Zum Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und Thomas von Aquin

Eine vergleichende Studie


Doktorarbeit / Dissertation, 2008

551 Seiten, Note: cum laude


Leseprobe


INHALT

A. Einleitung

B. Der Welt- und Schöpfungsbegriff des Averroes
I. ZUR DISPOSITION
II. AVERROES UND DIE EMANATIONSLEHRE
1. Al-Farabis und Avicennas Emanationslehren als Ansatzpunkte der Auseinandersetzung des Averroes
2. Emanationsansätze in der Epitome der „Metaphysik“
3. Kritik an der Emanationslehre in der Destructio destructionum und im großen Kommentar zur „Metaphysik“
III. VON DER BEWEGUNG ZUR ORDNUNG DER WELT - ZUM VIII. BUCH DES großen PHYSIKKOMMENTARS
IV. ERSCHAFFUNG DER WELT IM GROßEN METAPHYSIKKOMMENTAR ?
1. Einleitung
2. Zum Ursprung der Dinge
3. Im Widerstreit der Meinungen - verschiedene Auffassungen zur Schöpfung und Averroes’ Stellungnahme dazu
4. Zur Funktion der Wärme bei der Hervorbringung der Dinge
5. Abschließende Gedanken
V. SCHÖPFUNG IN DER AUSEINANDERSETZUNG ZWISCHEN THEOLOGIE UND PHILOSOPHIE – ZUM BUCH FASL AL-MAQAL
1. Zweck der Abhandlung
2. Forderung der Reflexion durch das religiöse Gesetz und Forschung mit Blick auf die Alten
3. Zu den in Bezug auf den Glauben abgestuften Naturen des Menschen
4. Ewigkeit und Entstandensein der Welt
5. Zum Zweck der Religion und die Philosophie als „Milchschwester“ der Theologie
VI. GOTT DER SCHÖPFER UND SEINE HANDLUNGEN IM BUCH AL-KASHF
1. Einleitung
2. Die Existenz Gottes
3. Gott ist einer und hat verschiedene Attribute
4. Zur göttlichen Transzendenz und den göttlichen Handlungen
VII. DIE EWIGKEIT DER WELT IN DER SCHRIFT Destructio Destructionum
1. Einleitung
2. Vier Beweise zur Ewigkeit der Welt
3. Creatio ex nihilo in einer „ewigen Schöpfung“?
VIII. DER AKTIVE INTELLEKT ALS URSACHE VON EXISTENZ
1. Der aktive Intellekt als Existenzursache in der Epitome der „Metaphysik“
2. Der aktive Intellekt als Existenzursache im großen Metaphysikkommentar und in der Destructio destructionum
IX. DER MENSCH UND ANDERE LEBEWESEN
1. Direkte Erschaffung durch Gott?
2. Seele und Intellekt

C. Der Schöpfungsbegriff des Thomas im Vergleich zu Averroes
I. Zur Disposition
II. GEOZENTRISCHES WELTBILD MIT GOTT, DEM UNBEWEGTEN BEWEGER UND SCHÖPFER
III. GOTT HAT EIN WISSEN VON SEINER SCHÖPFUNG – ZU DEN GÖTTLICHEN IDEEN
1. Göttliche Ideen bei Averroes?
2. Es müssen nach Thomas Ideen existieren
3. Mehrere Ideen in Gott
4. Gott hat von allen Dingen, die er erkennt, Ideen
IV. SCHÖPFUNG
1. Gott, die erste Ursache alles Seienden und der Hervorgang der Geschöpfe aus Gott
2. Wie gehen die Dinge aus Gott hervor?
3. Bei der Schöpfung gibt es kein Nacheinander
4. Ewige Schöpfung ja oder nein?
5. Die Vielheit der Geschöpfe
6. Zur Notwendigkeit geistiger Wesen in der Schöpfung
7. Der Mensch: ein Wesen, das aus Geist und Körper zusammengesetzt ist
8. Die göttliche Vorsehung und die Lenkung der Welt schließen die Freiheit des Menschen und die Eigentätigkeit der Geschöpfe nicht aus
9. Einordnung der Schöpfungslehre in das Denken des Thomas

D. Resümee

Zur Transkription und Aussprache arabischer Wörter

Abkürzungen

Literaturverzeichnis

Seiten im Internet

A. Einleitung

Eine Abhandlung, die sich mit dem Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und bei Thomas von Aquin befasst, muss das Verhältnis dieser beiden Denker zum Islam und zum Christentum in die Erörterungen einbeziehen sowie, unter besonderer Berücksichtigung des Aristoteles und des Neuplatonismus, zur antiken und mittelalterlichen Philosophie. Die folgenden Ausführungen versuchen zu verdeutlichen, warum dies der Fall ist, und sie geben dazu wichtige Definitionen von Schöpfung wieder, um einen ersten Einblick in die Problematik zu ermöglichen. Außerdem soll die Notwendigkeit für einen Vergleich der Lehren des Averroes und des Thomas aufgezeigt werden.

Gemäß dem Historiker Karl Bosl hatte die christliche Kirche eine ähnlich spontane Beziehung zu Aristoteles wie die islamische Religion durch Averroes: „Aristotelisierung der Religion und des Glaubens bedeuteten ... überall Intellektualisierung, Systematisierung, Objektivierung überlieferter Glaubensinhalte”.[1] Averroes galt als der Kommentator der Schriften des Aristoteles. Allerdings wäre es falsch, Averroes einfach als Aristoteliker zu bezeichnen.[2] Er war wohl aristotelischer eingestellt als die muslimischen Philosophen (al-falasifa) vor ihm.[3] Jedoch war seine Philosophie – vor allem in der frühen Phase seines Wirkens[4] – auch neuplatonisch beeinflusst. Thomas war ebenfalls nicht einfachhin ein Aristoteliker.[5] Er griff „alle großen geistigen Strömungen seiner Zeit“ auf,[6] setzte sich mit ihnen auseinander und befragte sie auf Wahrheit hin, „den Platonismus – insbesondere in Fragen der Metaphysik – ebenso wie die arabische und jüdische Philosophie in ihren verschiedenen Ausformungen.“[7]

Nicht nur die eigenständige Denkart ist ein Grund, weder Averroes noch Thomas als schlechthinnige Aristoteliker zu bezeichnen. Die Religion, in der sie jeweils verwurzelt waren, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Frage nach dem Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und bei Thomas eröffnet somit ein breites Spannungsfeld. Es geht darum, welche Theorien diese beiden Denker aus dem Blickpunkt ihrer je eigenen Religion und aus philosophischer Sicht entwickelt haben. Nachfolgend werden darum, wie bereits oben erwähnt, wichtige Definitionen von Schöpfung wiedergegeben. Diese Definitionen beanspruchen nicht, vollständig zu sein. Sie sind auch nicht als Wiedergabe ganzer Lehren gedacht. Vielmehr sollen sie durch einen ersten Einblick in die Schöpfungsproblematik verdeutlichen, in welchem Spannungsfeld Averroes und Thomas standen. Später werden dann im Rahmen der Behandlung der Lehren des Averroes und des Thomas die verschiedenen Schöpfungsauffassungen des Islam, des Christentums und der Philosophie konkreter in die Diskussion einbezogen.

Schöpfung wird a l l g e m e i n die Welt oder die Natur genannt, sofern sie als von einem Gott oder mehreren Göttern oder von anderen überweltlichen, übernatürlichen oder schlechthin überlegenen Instanzen oder Kräften hervorgebracht und abhängig gesehen wird. Schöpfung wird ferner als Akt der Hervorbringung der Welt oder der Natur bezeichnet. Letztlich geht es dabei um das Verstehen des Geschaffenseins der Dinge und auch des Schöpfers.[8] Schöpfung wird meist als „eine Ereignisfolge verstanden, die den Anfangspunkt einer Geschichte von Welt und Menschheit markiert“.[9]

Schöpfung ist nach c h r i s t l i c h e r A u f f a s s u n g[10]

„das ausschließlich göttliche Tun des Erschaffens, Schaffens und Neuschaffens (Gen 1; Jes 43,1; 45,7) sowie dessen Ergebnis. Es drängt nach Vollendung alles Geschaffenen (Jes 41,20; 42,5). Schöpfung bezieht sich auf die Sorge des Menschen um sein Dasein, sein Woher, Wohin und Wozu. – ... Die Bibel redet davon in den sogenannten Schöpfungsberichten.“[11]

In ihr findet sich nicht der Gedanke einer creatio ex nihilo.[12] Und dennoch gehört die Erschaffung aus dem Nichts von früh an zum christlichen Schöpfungsbegriff.[13] - Freilich ist Gott nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Erhalter der Welt. Denn das Geschaffene kann sein Dasein nicht aus eigenen Kräften erhalten. Gott muss es sozusagen ständig vom Nichtsein ins Dasein setzen.[14]

Unter den Geschöpfen hat der Mensch eine besondere Stellung. Gott hat ihn als sein Abbild erschaffen (vgl. Gen 1,27). Die Geschöpflichkeit des Menschen spiegelt sich auf dreifache Weise: I. in der Gottebenbildlichkeit, die der biblische Schöpfungsbericht mit der Herrschaft über die Tiere und der Geschlechterdifferenzierung in Verbindung bringt; II. im Personsein, dieses gründet im Wort Gottes, durch das der Mensch „als geschöpfliches Gegenüber konstituiert und zum Sein mit Gott berufen wird“;[15] III. in der Leib-Seele-Einheit, wobei Leib und Seele metaphysische Seinsprinzipien sind, welche die substanzielle Einheit des Seins des Menschen konstituieren.[16]

Der christliche Schöpfungsbegriff thematisiert ebenfalls den Verlauf der Menschheitsgeschichte als Ort des Heils. Das Zentralereignis dieser Geschichte ist das Doppelereignis des Kreuzestodes und der Auferstehung Jesu Christi.[17] Dieses Ereignis ist als Handeln Gottes zu verstehen, „das den Tod besiegte und Jesus als den Herrn und die Hoffnung der Menschheit erwies.“[18] Am Ende aller Zeiten erwarten die Christen die Parusie (Ankunft, Wiederkunft) des Messias Jesus Christus und die voll verwirklichte Gottesherrschaft.[19]

Der Koran, die Offenbarungsschrift des I s l a m, reflektiert die biblische Schöpfungsgeschichte mit diversen Anspielungen. So berichtet er beispielsweise, Gott habe die Welt in sechs Tagen erschaffen (vgl. Suren 11,7; 41,9-12; 57,4). Allerdings ist im Koran keine explizite Schöpfungstheorie zu finden. Die Ansicht einer creatio ex nihilo ist als Schlussfolgerung aus dem Begriff der Einheit (tauhid) Gottes zu sehen.[20] So sagt der islamische Philosoph al-Kindi (ca. 800-870)[21], dass die Einheit einem Ding die individuelle Existenz verleiht. Diese Einheit wiederum ist als Emanation aus dem wahren Einen zu verstehen. Da nun aber „ein Ding ohne Einheit nicht existieren kann, ist der Verleiher von Einheiten der Schöpfer der Dinge ex nihilo.“[22] Dass auch die islamische Theologie schon früh die Erschaffung aus dem Nichts vertrat - obwohl sie sonst in verschiedenen Punkten von al-Kindi abwich[23] -, zeigt ein Zitat aus Abu Hanifas (gest. 767 n. Chr.) Werk Fikh al-akbar („Die große Glaubenslehre“): „Allah erschuf die Dinge aus nichts und er wusste die Dinge von Ewigkeit her, ehe sie existierten.“[24] - Für die Erschaffung aus dem Nichts, ohne vorausgehende Materie oder Zeit, steht der Begriff ibda ‘. Ist hingegen von einem weiteren Akt der Hervorbringung die Rede, bei dem etwas aus einem bereits existierenden Ding zur Existenz gebracht wird, so wird dies als khalq bezeichnet.[25]

Beim Schöpfungsbegriff des Islam ist die Erschaffung des Menschen von besonderer Bedeutung. Ihn hat Gott vor allen anderen bevorzugt und ausgezeichnet.[26] Die koranischen Texte zur Erschaffung des Menschen stehen, wie die zur Schöpfung allgemein, in der Tradition der biblischen Schöpfungsberichte. „Die Übereinstimmung mit dem biblischen Schöpfungsbericht bezieht sich sogar auf eine wörtliche Wiederholung. So hat der Korantext 32,9 ‚von seinem Geist eingeblasen’ das arabische Verbum nafakha (vgl. Genesis 2,7: ‚... blies in seine Nase den Lebensatem’ mit dem hebräischen Verbum n ā pha ḥ).“[27] Der Mensch besteht aus Körper und Seele.[28] Er ist von Gott auf Gott hin und zum Heil erschaffen. Dieser Tatsache entspricht die Hinwendung (islam) des Menschen zu Gott. Dennoch verlangt seine (Trieb-)Seele (nafs) nach dem Bösen (vgl. Sure 12,53). Dem kann durch einen ständigen Kampf gegen die niederen Triebe entgegengetreten werden,[29] bis die nafs gezähmt ist und zufrieden zu ihrem Herrn zurückkehrt (vgl. Sure 89,27f).[30]

Was aber geschieht nach dem Tod? Einerseits ist im Islam die Vorstellung zu finden, dass es zwischen Tod und Auferstehung einen „Seelenschlaf“ gibt. Andererseits wird angenommen, dass man im Grab bereits einen Vorgeschmack auf das ewige Leben hat.[31] Einigkeit besteht darin, dass der Mensch sich schließlich vor dem Jüngsten Gericht für seine Werke verantworten muss.[32] Die Theologen stritten nun über die Frage, ob die Auferweckung nur den durch den Tod von der Seele getrennten Körper betrifft, oder den ganzen Menschen. Nach der gängigen Meinung jedoch umfasst die Auferstehung Körper und Seele.[33] Bei der Eschatologie unterscheidet der Islam:[34] Tod und Zwischengericht – Endzeit und Auferstehung der Toten – Gericht und Vergeltung.

Averroes und Thomas hatten aber nicht nur mit den gerade kurz skizzierten Schöpfungsbegriffen des Islam und des Christentums zu tun. Sie waren auch mit der Philosophie der Antike und des Mittelalters konfrontiert. Außerdem waren beide Anhänger des Aristoteles. Daher stellt sich die Frage, wie die P h i l o s o p h i e zur Schöpfung steht. Ein Blick auf verschiedene Philosophielexika ergibt ein zwiespältiges Bild. Schöpfung wird u. a. als „ursprünglich religiöse Vorstellung von der Entstehung der Welt“ beschrieben.[35] Dies dürfte wohl mit ein Grund dafür sein, dass manche Philosophielexika ihn erst gar nicht behandeln[36] oder nur spärliche Informationen geben.[37] Andere wiederum räumen der Schöpfung breiten Raum ein.[38] Die hier an Hand einiger Beispiele klar erkennbare Zwiespältigkeit heutiger Philosophielexika wird dadurch verstärkt, dass der von Averroes und Thomas verehrte Aristoteles sich negativ zur Annahme von Schöpfungstheorien äußert, wenn er schreibt:

„Die Welt ist ungeworden und unvergänglich. Wer das bestreitet und meint, eine so gewaltige sichtbare Gottheit wie Sonne und Mond und der übrige Himmel mit den Planeten und Fixsternen, der in der Tat ein Pantheon umfasst, unterscheide sich nicht von den Dingen, die mit Händen gemacht sind, macht sich furchtbarer Gottlosigkeit schuldig.”[39]

Wie sollen Averroes und Thomas diese These des Aristoteles mit der von den Theologen ihrer Religionen vertretenen creatio ex nihilo in Einklang bringen können?

