Ambulante versus stationäre Rehabilitation. Ein Vergleich am Beispiel orthopädischer Patienten


Bachelorarbeit, 2016

57 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas und Problemdarstellung
1.2 Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit

2. Rehabilitation in Deutschland
2.1 Definition des Begriffs Rehabilitation
2.2 Rechtliche Grundlagen der Rehabilitation in Deutschland
2.3 Statistische Kennzahlen der Rehabilitation in Deutschland

3. Methodik
3.1 Literaturrecherche
3.2 Bewertung der Studien

4. Ergebnisdarstellung
4.1 Ergebnisdarstellung der Literaturrecherche
1. Gesamtbewertung der Studien
2. Ergebnisse des Vergleichs anhand ausgewählter Kriterien
4.2 Zusammenfassung

5. Diskussion

6. Fazit und Ausblick

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

amb. ambulant

BAR Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation

DM Deutsche Mark

DRG Diagnosis Related Groups

DRV Deutsche Rentenversicherung

EDV Elektronische Datenverarbeitung

FBR-Z Fragebogen zur Beurteilung der Rehabilitation –Zufriedenheitsbogen

FFbH-R Funktionsfragebogen Hannover-Rücken

F-SozU Fragebogen zur sozialen Unterstützung

GKV gesetzliche Krankenversicherung

IBM SPSS IBM Statistical Package for the Social Sciences

IRES Indikatoren des Rehastatus

KKG Erhebung von Kontrollüberzeugungen über Krankheit und Gesundheit

MDK Medizinischer Dienst der Krankenkassen

RKI Robert-Koch-Institut

SCL-90-R Symptom-Checklist-90

SF-12 Short-Form-Gesundheitsfragebogen

SGB Sozialgesetzbuch

stat. stationär

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Angaben zu den Anträgen, Bewilligungen und Leistungen in der DRV in den Jahren 1991 & 2014 (Quelle: DRV, 2015b)

Tab. 2 Angaben zu den Anträgen, Genehmigungen und Leistungsfällen in der GKV in den Jahren 2008 & 2014 (Quelle: GKV, 2016)

Tab. 3 Leistungen der DRV zur med. Rehabilitation und deren Anteil an den Gesamtleistungen 2000 & 2014: stationär und ambulant (Quelle: DRV, 2015b)

Tab. 4 Leistungen der GKV zur med. Rehabilitation 2008 & 2014: stationär und ambulant (Quelle: GKV, 2016)

Tab. 5 Aufwendungen der DRV zur Rehabilitation insgesamt und der darin enthaltenen med. Rehabilitation in den Jahren 2000 & 2014 (Angaben in Mio. Euro) (Quelle: DRV, 2015b)

Tab. 6 Leistungsausgaben 2008 & 2014 für die Rehabilitation: insgesamt, stationär und ambulant (Angaben in Euro) (Quelle: GKV, 2016)

Tab. 7 amb. und stat. Leistungen in der Orthopädie im Vergleich zwischen Männern und Frauen im Jahr 2014 (Quelle: DRV, 2015a)

1.Einleitung

Die medizinische Rehabilitation in Deutschland ist ein wichtiger Bereich für die Gesellschaft, den Gesetzgeber und die Akteure im Gesundheitswesen. Die Bedeutung der Rehabilitation für die Heilung und Wiedereingliederung von Menschen in den Alltag ist nach wie vor sehr groß. Dabei stehen neben den gesundheitlichen Aspekten des Einzelnen auch die ökonomischen Faktoren für die Gesellschaft und die Kostenträger im Vordergrund. Das Gesundheitssystem in Deutschland unterliegt stetigen Veränderungen, von denen auch der Bereich der Rehabilitation betroffen ist.

