Lehrbarkeit des Glaubens - damals und heute


Hausarbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Was meint der Begriff „Glaube“?

3 Die Geschichte des Lehrbarkeitsstreits
3.1 Evangelische Diskussion
3.2 Katholische Diskussion

4 Die Lehrbarkeit des Glaubens heute
4.1 Das öffentliche Interesse an Glauben und Glaubensvermittlung
4.2 Die Abhängigkeit von Glaube und Bildung

5 Schwierigkeiten der Glaubensunterweisung

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Frage, ob man Glauben unterrichten kann, beschäftigt schon seit Jahrhunderten die Menschheit. Der Religionsunterricht wird seit Anbeginn einerseits stark befürwortet, andererseits arg kritisiert. Lange Zeit hat es nie eine gänzliche Einigung darüber gegeben, welches nun die optimale Lösung ist.

Auch in der heutigen Zeit herrscht kein Konsens darüber, ob Religion lehrbar ist oder nicht. In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit den unterschiedlichen Meinungen auseinandersetzen, um anschließend die Frage beantworten zu können: Ist Glaube lehrbar?

Ehe ich den historischen Lehrbarkeitsstreit im letzten Jahrhundert und die aktuelle Situation genauer untersuchen werde, möchte ich vorerst eine Definition davon geben, was mit dem Wort „Glauben“ eigentlich gemeint ist.

Als nächstes werde ich mich dann mit dem historischen Lehrbarkeitsstreit auseinandersetzen. Bei der genaueren Untersuchung der Situation gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts fällt auf, dass es durchaus unterschiedliche konfessionelle Ausmaße an Diskussionen um die Lehrbarkeit gegeben hat. Während es auf evangelischer Seite zu heftigen Auseinandersetzungen bezüglich der Lehrbarkeitsfrage gekommen ist, die in den Forderungen der Bremer Lehrerschaft und im Zwickauer Manifest gipfeln, findet man auf der katholischen Seite weniger Stimmen für oder gegen den Religionsunterricht. Auch diese konfessionellen Unterschiede gilt es in meiner Hausarbeit genauer zu beleuchten.

Danach folgen etwa hundert Jahre, in denen es im Religionsunterricht zu zahlreichen Reformen und Änderungen kommt. Die Abschaffung des Katechismus als Grundlage des Religionsunterrichts und der nun dominierende Einsatz der Bibel als textliche Grundlage in den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts sind mitunter die bedeutendsten. Dennoch werde ich auf diese nicht expliziter eingehen, sondern mich im Anschluss der heutigen Situation zuwenden. Dabei differenziere ich nicht zwischen den Konfessionen, sondern untersuche den allgemeinen Religionsunterricht näher

Nun gilt es das aktuelle öffentliche Interesse zu untersuchen. Dabei weise ich darauf hin, dass es sich hierbei nicht um das Ergebnis einer öffentlichen Befragung handelt, sondern ich diese Informationen lediglich der Literatur entnehme. Weiterhin werde ich dann die aktuelle Abhängigkeit von Glaube und Bildung aufdecken, um einen Einblick zu bekommen, inwiefern Glaube heutzutage als lehrbar gilt.

Im Anschluss daran folgen die Probleme und Schwierigkeiten der religiösen Glaubensvermittlung in der heutigen Zeit und der Abschluss der Hausarbeit mit einem Ausblick über die Situation.

2 Was meint der Begriff „Glaube“?

Die Frage, die sich meiner Meinung nach stellt, wenn man den Begriff „Glaube“ hört ist: Was ist das? Ist es ein Gefühl? Eine Idee oder gar Lebenseinstellung? Was passiert beim Glauben mit den Menschen und wie wird dieser praktiziert?

Der Glaubensbegriff lässt sich zunächst in zwei Komponenten aufspalten. Zum einen in den Glaubensinhalt, welcher alles theologische Wissen, wie die Bibel, Jesu Botschaft, etc. bezeichnet und zum anderen in den Glaubensakt. Im Glaubensakt nimmt der Mensch die Botschaft an und setzt diese im liebe- und vertrauensvollen Umgang mit sich selbst und anderen Menschen in die Tat um.[1] Im Glaubensakt wird der Glaube in gewisser Hinsicht zur Lebenseinstellung.