Die Schwierigkeiten werden nicht weniger, wenn der Einfluss des Neuplatonismus in die Überlegungen einbezogen wird. Der Neuplatonismus[40] wurde von Ammonios Sakkas (175-242) begründet und von Plotin (203-269) zuerst dargestellt.[41] In diese philosophische Strömung mündeten verschiedene Schulen und Erscheinungsformen der Philosophie ein, die zuvor miteinander konkurrierten. Zu erwähnen sind hier die platonische, die aristotelische, die stoische und auch die skeptische Tradition.[42] Nach dem Grundschema der neuplatonischen Lehren geht aus dem „Ur-Einen“, das unerkennbar und unnennbar ist, in einer Stufenfolge von „Wesen“ die Vielheit des Seienden hervor (Emanation). Die „Wesen“ sind: die intelligible Welt oder der Geist (νοῦς), die Weltseele und die Materie. Diese Folge ist zeitlos, darum ist die Welt ewig. Es geht hier um eine Bewegung der Welt, die vom Höheren zum Unvollkommenen absteigt. Der Eine zeugt den Geist. Der Geist wiederum bringt die Weltseele als sein unvollkommenes Abbild hervor und in der Natur der Weltseele liegt die Hervorbringung der sinnlichen Materie. Weil die Materie nichts mehr von der Natur des Einen und Guten hat, ist sie zu weiteren Zeugungen unfähig. Sie hat keine Gestalt und Ordnung und ist das Prinzip des Bösen. In der bereits erwähnten Weltseele sind die Einzelseelen enthalten. Die Seele ihrerseits ist dazu bestimmt, sich vom Sinnlichen ab- und dem Geist zuzuwenden „und durch ihn zum Einen zurückzukehren.“[43] Nach dem Neuplatonismus geht die Welt notwendig aus Gott hervor. Aber es wird aufgrund der „Wesen“-Lehre auch dem Polytheismus Raum gegeben.[44]

Der Neuplatonismus hatte vielfältige Nachwirkungen im Judentum, Christentum und Islam.[45] So übte beispielsweise Plotin „immensen Einfluss auf die Entwicklung der islamischen Philosophie“ aus, obwohl er dem mittelalterlichen Islam namentlich nicht bekannt war.[46] Der Neuplatonismus hatte ebenfalls starke Auswirkungen auf die patristische Philosophie (z. B. Augustinus)[47] und die christliche Mystik.[48] Dieser Einfluss wirkte bis ins Mittelalter hinein nach.

Averroes und Thomas hatten es also mit philosophischen Richtungen zu tun, die eine Schöpfung ablehnten (Aristoteles) oder eine Emanation vertraten (Neuplatonismus), oder die auf unterschiedliche Weise vornehmlich aus diesen beiden Richtungen Teile in ihre Theorien integrierten (islamische und christliche Philosophie). Eng damit zusammen hängt die je eigene Religion des Averroes und des Thomas. Der Islam berief (und beruft) sich auf den Koran, das Christentum auf die Bibel. Die Theologen beider Religionen waren sich einig in der Annahme einer creatio ex nihilo.

Averroes und Thomas sahen sich somit Einflüssen von Schöpfungstheorien ausgesetzt, die sich zum Teil widersprachen. Die Auseinandersetzung mit diesen äußerst unterschiedlichen Lehren sind bei der Diskussion um den Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und bei Thomas von fundamentaler Bedeutung. Aber nicht nur das: Bekannt ist, dass Thomas Averroes teilweise einschneidend kritisiert.[49] Diese Ende der 1250er Jahre zunehmende Kritik, die gleichzeitig mit dem Verfassen der ScG[50] begann, dürfte „auf selbständigen aristotelischen Studien”[51] beruhen. Daher ist ein Vergleich der Welt- und Schöpfungsbegriffe des Averroes und des Thomas angebracht - nicht zuletzt auch deshalb, weil Thomas nur einen Teil der Schriften des Averroes kannte und seine Kritik somit nicht den „ganzen“ Averroes einbezieht.

Vorliegende Abhandlung möchte dazu beitragen, Nähe und Distanzen der beiden behandelten Personen zueinander aufzuzeigen, d. h. Thomas und Averroes selbst zum Thema „Schöpfung” sprechen zu lassen. Zunächst kommt der Welt- und Schöpfungsbegriff des Averroes zur Sprache und daran anschließend der Schöpfungsbegriff des Thomas im Vergleich zu dem des Averroes. Ein Resümee, das die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst, bildet den Abschluss der Arbeit.

B. Der Welt- und Schöpfungsbegriff des Averroes

I. ZUR DISPOSITION

Wichtig für die Frage nach der Gliederung ist, ob die einzelnen Schriften des Averroes eine einheitliche Systematik erkennen lassen, der ohne weiteres gefolgt werden kann.

Averroes hält sich in seinen Kommentaren zu Aristoteles[52] jeweils an den Aufbau des vorgegebenen Textes. In seiner theologisch-philosophischen Schrift Destructio destructionum ( Tahafut at-tahafut[53] , 1180-1181[54] ), ist es ähnlich. In diesem Werk lehnt er sich an die Vorgehensweise von al-Ghazzalis Tahafut al-falasifa[55] an.[56] Im Buch Fasl al-maqal[57] (1179-80)[58] gibt es keine Gliederung. Dieses Werk diskutiert, als Verteidigungsschrift der Philosophie gegenüber der Theologie, verschiedene aneinander gereihte Themen. Die Abhandlung Kitab al-Kashf[59] (1179-80)[60] lässt eine klare Ordnung erkennen, die später noch im Vergleich zu Thomas von Aquin diskutiert werden wird.[61] Aufgrund der unterschiedlichen Systematik der einzelnen Texte ist es schwer, eine klare Struktur zu entwerfen.

Averroes stellt Gott in seinen Schriften zumeist auch nicht als erstes dar und dann dessen Schöpfung. Er unterscheidet sich darin etwa von Thomas von Aquins Compendium theologiae , STh oder der ScG.[62] Das Buch al-Kashf bildet hier eine Ausnahme. Es handelt besonders von Gott und implizit von der Schöpfung.

Zur unterschiedlichen Systematik des Schrifttums kommt ein anderes Problem: Averroes vertritt zunächst einen Emanatismus, den er später ablehnt. Aus diesem Grunde wird zu Beginn der Arbeit Averroes’ Auseinandersetzung mit dem Emanatismus skizziert. Nach den sich hieran anschließenden Erörterungen zu den großen Kommentaren zur Physik (1186)[63] und zur Metaphysik (1190[64] od. 1192/1194?[65] ) werden – in chronologischer Reihenfolge - die theologisch-philosophischen Schriften Fasl, al-Kashf, Destructio destructionum herangezogen. Da dem aktiven Intellekt bei der Ursache von Existenz in der Lehre des Averroes eine besondere Bedeutung zukommt, wird diese Frage in einem gesonderten Teil besprochen. Ein letzter Teil behandelt „Der Mensch und andere Lebewesen”. Der Akzent liegt hier besonders auf der Frage nach Seele und Intellekt. In die Diskussion werden vor allem Destructio destructionum, al-Kashf und die Kommentare zu De anima[66] einbezogen.

II. AVERROES UND DIE EMANATIONSLEHRE

1. Al-Farabis und Avicennas Emanationslehren als Ansatzpunkte der Auseinandersetzung des Averroes

Wie noch eingehend gezeigt werden wird, setzte Averroes sich auf verschiedene Weise mit dem Emanatismus Avicennas und al-Farabis auseinander. Darum sollen deren Lehren an dieser Stelle kurz angesprochen werden, um in einem weiteren Schritt die konkrete Erörterung bei Averroes anzusehen.[67]

Es ist bekannt, dass Avicennas Aristotelismus neuplatonische Elemente enthält und davon ausgeht, dass aus Gott, der aus sich notwendig ist und in dem Dasein und Wesen identisch sind, die Welt über die Sphärengeister in einem ewigen notwendigen Prozess emaniert.[68] In Avicennas Emanationslehre wird die These entwickelt, dass eine Handlung mit der wesenhaften Natur ihrer Ursache übereinstimmen muss und dass aus dem Einen nur eines hervorgehen kann.[69] So gibt es auch al-Ghazzali nach Averroes’ Destructio destructionum wieder.[70] Wenn mit dem „Einen” Gott gemeint ist, dann heißt das, dass dieser - wie natürliche Ursachen auch - nur einen einzelnen, bestimmten Akt vollzieht und dementsprechend nur eine einzelne Wirkung hat. Letztgenannte ist die erste Intelligenz, die vom ersten Prinzip, das ihre Ursache ist, unterschieden werden muss. Da nur die erste Intelligenz den folgenden Sphären, Seelen und getrennten Intelligenzen durch ihre erkennende Handlung die Entstehung verleiht, ergibt sich, dass Gott innerhalb dieses kosmologischen Entwurfes weder den Vorsitz über irgendeinen himmlischen Körper hat, geschweige denn ihn bewegt. Er ist völlig transzendent.[71] Die göttliche Wirkung wird durch diese Emanationslehre als in eine Richtung gehend und vertikal dargestellt. Sie dehnt sich äußerlich aus und - aus geozentrischer Sicht - zur sublunaren Welt absteigend.[72]

Wie aber kommt es in Avicennas Lehre zum Entstehen der ersten Intelligenz? Gott ist identisch mit dem notwendigen Sein. Er erkennt sich selbst. Es handelt sich bei diesem Akt der Selbsterkenntnis um einen schöpferischen Akt, welcher in seiner Existenz allein von einem Wesen abhängt, und zwar von der ersten Intelligenz. Von dieser Intelligenz geht die Vielheit aus. Sie trifft (I.) auf die Existenz Gottes, die in sich selbst notwendig ist; (II.) auf ihre eigene Existenz, die durch eine andere notwendig ist und (III.) auf ihre eigene Existenz, die in sich selbst nur möglich (und nicht notwendig) ist. Die Erkenntnis dieser drei Fakten des Seins durch die erste Intelligenz beruht darauf, dass aus ihr jeweils folgende drei Dinge emanieren: „eine weitere Intelligenz, eine Seele und ein Körper, der äußerste Körper der Welt.“[73] Die erste Intelligenz stellt den Beginn einer Kette dar, die sich fortsetzt bis zur zehnten Intelligenz, dem aktiven Intellekt. Dieser ist der unmittelbare Ursprung der Formen,[74] die den Dingen unterhalb der Mondsphäre verliehen werden. Er waltet nicht über der Mondsphäre, die sein Beweger ist, und gehört eigentlich nicht zum himmlischen Bereich.[75]

Da, im Unterschied zu Gott, bei den Dingen die Existenz nicht zur Wesenheit gehört, existieren diese nicht notwendig. Ihre Existenz verdanken sie Gott. Die Wesenheit der Dinge besteht in einer Art des Seins, das grundlegender ist als das Real-Sein, weil etwas nur, wenn es möglich ist, realisiert werden kann. „Diese Überordnung der Wesenheit (bzw. der Möglichkeit) über das aktual existierende Ding (bzw. der Wirklichkeit) stieß ... in der islamischen Philosophie auf Widerspruch, namentlich bei Averroes”.[76]

Nach dem Emanationsschema al-Farabis[77] ist Gott als Ursache allen Seins zu verstehen. Aus ihm entstehen durch allmähliche Emanationen sowohl die himmlischen Intellekte als auch die supralunaren Himmelskörper - diese wiederum bringen die supralunare Welt hervor. Von dem Grundsatz ausgehend, dass durch Eines nur eines hervorgebracht werden kann, emaniert als erstes nur der erste Intellekt (ein Wesen).

„Aus diesem ersten Intellekt entstehen durch das Denken zweier Wesen notwendig zwei Dinge: durch das Entstehen seiner Ursache, d. h. Gottes, entsteht der zweite Intellekt, und durch das Denken seines eigenen Wesens entspringt aus ihm der erste Himmel. Der zweite Intellekt denkt wiederum Gott und sein eigenes Wesen und bringt dadurch den dritten Intellekt und den Fixsternhimmel hervor. Dieser Prozess setzt sich bis zum neunten Intellekt und über die Sphären von Saturn Jupiter, Mars, Sonne, Venus und Merkur bis zum Mond fort. der zehnte und letzte Intellekt, ..., ‘aktiver’, ‘wirkender’ Intellekt genannt, regiert die Sphäre der supralunaren Welt.”[78]

Diesem werden nun von Avicenna und al-Farabi Funktionen unterschiedlichen Umfangs zugeschrieben. Er aktualisiert bei beiden die potentiell im menschlichen Intellekt vorhandenen Intelligibilia,[79] er gibt der werdenden und vergehenden Welt einige oder sämtliche ihrer Formen und heißt deshalb Formengeber (dator formarum), aus ihm emaniert gemäß Avicenna „darüber hinaus ... auch die Urmaterie.”[80]

Den Emanatismus Avicennas kritisiert Averroes an verschiedenen Stellen seines Schrifttums.[81] Ist sein Welt- und Schöpfungsbegriff dennoch völlig frei von Elementen der Emanation? Welche Entwicklung hat er im Laufe der Jahre durchgemacht? Diese Frage soll nun, ausgehend von der Epitome der „Metaphysik“ (1161/1191?)[82], untersucht werden.