Die Entwicklungen in den letzten Jahren zeigen, dass sich auch die Rehabilitation an neuen Aufgaben messen lassen muss. Nicht nur der steigende Kostendruck und die stetig zunehmenden Patientenzahlen fordern eine Weiterentwicklung in der Rehabilitation, sondern auch die vom Gesetzgeber geforderte Devise „ambulant vor stationär“ (Kladny, 2015). Diese Devise wird in § 40 des Sozialgesetzbuches (SGB) V der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Gesetzgeber rechtlich verankert. In § 19 des SGB IX, welches sich explizit mit der Rehabilitation beschäftigt, wird diese Devise ebenfalls benannt. Allerdings lässt sich hier keine strikte Festlegung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ erkennen (Maier-Riehle & Schliehe, 2002). Vielmehr wird darauf verwiesen, dass bei der Entscheidung alle Umstände miteinbezogen werden müssen und dass die Wünsche des Betroffenen berücksichtigt werden (ebd.). Der Patient hat nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die freie Wahl ob er eine ambulante oder stationäre Rehabilitation durchführen möchte. Allerdings gibt es klare Empfehlungen der Ärzte die von den Patienten beachtet werden sollten. In der Renten- und der Unfallversicherung hat der Patient nur eine eingeschränkte Wahl, da es sich diese Träger vorbehalten, die medizinisch sinnvollste Maßnahme selbst auszuwählen (BMG, 2016). Es sind auch nicht alle Patienten für eine ambulante Rehabilitation geeignet. Wichtige Faktoren für die Zulassung zu einer ambulanten Rehabilitation sind beispielsweise die Schwere der Erkrankung, eventuelle Vorerkrankungen, der Allgemeinzustand des Patienten oder auch das soziale Umfeld (BMG, 2016). Eine ambulante Rehabiliationsmaßnahme führt der Patient wohnortnah durch bzw. nimmt sie in Anspruch. Der Patient kommt morgens in die behandelnde Einrichtung und verlässt diese nachmittags oder abends wieder. Im Gegensatz dazu, werden stationäre Rehabilitationsmaßnahmen umgangssprachlich oft als Kur bezeichnet. Der Patient wohnt für die Zeit der Rehabilitation in einer entsprechenden Einrichtung (ebd.).

Auch der demographische Wandel in der Bundesrepublik Deutschland nimmt eine immer größer werdende Rolle im deutschen Rehabilitationswesen ein. Die Menschen in Deutschland werden immer älter und wollen länger im häuslichen Umfeld leben, was die Anforderungen an das Rehabilitationswesen erhöht (Koch & Morfeld, 2004). In den letzten Jahren, hat es vor allem im ambulanten Bereich der Rehabilitation schon deutliche Weiterentwicklungen gegeben. Beispielsweise durch das zum 01.01.2012 verabschiedete GKV-Versorgungsstrukturgesetz, dass die versorgungsrechtliche Gleichstellung zwischen der ambulanten und der stationären Rehabilitation geschaffen hat. Dabei wurden auch in der ambulanten Rehabilitation einheitliche Versorgungsverträge eingeführt, die es in der stationären Rehabilitation bereits seit Jahren gibt (Algermissen et al., 2016). Dadurch stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Vergleichbarkeit zwischen der ambulanten und der seit Jahren erprobten stationären Rehabilitation.

Der Fokus dieser Arbeit liegt nun speziell auf der ambulanten und stationären Rehabilitation von orthopädischen Patienten. Etwa 37% aller Rehabilitationsmaßnahmen, werden in der BRD im Bereich der Orthopädie durchgeführt. Damit liegen die Zahlen in diesem Bereich der Rehabilitation am höchsten, womit sich der Untersuchungsansatz in der Orthopädie anbietet.

Um diese Untersuchung durchzuführen werden verschiedene Studien gesichtet und analysiert. Die Methodik zur Recherche und zur Bewertung der Studien werden ausführlich dargestellt. Zuvor wird eine Definition des Begriffs Rehabilitation erläutert und es wird einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die statistischen Kennzahlen der Rehabilitation in Deutschland gegeben.

Abschließend werden in einer Diskussion die aus den Studien ermittelten Ergebnisse auf Grundlage gesellschaftlicher, ökonomischer und pflegerischer Kriterien bewertet und in einem abschließenden Fazit zusammengefasst.

