Der nach den Al-Qaida Anschlägen auf New York und Washington am 11. September 2001 deklarierte globale Krieg gegen den Terror, ausgehend von der damaligen Bush-Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, hält bis heute an. Bereits im Jahre 2011 beläuft sich die Zahl der diesem Krieg zum Opfer gefallenen Menschenleben auf schätzungsweise knapp eine Viertelmillion, darunter auch zahlreiche Zivilisten. Zusätzlich werden bis zu diesem Zeitpunkt bis zu vier Trillionen US-Dollar allein durch die USA investiert.
Heute, im Jahr 2017, ist dieser „Krieg“ alles andere als gewonnen. Anhaltende westliche Truppenpräsenz in diversen arabischen Ländern, fortlaufende Kampfhandlungen und teilweise massiver Gebietsgewinn erstarkender Terrormilizen, beispielsweise dem Islamischen Staat, sowie eine zunehmende Anzahl an Anschlägen, auch in westlichen Ländern, welche Angst und Fremdenfeindlichkeit schüren. Kann zu einem Zeitpunkt, an dem sich bereits der ursprüngliche Feind der westlichen Welt im „Global War on Terror“, die Al-Qaida, von einer erstarkenden Terrormiliz wie dem Islamischen Staat (IS) auf Grund von zu ausgeprägter Radikalität distanziert von einer Befriedung die Rede sein?
Is This What Winning Looks Like?
Essay von Felix Früh
Der nach den Al-Qaida Anschlägen auf New York und Washington am 11. September 2001 deklarierte globale Krieg gegen den Terror, ausgehend von der damaligen Bush-Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, hält bis heute an.
Bereits im Jahre 2011 beläuft sich die Zahl der diesem Krieg zum Opfer gefallenen Menschenleben auf schätzungsweise knapp eine Viertelmillionen, darunter auch zahlreiche Zivilisten. Zusätzlich werden bis zu diesem Zeitpunkt bis zu vier Trillionen US-Dollar allein durch die USA investiert (Rogers, 20011, S.4).
Heute, im Jahr 2017, ist dieser „Krieg“ alles andere als gewonnen. Anhaltende westliche Truppenpräsenz in diversen arabischen Ländern, fortlaufende Kampfhandlungen und teilweise massiver Gebietsgewinn erstarkender Terrormilizen, beispielsweise dem Islamischen Staat, sowie eine zunehmende Anzahl an Anschlägen, auch in westlichen Ländern, welche Angst und Fremdenfeindlichkeit schüren. Kann zu einem Zeitpunkt an dem sich bereits der ursprüngliche Feind der westlichen Welt im „Global War on Terror“, die Al-Qaida, von einer erstarkenden Terrormiliz wie dem Islamischen Staat (IS) auf Grund von zu ausgeprägter Radikalität distanziert (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2014) von einer Befriedung die Rede sein?
Das es in diversen europäischen Städten wie London, Paris oder Berlin zu Terroranschlägen kommt ist definitiv als Gefährdung internationaler Sicherheit zu bezeichnen. Doch inwieweit kann von der Gewährleistung und Verteidigung internationaler Sicherheit die Rede sein, wenn dies diverse zivile Opfer durch Bombardierungen in Ländern wie Syrien bewerkstelligt werden soll?
Der ehemalige ISAF-Kommandeur General Allen beschreibt den Kriegsverlauf in Afghanistan mit den Worten „[...]This is what winning looks like [...]“ (Anderson, 2013, 0:01:30).
Die oben genannten Fragen lassen sich in in einer Frage bezüglich des „War on Terror“ und der mit ihm angestrebten Gewährleistung internationaler Sicherheit zusammenfassen.
Nämlich: „Is this what winning looks like?“
In einem Krieg, der seit vielen Jahren anhält und fortlaufend Tote sowohl unter Kämpfenden als auch unter Zivilisten in diversen Teilen der Welt fordert, muss sich die Frage gestellt werden, ob militärische Offensiven der richtige Weg sind diesen zu beenden.
Dieses Essay möchte die subjektive Meinung des Verfassers darlegen,dass der von den USA initiierte und von der westlichen Welt unterstützte Global War on Terror nicht als Siegeszug des Friedens und weltweiter Sicherheit zu erachten ist, sondern dieser vielmehr entgegenwirkt.
Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, erfragt im April 2009 beim amerikanischen Kongress eine Budgetaufstockung von 83 Milliarden US-Dollar zur Zerschlagung der Terrororganisation Al-Qaida im Irak sowie in Afghanistan. Die Teilsumme aus diesem Betrag, welche für Entwicklungs- und humanitäre Hilfe, wie beispielsweise das Etablieren lokaler Institutionen oder das Fördern von Ökonomie, vorgesehen ist beläuft sich auf circa 6,3 Milliarden (Amzam und Thelen, 2010, S.237).