2. Emanationsansätze in der Epitome der „Metaphysik“

Averroes hält in der Epitome der „Metaphysik“ die Emanationslehre für die einleuchtendste Erklärung zur Universumsentstehung. Sein Emanatismus unterscheidet sich dort nur in Einzelheiten von dem Avicennas und al-Farabis.[83] Dem Leser muss jedoch bewusst sein, dass es sich bei diesem Werk um eine relativ frühe Schrift handelt, die zeitlich vor der Destructio destructionum zu situieren ist,[84] wo wiederum die genannte Kritik an der Emanationslehre auf besondere Weise stattfand.[85]

In der vierten und letzten Abhandlung der Epitome befasst Averroes sich mit der „unkörperlichen Substanz” und den „himmlischen Welten”.[86] Die Planeten und Sterne fliegen nicht frei durch das All, sie sind in die rotierenden himmlischen Sphären eingebettet.[87] Wodurch aber kommt es dabei zur fortlaufenden Umdrehung, die weder der durch Sinneswahrnehmung noch der physikalischen gleicht? Sie wird durch eine geistige Bewegung bewirkt.[88] Die Himmelskörper sind beseelt, weil sie sich in Bewegung setzen[89] oder diese selbst erstreben. Aufgrund der Unmöglichkeit, sich zu einem edleren oder unedleren Körper hin bewegen zu können, nimmt Averroes an, dass etwas Erstrebtes, Edleres als der Himmelskörper diesen bewegt - eine geistige Bewegung, die seitens des natürlichen Strebens des Himmelskörpers gefördert wird. „Dies ist ... einer der besten Beweise für die Immaterialität des Bewegers.”[90]

Von den damals allgemein angenommenen 38 Bewegungen der Himmelskörper ausgehend (die auch eine ungewisse [neunte] Sphäre einschloss),[91] hält Averroes, in Abweichung von Avicenna und al-Farabi,[92] fest, es sei für ihn unmöglich, dass es ohne Sterne noch eine neunte Sphäre geben könne.[93] Die Sphäre bestehe allein ihres edelsten Teils, der Sterne, wegen. Jede Sphäre habe ihre eigene unkörperliche Intelligenz, „denn jede Bewegung dieser Sphären entsteht aus einem jeder dieser Sphären eigentümlichen Verlangen, und jedes Verlangen hat sein eigenes Objekt.”[94]

Die Seele der Sphäre gilt nach diesen Ausführungen als direkter und die Intelligenz als indirekter Beweger des Himmelskörpers. Beim Denken der Vollkommenheit der unkörperlichen Intelligenz wünscht sich die Seele eines Himmelskörpers für sich selbst und für ihre Sphäre einen Zustand der Vollkommenheit, der so nahe wie möglich an der Vollkommenheit der unkörperlichen Intelligenz ist. Da Bewegung ein vollkommenerer Zustand für einen Körper als Ruhe ist, ist sie ein Anzeichen für Leben - der Wunsch, die Intelligenz nachzuahmen, drückt sich in der unaufhörlichen Kreisbewegung aus.[95] Bei den Himmelskörpern und dem unter ihnen Liegenden verhält es sich wie bei uns, wenn wir die höchste Vollkommenheit erreicht haben und es für uns am besten ist, diese Vollkommenheit anderen so weit wie möglich mitzuteilen - auch wenn unsere Vollkommenheit nicht zum Zwecke anderer besteht.[96]

Averroes geht davon aus, dass jede Intelligenz der Sphäre ihre Form gibt.[97] Insofern die Intelligenz die Wirkung hat, ihrer Sphäre die Form (bzw. Seele) und das Wesen zu verleihen (nicht den Körper der Sphäre), kann sie als die wirkende (Ursache) [ fa‘il ] der Sphäre betrachtet werden.[98] „In a second departure from Alfarabi and Avicenna, the Epitome of the Metaphysics does not mention, and plainly rejects, a cause of the existence of the bodies of the spheres.”[99]

Die Formen der Himmelskörper sind die Gedanken, welche sich die Himmelskörper von ihren Bewegern bilden. Die Beweger wiederum sind die Zwecke der Himmelskörper, weil - entsprechend den vorausgegangenen Aussagen - das Verlangen für die Bewegung durch den Beweger maßgeblich ist. Zum sinnlichen Sein verhalten sich diese Prinzipien gemäß Averroes „wie Form, Agens, Zweck.”[100]

Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen versucht Averroes deutlich zu machen, dass die himmlischen Prinzipien in einer systematischen Ordnung, als Wirkungen und Ursachen, eine Kette bilden, die unter einem höchsten Prinzip steht.[101] Die Sphäre führt ihre Bewegung aufgrund des Sterns (Planeten) aus, der ihr Vorzüglichstes ist. Sämtliche himmlischen Agenzien streben zu einem Ziel, dies führt zur Weltall-Harmonie. „Jeder himmlische Geist erkennt sich selbst und ihm übergeordnete Dinge, seine Ursachen.”[102]

Wie jedoch geht das Kausalwirken der Geister vonstatten? Es ist das der Emanation.[103] Bei den Substanzen muss es nach Averroes ein Erstes geben, das Ursache für ihre Zahl und Vielheit ist. Es muss unter diesen Prinzipien notwendig ein Prinzip geben, das den anderen Prinzipien naturgemäß, insofern sie von unterschiedlicher Würde sind und von ihnen eine Vielheit gebildet wird, vorangeht. Dieses Eine bildet eine unteilbare Einheit. „Daher denkt es nur einen einzigen einfachen Gegenstand, d. h. sich selbst, und kann es weder innerhalb noch außerhalb seiner Wesenheit eine Vielheit denken.”[104]

Der letzte das Universum verbindende Ursprung muss also unbeschränkt einheitlich sein. Aufgrund der Regel, dass aus einem Einheitlichen nur ein Ding hervorgeht, kann dieser letzte Ursprung der Einheit im Universum nicht mehr als eine einzige Wirkung haben.[105] Diesem per se Einen entlehnen die übrigen Substanzen ihre Einheit.

Averroes untersucht nun die Stufenfolge vom ersten Prinzip und den separaten Prinzipien. Erste Ursache ist der Beweger des Fixsternhimmels. Die Tätigkeit dieses Bewegers deckt sich nicht mit jener des einfachen Einen, das wegen seiner Wesenheit ohne irgendeine Vielheit denkt. Aus dem genannten Beweger geht nämlich, da er dem Fixsternhimmel die Form sowie „dem Beweger der angrenzenden Sphäre die Existenz verleiht”, „notwendig mehr als eine Form hervor”.[106]

Das bedeutet, dass die Intelligenz sowohl die nächste Intelligenz in der Reihe als auch die Seele der Sphäre, mit der diese verbunden ist, emaniert.[107]

Die erste Ursache des Universums, Gott, muss eine Substanz sein, die nicht mit irgendeiner Sphäre verbunden ist und sämtliche Intelligenzen, die die Sphären bewegen, transzendiert - womit Parallelen zu Avicenna und al-Farabi zu sehen sind. Es existiert hier insofern eine Übereinstimmung, als Averroes von einer ersten Ursache vor den Intelligenzen ausgeht, die die Sphären bewegen. Die völlig einheitliche erste Ursache emaniert ewig ein einzelnes unkörperliches Sein. Das Denken der ersten emanierten Intelligenz ist vervielfältigt - obschon sie im reinen Denken besteht, wie ihre erste Ursache. Eine zweite Intelligenz emaniert ewig von der ersten Intelligenz wie die Seele oder Form (nicht der Körper) der äußersten Sphäre.[108] „And the process replicates itself through the series of intelligences and spheres.”[109]

Vor dem Hintergrund dieser Äußerungen erklärt sich von selbst, dass Averroes in dieser Schrift keine Schöpfungslehre im vollen Sinne vorlegt.[110] Sein Kommentar verbindet die aristotelische Lehre mit neuplatonischen Elementen, die zum Teil bereits al-Farabi und Avicenna in ihren Lehren angenommen hatten, mit eigenen Ansichten. Trotz dieser Tatsache versucht Max Horten, Averroes als Vertreter einer Schöpfungslehre darzustellen. Averroes gelange, obgleich er die Kontingenz leugne (was bei einer Schöpfung außergöttlicher Dinge nicht denkbar wäre, weil sie dann aus sich das Sein haben), „zu dem Begriff der eigentlichen Schöpfung. Gott erschafft die Dinge ex nihilo. Er ist nicht nur der Weltbildner.”[111]

Offensichtlich realisiert Horten aber selbst, dass die Epitome allein diese Lehre nicht vertritt. Darum versucht er, diese Ansicht und die eines einheitlichen Systems bei Averroes unter Rückbezug auf andere Schriften zu erhellen.[112] Nur eine konkrete Untersuchung weiterer Werke wird in dieser Hinsicht weiterhelfen können.

3. Kritik an der Emanationslehre in der Destructio destructionum und im großen Kommentar zur „Metaphysik“

a. Zur Auseinandersetzung in der Destructio destructionum

In der Destructio destructionum lehnt Averroes die von ihm ehemals vertretene Schöpfungs- und Gottesvorstellung entschieden ab.[113] Allerdings ist dabei weniger klar, ob er das triadische Emanationsschema Avicennas, das dyadische al-Farabis oder das dyadisch-triadische der Epitome der „Metaphysik“ vor Augen hat. Da er in der Destructio destructionum die beiden genannten Philosophen gleichermaßen kritisiert[114] und sich in der Epitome direkt auf keinen der beiden bezieht, scheint er diese Frage selbst weniger wichtig zu nehmen.[115]

Averroes wirft den islamischen Philosophen vor, sie hätten sich ihren Gegnern, den Theologen, gebeugt, insofern

„sie die Natur Gottes, des im Verborgenen wirkenden Agens ..., mit der Natur des Agens in der sichtbaren Welt” gleichsetzen, „denn dadurch seien sie bei der Erklärung der Entstehung der Einheit aus der Vielheit in Schwierigkeiten geraten und gezwungen gewesen, aus Gott einen Intellekt emanieren zu lassen, welcher den ersten Himmel bewegt.”[116]

Dieser Beweger ist nach den islamischen Philosophen aus dem Erkennen des Ersten (Gottes) und dem Erkennen seiner selbst zusammengesetzt. Darum entsteht aus ihm die äußere Sphäre und der Beweger der zweiten, niedrigeren Sphäre.[117] Bei dieser Theorie handelt es sich nach Averroes[118] um ein Abirren von der philosophischen Lehre, weil Denkendes und Gedachtes im menschlichen Intellekt ein identisches Ding sind.[119] Dies ist noch wahrer im Falle der abstrakten Intellekte.[120] Sofern die erste Intelligenz, die die äußere Sphäre bewegt, das Erste Prinzip betrachtet, müsste sie demzufolge erkenntnismäßig mit diesem identisch sein. Da es zudem weder einen materiellen noch einen anderen Faktor gibt, um sie zu unterscheiden, insofern sie immateriell sind, müssten sie völlig identisch sein.[121] Nach Averroes muss der Fehler, der zu diesem Irrtum führte, bei Avicenna und al-Farabi gesehen werden, die Aristoteles falsch verstanden haben. Eine Erforschung ihrer Werke vor dem Hintergrund der Lehren der Alten ist daher unabdingbar nötig.[122]

Wichtig ist für Averroes, dass die genannten Einwände nicht Aristoteles betreffen, da der im empirischen Bereich Wirkende, aus dem nur eine einzelne Handlung hervorgeht, nur in einem äquivoken Sinne mit dem ersten Agens verglichen werden kann.[123] Ist Letztgenanntes absolut wirkend, so ist Erstgenannter relativ wirkend.[124] Die Sicht des Emanatismus beruht nach Averroes also auf einer falschen Analogie zwischen den sichtbar Wirkenden und Gott. Als höchstes Agens kann Gott auf viele Arten handeln, für die es in der sichtbaren Welt keine Parallelen gibt. Aus diesem Grund kann er zusammengesetzte oder einzelne Wesen bzw. Dinge, je nach Seinem Wunsch, ins Sein bringen.[125] Dieses trifft besonders auf die Zusammensetzung von Materie und Form zu, die für sämtliche Dinge kennzeichnend ist, die in der Welt der Hervorbringung und des Verfalls existieren.[126]

Es gibt nach Averroes, unter Berufung auf Aristoteles, ein Seiendes (=Gott), aus dem eine Kraft emaniert, durch die wiederum alle Dinge existieren - deren Einheit und Vielfalt. Geht also aus dem Einen eines hervor, so muss die Vielheit zugleich hervorgehen oder entstehen:

„Die erste Einheit verleiht also nur das Ordnungsprinzip, den Grundgedanken, nach dem die Vielheit der Dinge zu einer systematischen Einheit verbunden wird. Dieses Gesetz der Einheit ist also nicht in dem Sinne materiell zu verstehen, dass nur ein Individuum aus einer einzigen Ursache entstehen könnte. Es muss geistig verstanden werden: An der Spitze des Weltenbaues und jeder Gruppe von Dingen steht eine Einheit, ein per se, von dem die systematische Ordnung des Ganzen resp. jeder Gruppe emaniert.”[127]

Trotz seiner Kritik am Emanatismus benutzt Averroes weiterhin dessen Terminologie.

Er folgt der Argumentation al-Ghazzalis und sagt, dass dessen Darlegung eine Hetzerei gegen Avicenna, al-Farabi und andere sei. Hingegen habe die wahre Theorie der alten griechischen Philosophen darin bestanden, dass es erste Prinzipien gebe, die die himmlischen Körper seien. Die Prinzipien der himmlischen Körper wiederum, die immaterielle Wesenheiten seien, seien die Beweger jener himmlischen Körper und die himmlischen Körper bewegten sich nach dem Grundsatz des Gehorsams und der Liebe vorwärts zu ihnen hin, damit sie deren Befehl zur Bewegung und zum Verstehen entsprechen. Sie seien nur mit einem Blick auf die Bewegung geschaffen.[128] Gott ist in diesem Zusammenhang zu sehen als „der erste Intellekt, welcher der Beweger des ersten Himmels ist; ... wie ein Beherrscher des Gemeinwesens (madina), dessen Befehle - vermittelt durch dafür eingesetzte Männer - alle Bevölkerungsklassen erreichen.”[129]

Averroes ersetzt nun das neuplatonische Modell, das eine absteigend wirkende Kausalität annimmt, durch das Modell des Aristoteles, das die Formursache als Ordnungsprinzip und die Zielursache als Bewegungsprinzip betrachtet. Gemäß letztgenanntem Modell ist die Kausalität eher auf- als absteigend.[130] Averroes erklärt diese Richtung der Kausalität, nach der die Ursachen und Wirkungen zu ihrem Ziel „aufsteigen“, auf folgende Weise: Die alten Philosophen dachten, dass bestimmte Himmelsteile für die Bewegung anderer Teile existierten und sie verbanden diese bei jeder Gelegenheit mit dem absoluten Ersten Prinzip - so war es für sie klar, dass eine einzige Ordnung und ein einziger Akt da waren, an dem alle teilhaben.[131]

Eine andere Kritik an der Emanationslehre Avicennas wird im „dritten Beweis für die Ewigkeit der Welt” in der Destructio destructionum angesprochen.[132] Averroes zitiert zu Beginn al-Ghazzali. Nach diesem haben sich die Philosophen darauf versteift zu sagen, die Existenz der Welt sei möglich vor ihrer Existenz. Es sei lächerlich, dass sie unmöglich gewesen sein soll und möglich werde.[133] Dieser Beweis basiert auf dem Gedanken, dass jenes, was möglich ist, irgendwann verwirklicht werden muss, und dass darum nichts ewig möglich sein kann. Er nimmt an, dass die Welt nicht hervorgebracht wurde. „The world is not eternal, because it could not not have been, but, because the world is eternal, it could not not be.”[134]