1.1 Relevanz des Themas und Problemdarstellung

Die Relevanz des Themas ergibt sich aus den Entwicklungen der letzten Jahre, die sowohl im Bereich der Rehabilitation als auch in der Orthopädie zu verzeichnen sind und gleichzeitig aus dem Blick auf die Zukunft der beiden Bereiche. Während bis Anfang der 90er Jahre die großen Rehabilitationsträger in Deutschland fast ausschließlich die stationäre Rehabilitation bevorzugten, ist ab Mitte des Jahrzehnts eine größere Offenheit gegenüber der ambulanten Rehabilitation festzustellen (Koch, 2002). Diese Entwicklung lässt sich auch in den Statistiken ablesen, die deutlich belegen, dass die Inanspruchnahme der ambulanten Rehabilitation gegen Ende der 90er bis heute stark zugenommen hat. Ein weiterer wichtiger Schritt zur Entwicklung des ambulanten Rehabilitationssektors waren die Rahmenempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) im Jahr 2001. Durch diese Rahmenempfehlungen, trauten sich mehr Rehabilitationsträger zu, die ambulante Rehabilitation umzusetzen. In dieser ersten Phase der expandierenden Entwicklung im ambulanten Bereich, wurden bereits erste Studien zum Wirksamkeitsvergleich durchgeführt (Koch, 2002). Diese Studien werden unteranderem auch in der vorliegenden Arbeit näher beleuchtet.

Die Kennzahlen der letzten Jahre zeigen, dass die stetig steigende Inanspruchnahme der ambulanten Rehabilitation bis heute anhält. Im Bundesgesundheitsblatt 2011 verweist Morfeld auf Expertenschätzungen, die einen Bedarf an ambulanter Rehabilitation von bis zu 40% sehen. Wie schon angesprochen, ist ein weiterer wichtiger Faktor der zur Relevanz des Themas beiträgt, die demographische Entwicklung. Laut Kladny (2015) wird der Anteil von jüngeren Senioren im Alter von 60 bis unter 70 bis zum Jahr 2030 um 26% zunehmen. Noch drastischer wird es in der Altersspanne zwischen 80 und 90 Jahren. Hier liegt ein Anstieg von 58% vor.

Diese Entwicklung zeigt auf, dass die Generation der heute gesunden und selbstständigen Erwachsenen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Belastung für das deutsche Gesundheits- und Rehabilitationssystem wird (Kladny, 2015). Gerade im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie kommt es im zunehmenden Alter zu nicht unerheblichen Verletzungen oder zum Verschleiß von Gelenken. Die Zahlen die heute schon belegen, dass mit 37% aller Rehabilitationen die meisten im Bereich der Orthopädie stattfinden, werden in den nächsten Jahren nicht geringer werden (DRV, 2015). Die Herausforderung, die sich daraus ergibt ist, dass die ambulante Rehabilitation nachweisen muss, ob sie in punkto Behandlungsergebnisse, Wirtschaftlichkeit, Qualität und Patientenzufriedenheit das erfüllt, was die stationäre Rehabilitation seit Jahren leistet.

Dieser Vergleich der ambulanten vs. stationären Rehabilitation muss, um alle Fragen klären zu können, verschiedene Kriterien beachten. Die Fragen können nur entsprechend beantwortet werden, wenn die Ergebnisse der Untersuchungen darauf hindeuten, dass die Ergebnisse der ambulanten und stationären Rehabilitation vergleichbar sind und eventuelle Vor- oder Nachteile aufgezeigt werden.

1.2 Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit

Aus der oben beschriebenen Problemdarstellung ergibt sich für diese Arbeit folgende Fragestellung:

Zeigen die Ergebnisse der ambulanten orthopädischen Rehabilitation und der stationären orthopädischen Rehabilitation vergleichbare Resultate auf oder ergeben sich Vor- oder Nachteile für eine der beiden Versorgungsformen?

Untersucht werden die Ergebnisse der einbezogenen Studien im Hinblick auf die Behandlungsergebnisse, die Kosten, die Qualität und Patientenzufriedenheit in beiden Versorgungsformen.

