Gated Communities in den USA unter historischer Perspektive. Inwiefern haben gesellschaftliche Kontexte zur Entwicklung beigetragen?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

13 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entwicklungsphasen der Gated Communities in den USA
2.1. Die Vorläufermodelle der Gated Communities
2.1.1. Die Villenkolonien
2.1.2. Die Gartenstadt
2.2. Die Anfangsphase der Gated Communities im 19. Jahrhundert
2.3. Der Boom ab den 60er und 70er Jahren
2.4. Das Anwachsen der Gated Communities bis heute

3. Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zunahme der Gated Communities 1870-2000

Abbildung 2: Wahrnehmung von Toren zur Reduzierung von Kriminalität

1. Einleitung

„In den bewachten Wohnkomplexen scheinen sich aktuelle, globale Prozesse der Stadtentwicklung zu kristallisieren - und letztlich das Ende der offenen Stadt anzudeuten.“ (Glasze 2003, S.17)

Unsere heutige Gesellschaft befindet sich stets im Wandel und so gibt es unaufhaltsam auch eine Veränderung in der globalen städtischen Landschaft im Raum, die das soziale Zusammenleben in Städten massiv verändert. Gated Communities sind daher nicht mehr nur ein amerikanisches, sondern längst ein globales Phänomen. Dennoch werden in dieser Hausarbeit ausschließlich Gated Communities in den USA behandelt, weil dieses Themengebiet außerhalb der USA bisher kaum erforscht ist.

Da es aber unzählige Definitionen und verschiedenste Formen von Gated Communities gibt, begrenzt sich diese Arbeit auf eine Definition von Wehrhahn, die der bekanntesten Monographie zum Thema Gated Communities von Blakely und Snyder „Fortress America“ folgt:

„Gated Communities unterscheiden sich zum einen von üblichen Wohnsiedlungen durch die Abgeschlossenheit gegenüber Nicht-Bewohnern, durch physische Barrieren, die Fremde am Betreten der Siedlung hindern sollen. Zum Anderen gilt als wesentliches Merkmal, dass eine private Infrastruktur besteht, und zwar nicht nur bezüglich Freizeiteinrichtungen, sondern zusätzlich befindet sich die üblicherweise öffentlich organisierte Versorgungsinfrastruktur [...] in privaten Händen - in der Regel in der der Gemeinschaft. Die Existenz dieser community ist zugleich das dritte Kriterium, das zur Definition von gated communities herangezogen wird.“ (Wehrhahn 2003, S. 302)

Bei dieser Hausarbeit geht es nicht um eine bloße Abhandlung der Formen und Vorkommen von Gated Communities. Vielmehr soll aufgezeigt werden, wie sich Gated Communities in den USA von ihrem Ursprung aus bis heute hin entwickelt haben und welche gesellschaftlichen Veränderungen möglicherweise dazu beigetragen haben könnten. Daher widmet sich der Hauptteil der Arbeit dem historischen Aspekt geschlossener Wohnkomplexe und der Frage, inwiefern gesellschaftlichen Kontexte zur Entwicklung von Gated Communities beigetragen haben.

Vorerst soll hierfür aufgeklärt werden, wo der Ursprung dieser Lebensform liegt und ob es möglicherweise schon städtebauliche Vorläufer gab, die sich auf die Gated Communities abbilden lassen. Des Weiteren wird die Entwicklung der Gated Communities in den USA als Kern der Arbeit in drei große Phasen eingeteilt, beginnend mit der Anfangsphase im 19. Jahrhundert, in der die ersten geschlossenen Wohnkomplexe entstanden sind. Daraufhin folgt die Boomphase, in der sich dieser Lebensstil weiter ausgebreitet hat und die Gated Communities daraufhin noch exklusiver geworden sind. In der dritten und letzten Phase wird auf weitere Entwicklungen eingegangen, welche die gegenwärtige Situation aufzeigen und einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen geben sollen.

Abschließend werden im letzten Kapitel alle zentralen Aussagen der Arbeit nochmals zusammengefasst und ein Fazit daraus formuliert.

2. Entwicklungsphasen der Gated Communities in den USA

In den folgenden Unterkapiteln soll nun die Entwicklung von Gated Communities in den USA näher beleuchtet werden. In diesem Zusammenhang werden die Villenkollonien des 18. und 19. Jahrhunderts und das Konzept der Gartenstadt vorgestellt. Anschließend werden alle wichtigen Entwicklungen bis heute im gesellschaftlichen Kontext dargestellt, um dann abschließend eine Aussage darüber treffen zu können, ob diese Wohnform ein Modell für die Zukunft sein könnte.