Der Fokus der Maßnahmen zur Terrorbegegnung liegt damit klar auf militärischer Intervention und Kriegsführung.
Die Phänomen Terrorismus wird von der US-Regierung als ein Krieg der Barbarei gegen die freie zivilisierte Gesellschaft dargestellt, den die USA als führender Akteur im Sinne der Zivilisation zu gewinnen haben. Nach dieser Auffassung bedroht der Terror die Existenz der gesamten freien Welt, was wiederum die Mobilisierung größter und extremster Mittel legitimiert. So werden bis dato nicht dagewesene personelle und finanzielle militärische Mittel aufgewandt, nicht um weitere Anschläge zu verhindern, sondern ein umfassendes Feindbild in seiner Gesamtheit auszulöschen. Dies beinhaltet auch ganzen Ländern den Krieg zu erklären. Auf diese Weise wird der Terrorismus auf die Ebene eines tatsächlichen militärischen Konflikts erhoben, was diesen durch seine Ausmaße an sich zeitlich verlängert. Zudem werden Terroristen nicht als Gesetze brechende Kriminelle angesehen, sondern als Soldaten einer feindlichen Armee (Freund, 2013, S.490).
Die Wahrnehmung als eben dies, eine ernstzunehmende bedrohende Macht in der organisierten Form einer Armee ist die von Terroristen angestrebte Darstellung ihrer selbst. Es symbolisiert einen Art Macht- und Relevanzzusprechung, welche den Terrororganisation die Rekrutierung weiterer Kämpfer erleichtert. Terroristen werden als Inbegriff des Bösen, als praktisch unmenschlich und verrückt dargestellt. Der Kampf für eine Terrororganisation gibt den einzelnen Individuen innerhalb der Organisation das Gefühl als Person und Mensch relevant, das genaue Gegenteil von dem, als was der Westen sie darzustellen versucht.
Eine praktisch identische Rhetorik wird in umgekehrter Form seitens der Terroristen kommuniziert um Personen anzuwerben. Während die Kriegsführung zur Bekämpfung des Terrors und Verteidigung der eigenen frei-demokratischen Werte von großen Teilen der amerikanischen Gesellschaft starken Zuspruch erfährt und extreme Maßnahmen ausreichend legitimiert, so wird auch von den Terrororganisationen der Kampf gegen die USA und die ganze westliche Welt als grundsätzlicher Krieg von Gut gegen Böse überzeichnet, geführt mit welchen Mitteln auch immer notwendig(Esch,2010, S.386f).
Mit der Entscheidung der USA dem Terrorismus in Form von Kriegsführung zur Bekämpfung der rohen Barbarei zu begegnen, ist eine Gewaltspirale zustande gekommen, die sich dadurch immer weiter fortsetzt, dass beide Seiten den Krieg als allumfassenden Kampf zwischen Gut und Böse erachten. Daher begegnet die Kommunikationswissenschaftlerin Joanne Esch der sich oft bedienten Aussage, dass sich global durch die Anschläge vom 11. September 2011 alles änderte mit den Worten „[...] it was not the terrorist attacks themselves that changed the global landscape, it was the Unites States´ response.“ (Esch, 2010, S.365)
Kriegsführung ist jedoch nicht die einzig mögliche Antwort auf Terrorismus. Werden terroristische Angriffe als Verbrechen und Verstoß gegen die geltende Rechtsordnung einer Gesellschaft, begangen von Kriminellen, erachtet, so wird ihnen auch mit den rechtlichen Mitteln zur Verbrechensbekämpfung in einer Demokratie begegnet. Es kommt also nicht zur Mobilisierung aller möglichen Kräfte um jeden Preis, was weniger extreme Konsequenzen auf beiden Seiten nach sich zieht (Freund, 2013, S.489).
Nach Jahren des Krieges kommen selbst diverse US-Geheimdienste in einem Bericht mit dem Titel „Trends in Global Terrorism: Implications for the United States“ zu dem Schluss, dass durch den globalen Krieg gegen den Terror eher eine eine erhöhte Anzahl islamistischer Radikalisierung und verstärkte Terrorgefahr als ein Rückgang dieser Phänomene beobachten sei. Jedoch verbleibt die Regierung in Washington bei einer zu optimistischen Sich bezüglich der Erfolgsaussichten militärischer Interventionen (Mazzetti, 2006).
Das Erachten und Deklarieren von Krieg als adäquate Lösung bezüglich der Terrorbedrohung ist somit eine freie Entscheidung für den Krieg und Kriege, für die man sich entscheiden kann, sind laut ihrer eigenen Definition auch solche, die vermeidbar gewesen wären (Freund, 2013, S.497)
Eine Besonderheit des War on Terror ist der vermehrte Einsatz unbemannter bewaffneter Drohnen zur Ausschaltung terroristischer Kämpfer aus der Luft.
Diese werden von der US-Regierung als äußerst präzises Mittel zur gezielten Tötung von Terroristen mit dessen Verwendung die nichtkombattante Zivilbevölkerung geschont wird.