Hier gilt es im späteren Verlauf der Hausarbeit genauer zu erörtern, inwiefern diese Komponente weitergegeben werden können.

Der Schweizer Theologieprofessor Kurt Koch definiert den Glauben folgenderweise: „Christlicher Glaube ist zuerst und zuletzt Glauben an den dreieinigen Gott; alles andere ist Entfaltung und Konkretisierung.“[2]

In dieser Aussage werden die beiden Glaubenskomponenten überdies ersichtlich. Einerseits handelt es sich beim Glauben um die ganzheitliche Überzeugung (hier: „zuerst und zuletzt“) von der Wahrhaftigkeit eines bestimmten Wesens (hier: der dreieinige Gott) oder eines bestimmten Ereignisses. Andererseits betont Koch den Glaubensakt als ethisches und moralisches Verhalten aus der Überzeugung der Wahrhaftigkeit des göttlichen Wesens mit den Begriffen der „Entfaltung und Konkretisierung“.

Ferner kann der Glaube auch als eine wechselseitige Beziehung eines Subjekts, des Menschen, zu einem Objekt, das göttliche Wesen, bezeichnet werden. Im Glauben offenbart der Mensch seine innere Haltung zum Göttlichen und übt diesen aktiv aus. Ohne das Zutun des Menschen kann der Glaube nicht ausgelebt werden. Im Gegensatz dazu erhält der Mensch die Gnade Gottes, die ihm im Glaubensakt zuteil wird.

Ein weiterer nicht zu verachtender Aspekt ist der Erfahrungsbezug. Glaube steht immer auch in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Erfahrung. Diese Erfahrung muss heilsgeschichtlich gesehen werden, da sie in der Offenbarung Jesu Christi „erfahrbar“ wird. Im Glaubensakt, also dem christlich-sozialen Umgang miteinander, der von diesen Glaubensinhalten beeinflusst ist, erhält der Mensch ein Lebensgefühl und macht Lebenserfahrungen, die ohne den Glauben nicht erfahrbar wären.[3] In diesen neuen Erfahrungen wird wiederum der Glaubensinhalt ersichtlich. Somit kann Glaube auch als „Erfahrung mit der Erfahrung“[4] erklärt werden.

Weiterhin ist festzuhalten, dass der Glaube nicht in Konkurrenz zur Wissenschaft steht oder gar als Lückenfüller für alles Unerklärliche fungiert. Vielmehr dient er als Wegweiser, bzw. dazu, dem Leben eine Form zu geben und das eigene Handeln (positiv) zu beeinflussen.[5]

Letztlich ist hier nun zu konstatieren, dass sich Glaube zwar definieren und erklären lässt dennoch handelt es sich dabei um etwas sehr persönliches und daher auch individuelles. Kein Mensch macht die gleichen Glaubenserfahrungen wie ein anderer und da sich der Glaube also nicht eindeutig festlegen lässt, kann er auch als „Stückwerk“ aufgefasst werden.[6]

3 Die Geschichte des Lehrbarkeitsstreits

3.1 Evangelische Diskussion

Blickt man zurück in die Zeiten, in denen der evangelische Lehrbarkeitsstreit sein größtes Ausmaß entfaltet hat, also in der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert, so fällt auf, dass der Auslöser dessen noch viel weiter in der Vergangenheit liegt.

Bereits zu der Zeit, als Luther den Katechismus verfasst, ist sich jener der Glaubenslehre nicht allzu sicher. Er zweifelt daran, dass er nicht aus eigener Kraft heraus im Stande sei, an Jesus Christus zu glauben.[7] Mit dieser Aussage betont Luther, dass der Mensch im Grunde unfähig ist über seinen eigenen Glauben zu verfügen. Nichtsdestotrotz sind die Bemühungen um eine Verbesserung der evangelischen Glaubensunterweisung enorm gewesen. Diese Widersprüchlichkeit scheint ein grundlegendes Problem in der Geschichte der evangelischen Religionspädagogik zu sein. Robert Schelander spricht hinsichtlich dessen von einem „spezifisch evangelischen Paradox“[8].

