Eine sogenannte Zeugenliteratur weiblicher Betroffener des Holocausts entwickelte sich erst lange nach Kriegsende. Bis in die späten siebziger bzw. frühen achtziger Jahre gab es kaum veröffentlichte Zeugenberichte von Frauen über ihre Holocaust-Erfahrungen. Die einzigen Einblicke, wie Frauen die Zeit des Holocausts erlebt hatten, gaben meist Tagebücher wie zum Beispiel das Tagebuch der Anne Frank; im Großen und Ganzen waren solche femininen Zeugnisse jedoch äußerst rar. Allerdings enthüllen Zeugnisse weiblicher Betroffener meist, dass Frauen den Holocaust auf eine ganz andere Art und Weise erlebt und wahrgenommen haben als männliche Betroffene. Aus diesem Grund ist auch das Werk von Marguerite Duras, La douleur, von besonderer Bedeutung.
In diesem Zeugenbericht legt Marguerite Duras nicht Zeugnis über die Konzentrationslager selbst ab, sondern über die Gleichgültigkeit, die jenen entgegengebracht wurde, die in völliger Ungewissheit auf die Rückkehr von deportierten Angehörigen oder Freunden warteten. Leslie Hill argumentiert zudem in seinem Buch Marguerite Duras - Apocalyptic Desires, dass La douleur ein Werk ist, welches die Unmöglichkeit, das Unvorstellbare zu bezeugen, aufzeigt und Emma Wilson legt in ihrem Aufsatz La douleur – Duras, amnesia and desire dar, dass La douleur ebenfalls die Auffassung in Frage stellt, dass der Akt des Niederschreibens seiner Erfahrungen selbst erlösend sein kann. Ann Parry merkt zudem in ihrem Aufsatz Idioms for the Unrepresentable: Postwar Fiction and the Shoa an, dass bereits Primo Levi in seinem Buch Se questo è un uomo vor dem Gedanken gewarnt hat, man könne das, was George Steiner als the ‘unspeakable’ bezeichnet,jemals begreifen oder glauben. La douleur unterstützt diese These in jeglicher Hinsicht.
(Rest der Einleitung sowie Fußnoten aus Platzgründen nicht aufgeführt!!!)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Datierung und zur „Unveröffentlichbarkeit“ von La douleur
- Zur Person Robert L.
- Die Einzigartigkeit des Traumas
- Das Motiv des ,,Wartens“ in den Werken Duras
- Das Warten auf Robert L.
- Die Rückkehr von Robert L.
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert Marguerite Duras' Werk „La douleur“ und untersucht, wie sich Duras' Zeuge sein in diesem Text manifestiert. Die Arbeit beleuchtet die Datierung und „Unveröffentlichbarkeit“ des Textes, die Person Robert L. sowie die Einzigartigkeit des Traumas in Duras' Werken. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Motiv des Wartens, insbesondere auf dem Warten auf Robert L. und dessen Rückkehr.
- Datierung und „Unveröffentlichbarkeit“ von „La douleur“
- Die Person Robert L.
- Das Trauma in Duras' Werken
- Das Motiv des Wartens
- Duras' Zeuge sein in „La douleur“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Zeugenliteratur ein und stellt „La douleur“ als ein wichtiges Werk dieser Gattung vor. Sie beleuchtet die Bedeutung des Textes als Zeugnis über die Gleichgültigkeit gegenüber denjenigen, die auf die Rückkehr deportierter Angehöriger warteten. Die Einleitung stellt zudem die These auf, dass „La douleur“ die Unmöglichkeit, das Unvorstellbare zu bezeugen, aufzeigt und die Auffassung in Frage stellt, dass der Akt des Niederschreibens erlösend sein kann.
Das Kapitel „Zur Datierung und zur „Unveröffentlichbarkeit“ von La douleur“ analysiert die unregelmäßigen Datierungen im Tagebuch und die lange Zeitspanne zwischen Entstehung und Veröffentlichung des Textes. Es wird die Frage aufgeworfen, warum Duras mit der Veröffentlichung so lange gewartet hat und wie sich die Verdrängung des Erlebten auf den Text auswirkt.
Das Kapitel „Zur Person Robert L.“ beleuchtet die Rolle des Ehemannes der Erzählerin in „La douleur“. Es wird die Frage gestellt, inwieweit Robert L. als Symbol für die Verluste und das Trauma des Krieges steht und wie sich die Beziehung zwischen der Erzählerin und Robert L. auf den Text auswirkt.
Das Kapitel „Die Einzigartigkeit des Traumas“ untersucht die spezifische Art und Weise, wie Duras das Trauma des Krieges in ihren Werken verarbeitet. Es wird die Frage gestellt, inwieweit Duras' eigene Erfahrungen als Angehörige der Résistance und als Frau eines Deportierten in „La douleur“ zum Ausdruck kommen.
Das Kapitel „Das Motiv des ,,Wartens“ in den Werken Duras“ analysiert das Motiv des Wartens als zentrales Element in Duras' Werken. Es wird die Frage gestellt, wie sich das Warten auf Robert L. auf die Erzählerin auswirkt und welche Bedeutung das Warten für die Verarbeitung des Traumas hat.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Zeugenliteratur, Marguerite Duras, La douleur, Holocaust, Trauma, Erinnerung, Vergessen, Warten, Robert L., Résistance, Krieg, Gleichgültigkeit, Verdrängung, Unveröffentlichbarkeit.
- Arbeit zitieren
- Silke Böhm (Autor:in), 2006, Marguerite Duras "La douleur": Wie zeigt sich Duras’ 'Zeuge sein' in 'La douleur'?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128876