Averroes schreibt dazu, wer annehme, die Welt sei vor ihrer Existenz in einer ewigen Möglichkeit möglich gewesen, müsse auch lehren, dass die Welt ewig sei.[135] Aristoteles habe deshalb gesagt, die Möglichkeit in den ewigen Dingen sei notwendig.[136] Auf diese Weise versucht Averroes zu zeigen, dass Avicennas Behauptung, die Welt sei sowohl möglich als auch ewig, in sich ein Widerspruch ist.[137]

b. Zur Auseinandersetzung im großen Kommentar zur „Metaphysik“

Bei der Emanationslehre stellt sich u. a. die Frage, welchen Stellenwert Existenz hat und wie es zu ihr kommt. Diese Problematik spricht Avicenna in seiner Metaphysik folgendermaßen an:

Wenn ein Ding durch sein eigenes Wesen fortwährend eine Ursache für die Existenz eines anderen Dings ist, ist es so lange für dieses die Ursache, wie sein Wesen fortbesteht. Existiert die Ursache fortwährend, so existiert das, was verursacht wird, fortwährend. Was wie diese Ursache ist, gehört zu den höchsten Ursachen, weil es die Nicht-Existenz von etwas verhindert und weil es etwas die vollkommene Existenz verleiht. In der Überführung von etwas in die Existenz nach der absoluten Nicht-Existenz besteht nach Avicenna das, was die Philosophen unter „Schöpfung“ verstehen, denn es gehört zum Verursachten als solchem, nicht zu existieren (laysa), obwohl es von seiner Ursache her zu ihm gehört, zu existieren (aysa).[138] Gott, der die (erste) Ursache ist, ist folglich für die Existenz notwendig.[139]

Nach Avicenna ist die Existenz ein Akzidens, das zum Wesen hinzugefügt ist.[140] Statt die Existenz als konstitutives Prinzip jeder gegebenen Entität zu betrachten, wird sie als unwesentliches Element dargestellt, das, zum Sein dem Wesen noch hinzugefügt, jenes Wesen ins Sein bringt. Hier besteht ein Anklang an Platons Ideenlehre, gemäß der die Existenz von Wesen bzw. Ideen Vorrang vor der Existenz der Einzelnen hat, welche ihnen entsprechen.[141]

Averroes und der von ihm verehrte Aristoteles lehren das Gegenteil. Nach ihnen hat die Existenz Vorrang vor dem Wesen. Zum Wesen gelangt man durch einen Abstraktionsprozess, sobald die Existenz der Entität ermittelt wurde, die dieser entspricht. Avicenna erlag diesbezüglich in den Augen des Averroes einem Fehlschluss, da er die Begriffe des Seins und des einen durcheinanderwarf. Letztgenanntes ist ein von den zehn Kategorien aussagbares Akzidens, das Sein hingegen nicht. Vor diesem Hintergrund schreibt Averroes, Avicenna glaube, dass eines und Existenz sich auf denselben Gesichtspunkt jenes Dings bezögen, das seinem Wesen noch hinzugefügt sei. Avicenna glaube nicht, dass das Ding per se existiere, sondern durch ein zufälliges Gut - wie etwa, wenn man sagte, es sei weiß.[142] Konsequenterweise folge daraus, dass Existenz durch ein Akzidens begründet würde, das wiederum durch ein anderes Akzidens konstituiert würde usw., was unsinnig ist.[143]

Eine weitere wichtige Rolle bei Averroes’ Widerlegung der Metaphysik Avicennas betrifft das Prinzip, dass ein Ding, das keine bestimmte Qualität durch sein eigenes Wesen hat, diese nicht von etwas anderem erlangen kann, da dieses eine Änderung des Wesens zur Folge hätte. Avicennas Metaphysik nahm diesbezüglich an, dass die Wesen, die dem Ersten folgten, durch sich selbst zufällig waren, aber durch etwas anderes (das Erste) notwendig.[144] Averroes kritisiert dies, lässt dabei aber die ewige Bewegung des Himmelskörpers als eine einleuchtende Ausnahme zu.[145]

Besonderes Gewicht bekommt auch Averroes’ Kritik von Avicennas Unterscheidung der existierenden Wesen in: absolut möglich; möglich in sich selbst, aber notwendig durch ein anderes; notwendig in sich selbst. Averroes schreibt dazu, dass die Behauptung, dass ein Wesen im Besonderen, oder auch die Welt als Ganze, als möglich und zur selben Zeit notwendig beschrieben werden kann, ein Widerspruch in sich ist. Ein Ding kann nämlich nicht gleichermaßen möglich in sich selbst und notwendig durch ein anderes sein, bevor seine Natur sich gründlich geändert hat.[146] Es ist nach Averroes auch nicht einleuchtend, dass die Welt zufällig ist - wie Avicenna in seinem Argument der Existenz des Notwendigen Seins festgehalten hat, im Gegenteil: „For once we posit the series of efficient causes, whether natural or intelligible, which determine the manner in which a given entity comes to be, then everything in the world, as well as the world itself, would become necessary, rather than possible or contingent.”[147]

Ein anderer Kritikpunkt zur Emanationslehre der muslimischen Philosophen wird im großen Kommentar zur „Metaphysik“ im Zusammenhang mit dem aristotelischen unbewegten Beweger formuliert. Averroes schreibt,[148] dass, als geläufige Gewohnheit, Leute seiner Zeit[149] sagen, der und der Beweger komme von dem und dem Beweger oder sei aus ihm emaniert oder sei notwendigerweise aus ihm gefolgt oder Ähnliches.[150] Jedoch zeigt sich hier nach Averroes ein Missverständnis über die genannten Prinzipien. Denn all die von den Zeitgenossen gemachten Aussagen sind nur auf den ersten Blick Eigenschaften der Agenzien, jedoch nicht in Wirklichkeit. Nichts kommt nämlich von einem Agens - außer der Handlung, die das, was in Potentialität ist, zur Aktualität bringt. Jedoch ist hier (im Bereich der himmlischen Sphären bzw. Beweger)[151] keine Potentialität. Darum gibt es auch kein Agens, sondern nur eine Intelligenz und ein Objekt des Gedankens. Es gibt somit etwas, das vollendet und etwas, das durch dieses vollendet wird. Es verhält sich damit wie bei bestimmten Künsten, die durch andere vollendet werden und die ihre Prinzipien von der allgemeinen umfassenden Kunst herleiten. Nach Averroes sehen wir daher, dass die Wissenschaft, die sich mehr mit dem Ersten beschäftigt, das ist, was die erste Philosophie beinhaltet.[152] Die Wissenschaft, welche sich mit den Prinzipien befasst, die darunter sind, ähnelt den einzelnen Wissenschaften, die unter der ersten Philosophie stehen.[153]

Letztlich verwirft Averroes das emanatistische Modell, weil dieses in seinen Augen den Charakter der wirkenden Ursache missversteht.[154] Nach Averroes kann die Theorie von einer stufenweise aus dem höchsten Wesen herabsteigenden Ausströmung (Emanation) die Welt nicht erklären, weil die Handlung eines Agens nur in der Aktuierung dessen besteht, was in Potentialität ist. Diese neue Entwicklung gegenüber der in der Epitome der „Metaphysik“ vertretenen Emanationslehre findet sich auch in Averroes’ großem Kommentar zum VIII. Buch der Physik.

III. VON DER BEWEGUNG ZUR ORDNUNG DER WELT - ZUM VIII. BUCH DES großen PHYSIKKOMMENTARS

Im VIII. Buch seines großen Physikkommentars teilt Averroes zwei Arten des Beweglichen vor seiner Bewegung ein. I. Art: Das Bewegliche vor der Bewegung und das Bewegliche während der Bewegung gehören je zu einer anderen Spezies.[155] II. Art: Die Spezies für das Bewegliche vor der Bewegung ist dieselbe wie für das Bewegliche während der Bewegung.[156] Zu dieser Art gehören die Veränderungen oder die Ortsbewegungen in der Quantität und in der Qualität.[157]

Die erste Art unterteilt Averroes in: (a.) das Entstehen und Vergehen und (b.) jenes Entstehen der Elemente, das die Bewegung eines Ortes mit sich bringt:[158]

„Der Gegenstand der Ortsbewegung der Elemente, in welchem die dieser Bewegung zeitlich vorausliegende Kraft sich befindet, ist der Körper, aus dem das Element entsteht. Zum Beispiel, wenn das Feuer als Ganzes entsteht, nimmt es sofort den Platz ein, der als Ganzes höher liegt, und sobald ein Teil dessen entsteht, nimmt er sofort einen Teil jenes [höheren] Platzes ein. Infolgedessen liegt die Kraft zu dieser Bewegung nicht im Gegenstand, der Feuer in der Verwirklichung ist, sondern im Gegenstand, aus dem das Feuer entsteht, das heißt im brennenden Holz oder Öl.”[159]

Aufgrund dieser Bewegungsdefinition attackiert Averroes die von Philoponus vertretene Ansicht der Simultanität von Bewegung und Kraft. Er wirft Philoponus vor, Menschen irrezuführen, wenn er die natürliche Kraft (etwa des Feuers) mit der gewaltsamen Kraft, die die natürliche Bewegung anhält, gleichsetzt.[160] Aus der Bewegungsdefinition ergibt sich nach Averroes auch, dass nichts aus dem Nichts entstehen kann.[161]

Wenn nichts aus dem Nichts entstehen kann, stellt sich die Frage, woher die Schöpfung dann kommt. Averroes bezieht sich zur Erklärung dieses Sachverhalts auf die Formen aller materiellen Objekte im Universum. Diese sind, wie Keime, potentiell in der Materie enthalten.[162] Formen können nur in dem Sinne erschaffen sein, dass eine erschaffene Form, die bereits in ewiger potentieller Materie existierte, von der vorausgegangenen erschaffenen Form erzeugt wurde usw. Dieser Prozess geht bis ins Unendliche.[163] Jene materiellen Formen sind zwischen den bloß akzidentellen Formen und den reinen Formen. Sie operieren in einem ewigen Materie-Prozess und sind niemals von der Materie getrennt, weil Materie und Form nur im Denken getrennt sein können.[164]

Aufgrund der Formen, die dynamische Prinzipien der Naturwesen sind,[165] versucht Averroes die Ewigkeit der Bewegung und die Ewigkeit aller beweglichen Dinge zu beweisen, in deren Natur Bewegung ist. Die Kraft der Bewegung ist so in dem Ding, das bewegt ist, wie jede Vollendung in dem Ding ist, das vollendet ist. Weil es derartige Kräfte in den beweglichen Dingen gibt, muss Bewegung ewig sein.[166] Nach Averroes kann es weder eine erste Bewegung noch eine erste Hervorbringung gegeben haben; er versucht dies folgendermaßen zu erklären: Die erste zeitliche Bewegung ist nicht die Bewegung der Hervorbringung, weil die Bewegung der Hervorbringung keine Bewegung ist, sondern das Ende von Bewegung.[167]

Die hervorgebrachten und zugrundegegangenen Bewegungen grenzen an der alle Bewegungen umfassenden ersten, ewigen Bewegung in der höchsten himmlischen Sphäre.[168] Diese erste Bewegung erfordert einen ewigen Beweger (Gott), weil jede Bewegung einen Beweger erfordert.[169]

Nach Averroes’ Kommentar zum VIII. Buch der Physik hat Aristoteles also in seiner Bewegungsdefinition nicht die Bewegung allgemein im Blick, sondern die ewige Kreisbewegung der Himmelssphären. So geschieht ein bruchfreier Übergang von der Himmelsbewegung ohne Anfang zum aktiv in sämtliches Weltgeschehen eingreifenden ersten unbewegten Beweger.[170] Averroes zeigt, - „ebenso wie in den Kommentaren zu De caelo und zur Metaphysik - dass die ewige, gleichbleibende und stets aktive Wirkung Gottes, als des ersten Bewegers des Himmels, das Prinzip dieser himmlischen Bewegung, damit auch - in der Abstufung der Wirkung - der Welt ist.”[171]

Im Prinzip der Materie, die als notwendig ewig gedacht werden muss, ist die Möglichkeit der terrestrischen Welt begründet, ständig seitens des Himmels beeinflusst werden zu können. Drei Grundsätze ergeben sich hieraus: „Materie als Grund der Vielheit des immerwährenden Bewegungsgeschehens der Erde; Himmel als ewige Bewegung und Prinzip des irdischen Geschehens; und Gott als ewiger Beweger des Himmels und - durch diesen hindurch - als Ordner der Welt.”[172]

IV. ERSCHAFFUNG DER WELT IM GRO ß EN METAPHYSIKKOMMENTAR ?

1. Einleitung

Wie bereits an anderer Stelle festgestellt,[173] äußerte sich Aristoteles negativ zu einer möglichen Schöpfungslehre. Darum stellt sich die Frage, wie Averroes dazu steht. Geht er über Aristoteles hinaus? Und wenn dies der Fall ist – nimmt er dies zum Anlass, eine eigene Schöpfungslehre zu entwickeln?

Ernest Renan gibt einen ersten wichtigen Hinweis, wo Averroes sich im großen Metaphysikkommentar besonders mit diesem Thema befasst: „Le problème de l’origine des êtres est celui qui préoccupe le plus Ibn Roschd: il y revient dans tous ses écrits, et toujours avec une nouvelle insistance. Mais nulle part il ne l’a traité avec plus de développement que dans le grand commentaire sur le douzième livre de la métaphysique.”[174]

Dementsprechend werden unsere Ausführungen vor allem vom Kommentar zum 12. Buch der Metaphysik handeln. Dieser besteht aus drei großen, sich um den Substanzbegriff drehenden Teilen: Beim ersten geht es um den Substanzbegriff hinsichtlich der Dinge, die sinnlich wahrnehmbar sind;[175] beim zweiten um die göttliche Substanz[176] und beim dritten um das Gute im Universum.[177]

Es soll zunächst die Behandlung des Ursprungs der Dinge untersucht werden, um daran anschließend Averroes’ Stellungnahme zu verschiedenen Schöpfungslehren im großen Metaphysikkommentar zu skizzieren. Da in der Lehre des Averroes die Wärme bei der Hervorbringung der Dinge eine besondere Rolle spielt, wird dies in einem eigenen Abschnitt besprochen werden.