Weiterhin ist es der liberale Theologe Friedrich Schleiermacher (1768-1834) der die Diskussion über die Lehrbarkeit von Glauben auf evangelischer Seite wenige Jahre später entscheidend beeinflusst. Dieser ist nicht gänzlich für die Abschaffung des Katechismusunterrichts, dennoch vertritt er den Standpunkt, dass jener mit lebhaften Bildern angereichert werden soll, „damit die Kinder nicht nur totes Wissen über religiöse Wahrheiten sammelten, sondern zu wahrhaften Christen mit einem lebendigen Glauben heranwüchsen“.[9]

In seinen „Reden über die Religion“ bezeichnet Schleiermacher den Glauben als eine persönliche „Herzensangelegenheit“[10] und somit nicht als subjektive Religion vermittelbar.

Daher ist Schleiermacher der Meinung, dass Glaubenslehre Aufgabe der Eltern und der Kirche ist und bezweifelt die Notwendigkeit des Religionsunterrichts an Schulen. Dennoch stimmt er letzten Endes als Mitglied der Berliner Kommission für den Erhalt der schulischen Glaubensunterweisung, wenn diese jedoch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit religiösen Inhalten in Einklang bringt und folglich als objektive Religion an die Schüler herangetragen wird.[11]

Eine überdies interessante Sichtweise vertritt die schwedische Pädagogin Ellen Key (1849-1926), die schreibt, dass Religionsunterricht den Schülern „zum Schaden gereicht“. Das Lesen der Bibel gibt dem Gefühl und dem Glauben durchaus „lebendige Nahrung“, dagegen sollen diese Erlebnisse im Unterricht jedoch nicht als Gesprächsgegenstand dienen. Denn in der Bibel werden die Schüler mit Begebenheiten konfrontiert, wie zum Beispiel der Schöpfungsgeschichte im Alten Testament, die als „absolute Wahrheit“[12] konstatiert wird, woraus sich, im Hinblick auf andere, naturhistorische Unterrichtsfächer, Widersprüche ergeben. Diese Situation bezeichnet Key als „das demoralisierende Moment der Erziehung“.

Weiterhin erklärt Key, dass die ganze Gesellschaft auf diesen Gegensätzen zwischen christlicher Moral und der tatsächlicher Lebensweise beruht, so dass es unmöglich ist, dem Schüler Religion als absolute Wirklichkeit zu unterweisen.

Sie fordert einen komplett neuen Umgang mit religiösen Inhalten, fernab von Katechismus und Theologie.

[...]


[1] Vgl. Eisenkopf, Paul/Schmitt, Hugo: Lebendiger Glaube teilt sich mit. Limburg 1989, 35

[2] Kohler-Spiegel, Helga/Loretan, Adrian (Hrsg.): Religionsunterricht an der öffentlichen Schule. Zürich 2000, 45

[3] vgl. Reiners, Marianne: Gegenwärtige Schülererfahrungen und Glaubenstradition. Münster. 1982, 27

[4] Ebeling, Gerhard/Jüngel Eberhard. In: Biel, Peter/Johannsen, Friedrich: Einführung in die Glaubenslehre. Neukirchen-Vluyn 2002, 15

[5] vgl. Reiners, Marianne. Münster. 1982, 73

[6] vgl. Bistum Augsburg und Pädagogische Stiftung Cassianeum: Das Religionsbuch – Zugänge zum Glauben. Donauwörth 1991, 23

[7] vgl. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. In: Englert, Rudolf: Religionspädagogische Grundfragen. Stuttgart 2007, 198

[8] Schelander, Robert. In: Englert, Rudolf. 2007, 198

[9] Helmreich, Ernst Christian: Religionsunterricht in Deutschland. Hamburg und Düsseldorf 1966, 75

[10] Schleiermacher, Friedrich. In: Englert, Rudolf. 2007, 199

[11] vgl. Helmreich, Ernst Christian. 1966, 91

[12] Key, Ellen. In: Nipkow, Karl Ernst/Schweitzer, Friedrich (Hg): Religionspädagogik. Texte zur evangelischen Erziehungs- und Bildungsverantwortung seit der Reformation. Gütersloh 1994, 35

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Lehrbarkeit des Glaubens - damals und heute
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V128242
ISBN (eBook)
9783640345052
ISBN (Buch)
9783640345014
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehrbarkeit, Glaubens
Arbeit zitieren
Claudia Waindok (Autor:in), 2007, Lehrbarkeit des Glaubens - damals und heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128242

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