zu schreiben. Doch dies stellte für ihn ein Problem dar, weil ihm die Sprache in seiner Kindheit strengstens verboten war und er sie kaum beherrscht. In Sancher glaubte er einen kubanischen Revolutionär kennenzulernen und hoffte einen Partner für Diskussionen zu finden. Der Tod von Francis Sancher zeigt ihm, wie unreif seine Gedanken waren. Er beschließt nun, einen Roman über seinen toten Freund zu schreiben, was sich als schwierig erweist, da Sancher für ihn, wie für alle anderen Einwohner, ein Rätsel darstellt und der Leser wie auch der Bewohner nicht weiß, ob die Aussagen, die man im Dorf hört erlogen sind oder der Wahrheit entsprechen.

[...]


[1] Im Roman handelt es sich nicht mehr um einen auktorialen Erzähler oder einen Erzähler in der ersten Person.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Maryse Condé "Traversée de la Mangrove" - Eine Analyse
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Romanische Sprachen und Literaturen)
Note
2,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V128220
ISBN (eBook)
9783640352166
ISBN (Buch)
9783640352036
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der vorliegenden Arbeit soll die Frage untersucht werden, wie die antillanische Schriftstellerin Maryse Condé unter diesen Umständen ihre Identität findet und welche Bedeutung das Exil und die Rückkehr ins Heimatland für sie hat? Ein anderes Ziel dieser Analyse ist es zu ermitteln, wie sich die Präsenz der verschiedenen kulturellen Elemente, die sich im Laufe der Geschichte gebildet haben, sich in ihrer Literatur niederschlagen und inwiefern ihr Werk Teil der Kreolitäts-und Antillanitätsbewegung ist. Dazu möchte ich auf das Werk „Traversée de la Mangrove“ von Maryse Condé eingehen, welches 1989 publiziert wurde, in demselben Jahr, in dem auch das oben genannte Werk „Éloge de la Créolité“ von Edouard Glissant erschien. In dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit stelle ich eine biographische Kurzfassung der Autorin dar, um danach das Werk selbst vorzustellen. In dem zweiten Teil analysiere ich die Charaktere sowie den Inhalt, um diese mit den Intentionen der Autorin zu verknüpfen. Schließlich ziehe ich mein Fazit daraus.
Schlagworte
Maryse, Condé, Traversée, Mangrove, Eine, Analyse
Arbeit zitieren
Isabelle Grob (Autor:in), 2007, Maryse Condé "Traversée de la Mangrove" - Eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128220

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