Am 04.09.2009 wurden zwei Tanklaster, welche durch Aufständische entführt wurden und auf einer Sandbank des Kunduz-Flusses in Afghanistan festsaßen, bombardiert. Dies geschah durch Flugzeuge der US-Luftwaffe und auf Befehl des deutschen Obersts K. Dieser Luftschlag kostete zahlreichen Zivilisten das Leben, da sie im Zeitpunkt der Detonation dabei waren, Treibstoff aus den Tanklastern abzuzapfen. Unter den Opfern waren auch die beiden Söhne, acht und zwölf Jahre, des Beschwerdeführers Hanan. Der Generalbundesanwalt leitete aufgrund Beteiligung eines deutschen Generals insbesondere wegen verbotener Methoden der Kriegsführung gemäß § 11 I Nr. 3 VStGB ein Ermittlungsverfahren ein. Weil im Ergebnis weder die Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) noch die Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllt seien, stellte er dieses jedoch gemäß § 170 II StPO ein. Vor den deutschen Gerichten war der Beschwerdeführer Hanan weder im Klageerzwingungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf, den Zivilgerichten wegen Entschädigungen, noch in der Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich.
Der Beschwerdeführer Hanan rügt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nach Art. 2 und 13 EMRK einen Mangel an effektiver Untersuchung des Todes seiner Söhne sowie das Fehlen eines wirksamen innerstaatlichen Rechtsbehelfs gegen den Entstellungsentscheid des GBA. Mit Datum vom 27.08.2019 gab die fünfte Kammer des EGMR das Verfahren an die Große Kammer ab. Die Entscheidung steht zum Zeitpunkt dieser Arbeit noch aus. Der Fall Hanan wirft in vielerlei Hinsicht Rechtsfragen auf, welche Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Aufgeworfene Rechtsfragen zur Aufklärungspflicht
- I. Anwendbarkeit der EMRK nach Art. 1 EMRK
- 1. Begrenzung auf das Staatsgebiet
- 2. Extraterritoriale Erweiterung
- 3. Hoheitsgewalt im Fall Hanan gegen Deutschand
- II. Zurechnung
- III. Aufklärungspficht
- IV. Zwischenergebnis
- C. Aufgeworfene Rechtsfragen zu wirksamen innerstaatlichen Rechtsmitteln
- I. Rechtsmittel zur Überprüfung der Einstellung der Untersuchung
- II. Wirksame Überprüfung durch das BVerfG im Rahmen der Verfassungsbeschwerde
- III. Wirksamer innerstaatlicher Rechtsbehelf nach Art. 2, 13 EMRK im Fall Hanan
- D. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob Deutschland im Fall Hanan gegen Deutschland eine Aufklärungspflicht nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hatte. Sie analysiert die Anwendbarkeit der EMRK im Kontext extraterritorialer Anwendung, die Zurechnung von Handlungen an das Bundesland Deutschland und die Frage, ob wirksame innerstaatliche Rechtsmittel zur Verfügung standen.
- Extraterritoriale Anwendbarkeit der EMRK
- Zurechnung von Handlungen an den Staat
- Aufklärungspflicht nach der EMRK
- Wirksame innerstaatliche Rechtsmittel
- Verfassungsbeschwerde und ihre Wirksamkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, in der die relevanten Rechtsfragen des Falles Hanan gegen Deutschland vorgestellt werden. Anschließend wird die Frage der Anwendbarkeit der EMRK im Kontext extraterritorialer Anwendung behandelt. Dabei werden die verschiedenen Kriterien zur Feststellung der Hoheitsgewalt Deutschlands im Ausland beleuchtet. Im nächsten Schritt wird die Zurechnung der Handlungen an Deutschland analysiert, wobei unterschiedliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) berücksichtigt wird. Das Kapitel "Aufklärungspflicht" untersucht die Voraussetzungen und den Umfang der Aufklärungspflicht Deutschlands im vorliegenden Fall. Hierbei werden die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen und die Frage der effektiven Untersuchung analysiert. Im letzten Abschnitt wird die Frage der wirksamen innerstaatlichen Rechtsmittel im Fall Hanan erörtert. Hierbei wird die Verfassungsbeschwerde als möglicher Rechtsweg untersucht und ihre Wirksamkeit im Rahmen der Begründetheit analysiert. Die Arbeit endet mit einer Schlussbetrachtung, die die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt wichtige Rechtsfragen im Kontext der extraterritorialen Anwendung der EMRK. Dabei werden zentrale Themen wie die Zurechnung von Handlungen an den Staat, die Aufklärungspflicht nach der EMRK und die Frage der wirksamen innerstaatlichen Rechtsmittel im Fokus stehen. Wichtige Schlüsselwörter sind EMRK, extraterritoriale Anwendung, Hoheitsgewalt, Zurechnung, Aufklärungspflicht, Verfassungsbeschwerde, wirksame Rechtsmittel, effektive Strafverfolgung.
- Quote paper
- Henning Menting (Author), 2020, Jurisdiktion und Aufklärungspflicht im Fall Hanan gegen Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282604