2. Zum Ursprung der Dinge

a. Das Erkennen Gottes

Die Philosophen strebten danach, die existierenden Dinge durch den Verstand zu erkennen - ohne auf die Worte jener zu zählen, die sie ermahnten, dieses ohne Beweis zu akzeptieren.[178] Darum waren sie nach Averroes fähig, sichere Schlüsse durch die Beobachtung wahrnehmbarer Wesen in der Welt der Entwicklung und des Verfalls zu ziehen. So fanden sie heraus, dass diese aus Materie und Form gemacht sind, beseelt oder nicht beseelt sind und eine sichere Harmonie und Ordnung offenbaren, die nicht völlig zufällig sein konnte. Ihre Suche führte sie zu einer ersten Ursache von derartigen sich entwickelnden und verfallenden Substanzen. Schließlich zogen sie den Schluss, dass es sich um eine himmlische Substanz oder einen himmlischen Körper handelt. Vielleicht kamen sie auch zu der Folgerung, dass die genannte Harmonie und Ordnung auf eine einzelne Ursache zurückzuführen ist, die das erste Prinzip sämtlicher Dinge und immateriell ist. Nur sich selbst erkennend und durch die Kraft dieser Erkenntnis erkennt diese Ursache alle existierenden Wesen auf die beste Weise, entsprechend der besten Ordnung und der besten Harmonie.[179] Nach Aristoteles kann dieses erste Prinzip in seiner Vollkommenheit und Transzendenz nur auf die bestmögliche Weise teilhaben an den höchsten Gegenständen und daher nichts anderes als sich selbst erkennen.[180]

Averroes macht hier nun das koranische Prinzip der göttlichen Allwissenheit geltend. Dabei werden das Subjekt und der Akt des Sich-selbst-Wissens identifiziert. Diese Art des Wissens ist nach Averroes nicht allgemein oder einzeln - es ist eine Erkenntnis sui generis. In diesem Zusammenhang differiert Averroes’ Ansicht von der Avicennas, der es als universell bezeichnet. Die Begründung hierfür liegt darin, dass das allgemeine Wissen potentiell ist und Gott frei von Potentialität ist. Einzeln kann es nicht sein, da die Einzeldinge unendlich viele sind und daher nicht völlig begrenzt sein können. Das Wissen Gottes ist die Ursache jener Dinge, die wir kennen, wohingegen unser Wissen die Wirkung ist. Dies aus folgendem Grund: Gott, der Allmächtige, ist derjenige, der, insoweit er nur sich selbst weiß, all jene Wesen kennt, deren Ursache er ist. Gott kennt die Natur des Existierenden durch das Existierende, das er selbst ist. Daher ist das Wissen von ihm und von uns als zweideutig anzusehen.[181] Sein Wissen hat weder die allgemeinen Dinge noch die Einzeldinge als Objekt.

Averroes’ Auffassung des göttlichen Wissens rührt vom besonderen Sinn her, in dem er ursächliches Wissen versteht. Durch die erkennende Identität Gottes mit den Paradigmen aller besonderen Naturen in der bestmöglichen Ordnung bestimmt Er nicht nur, was die ursächlichen Beziehungen und intelligiblen Strukturen der Dinge sein können, sondern Er setzt die rein natürlichen Prozesse, die die besonderen Einzelwesen sowie die Stellung der Dinge bilden, in Bewegung. Aus diesem Grunde werden die letzten Objekte oder Wirkungen Seines Wissens zwangsläufig Einzelwesen sein, da nur diese als nach einem Ziel suchend oder als sich dort hin bewegend verstanden werden. Nach Averroes versteht jener, der diese Gedanken begriffen hat, die göttlichen Worte, dass vom Wissen Gottes nicht das Gewicht eines Körnchens fliehen könne, sei dies in den Himmeln oder in der Erde.[182] „God ‘knows’ even the lowly atom, if to know it is to be identical with its formal and final cause.”[183]

b. Gott und Schöpfung

Die Mu‘taziliten konfrontieren uns mit der Frage, ob wir wissen, dass Gott alles erschaffen hat, was er erschaffen kann. Ein großer Teil dachte, dass dies nicht der Fall sei. Sonst wäre Gottes Wirkungsvermögen ja erschöpft. Alles hängt allein von Gott ab. Die Dinge sind das reine Nichts, bevor sie durch göttliche Macht erschaffen werden, durch eine Kraft, die ihnen gegenüber völlig transzendent ist. Für Averroes hingegen gibt es kein reines Nichts - dieses bezieht sich immer auf eine Existenz.[184] Für ein Sein ist es nicht möglich, aus dem Nichts zu entspringen. Im Nichts gibt es keine Möglichkeiten. Die Frage nach dem Willen zur Schöpfung und nach schöpferischer Macht hat für Averroes, anders als im Koran, keine besondere Bedeutung. Averroes geht von einem hierarchischen System aus. Die himmlischen Körper sind die Sphären, die die Sterne tragen. „But there is an eternal ‘first sky’ through which the movements of the other celestial bodies are acclompished.”[185]

Der erste Himmel wird mittels seines Strebens nach dem ersten Beweger durch diesen bewegt. Alle anderen Himmelskörper wiederum werden durch ihr Streben nach der Bewegung des ersten Körpers bewegt.[186] Averroes lehnt sich hier noch an Aristoteles an. In der Destructio destructionum wird er über diesen hinausgehen, indem er dort die Beziehung Gottes zu dessen Gegenständen mit der eines Königs[187] vergleicht - Gott befiehlt, die Schöpfung gehorcht.[188] Wie die Funktion Gottes beim Werden der Natur nach Averroes aussieht, wird später noch konkret gezeigt werden.[189] Da der Substanzbegriff im großen Metaphysikkommentar eine besondere Rolle spielt, wird er nun, als Konsequenz der Lehre vom Seienden bei Aristoteles und Averroes, zunächst kurz besprochen.

c. Seiendes und Substanz

Die Lehre vom Seienden ist bei Aristoteles auf der Analogie der Attribution begründet.[190] Um zu zeigen, was Seiendes im ursprünglichen und eigentlichen Sinn ist, führt er als Beispiel das Wort „gesund” an. Gesund wird etwa ein Körperzustand genannt, jedoch auch eine Gesichtsfarbe, die ein Zeichen für Gesundheit ist. Gesund ist ebenfalls eine die Gesundheit wiederherstellende Medizin oder eine sie erhaltende Speise. „Gesundheit” wird hier weder univok (d. h. bei gleichem Wort in einem völlig gleichen Sinn) noch äquivok (d. h. bei gleichem Wort in einem völlig verschiedenen Sinn) gebraucht, sondern analog. Wie einiges gesund genannt wird, weil es ein Zeichen von Gesundheit ist und anderes, weil es Gesundheit bewirkt, so verhält es sich mit allen anderen Fällen. Alles Seiende wird auf ein Gemeinsames und auf ein Eines zurückgeführt.[191] Auch der Seinsbegriff wird bei Aristoteles analog prädiziert. Das Sein, das wir von Gott, der Welt, dem Geist, dem Körper, der Substanz, dem Akzidens aussagen, hat keinen ganz gleichen Sinn, aber auch keinen ganz verschiedenen Sinn, sondern ist analog zu verstehen.[192]

Die Begründung der Lehre vom Seienden auf der Analogie der Attribution hat die unmittelbare Konsequenz, die bewegende Substanz in den Vordergrund der Untersuchung zu stellen, da diese das erste Analogon des Seienden ist. Bis zu diesem Punkt folgt Averroes Aristoteles.[193] Alles, was ist, existiert in einer Substanz oder ist Substanz. Diese ist ursprünglich das Seiende und die Ursache von allem anderen.[194] Zwei Substanzen sind zu unterscheiden: I. Die fühlbare: jene, welche durch sich selbst subsistiert und Akzidentien trägt; II. die intelligible: jene, die ohne Akzidentien, durch sich selbst subsisitiert.[195]

Während das Forschen über die Substanz in der Physik die Prinzipien des Körpers als natürliches Seiendes in dem Sinn betrifft, dass es ein Seiendes in Ruhe oder in Bewegung ist, besteht das Nachdenken über die Substanz in der Metaphysik darin, dass diese eine Substanz ist, welche durch sich selbst besteht, denn die erste Unterscheidung des Seins, als Sein, ist, dass ein Ding Substanz oder Akzidens ist. Jene Forschung führt zum Wissen der ersten Form aller existierenden Seienden, und bis zum letzten Ende. Hingegen führt die Forschung der Physik nur zum Wissen über die erste Materie, zu natürlichen Formen, und zum ersten Beweger.[196] Averroes legt äußersten Wert auf diese Unterscheidung, die vor ihm weder Avicenna noch Alexander von Aphrodisias gemacht haben.[197]

d. Materie und Form

Wie jedoch kommt es zu einer Substanz? Wie ist der Ursprung der Dinge zu sehen? Bei diesem Thema werden auch Probleme zur Ungewordenheit der Materie und der Formen angesprochen. Diese kreisen um die Fragen nach der Verbindung von Materie und Form zu einer Substanz sowie dem Woher der Form - wie also wird ein individuelles Seiendes?[198]

Bei der substantiellen Kausalität der Natur erkannte Themistius, auf den Averroes sich unter anderem bezieht, zwei Stufen. Tiere wie Pflanzen erzeugen ihresgleichen nicht direkt, sondern durch ein Zwischenstadium von Spermien oder Samen. Diese müssen festgelegte ”Proportionen” beinhalten, die erklären, dass die Spermien eines Pferdes nicht irgend ein Tier zur Geburt bringen, sondern ein Pferd. Die Zeugung wird nicht als bewusste Handlung des Subjekts verstanden - sogar beim Menschen. Es ist eher die Natur selbst, die in ihm handelt. Man kann dies gut mit einem Zimmermann vergleichen, der in seinem Waldstück ist, oder mit einem Schmied im Innern von Bronze.[199] Da es sich dabei aber auch um kein bewusstes Agens handelt, muss seine Endgültigkeit und Stetigkeit durch eine höhere Ursache gelenkt sein. Weil überdies einige Tierarten nicht von ihresgleichen erzeugt werden, müssen ihre Formen durch eine höhere Ursache geschenkt werden.[200]

Widersprüchlich in der Argumentation des Themistius ist, dass er anfängt, die selbsttätige Hervorbringung als einen Einwand gegen die aristotelische Lehre des Innewohnens der Formen zu gebrauchen und dann meint, dass - auch wenn dort ein Vater ist - weder er noch die Natur für die wundervolle im Wachstum und in der Entwicklung beobachtete Vollendung verantwortlich sein können, sondern nur „die Seele, welche in der Erde ist”.[201]

Averroes argumentiert im Sinne des Aristoteles. Durch das Agens wird nicht irgend etwas erschaffen, sondern es verursacht die Vereinigung einer Materie und einer Form, die beide ewig präexistierten; „it does not produce a form, but simply makes it possible for it to pass from potentiality into actuality, after the fashion of a catalyst. This applies not only to substance, but to all categories”.[202]

Averroes gibt in seinen weiteren Ausführungen einen Bericht über den Prozess, in dem die Samen oder Spermien Leben von einem Lebewesen zum anderen (oder einer Pflanze zur anderen) weitergeben. Dabei spielen die Bewegungen des Mondes und der Sterne eine Rolle. Diese sind aber weit weniger wichtig als der Einfluss der Sonne, die mit den Sternen Wärme ausstrahlt.[203] Da dies später noch konkreter behandelt wird,[204] mag diese kurze Erwähnung vorerst genügen.

Averroes, der das aristotelische Prinzip der Ewigkeit und des Innewohnens der Form wieder geltend machte, setzte kein kausales Bindeglied zwischen den Himmelskörpern und der sublunaren Welt fest. Aristoteles seinerseits gelang es nicht, die Art der Relation, die zwischen den Himmelsbewegungen und der Welt des Werdens bestand, zu definieren oder er sorgte sich zumindest nicht um eine entsprechende Definition. Trotz der Endgültigkeit und Ordnung, die in der Natur wahrzunehmen sind, wird sein teleologisches Denken niemals theologisch.[205] Averroes hingegen stellt fest - nachdem er die Funktion der Sonne und der Sterne mittels Wärme bei der Hervorbringung der Tierarten angesprochen hat -, dass die Macht bzw. die Kraft dazu von der Arbeit des göttlichen Geistes kommt, die wie die Form einer ersten Fertigkeit ist, der viele Fertigkeiten untergeordnet sind.[206]

Averroes scheint, so Charles Genequand, „a purely mechanical system“ zu elaborieren.[207] Durch dieses kommuniziert der erste Beweger, der die Vereinigung einer ewig präexistierenden Materie und Form verursacht, seine „Intelligenz” zu erschaffenen Dingen durch die Vermittlung der himmlischen Bewegungen und der „Proportionen” und „Formen”.[208]

3. Im Widerstreit der Meinungen - verschiedene Auffassungen zur Schöpfung und Averroes’ Stellungnahme dazu

Averroes nimmt zur Entstehung und Schöpfung fünf philosophische Richtungen an,[209] von denen die beiden Erstgenannten zwei Extreme darstellen.

A. Die Anhänger jener Auffassung, die besagt, dass alles in allem ist und durch Unterscheidung ins Sein kommt.[210]

Diese Richtung (latitatio/ kumun) nimmt an, dass alles in allem ist und die Entstehung der Dinge in einer Entwicklung besteht. Die Dinge gehen aus Gleichartigem hervor, wobei sie durch den Wirkenden unterschieden werden und dieser dafür Sorge trägt, „dass eins aus dem anderen hervorgeht, indem er die Bewegung garantiert.”[211]

B. Die Vertreter einer Schöpfung aus dem Nichts[212]

Die zweite Auffassung (creatio/ ibda ‘ wa ikhtira‘ ) vertreten muslimische und christliche Theologen. Dies geht aus Johannes Philoponus[213] hervor, der Averroes durch al-Farabi bekannt ist.[214] Danach wird vom höchsten Agens das Seiende in seiner Gesamtheit durch einen Akt der Schöpfung hervorgebracht - ohne irgendeine vorher existierende Materie, an bzw. auf der zu handeln wäre.[215] Möglichkeit wohnt gemäß dieser Auffassung ausschließlich dem Agens inne.[216]

C. Die drei mittleren Richtungen

Diese drei stehen zwischen den beiden erstgenannten Gruppierungen. Zwei von ihnen gehören einer Richtung an (C. 1.1 und C. 1.2). Alle drei stimmen darin überein, dass für sie das Entstehen (generatio/ kaun) eine reine Transmutation der Substanz ist. Ihrer Meinung nach kann es also kein Entstehen aus dem Nichts geben. Es gibt die ewige Materie, die als „Substrat des Werdens” aufzufassen ist.[217]

C. 1.1 Jene, die annehmen, dass ein übernatürliches Agens die Formen in die Materie einpflanzt

Nach Auffassung dieser Gruppe, zu der Averroes Avicenna rechnet, erschafft das Agens die Form und prägt sie der Materie ein. Manche sehen dieses Agens als „Formengeber” (dator formarum/ wahib as-suwar), der nicht in der Materie ist .[218]

C. 1.2 Jene, die von zwei Arten von Wirkenden ausgehen

Dort ist das eine Agens ein immanentes, mit der Materie verbundenes (z. B. Menschen, die andere Menschen hervorbringen oder Feuer, das Feuer produziert). Das andere ist ein transzendentes, von der Materie losgelöstes, das Lebewesen hervorbringt, die nicht von gleichem Samen oder gleichen Tieren ausgehen.[219] Diese Ansicht spricht Averroes Themistius und al-Farabi zu.[220]