Um diesen Vergleich anzustellen, werden für diese Arbeit ausgewählte Studien recherchiert und analysiert, die den Vergleich zwischen der ambulanten und stationären Rehabilitation von orthopädischen Patienten beinhalten. Bei diesem Vergleich ist es entscheidend, die Kriterien zu beachten, die sowohl die Patienten als auch die Akteure im Rehabilitations- und Gesundheitswesen in die Überlegungen miteinzuschließen.

Die Patienten, die nach einem möglicherweise einschneidenden Erlebnis wieder ins alltägliche Leben zurückkehren, muss es ermöglicht werden durch einen adäquaten Vergleich feststellen zu können, ob sie eine ambulante oder stationäre Rehabilitation bevorzugen. Auch der Bezug zu den Pflegekräften im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie ist hier gegeben. Durch den stetigen Kontakt zu potenziellen Rehabilitanden im Stationsalltag, ergeben sich häufig Fragen seitens der Patienten.

Die Pflegekraft kann hier eine beratende Funktion einnehmen. Allerdings muss es dafür klare Erkenntnisse geben welche Vor- oder Nachteile die jeweilige Rehabilitationsform bietet.

2. Rehabilitation in Deutschland

Der nachfolgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Begrifflichkeit und mit den gesetzlichen Grundlagen sowie den statistischen Kennzahlen der Rehabilitation in Deutschland. Dieses Kapitel soll einen besseren Überblick über die Rehabilitation in Deutschland liefern und ein besseres Verständnis von Rehabilitation schaffen.

2.1 Definition des Begriffs Rehabilitation

Eine einheitliche Definition des Begriffs Rehabilitation in der Literatur auszumachen gestaltet sich schwierig. Laut Zimmermann (2007) hat sich bis heute kein einheitliches Verständnis von Rehabilitation durchsetzen können. Auch Leistner und Gibis (2005) vertreten die Meinung, dass „hinsichtlich des Inhalts des Begriffes Rehabilitation eine semantische Konfusion festzustellen ist“ (Leistner & Gibis, 2005, S. 25). Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Rehabilitation viele einzelne Aspekte aus den verschiedensten Bereichen vereint. So mischen sich innerhalb des Begriffs der Rehabilitation die Bereiche der Medizin und des Public Health sowie des Sozialrechts und die der verschiedenen Träger, die an der Rehabilitation beteiligt sind (Zimmermann, 2007). Die World Health Organization (WHO) definierte den Begriff Rehabilitation erstmalig im Jahr 1981 in ihrem Report „Disability prevention and rehabilitation“. Dort heißt es von Heimes ins Deutsche übersetzt:

„Rehabilitation umfasst den koordinierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen sowie Einflussnahmen auf das physische und soziale Umfeld zur Funktionsverbesserung zum Erreichen einer größtmöglichen Eigenaktivität zur weitestgehenden Partizipation in allen Lebensbereichen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird“ (Heimes, 2013, S. 36).

Es zeigt sich, dass in dieser Definition bereits die verschiedenen Bereiche, die Zimmermann (2007) erwähnt, vorkommen. Diese Definition der WHO aus dem Jahr 1981, umfasst die Kernelemente der Rehabilitation.

In Deutschland wurde diese Definition der WHO vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) modifiziert und im Jahr 2001 erstmalig in den Begutachtungs-Richtlinien zur Vorsorge und Rehabilitation erwähnt. In der aktualisierten Fassung dieser Richtlinien aus dem Jahr 2012 heißt es:

„Rehabilitation schließt alle Leistungen ein, die darauf gerichtet sind, eine drohende Beeinträchtigung der Teilhabe abzuwenden bzw. eine bereits eingetretene Beeinträchtigung der Teilhabe zu beseitigen, zu vermindern oder deren Verschlimmerung zu verhüten“ (MDS, 2012, S. 16f).