2.1. Die Vorläufermodelle der Gated Communities

Um die Entwicklung und Zunahme von Gated Communities besser verstehen zu können, erscheint es sinnvoll auch die historischen Vorläufer dieser Wohnform in die Überlegungen miteinzubeziehen. Blickt man also in die Geschichte der Suburbanisierung, lassen sich Parallelen finden, die zu weiteren Aussagen über den Charakter von Gated Communities genutzt werden können.

2.1.1. DIE VILLENKOLONIEN

„Die Villenkolonie war eine Antwort gesellschaftlich privilegierter Gruppen auf die Veränderung des urbanen Wohnens im Zuge der Herausbildung der Industriegesellschaft, die Antwort auf reale oder vermutete gesundheitliche, soziale, sittliche, politische Gefahren der Großstadt, auf die Hässlichkeit der Großstadt, auf das Verschwinden der ,Natur’ in der Stadt. Sie war das Ergebnis einer freiwilligen, bewussten Entscheidung für die Stadtflucht, gegen die real existierende Stadt, ein Versuch, einen gehobenen gesellschaftlichen Status zu sichern oder diesen aufzuwerten. Sie unterschied sich daher in sozialer Hinsicht von anderen Formen vorstädtischen Wohnens.“ (Bodenschatz 2001, S.77)

Das Wohnen in den Innenstädten wurde als schlecht dargestellt und als ungesund, laut, teuer und unerträglich beschrieben, wohingegen das Wohnen im Vorort als gesund, natürlich, frei und angenehm angesehen wurde (Bodenschatz 2001, S.76f). Für die meisten suburbanen Siedlungen, so auch für die Villenkolonien, war trotz aller Stadtfeindlichkeit die Nähe zur Stadt wichtig, um von deren Angeboten zu profitieren. Wohnen wollte man dort allerdings nicht. Daher wurde massiv mit dem Leben in der Natur geworben. Die Villenkolonien wurden meist als eine Art Landschaftspark angelegt, auf dem die Grünflächen als Identität stiftende Orte für die Siedlung fungieren sollten (Bodenschatz 2001, S.95).

Bereits in der Gründungsphase der Villenkolonien zeigte sich aber, dass allein die Naturnähe und der Rückzug aus der Stadt als Motivation zum Zuzug in eine Villenkolonie nicht ausreichten:

„Denn nicht das ,Wohnen in der Natur’ allein machte Villenkolonien attraktiv, sondern das naturnahe Wohnen mit allem neuzeitlichen Komfort und moderner Infrastruktur, im Rahmen einer Nachbarschaft, die gesellschaftliches Leben ermöglichte und den eigenen gesellschaftlichen Status sicherte und erhöhte.“ (Bodenschatz 2001, S.83)

Von nicht zu unterschätzender Bedeutung war also auch damals schon die Exklusivität, die soziale Homogenität und das Prestige der sozialen Umgebung in einer solchen Siedlung, wie man es auch heute von den Gated Communities kennt.

In den USA bildeten die englischen Villenkolonien unter Einfluss von Stadtplanern wie Frederick Law Olmsted und Frank Lloyd Wright die Grundidee für die so genannten „Railroad Suburbs“, die sich im 19. und 20. Jahrhundert massenhaft ausbreiteten (Blakely/Synder 1999, S.12). Auch damals boten diese utopischen Siedlungen Funktionen wie Wohnqualität, Sicherheit, Nähe zu den Annehmlichkeiten der Stadt und Exklusivität. Sie legten neben dem im Folgenden beschriebenen Einfluss des Gartenstadtkonzeptes den Grundstein für die massive Suburbanisierung in den USA, in denen heute ein Drittel aller Amerikaner lebt (Fishman 1987, S.121ff).