C. 2 Die Auffassung des Aristoteles, nach der das Agens weder die Materie noch die Form produziert, sondern die Verbindung zwischen beiden

Die Verbindung durch das Agens geschieht dadurch, dass es die Materie bewegt und sie umwandelt, bis das aus ihr hervorgeht, was potenziell in ihr ist und zur Form im Akt überführt ist.[221] Die Lehre des Aristoteles ist nach Averroes jene, die am meisten der Natur des Seins entspricht und am unzweifelhaftesten ist.[222] Sie hat nach ihm einige Ähnlichkeiten mit der Ansicht des Empedokles, da das Agens dadurch seine Handlung bewirkt, dass von ihm zwei getrennte Prinzipien in eine Ordnung gebracht werden. Sie muss jedoch insofern davon unterschieden werden, als durch das Agens nicht zwei in der Realität voneinander getrennte Prinzipien vereint werden, sondern nur das aktuiert wird, was bereits potentiell angelegt ist, dass so also nur Potenz und Akt sowie Materie und Form verbunden werden - ohne die Materie, die Träger der Potentialität ist, aufzuheben.[223]

Averroes kritisiert die Theologen, die aufgrund ihrer Auffassung, dass alle Handlung eine Schöpfung aus dem Nichts ist, nur von einer wirkenden Ursache ausgehen und sekundäre Ursachen ablehnen. Das wahre Agens ist nach ihm aber das, welches verursacht, dass ein Objekt von der Potentialität in die Aktualität übergeht[224] und „in this sense only that it is said that it unites matter and form”.[225] Nach Aristoteles entsteht die Form nicht ex nihilo. Gemäß Averroes hat die aristotelische Lehre Ähnlichkeiten mit der Auffassung jener, die meinen, dass das Agens nur getrennte Dinge ordnet; zu diesen gehört Empedokles. Jedoch vereint das Agens nach Aristoteles nicht zwei wirklich getrennte Dinge, sondern es aktuiert, was in Potenz ist. So werden Potenz und Akt, Materie und Form verbunden, ohne das Substrat der Potentialität (=Materie) aufzuheben. Zwei verschiedene Dinge werden ein Kompositum: Materie und Form.[226]

Hier wiederum sieht Averroes Ähnlichkeiten mit der Lehre der Schöpfung, weil das Potentielle in den Akt überführt wird. Die Theorie des Aristoteles unterscheidet sich aber insofern davon, als das Agens keine Form aus der Nicht-Form erschafft.[227]

Vergleicht man die Auffassung des Aristoteles mit jener der Entwicklung, so gibt es eine kleinere Ähnlichkeit. Nach Averroes kommen diese sowie andere Berührungspunkte und Differenzen aber bloß daher, dass die Lehre des Aristoteles die Ansichten der Entwicklung, der Schöpfung, der Verbindung und der Trennung umgreift und zur Vollendung bringt. Für Averroes besagt die Lehre des Aristoteles, dass sämtliches Entstehende aus einem wird, das ihm entspricht. Dieses wirkt jedoch nicht durch seine Form oder aus sich, sondern überführt „die Form des ihm entsprechenden Wesens aus der Potenz in den Akt”.[228]

Es ist nicht Agens in dem Sinne, dass es etwas von außerhalb oder etwas Äußeres zur Materie brächte. Hier verhält es sich mit der Substanz wie mit allen Akzidenzien. Die Wärme verleiht dem Körper, der warm wird, keine Wärme von außerhalb, sondern die potentielle Wärme wird aktuell warm. Ähnlich ist es mit dem Wachstum, das der Hervorbringung folgt: Wenn im Verlauf der Entstehung die Größe von etwas sich von einer bestimmten Quantität zu einer anderen verändert, dann geschieht dies nicht durch eine Veränderung von etwas, das außerhalb des Bewegten ist oder durch Hinzufügung einer Quantität von außen.[229]

Dass die Wärme bei der Hervorbringung der Dinge in der Lehre des Averroes eine wichtige Rolle spielt, wurde bereits angedeutet.[230] Im folgenden Abschnitt soll dieses Thema konkreter behandelt werden.

4. Zur Funktion der Wärme bei der Hervorbringung der Dinge

Wird die Seele erzeugt, so kann nach dem bisher Gesagten gefolgert werden, dass die potentielle Seele in die aktuell seiende überführt wird. Wie ein im Geist des Baumeisters bestehendes Haus, das nicht im Akt, sondern in der Potenz ist, sind die im Samen ruhenden Kräfte nur potentiell, nicht aktuell, beseelt. Aristoteles bezeichnet, so Averroes, diese Samenkräfte in seinem Buch De animalibus darum als göttlich, weil sie Leben schenken können. Die Samen machen dies mittels der Wärme, die in ihnen ist. Die Wärme als solche kann nur härten oder trocknen oder aufwärmen und sie hat keine beseelte Form oder Gestalt. Darum meint Aristoteles, dass es sich bei der Wärme in den Samen nicht um Feuer handele und dass sie nicht von Feuer sei, denn dieses bringe - im Gegensatz zur hier angesprochenen Wärme - keine Tiere hervor, sondern zerstöre sie.[231]

„Hier scheint nun der Naturalismus des Averroes mit Händen greifbar. Tatsächlich nimmt er auch als Prinzip des Werdens die alles erzeugende Natur, die Natura naturans an, die alle Einzelwesen mit Gleichmut und Desinteresse, nach ewigen Typen, Arten und Gattungen hervorbringt, und zwar in vollendeter Schönheit und Ordnung. Wie im 2. Buch der Aristotelischen Physik zeigt sich auch bei Averroes die Idee der Zweckmäßigkeit, der nichts sinnlos schaffenden Natur, als der zureichende Grund der Dinge.”[232]

Auch wenn die Samenkräfte durch die Wärme ihren lebenserweckenden Auftrag vollziehen und die Wärme (calor/ harara) beim Entstehen der Dinge zentral ist, so findet diese sich, mit einer Form ausgestattet, nicht nur im Samen und wird von dessen Träger erzeugt, sondern auch von der Sonne. Von den Sternen und der Sonne strahlt diese Wärme aus und ist im Wasser oder im Land aufgespeichert. Folglich wird auch der Mensch nicht ausschließlich vom Menschen erzeugt. Die Sonne ist daran beteiligt.[233] Das ist nach Averroes der Grund, warum Aristoteles sagt, dass der Mensch mit Hilfe der Sonne einen Menschen wie sich selbst erzeugt.[234]

Später wird Averroes die vier Elemente in die Diskussion einbeziehen, diese als mögliche Materie des Menschen bezeichnen und in diesem Zusammenhang zwischen dem Vater als nächstem Beweger (= wirkende Ursache) und der Sonne mit der Sonnenbahn, als letzter wirkender Ursache, unterscheiden.[235]

Nach Averroes ist letztlich alles Entstehen auf die Wärme zurückzuführen, die die Sonne und die anderen Sterne ausstrahlen. Bei Tieren, die sich nicht aus Samen entwickeln, beruft Averroes sich u. a. auf Themistius: Alles, was ohne Samen erzeugt wird, ohne dass eine Seele im Akt ist, ergibt sich aus der Sonnenbahn und der Sonne.[236] All dies sei in der Schrift De animalibus erklärt worden. Tiere, die sich nicht aus Samen entwickeln, haben ihren Ursprung direkt in der Wärme, die von den Sternen und der Sonne auf die Erde und das Wasser ausstrahlt.[237]

Averroes bringt an dieser Stelle auch göttlichen Einfluss ins Spiel. Die hinter der genannten Wärme und ihren verschiedenen Graden stehende Kraft entsteht aus der Handlung des göttlichen Geistes, die wie eine Form einer befehlenden Kunst zu verstehen ist, der verschiedene Künste untergeordnet sind.[238] So wird auch klar, dass von der Natur alles in Ordnung und Vollkommenheit hervorgebracht wird und sie dabei als von höheren Intelligenzen geleitet erscheint - obschon sie selbst nicht erkennend ist. Jene Kräfte und Proportionen, die sich durch die Bewegungen der Sonne und der anderen Sterne in den Elementen ergeben, wurden von Platon als Ideen betrachtet. Sie werden seitens des Agens nicht hervorgebracht oder erfunden – „dann würde ja etwas aus dem Nichts erschaffen. Ihr Entstehen und Vergehen vollzieht sich vielmehr nur auf akzidentelle Weise im Entstehen und Vergehen der Einzeldinge.”[239]

An dieser Stelle kritisiert Averroes die Theologen der drei abrahamitischen Religionen.[240] Das Argument, an das Aristoteles sich angelehnt habe, um zu zeigen, dass das Agens nicht die Form erschafft, bestehe darin, dass - sofern es dies mache - etwas vom Nicht-Sein ins Sein käme. Aristoteles habe darum angenommen, dass die Form nicht Subjekt für Erzeugung und Verfall sei (außer per accidens). Nähme jemand jedoch die Hervorbringung der Formen an, werde er dazu gebracht, die Theorie der Formen und des Formengebers zu akzeptieren.[241] Die Theologen (loquentes / mutakallimun) seien dazu verleitet worden zu sagen, dass aus Nichts etwas gemacht werden könne. Weil sie annahmen, dass das Agens zur Erschaffung der Form aus Nichts handelt, sie jedoch in den Dingen kein solches Agens erkennen konnten, meinten sie, dass es nur ein Agens, ohne ein Dazwischenliegendes, für alles Existierende gibt.[242] Dies führt nach Averroes zu schwer verstehbaren Konsequenzen. So meinten die Theologen, nicht das Feuer brenne oder das Wasser mache feucht oder der Mensch vollziehe bei einem Steinwurf die Bewegung; all dies sei dem Agens anheim gestellt. Am absurdesten sei die Annahme, dass das Agens etwas vom Nicht-Sein ins Sein überführen könne, jedoch nicht andersherum. Für Averroes hingegen sind das Entstehen und Vergehen der Dinge natürliche Abläufe, die in Transformationen an einem Substrat bestehen. Folglich ist seiner Auffassung nach eine ewige Materie anzunehmen und ein erster Beweger, in dem aktuell die Formen sind.[243]

5. Abschließende Gedanken

Ernst Behler stellt zum 12. Buch des Metaphysikkommentars des Averroes die Frage, ob dieser darin die creatio ex nihilo ablehne und die Ungeschaffenheit der Welt lehre.[244] Ernest Renan scheint diese Auffassung zu vertreten. Er beruft sich dazu darauf, dass für Averroes die Kreisbewegung des Himmels und die Materie, als Substrat der unaufhörlichen Generationenfolge, ungeschaffen und ewig sind.[245] Jedoch stellt sich die Frage, inwiefern in diesem Text die Frage nach der Schöpfung überhaupt explizit angesprochen wird, oder ob es nicht eher um die Frage nach dem Werden und Entstehen der Einzeldinge geht.[246] Allerdings muss auch festgestellt werden, dass durch die häufige Verwendung des Begriffs agens ( fa‘il ) und die besondere Betonung der wirkenden Ursache gegenüber Aristoteles ein neuer Akzent gesetzt wird, der die Voraussetzung für eine „höhere Kausalität” bildet.[247]

Auch die im Zusammenhang mit der Frage nach einer möglichen Erschaffung der Formen angeführte Kritik, die Theologen seien dazu verführt worden zu behaupten, dass aus Nichts etwas entstehen könne, widerspricht diesem neuen Akzent nicht. Hier spricht Averroes nur an und aus, was in der Schrift Destructio destructionum konkreter ausgeführt wird.[248] Dass das Thema „Schöpfung” hier so explizit auftaucht, kann man sicherlich auch den Theologen zusprechen, die ihre Schöpfungslehre in den Prozess des Entstehens und Werdens hineintragen.[249]

In Averroes’ Auseinandersetzung sind im Grunde genommen zwei im Konflikt stehende Tendenzen zu erkennen. Man kann die erste als die „aristotelische” und „finalistische” bezeichnen – diese erkennt den Einfluss der himmlischen Körper auf die sublunare Welt, negiert aber jede erschaffende bzw. schöpferische Kausalität zwischen beiden und stellt so nicht die Frage nach dem Ursprung.[250] Die andere, sich näher beim Neuplatonismus befindende, besteht darin, dass die niedrigere Welt als die Wirkung der höheren Welt und abhängig von dieser gesehen wird. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, wie das Ewige als Prinzip des Vergänglichen erklärt werden kann.[251]

Auch wenn Averroes die Schöpfung aus dem Nichts ablehnt, so wird von ihm nicht behauptet, dass die Welt von Gott aus einer vorgegebenen Materie geschaffen wurde.

„La matière ne précède pas la création; elle n’est pas l’étoffe où sont taillées les formes. Elle n’existe que dans le composé créé et grâce à lui. Une fois de plus, nous arrivons à un agnosticisme savant: l’effort de réflexion philosophique a surtout servi à déterminer ce que n’est pas la création.”[252]

Behler hält dazu fest, dass die „Aussagen des Averroes unter den Händen” zerrinnen, „wenn man aus ihnen die wahre Meinung des Autors erfahren will.”[253] Dem kann nur zugestimmt werden. Jedoch stellt sich die Frage, warum dem so ist. Geht es um die „Verschleierung der Wahrheit”, damit dieser Text nur gebildeten Leuten der Demonstration zugänglich ist?[254] Oder hat es etwas mit dem Sinn und Zweck dieses Kommentars zu tun?[255]

Dass Averroes ein großer Anhänger des Aristoteles war, ist hinreichend gesagt worden. Als solcher sollte es ihm zum einen auch ein Anliegen gewesen sein, dessen Texten soweit wie möglich gerecht zu werden;[256] nicht umsonst setzt er sich vielfach für die Erhaltung der aristotelischen Lehre ein. Zum anderen hat die Gattung des Kommentars in der islamischen Welt eine lange Tradition und bestimmte Eigenschaften, auf die es sich in diesem Zusammenhang zu schauen lohnt:

Es hat dort zwar immer wieder Autoren gegeben, die die Kommentare als Vorwand benutzt haben, um eigene Ansichten zu verbreiten, aber die Gattung des Kommentars und seine große Verbreitung weist im allgemeinen „auf eine ... mehr scholastisch überliefernde und ergänzende, denn originell schaffende Einstellung zur Wissenschaft” hin.[257]

Jene breite Tradition bildet auch den Hintergrund für Averroes’ Kommentare, wobei diese mehr oder minder klar seine Auffassungen widerspiegeln. Seine für den Welt- und Schöpfungsbegriff relevanten Gedanken hat Averroes konkreter in den theologisch-philosophischen Schriften als im großen Metaphysik-Kommentar erörtert - obgleich Erstere früher entstanden sind. Das zeigt beispielsweise eine wichtige Passage zum Welt- und Schöpfungsbegriff aus der theologisch-philosophischen Schrift Destructio destructionum,[258] der eine weit größere Deutlichkeit zuzusprechen ist, als dem entsprechenden Text aus dem 12. Buch des großen Metaphysikkommentars,[259] der mehr als 10 Jahre später (!)[260] entstanden ist: „Ces pages sont mieux développées dans le Tahâfut al-tahâfut.”[261]

So fragt sich, warum dann die Thematik im Zusammenhang mit dem Metaphysikkommentar überhaupt angesprochen wurde. Reichen zu einer Behandlung nicht die theologisch-philosophischen Schriften aus?