Laut Leistner & Gibis (2005) ist diese Definition, in der ersten Richtlinie aus dem Jahr 2001, zwar unspezifischer als die der WHO aber trotzdem sehr gut geeignet um die verschiedenen Versorgungsbereiche innerhalb der Rehabilitation aufzuzeigen und zu verdeutlichen, auf was die Rehabilitation abzielt. Zusammengefasst bezeichnet Rehabilitation, alle Leistungen und Maßnahmen die unternommen werden, um eine Beeinträchtigung abzuwenden, sie zu beseitigen, zu vermindern oder zu verhüten. In der Definition wird allerdings nicht zwischen ambulanten und stationären Maßnahmen unterschieden. In Deutschland teilen sich diese Leistungen auf die verschiedenen Bereiche der Medizin, des Sozialrechts und der verschiedenen Rehabilitationsträger auf, um eine bestmögliche Versorgung und die eigenständige Lebensgestaltung des Betroffenen zu gewährleisten.

2.2 Rechtliche Grundlagen der Rehabilitation in Deutschland

In Deutschland hat jeder Bürger und jede Bürgerin das Recht auf eine Rehabilitation. Es werden fünf Formen der Rehabilitation unterschieden: die medizinische, psychische, soziale, edukative und berufliche Rehabilitation. Im Blickfeld dieser Arbeit steht die medizinische Rehabilitation orthopädischer Patienten. Die zahlenmäßig wichtigsten Träger der Rehabilitation, sind die gesetzliche Rentenversicherungen sowie Kranken- und Unfallversicherungen. Die Gesetze zu den Leistungen der entsprechenden Maßnahme finden sich in den Sozialgesetzbüchern (SGB). Die diesbezüglich wichtigsten Sozialgesetzbücher sind das SGB III zur Arbeitsförderung, das SGB V der gesetzlichen Krankenversicherung, das SGB VI der gesetzlichen Rentenversicherung, das SGB VII der gesetzlichen Unfallversicherung, das SGB IX zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen und das SGB XII zur Sozialhilfe, auf die nun im Einzelnen genauer eingegangen wird.

Im SGB III zur Arbeitsförderung, befindet sich ein Abschnitt hinsichtlich der Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen. Es wird darauf verwiesen, dass die Rehabilitation aus historischen Gründen dem Zweig der sozialen Sicherung zuzuweisen ist (Bermig & van Doorn, 2016). Dies sind im speziellen die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Rentenversicherung. Allerdings muss die Bundesagentur für Arbeit die Kosten für eine Rehabilitation übernehmen, wenn kein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist (Bermig & van Doorn, 2016). Die Leistungen zur Rehabilitation von der Bundesagentur für Arbeit, beschränken sich dabei allerdings zum größten Teil auf die sogenannte Teilhabe am Arbeitsleben, die für Menschen mit Behinderung gedacht sind (ebd.).

Das nächste SGB welches sich mit der Rehabilitation befasst, ist das SGB V zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im speziellen werden die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in §§ 40-43 SGB V benannt.

Dort heißt es, dass falls bei einem Versicherten die ambulante Krankenbehandlung nicht ausreichend ist, die Krankenkasse eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme erbringen muss (Algermissen et al., 2016). In Bezug auf die Thematik dieser Arbeit, ist es interessant, dass erst durch das zum 01.01.2012 verabschiedete GKV-Versorgungsstrukturgesetz, die versorgungsrechtliche Gleichstellung zwischen der ambulanten und der stationären Rehabilitation geschaffen wurde (ebd.). Außerdem gehört die medizinische Rehabilitation erst seit dem 01.04.2007 zu einer der Pflichtleistung der GKV (ebd.). Weiterhin verpflichtet das Gesetz die Krankenversicherung dazu, bei einem nicht ausreichenden Erfolg der ambulanten Rehabilitation, eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung zu finanzieren (Algermissen et al., 2016). Diese Maßnahmen können auch als Anschlussrehabilitation angetreten werden. Das heißt, dass der Patient direkt nach der Krankenhausbehandlung die Rehabilitationsmaßnahme antritt. Die Dauer der Rehabilitationsmaßnahme ist im Gesetz exakt vorgeschrieben. Laut dem Gesetzgeber, soll sie „längstens für 3 Wochen erbracht werden“ (Algermissen et al., 2016, S. 227). Eine Verlängerung der Rehabilitationsmaßnahme ist bei medizinischer Indikation möglich und ist ebenfalls in § 40 SGB V beschrieben.