Dieser Darstellung einer scheinbar vortrefflichen Waffe im Kampf für die Wiederherstellung internationaler Sicherheit widersprechen jedoch Zahlen, laut denen es bei diversen Angriffen zur „gezielten“ Tötung von insgesamt 41 Terroristen zu Kollateralschäden von 1147 Zivilisten gekommen sein soll. Während bei den einzelnen Angriffen auf die jeweiligen Zielpersonen bereits Zivilisten durch die Bombardierung sterben, so ist auch danach oftmals unklar, ob die Zielperson tatsächlich getötet worden ist. Oftmals sind Terroristen als eliminiert erklärt worden, nur um dann später wieder auf der Bildfläche aufzutauchen, was erneute Luftschläge mit zivilen Todesopfern zur Folge hat (Ackerman, 2014).
Auch ist unklar, was genau ausschlaggebende Kriterien für die Anordnung eines Luftschlags durch Drohnen sind und wie genau der angebliche Terrorist identifiziert wird.
Da diese Methode des Tötens zur Bekämpfung des Terrors auch in Ländern denen die USA nicht offiziell den Krieg erklärt hat, beispielsweise dem Yemen oder Pakistan, zum Einsatz kommt, können diese Bombardements auch als Hinrichtungen ohne einen gerichtlichen Prozess bezeichnet werden. Menschen in den betroffenen Gebieten, ganz besonders Kinder, leben in der ständigen Angst vor Terror, der nicht genau vorhersehbar ist, und vor dem man sich, sollte er in nächster Nähe passieren, nicht schützen kann (Reprieve, 2017).
Ein Zustand von Angst und Hilflosigkeit, wie ihn Europäer ähnlich formulieren würden, die sich in Europas Metropolen nicht mehr sicher vor Terroranschlägen fühlen.
Internationale Sicherheit und das Streben nach ihr darf nicht an den Grenzen der westlichen aufhören. Das bewusst in Kauf genommene Töten von Zivilisten sowie das Hinrichten ohne strafrechtlichen Prozess in Form von Drohnenangriffen kann ebenso als Form des Terrors und der Radikalisierung verstanden werden und kann damit nicht das Mittel sein, mit dem man Terror eigentlich begegnen will um diesen zu beenden.
Ein solcher Krieg dezimiert Bevölkerungen, macht Lebensraum unbewohnbar, zerstört Infrastrukturen und stürzt die Wirtschaft in Krisen. Kurz um: er raubt einer sehr großen Zahl von Menschen die Lebensgrundlage. Auch dieses kriegsbedingte Vakuum wirkt sich vorteilhaft auf das Erstarken einer Terrororganisation wie dem Islamischen Staat sowie der Festigung seiner Machtstellung in den Kriegsgebieten.
Beispielsweise nimmt ab Anfang Juni 2014 der IS in nur wenigen Wochen fast den kompletten Westen des Iraks ein (Lüders, 2016, S.81).
Das Land in einem solchen Zustand in Kombination in der lokal starken Präsenz der Terrormilizen hat für diese einen starken Zustrom aus der Bevölkerung zur Folge. So leben Zeitweise bis zu sechs Millionen auf vom IS kontrollierten Gebiet, während dieser über 20.000 bis 30.000 Kämpfer verfügt.
In den vom Krieg zerstörten Gebieten etabliert der IS eigene Strukturen. Es wird ein Bildungssystem im Sinne der islamistischen Weltanschauung aufgebaut, eine öffentliche Verwaltung betrieben und Hilfeleistungen in Form von Nahrung und Geld verteilt (Lüders, 2016, S.95f).
Neben der Unterstützung des islamistischen Terrors auf Grund persönlicher Ideologie und Überzeugung hat der Krieg jedoch auch die Folge, dass es auf durch Krieg zerstörtem Gebiet keine Wahl außer den IS zu unterstützen gibt. Sei es zum einen durch die zwanghafte Eingliederung in eine von ihm etablierte Gesellschaft unter strikter Kontrolle oder als eine der wenigen bis einzige Einkommensquelle als IS-Kämpfer.
So soll es möglich je nach Rangordnung zwischen 200 und 2000 US-Dollar pro Monat im Dienst des Islamischen Staates zu verdienen (Lüders, 2016, S96).
Dass ein Teil der Bevölkerung dem Weg des islamistischen Terrors folgt, wenn sich dieser als aktuell einzige Instanz, die eine Lebensgrundlage gewährleisten kann ergibt, während für die Bevölkerung der Eindruck vorherrscht, dass der Westen, allen voran die USA, das eigene Land in Krieg und Elend gestürzt haben, ist aus dieser Perspektive verständlich.
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- Quote paper
- Felix Früh (Author), 2017, Eine kritische Auseinandersetzung mit dem US-amerikanischen "War on Terror", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1288219
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