Aristoteles selbst hat keine Schöpfungstheorie im eigentlichen Sinne vertreten. Darum ist es wichtig zu wissen, wie Averroes damit umgeht. Die bisherigen Ausführungen zeigten dazu, dass er hier zwar sehr wohl die Ansicht einer creatio ex nihilo der mutakallimun ablehnt, jedoch nicht die einer Schöpfung schlechthin. So kommt er nicht in einen direkten Gegensatz zu Aristoteles, bleibt aber doch in einem gewissen Rahmen offen für die Entwicklung einer eigenen Schöpfungslehre. Das heißt: Zu einem konkreten Verständnis des Kommentators sowie des Philosophen und Theologen[262] Averroes ist es nötig, sowohl die Metaphysikkommentare als auch seine theologisch-philosophischen Schriften zu konsultieren.

V. SCHÖPFUNG IN DER AUSEINANDERSETZUNG ZWISCHEN THEOLOGIE UND PHILOSOPHIE – ZUM BUCH FASL AL-MAQAL

1. Zweck der Abhandlung

Mit dieser Schrift wollte Averroes nach Anke von Kügelgen gegenüber al-Ghazzali die Philosophie verteidigen und rehabilitieren.[263] Ahmed Fouad El-Ehwany geht in seiner Beurteilung weiter. Er schreibt, dass Fasl al-maqal grundsätzlich eine Verteidigung gegen die scharfen Angriffe der Theologen und faqihs (= Rechtgelehrte) ist.[264] Dass beide Annahme stimmen, werden unsere weiteren Ausführungen zeigen.

Unter Rücksichtnahme auf das Denken der Religion möchte Averroes untersuchen, ob das religiöse Gesetz „die Spekulation über Philosophie und logische Wissenschaften” erlaubt, befiehlt oder verbietet - sei dies auf freiwilliger, sei dies auf notwendiger Basis.[265] Hier deutet sich der Hintergrund für die Abhandlung an: Gemäß al-Ghazzali unterliegen die Philosophen der Ungläubigkeit, was der juristischen Anklage von Verbrechern gleichkommt, die mit dem Tode zu bestrafen ist.[266] Fasl al-maqal kann als juristische Schrift zur Frage nach der Vereinbarkeit von Philosophie und Religion betrachtet werden, „oder genauer: Ist das Studium durch die šarī‘a, das göttliche islamische Gesetz, zugelassen oder aber ist es verboten und schädlich?”[267]

Averroes nimmt keine Gliederung in einzelne Kapitel vor. Er befasst sich auf knappem Raum mit verschiedenen Themen, in denen es grundsätzlich um die Auseinandersetzung zwischen Theologie und Philosophie geht. Dabei spielt die Frage der Interpretation von Texten der Offenbarung eine besondere Rolle. Dass die Entstehung der Welt für Averroes hier zentral ist, zeigt sich daran, dass er sie quasi in der Mitte des Textes behandelt.[268]

Dort entwickelt er keinen längeren Traktat, sondern „reduziert ... den Streit um die Weltewigkeitslehre und den um Gottes Wissen von den Einzeldingen - mehr oder minder - auf ein Wortgefecht bzw. führt sie auf ein Missverständnis zurück.”[269] Da ein Verständnis seiner Auffassung zur Schöpfung nur mit einem Blick auf die anderen Äußerungen in dieser Schrift möglich ist, sollen diese ebenfalls behandelt werden - wenn auch aus Platzgründen auf knappem Raum und in wenigen Abschnitten zusammengefasst.

2. Forderung der Reflexion durch das religiöse Gesetz und Forschung mit Blick auf die Alten

Nach Meinung des Averroes ist Philosophie, insofern sie auf den Schöpfer hinweist, nichts mehr als die Spekulation und Betrachtung über die existenten Dinge.[270]

Mit der Übersetzung zeigen sich erste Schwierigkeiten für ein richtiges Verständnis. Der Begriff nazar, an dieser Stelle unter Rückgriff auf Marcus Josef Müller und Léon Gauthier[271] mit Spekulation wiedergegeben, wird von George F. Hourani[272] mit study übersetzt, von Anke von Kügelgen[273] mit Nachdenken. Während Studieren und Nachdenken allgemeinere Begriffe sind, hat die Spekulation eine spezifische Ausrichtung, insofern sie nur durch Überlegung zur Erkenntnis von Dingen zu gelangen versucht, die jenseits der unmittelbaren Erfahrung liegen.[274] Gemäß v. Kügelgen „spielt” Averroes mit der begrifflichen Mehrdeutigkeit des Begriffs nazar.[275] Dieses Spiel hat durchaus seine Gründe. Schließlich möchte Averroes in dieser Schrift nicht die Philosophie gegen die Theologie ausspielen, sondern sie insofern verteidigen, als er sie in Harmonie mit der Religion zeigt.[276] Eine zu radikale Sicht wäre diesem Ziel nicht nützlich gewesen. Die Mehrdeutigkeit des Begriffes nazar behält eine gewisse Offenheit.

Nach Averroes steht fest, dass die Religion auch im Hinblick auf die Schöpfung die Betrachtung und das Reflektieren über die existierenden Dinge für notwendig erklärt hat. Er beruft sich dazu auf diverse Verse im Koran.[277] Er sieht den von Aristoteles erstmalig[278] systematisch entwickelten Syllogismus, den demonstrativen Beweis, als die richtige Methode an. Averroes nimmt einen Vergleich mit den Rechtsgelehrten vor. Diese erschlossen ganz ähnlich seit der frühen Zeit des Islam die vielfältigen Jurisdiktionen aus Prinzipien.[279]

Die genannten Aufgaben der rationalen Spekulation sind für einzelne Menschen nur schwer zu bewältigen. Darum ist das Studium der Bücher früherer Forscher wichtig, um „die Ergebnisse ihrer Spekulation, wenn sie exakt sind, anzunehmen, oder es zu kennzeichnen, wenn sie ungenau sind - selbst wenn diese Alten nicht demselben Religionssystem zu gehören.”[280]

Mit diesen Äußerungen haben Averroes’ Harmonisierungsversuche zwischen Religion und Philosophie insofern ihre Grenzen, als er jene Traditionalisten attackiert, die sich gegen den Vernunftgebrauch wehren und nur den Glauben sowie die muslimische Tradition als einzige zuverlässige Quellen bezeichnen.

3. Zu den in Bezug auf den Glauben abgestuften Naturen des Menschen

Nach Averroes ist die rationale Spekulation für Menschen mit entsprechenden Voraussetzungen unerlässlich.[281] Deshalb ist es, wenn jemand einen feinen Sinn für Wahrheit und eine durch das Gesetz definierte moralische und religiöse Qualifikation hat, gesetzeswidrig, solch eine Untersuchung bzw. ein derartiges Studium zu verbieten.[282] Auch Irrtum und Straucheln aufgrund von Verfallenheit an Leidenschaften, fehlerhaften Methoden, Fehlen eines entsprechenden Lehrers u. a. rechtfertigen nicht solch ein Verbot. Diese Folgeerscheinungen sind, so Averroes, nicht als wesentlich, sondern als akzidentell zu bezeichnen.[283]

Bei all dem ist nach Meinung der Muslime das göttliche Gesetz Wahrheit.[284] Die Erkenntnis der Wahrheit soll für Averroes entsprechend den unterschiedlichen Wesenseigenschaften der Menschen geschehen. Diese sind nicht gleich, sondern erlauben unter dem Aspekt ihres Glaubenschenkens und ihrer Zustimmung eine dreifache Einteilung.

„Mit einer kleinen Nuancierung entwickelt Averroes hier aus der ... Aristotelischen Unterscheidung von drei wissenschaftlichen Beweisarten und Gewissheiten - dem apodiktischen, dialektischen und sophistischen Beweis - eine Intelligenzlehre nach drei Klassen von Menschen.”[285]

Die Majorität der Menschen bleibt nach Averroes der rhetorischen Offenbarungsdarstellung verhaftet. Sie begreift auf der Basis bildhafter Darstellung. Die zweite Gruppe - gemäß Averroes die Theologen - befasst sich durch unbewiesene Spekulation mit Religion. Die demonstrative Erkenntnisweise hingegen bleibt allein den Philosophen vorbehalten.[286]

Die Offenbarung spricht vor dem Hintergrund dieses dreifachen Wahrheitszuganges alle Menschen an. Ihr muss allgemein, d. h. von allen, zugestimmt werden. Es kann nach Averroes keinen Widerspruch zu jener Unterweisung geben, die mit der Offenbarung gegeben ist, „denn die Wahrheit kann der Wahrheit nicht widersprechen; im Gegenteil, sie stimmt mit ihr überein und legt Zeugnis von ihr ab.”[287]

Hier stellt sich die Frage, ob Averroes die Lehre von der doppelten Wahrheit vertreten hat, gemäß der etwas philosophisch zwar wahr, aber theologisch doch falsch sein kann. Matthias Vollmer schrieb anfangs der 90er Jahre, der Satz „die Wahrheit kann der Wahrheit nicht widersprechen“ sei ein Indiz dafür, dass Averroes so nicht die ihm öfter unterstellte Lehre der doppelten Wahrheit vertreten habe. Hier sei allerdings seitens der Mittelalterforschung noch nicht für umfassende Klarheit gesorgt worden.[288] Einige Jahre später versuchte Abdelmajid el Ghannouchi zu zeigen, dass Averroes die Lehre der doppelten Wahrheit zwar nicht ausdrücklich benannt, sie aber mit einem „Maximum an Zurückhaltung” befürwortet habe, insofern er eine deutliche Unterscheidung zwischen der philosophischen Forschung und der religiösen Unterwerfung gemacht habe.[289] Averroes erklärt den Ausdruck von Wahrheiten dementsprechend teilweise („in part”)[290] durch das Aussprechen der Regeln der Logik und ihre Unterteilungen, da diese die einzigen Arten sind, in denen wir über irgend etwas folgerichtig denken können.[291]

Im Folgenden wird im Fasl die These begründet, dass die Wahrheit der Wahrheit nicht widersprechen kann, sondern von ihr Zeugnis ablegt und mit ihr übereinstimmt.[292]

Führt die demonstrative Spekulation zu einer Art von Erkenntnis eines existierenden Dings, so kann nur die Alternative eintreten, dass das Gesetz von diesem Ding schweigt oder Kunde davon gibt. Bei einem Schweigen handelt es sich um keinen Widerspruch. Spricht hingegen die Religionsquelle davon, so gibt es eine Übereinstimmung des äußerlichen Wortlauts mit der demonstrativen Erkenntnis oder auch nicht. Existiert eine Übereinstimmung, so ist weiter nichts zu sagen. Bei einem Widerspruch wird nach einer Interpretation gesucht.[293]

„Wo immer es zu einem Konflikt zwischen dem wörtlichen Sinn einer Schriftpassage und einer bewiesenen philosophischen Wahrheit komme, da sei der Konflikt nur scheinbar und dadurch aufzulösen, dass man die Sprache der Schrift für metaphorisch halte. Ihre philosophische Interpretation sei allein der philosophischen Elite möglich und erlaubt.”[294]

Bei der Interpretation (t a’wil) wird der Sinn des Wortes - in Übereinstimmung mit der gebräuchlichen Praxis der arabischen Sprache[295] - von seinem eigentlichen zu einem figurativen Sinn (majazi).[296] Dieses Verfahren ist nicht außergewöhnlich, sondern berührt eine übliche Exegese-Methodik, die von den Rechtsgelehrten und den Theologen des Islam geübt wurde. Averroes fragt sich, warum sie dann nicht auch jener anwenden darf, der demonstrativ erwiesenes Wissen besitzt und sich vorgenommen hat, Tradition und Vernunft aufeinander abzustimmen.[297]

Allerdings dürfen die Erkenntnisse des Philosophen nicht Menschen, die der rhetorischen Darstellung zugänglich sind, mitgeteilt werden, da diese sonst zum Unglauben kommen. „Es würde die klar verständliche äußere Bedeutung der Offenbarung zerstört werden, ohne dass die Menge in der Lage wäre, die philosophische Ausdeutung der Schrift an ihre Stelle zu setzen.”[298]

Averroes beruft sich auch auf die Tradition, wenn er schreibt, dass schon früh im Islam Leute für die Existenz von Esoterischem (batinan) und Exoterischem (zahiran) im göttlichen Gesetz eintraten und dafür, dass das Esoterische jenen, die die Wissenschaften pflegen und es verstehen können, bekannt werden dürfe. Er fragt sich, wie man noch von allgemeiner Übereinstimmung reden könne, wenn einem bekannt sei, „dass keine Periode von Gelehrten frei war, die die Ansicht hatten, dass es in der Religion Dinge gebe, über deren eigentlichen Sinn man nicht alle Menschen unterrichten dürfe”.[299]

Auch wenn Averroes eine „Intelligenzlehre nach drei Klassen von Menschen”[300] entwickelt, so ist es nach ihm doch nicht unmöglich, dass ein Philosoph bei seinem Urteil über die Existenz der Welt Unrecht haben kann. Man mag ihm verzeihen und ihm nichtsdestoweniger seinen Lohn geben. Averroes zieht hier einen Vergleich zu einem Richter heran, der beim Fällen eines Urteils einen Fehler begeht, welcher sich selbst dann einschleicht, wenn eine Pflicht erfüllt wurde. „Deswegen hat der Prophet gesagt: Wenn der Richter sich in seinem Urteil alle Mühe gibt und das Richtige trifft, so hat er einen doppelten Lohn; wenn er irrt, einen einfachen.”[301]

Bei Fragen mit solch einem Schwierigkeitsgrad, dass man sie nur durch wissenschaftliche Demonstration erkennen kann, hat Gott denen, die keinen Zugang dazu haben, Symbole und Bilder geschaffen, die es ihnen ermöglichen, zuzustimmen und zu glauben. Deshalb teilt sich das göttliche Gesetz – wie bereits erwähnt - in Exoterisches und Esoterisches.