Im SGB VI ist die gesetzliche Rentenversicherung geregelt. In § 15 des SGB VI werden die Leistungen zur Rehabilitation beschrieben. Die Rentenversicherung erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken (Flecken, 2016). Die Devise des Gesetzgebers ist klar definiert. Im Kommentar zum Gesetz heißt es:

„Die Leistungen zur Rehabilitation haben Vorrang vor den Rentenleistungen, denn eine gesundheitliche und berufliche Förderung ist sowohl für den einzelnen Versicherten als auch für die Volkswirtschaft sinnvoller und vorteilhafter als eine dauernde Rentenleistung“ (Flecken, 2016, S. 376).

Das bedeutet, dass die Entscheidung über einen Antrag auf vorzeitige Rente erst gefällt werden kann, wenn ausgeschlossen wurde, dass eine Rehabilitationsmaßnahme Erfolg hätte.

Die Voraussetzungen des einzelnen Patienten für die Finanzierung einer Rehabilitationsmaßnahme durch die Rentenversicherungsträger werden ebenfalls im Gesetz geregelt. In §10 SGB VI finden sich die persönlichen Voraussetzungen für die Leistungen. Nach diesen muss der Versicherte mindestens 15 Jahren in die Rentenkasse eingezahlt haben oder eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehen (Flecken, 2016). Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind und die potenzielle Chance besteht den Versicherten wieder ins Arbeitsleben zu integrieren, übernimmt die Rentenversicherung die Leistungen zur Rehabilitation.

Personen, die bereits eine Altersrente beziehen oder Personen bei denen die Aussicht auf die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht gegeben ist, können keine Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung erhalten. Eine Besonderheit der Rentenversicherung ist das in den §§ 20 & 21 beschriebene Übergangsgeld. Dieses Übergangsgeld kann von Versicherten, die arbeitsunfähig oder aber die aufgrund von Leistungen zur Rehabilitation nicht ganztägig erwerbstätig sind bezogen werden (Flecken, 2016). Auch Leistungen wie beispielsweise Haushaltshilfen, Reisekosten oder Rehabilitationssport können von der Rentenversicherung übernommen werden (ebd.).

Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind im SGB VII beschrieben. In § 1 SGB VII heißt es, dass es die Aufgabe der Unfallversicherung ist, „nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen“ (Goeke & Meiburg, 2016, S. 595).

Das Ziel der gesamten Rehabilitation ist es, den Versicherten so zu kurieren, als wäre der Unfall nie eingetreten. Weiterhin zählt neben der Rehabilitationsmaßnahme auch die lückenlose Wiedereingliederung in den Berufsalltag zu den Aufgaben der Unfallversicherung. Ähnlich wie bei der Rentenversicherung, zielen auch die Maßnahmen der Unfallversicherung darauf ab, eine mögliche Rentenzahlung abzuwenden (Goeke & Meiburg, 2016). In der gesetzlichen Unfallversicherung sind alle Personen versichert, die einem Beschäftigungsverhältnis stehen sowie Kinder während des Schulbesuchs, Studenten in der Hochschule und ehrenamtliche tätige Personen (ebd.).

Das SGB IX behandelt die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Dieses Buch trat am 01. Juli 2001 in Kraft und setzt sich zum Ziel die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch Sozialleistungen zu fördern (Polczyk, 2016). Die Leistungen des SGB IX, werden von den im Text bereits erwähnten Rehabilitationsträgern erbracht. Die Ziele der Rehabilitation im SGB IX werden in § 26 näher erläutert. Ein Ziel ist es, „Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten“ (Polczyk, 2016, S. 653). Zusätzlich sollen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit vermieden, überwunden oder gemindert werden. Weiterhin soll der vorzeitige Bezug von Sozialleistungen vermieden oder laufende Sozialleistungen gemindert werden (Polczyk, 2016). Im Gegensatz zu den vorangegangenen SGB, wird hier erstmals beschrieben welche Leistungen genau unter der Rehabilitation zu verstehen sind. Es zählen die Behandlung durch Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe genauso dazu, wie Arznei- und Verbandmittel, Heilmittel, Psychotherapie, Hilfsmittel und Belastungserprobungen im Arbeitsalltag (Polczyk, 2016). Auch unterhaltssichernde Maßnahmen gehören nach § 44 SGB IX mit zu den Leistungen der Rehabilitation (ebd.). In § 6 werden die Rehabilitationsträger genannt. Neben den bereits erwähnten Rehabilitationsträgern, können Leistungen auch von den Trägern der Kriegsopferversorgung, der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe erbracht werden. Das SGB XII zur Sozialhilfe, befasst sich ebenfalls mit der Rehabilitation. In § 14 wird festgelegt, dass Maßnahmen zur Prävention sowie zur Rehabilitation erbracht werden müssen, um die Ziele des SGB IX zu erreichen. Die Träger der Sozialhilfe müssen in diesem Rahmen, die zuständigen Rehabilitationsträger davon unterrichten, wenn eine Maßnahme für geboten erscheint (Lutz, 2016).