2.1.2. DIE GARTENSTADT

In einem ähnlichen Zeitraum wie die Villenkolonien ist die Entwicklung der Gartenstadt anzusiedeln, welche als Gegenentwurf zu den überbevölkerten Städten zu Zeit der Industrialisierung ins Leben gerufen wurde. Im Unterschied zu den Villenkolonien, die aus einer sozialen Bewegung der englischen oberen Mittelschicht heraus entstand, ist die Gartenstadt ein Reformkonzept eines einzelnen Stadtplaners - Ebenzer Howard. Harlander beschreibt dieses Modell als „das bedeutendste internationale Konzept des suburbanen Städtebaus im 20. Jahrhundert“ (Harlander 2001, S.499). Dieses zeichnete sich vor allem aus durch eine geringe bauliche Dichte, vielfältige Architektur, großräumige Wohnungen, starke Durchgrünung und die funktionale Trennung von Wohnen, Arbeiten und Erholung. Für Lewis Mumford, einen der einflussreichsten Stadtplaner des 20. Jahrhunderts, ist das Gartenstadtmodell nach Howard eine ganz besondere Entwicklung:

„Am Anfang des 20. Jahrhunderts ereigneten sich vor unseren Augen zwei große neue Erfindungen: Das Flugzeug und die Gartenstadt; beide leiteten ein neues Zeitalter ein: Das Flugzeug gab den Menschen Flügel, und die Gartenstadt versprach ihm eine bessere Heimstätte, wenn er wieder auf die Erde herunterkommen würde.“ (Mumford 1968, S.183)

Das Ergebnis solcher Planungen in dieser Zeit war die Dezentralisierung der Großstädte in den USA. Die spöttische Bemerkung von Stadt- und Architekturkritikerin Jacobs beschreibt das Motto dieser Stadtplanung auf interessante Weise:

„die Gegenwart von Menschen ist ein notwendiges Übel, aber gute Stadtplanung sollte danach streben, zumindest die Illusion von privater, vorortlicher Abgeschiedenheit zu erreichen“ (Jacobs 1993, S.22).

Der sehr einflussreiche Architekt Le Corbusier griff auf die Idee der Gartenstadt in großem Maßstab zurück. Mit seinem Konzept „Cité Radieuse“ („strahlende Stadt“) schuf er den Plan einer sozialen Utopie. Er übernahm das Grundbild der Gartenstadt und arbeitete es für hohe Bevölkerungsdichten um, indem er eine vertikale Verdichtung der Bebauung anstrebte (Jacobs 1993, S.23). Diese Projekte beeinflussten den amerikanischen Städtebau enorm und vor allem das Bestreben behördliche oder kulturelle Funktionen aus einer Großstadt herauszulösen und in einer Vorstadt neu zu vereinen, blieb ein entscheidendes Ergebnis der Beeinflussung durch die Ideen Howards.

2.2. Die Anfangsphase der Gated Communities im 19. Jahrhundert

Die Anfänge der klassischen Gated Communities liegen im 19. Jahrhundert, genauer gesagt im Zeitalter der Industrialisierung. Diese Ära brachte unter anderem Veränderungen in der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur mit sich und löste einen Wandel in der Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur aus. Infolgedessen hatten vor allem wohlhabende Leute das Bedürfnis sich in private Wohnanlagen zurückzuziehen, um sich vor den Auswirkungen der Industrialisierung zu schützen. Daher entstand in dieser Zeit im Jahr 1857 eine der ersten Gated Communities in den USA - der Llewellyn Park in New Jersey. Dieser war besonders ausgezeichnet durch Villen und einen künstlich angelegten Teich. Insgesamt umfasste dieser geschlossene Wohnkomplex über 13 Hektar Land, welches durch eine überwachte Toreinfahrt von der Außenwelt abgeschottet war. Diese Privatsiedlung diente als Vorbild für die Entstehung weiterer solcher Wohngegenden, die zunächst von wohlhabenden Bürgern bewohnt wurden (Frantz 2001, S. 12 f.).

Gated Communities sind von diesem Zeitpunkt aus über längere Zeit hinweg in erster Linie ein amerikanisches Phänomen geblieben. In Staaten der USA wie Arizona, Kalifornien oder Florida, sowie in den Ballungsräumen von New York City und Chicago kamen sie vorwiegend vor. Damals nutzten überwiegend Rentner die Gated Communities als Zweit­oder Ferienwohnsitze (Frantz 2001, S.13).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Gated Communities in den USA unter historischer Perspektive. Inwiefern haben gesellschaftliche Kontexte zur Entwicklung beigetragen?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1,7
Jahr
2019
Seiten
13
Katalognummer
V1285427
ISBN (Buch)
9783346745057
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gated, communities, perspektive, inwiefern, kontexte, entwicklung
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Gated Communities in den USA unter historischer Perspektive. Inwiefern haben gesellschaftliche Kontexte zur Entwicklung beigetragen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1285427

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