Abschließend lässt sich festhalten, dass das deutsche Rehabilitationssystem im Rahmen der Sozialgesetzgebung vielschichtig aufgebaut ist. Für die verschiedensten Indikationen werden durch die jeweiligen Rehabilitationsträger Leistungen erbracht. Der Gesetzgeber und alle Rehabilitationsträger haben zum Ziel, das Wohl und die Gesundheit des Menschen wiederherzustellen und ihn, gemäß der Definition der WHO, in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich zu erhalten.

2.3 Statistische Kennzahlen der Rehabilitation in Deutschland

Im nachfolgenden Abschnitt wird anhand ausgewählter statistischer Kennzahlen ein Überblick über die Entwicklungen der Kosten und der Patientenzahlen der Rehabilitation in Deutschland gegeben. Als Grundlage dienen die Zahlen des Reha-Berichtes 2015 sowie der Bericht „Rentenversicherung in Zahlen 2015“ der deutschen Rentenversicherung (DRV). Außerdem die Kennzahlen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und des Robert-Koch-Institus in Zusammenarbeit mit dem statistischen Bundesamt. Diese beiden Kostenträger der Rehabilitation wurden ausgewählt, da sie die Mehrzahl der Rehabilitationen in Deutschland finanzieren (RKI, 2015).

Bei der deutschen Rentenversicherung gingen im Jahr 2014, 1.724.277 Mio. Anträge zur medizinischen Rehabilitation ein. Von diesen Anträgen wurden 1.135.087 Mio. bewilligt und insgesamt 1.014.763 Mio. Leistungen wurden durchgeführt. Das zeigt, dass rund 66% der Anträge bewilligt wurden und nur ca. 18% abgelehnt. Die übrigen 16% wurden zum jeweils zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet (DRV, 2015b). In Tabelle 1 ist ein Vergleich der Zahlen von 1991 und 2014 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 Angaben zu den Anträgen, Bewilligungen und Leistungen in der DRV in den Jahren 1991 & 2014 (Quelle: DRV, 2015b)

Es wird deutlich, dass die Anzahl der Anträge, der Bewilligungen und der Leistungen zwischen den Jahren 1991 bis 2014 deutlich zugenommen hat. Allein der Vergleich zwischen den Zahlen von 2013 und 2014 macht dies deutlich. Im Jahr 2013 gingen 1.670.139 Mio. Anträge bei der DRV ein. Der Vergleich zum Jahr 2014 (1.724.277 Mio.) zeigt eine Zunahme von +1,9%.

Auch bei den Bewilligungen und den Leistungen gab es einen Zuwachs.

Die Veränderungsrate bei den Bewilligungen lag bei +3,4% (2013: 1.085.577 Mio. / 2014: 1.135.087 Mio.) und bei den Leistungen bei 1,0% (2013: 988.380 Tsd. / 2014: 1.014.763 Mio.) (DRV, 2015b).

Bei der GKV zeigen sich zum Teil geringfügig andere Ergebnisse. In Tabelle 2 ist die Entwicklung der Leistungsfälle und der genehmigten Maßnahmen im Bereich der Rehabilitation im Vergleich von 2008 und 2014 zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2 Angaben zu den Anträgen, Genehmigungen und Leistungsfällen in der GKV in den Jahren 2008 & 2014 (Quelle: GKV, 2016)

Wie in Tabelle 2 zu erkennen ist, ging die Anzahl der Anträge insgesamt zurück, während die Anzahl der genehmigten Anträge zugenommen hat.

Diese Ergebnisse werden von den beiden Rehabilitationsträgern nochmals in ambulante und stationär erbrachte Leistungen aufgeteilt.

Die DRV erbrachte im Jahr 2014 insgesamt 1.014.763 Mio. Leistungen. Davon entfielen 840.639 auf den stationären Bereich und 141.147 auf den ambulanten Bereich. Der Vergleich der Zahlen der Jahre 2000 und 2014 ist in Tabelle 3 zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3 Leistungen der DRV zur med. Rehabilitation und deren Anteil an den Gesamtleistungen 2000 & 2014: stationär und ambulant (Quelle: DRV, 2015b)

Es zeigt sich, dass der Anteil der stationären Leistungen an den Gesamtleistungen in der DRV in den Jahren 2000 bis 2014 um 10% gesunken ist, während es im selben Zeitraum im ambulanten Bereich einen Zuwachs von 11% gab (DRV, 2015b). Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass der ambulante Bereich der Rehabilitation in den letzten Jahren immer stärker an Bedeutung gewonnen hat. Die entsprechenden Zahlen der GKV sind in Tabelle 4 abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4 Leistungen der GKV zur med. Rehabilitation 2008 & 2014: stationär und ambulant (Quelle: GKV, 2016)

Auch bei den Zahlen der GKV wird deutlich, dass der Anteil der Stationären Leistungen im Zeitraum von 2008 bis 2014 deutlich gesunken ist, während der Anteil der ambulanten Rehabilitation zugenommen hat.

Die Trendwende hin zur ambulanten Rehabilitation ist also schon seit Jahren im Gange und trotzdem liegt der Anteil an ambulanten Leistungen in der DRV derzeit nur bei 14% (DRV, 2015a) und in der GKV bei etwa 12% (GKV, 2016) aller Rehabilitationsmaßnahmen. Diese Werte zeigen den richtigen Weg um die Devise ambulant vor stationär umzusetzen. Allerdings ist dieser Sektor noch ausbaufähig. Ein weiterer interessanter Punkt, sind die Ausgaben der DRV und der GKV zu den jeweiligen Leistungen. Die DRV unterscheidet in ihrer Statistik leider nicht zwischen den Aufwendungen für die ambulante und stationäre Rehabilitation, während die GKV diese Zahlen getrennt ausweist.

Tabelle 5 zeigt die Kosten in der DRV für die Aufwendung der Rehabilitation insgesamt und die Aufwendungen zur medizinischen Rehabilitation beider Versorgungsformen im Vergleich der Jahre 2000 und 2014.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 5 Aufwendungen der DRV zur Rehabilitation insgesamt und der darin enthaltenen med. Rehabilitation in den Jahren 2000 & 2014 (Angaben in Mio. Euro)(Quelle: DRV, 2015b)

Es zeigt sich, dass die Aufwendungen insgesamt einen deutlichen Zuwachs von etwa 1,5 Mrd. Euro in den Jahren 2000 bis 2014 erlebt haben. Alleine zwischen den Jahren 2013 (5,84 Mrd.) und 2014 (6,03 Mrd.) liegt eine Steigerungsrate von + 3,4% vor. Die Zahlen der GKV zu den Kosten der Rehabilitation sind in Tabelle 6 aufgeführt.

[...]

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Details

Titel
Ambulante versus stationäre Rehabilitation. Ein Vergleich am Beispiel orthopädischer Patienten
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Note
1,2
Autor
Jahr
2016
Seiten
57
Katalognummer
V1289176
ISBN (Buch)
9783346753571
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ambulante, rehabilitation, vergleich, beispiel, patienten
Arbeit zitieren
David Wittkamp (Autor:in), 2016, Ambulante versus stationäre Rehabilitation. Ein Vergleich am Beispiel orthopädischer Patienten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289176

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