Konkreter sind „das Exoterische ... jene Bilder, welche die in Frage stehenden Dinge symbolhaft bezeichnen; das Esoterische sind jene bezeichneten Dinge selbst, die sich allein den Menschen der Demonstration, d. h. den Männern der Wissenschaft (ahl al-burhān) enthüllen.”[302]

Darum gibt es im Gesetz Texte, die nach ihrem Verständnis des Äußeren genommen werden müssen. Deren Auslegung wäre ein Abfallen in häretische Erneuerungen oder in Unglauben. Es gibt aber auch Texte, die von den Gelehrten interpretiert werden müssen. Für jene jedoch, die nicht Gelehrte sind, ist solche Interpretation Unglaube oder häretische Erneuerung.[303] Derartige Auslegungen dürfen nur in wissenschaftlichen Abhandlungen dargelegt werden, die nicht für alle zugänglich sind. An dieser Stelle wirft Averroes al-Ghazzali vor, diese in breiteren Schriften popularisiert zu haben - solches „verstieße ebenso gegen das göttliche Gesetz wie gegen die Weisheit.”[304] Al-Ghazzali habe die Geister auf sich aufmerksam machen wollen.[305] Ironisch fügt Averroes hinzu, al-Ghazzali sei mit den Ash‘ariten ein Ash‘arit,[306] „mit den Sūfīs ein Sūfī“ (Mystiker) und „mit den Philosophen ein Philosoph.”[307]

Nach Averroes hat al-Ghazzali irrtümlicherweise den Peripatetikern vorgeworfen, dass Gott nach ihnen die Einzeldinge nicht kenne.[308] Das bezeichnet Averroes schlicht als unrichtig. Die Meinung der Peripatetiker bestehe nur darin, dass Gott aufgrund seines Wissen weiß, das nicht mit unserem Wissen übereinstimmt:

„Nämlich unser Wissen ist abhängig oder verursacht durch das Objekt des Wissens, es ist entstanden durch sein Entstehen und verändert sich durch seine Veränderung, während das Wissen Gottes von der Existenz im Gegensatz hierzu ist; denn es ist die Ursache des Gewussten, welches das Existierende ist.”[309]

4. Ewigkeit und Entstandensein der Welt

Wie der Versuch der Harmonisierung zwischen Religion und Philosophie bei Averroes zu verstehen ist, wird bei der Auseinandersetzung über die Schöpfungslehre ersichtlich. Durch begriffliche Präzisierung versucht Averroes den Unterschied zwischen theologischer und philosophischer Auffassung in Bezug auf die Zeitlichkeit bzw. Ewigkeit der Welt zu verringern. Er differenziert zwischen dem innerzeitlichen Entstehen und der Ewigkeit - hier sieht er eine Übereinstimmung zwischen den Theologen und den Philosophen.[310]

Nach der Auffassung des Averroes ging es bei der Auseinandersetzung zwischen den früheren Philosophen rein um die Terminologie. Schließlich bestünde bei allen Übereinstimmung darin, dass es drei Arten von Existierendem gibt - zwei Extreme sowie ein Mittleres.[311] Ist bei der Bezeichnung der Extreme eine gemeinsame Auffassung festzustellen, so geht diese beim Mittleren auseinander.

Das eine der beiden Extreme umfasst Seiende, die von einer wirkenden Ursache gebildet sind und aus einer Materie entstehen - dies sind sämtliche sinnlich wahrnehmbaren Körper „wie die Entstehung des Wassers, der Luft, der Erde, des Tieres, der Pflanze und so fort.”[312] Nach Averroes stimmen alle, die Ash‘ariten und die Alten, darin überein, dass sie diese Seienden als zeitlich geschaffen bezeichnen.

Diesen gegenüber steht ein Existierendes, das nicht aus etwas hervorgeht und nicht durch etwas gebildet ist; ihm geht keine Zeit voraus. Hier stimmen beide Parteien darin überein, dieses Wesen als ewig zu bezeichnen. Es „wird durch die Demonstration wahrgenommen: es ist Gott, der alles bewirkt und in die Existenz setzt und erhält.”[313]

Zwischen Gott und den geschaffenen Dingen ist ein Mittleres. Diesem Seienden lag keine Zeit voraus und es wurde auch nicht aus etwas geformt. Aber es existiert durch die Handlung des Wirkenden: „Das ist die Welt als ein Ganzes.”[314]

Tilman Nagel[315] weist darauf hin, dass die ash‘aritische Theologie und der frühe kalam[316] überhaupt nicht zwischen der Welt als einer Ganzen und den Einzelerscheinungen trennt. Beides wird (besonders in der Konfrontation mit den „Naturphilosophen”) zu dem einen Geschaffenen zusammengezogen. Entsprechend hält Nagel es für eine niemals von den Ash‘ariten vertretene Auffassung, wenn Averroes meint, dass über die Dreiheit des Existierenden bei allen Einheit herrsche.

Ein weiterer Punkt ist an dieser Stelle wichtig: Averroes spricht mit der Welt, der keine Zeit vorauslag und die nicht aus etwas geformt wurde, die Problematik einer creatio ex nihilo an. Er erklärt jedoch nirgendwo, wie diese Schöpfung bzw. die Welt als Ganze aus dem Nichts ins Sein gekommen ist und dass keine Zeit vorausgegangen ist. Hier besteht ein Unterschied zu dem, was aus Materie und Form gemacht ist. Als mögliche Erklärung bietet sich nach Majid Fakhry an, dass die Welt von einer ersten Materie ins Sein kam, von jener Materie, die nach Platon mit „Nichts” gleichgesetzt wird. So könnte gesagt werden, dass die Welt als Ganze aus dem Nichts ins Sein gekommen ist. Der Grund liegt sicherlich im Wunsch des Averroes zu zeigen, dass Religion und Philosophie in vollendeter Harmonie miteinander sind. Dass auch eine Beschwichtigung der mutakallimun im Spiel ist,[317] zeigt die Begründung seiner schwer zu verstehenden These. Danach geben die Theologen zu, dass der Welt keine Zeit vorausgeht, dies ergibt sich zumindest als Konsequenz aus ihrer Lehre. Außerdem haben sie darin einen Konsens mit den Alten, dass sie die zukünftige Zeit und die zukünftige Existenz der Welt als unendlich annehmen.[318] Nach der Auffassung des Averroes ist nur die Vergangenheit umstritten. Diese ist auch bei Platon und dessen Anhängern nicht ohne Anfang; hingegen bezeichnen Aristoteles und seine Schule sie als unendlich. Für Averroes ist evident, dass diese Existenz der Welt dem Geschaffenen und dem Ewigen im gerade beschriebenen Sinn ähnelt - obschon sie weder das eine noch das andere wirklich ist. Sie wird von jenen ewig genannt, nach deren Auffassung

„die Ähnlichkeit mit dem Ewigen über die Ähnlichkeit mit dem Entstandenen überwiegt ... und derjenige, bei welchem ihre Ähnlichkeit mit dem Hervorgebrachten über die Ähnlichkeit mit dem Ewigen überwiegt, nennt sie hervorgebracht; während sie in Wahrheit weder eigentlich entstanden noch eigentlich ewig ist.”[319]

Sonst müsste sie im ersten Fall zerstörbar und vergänglich sein und im zweiten Fall ohne tatsächliche Ursache gewesen sein.

Nach Averroes ist der Unterschied zwischen den diversen Lehren über die Welt nicht so groß, dass eine von ihnen als ungläubig bezeichnet werden dürfe. Nach ihm besteht zwischen den Begriffen der Erschaffenheit und der Ewigkeit kein diametraler Gegensatz.[320] An dieser Stelle fällt auf, dass Averroes auf die Frage nach der Erschaffung der Welt aus dem Nichts keine eindeutige Antwort gibt. So kann er sowohl die aristotelische Auffassung vom Unentstandensein der Welt als auch die einer Schöpfung aus dem Nichts als die seinige erscheinen lassen.[321] In diesem Zusammenhang hat Léon Gauthier[322] eine Entdeckung gemacht. Diese ist sowohl für Ibn Tufayl, der für Averroes’ Weg zum Philosophen wichtig war,[323] als auch für Averroes selbst[324] von Relevanz. Es geht um die Lehre von der „Verschleierung der Wahrheit”. Die Probleme demonstrativer Wissenschaft, über die die Massen nichts mitbekommen sollen, dürfen danach allein in Arbeiten der Demonstration erörtert werden.[325] Sollten sie trotzdem Eingang in nicht ganz esoterische oder in exoterische Schriften finden, dann bedeckt der Verfasser sie „mit einem ‘leichten Schleier’ ...: unaufdringlich für jeden, der nicht würdig ist, hinter ihn zu blicken.”[326]

Im weiteren Text von Fasl al-maqal greift Averroes die mutakallimun an. Deren Lehre entspreche nicht dem Wortlaut des Gesetzes. Vielmehr interpretieren sie, denn im Gesetz finde sich nicht, „dass Gott mit dem reinen Nichts existierte, und man wird über diese Ansicht nie eine beweisende Stelle anführen können.”[327] Nimmt man die äußere, wörtliche Bedeutung der heiligen Texte, dann zeigen diese nur, dass Gott die Form der Welt hervorbrachte, deren „Sein und die Zeit aber nach beiden Extremen hin keine Grenze finden.”[328] Averroes beruft sich zum Beleg seiner These auf den Koran, er schreibt:

„Nämlich die Stelle Sur. XI, V. 9: Er ist es, der die Himmel und die Erde geschaffen hat in sechs Tagen, und sein Thron war auf dem Wasser, bedingt durch den Wortlaut, dass es eine Existenz gab vor dieser Existenz, das ist der Thron und das Wasser, und eine Zeit vor dieser Zeit, welche nämlich mit der Form dieser Existenz, welche in der Zahl der Bewegung der Himmelssphäre besteht, verbunden ist. Ebenso fordert die Stelle Sur. XIV, 49: am Tage, wo die Erde in eine Nichterde verwandelt wird und die Himmel, dass eine zweite Existenz nach dieser Existenz kommen wird. Die Stelle Sur. XLI, 10: dann richtete er sich gegen den Himmel, und er war Rauch, fordert durch seinen Wortlaut, dass die Himmel aus Etwas geschaffen wurden.”[329]

An dieser Stelle wird erkennbar, wie die Vereinbarkeit von Religion und Philosophie bei Averroes zu verstehen ist. Er möchte zeigen, dass die mutakallimun nicht dem äußeren Sinn des Wortes Gottes folgen, sondern interpretieren. Er wendet sich gegen deren Auflösungstendenz einer ursprünglichen Harmonie von Religion und Philosophie, die sie durch das Einbringen ihrer Auslegungen verfälschen.[330]

In diesem Zusammenhang muss zudem konstatiert werden, dass im Koran keine explizite Schöpfungstheorie zu finden ist und die Ansicht einer creatio ex nihilo als Schlussfolgerung aus dem Terminus der Einzigkeit Gottes (tauhid) zu sehen ist.[331]

So gesehen haben Averroes’ Äußerungen durchaus ihre Berechtigung. Ob sie allerdings zu einer Beruhigung des Klimas zwischen Philosophie und Theologie beigetragen haben, ist fraglich. Averroes scheint die geistesgeschichtlichen Bedingungen aus dem Blick zu verloren zu haben, welche „die Ziele des frühen Rationalismus prägten: die Abwehr aller Weltbilder, die den von Muḥammad verkündeten personalen einen Schöpfergott in Frage stellen konnten.”[332]

Wenn Averroes außerdem zur Einbürgerung des philosophischen Erbes der Antike in die islamische Theologie die Differenz zwischen dem äußeren und dem (nur wenigen zugänglichen) inneren Sinn der Offenbarung betont, so weckt er bei den Adressaten, die er ja eigentlich hat gewinnen wollen, Erinnerungen, die der Sache abträglich sein mussten.[333]

5. Zum Zweck der Religion und die Philosophie als „Milchschwester“ der Theologie

Gemäß Averroes besteht der Zweck des Religionsgesetzes in der Lehre der wahren Wissenschaft und der wahren Praxis.[334] An dieser Stelle holt er „zu einem massiven Schlag gegen die dialektischen Theologen aus”[335]. Er gliedert nochmals, unter dem Gesichtspunkt des religiösen Gesetzes, die Menschheit in drei Klassen: die große Masse, die dialektischen Interpreten (z. B. Theologen) und die Leute der evidenten Interpretation (Philosophen).[336]

Diese drei Ordnungen möchte Averroes streng auseinander halten und nicht durch hybride Unterrichtsmethoden vermengen.[337] So gelingt es ihm, die Philosophie, die der dritten Klasse zugehört und die wissenschaftliche Koranauslegung darstellt, autonom zu halten.[338] Bei schwierigen Fragen, die Zweifel an einer wörtlichen Interpretation aufkommen lassen, soll eine Vulgarisierung der Auslegung vermieden und gesagt werden, dass es sich um dunkle Angelegenheiten handele, die nur Gott wisse. Die von Averroes befürwortete Autonomie der Philosophie hat ihre Gründe. Er sieht als Folge theologischer Interpretationen, die der großen Masse mitgeteilt wurden, die Bildung der diversen Sekten des Islam und die gegenseitige Bezichtigung von Häresie und Unglauben.

„Dadurch wurden die Menschen in Feindschaft, in gegenseitigen Hass, ja in Kriege gestoßen; die göttliche Offenbarung wurde zerstückelt und die Völker wurden zerspalten. Außerdem stehen diese Leute mit den Methoden, die sie zur Stütze ihrer Interpretationen verwandten, weder auf Seiten des Volkes noch auf Seiten der Elite.”[339]

Darum ist es Averroes ein Anliegen, zu zeigen, wie die Harmonie zwischen Philosophie und Theologie konkret zu sehen ist: Wer die zu Spaltungen führenden Neuerungen im Islam vermeiden will, sollte sich beim Koran Rat holen und sich nach Möglichkeit (bzw. solange es möglich ist) am äußeren Wortlaut halten - es sei denn, eine Interpretation wäre an und für sich für alle gemeinsam deutlich. Durch die Hilfe der in der Religion zum Unterricht der Menschen aufgestellten Sätze gelangt man an einen Punkt, an dem das, was nicht nach seinem Wortlaut zu fassen ist, durch den Mann der Demonstration aus seinem Wortlaut herausgeführt werden kann. „Diese Eigenschaft findet sich bei keinem anderen Satze. Dann haben die religiösen Sätze, die im Koran ausdrücklich allen Menschen mitgeteilt werden, drei Eigenschaften, die auf die wundertätige Offenbarung hinweisen:”[340]

I. Nichts ist vollkommener, als die religiösen Sätze für wahr zu halten. II. Sie nehmen dazu von der Natur die Hilfe an. Dies jedoch nur bis zu dem Punkt, wo allein Männer der Demonstration Einsicht von der Auslegung bekommen, sofern etwas Interpretationsfähiges in ihnen liegt. III. Für die Männer der Wahrheit enthalten sie etwas, das sie auf die wahre Auslegung aufmerksam macht. Allerdings findet sich dies weder bei den Mu‘taziliten noch bei den Ash‘ariten.[341]

Averroes versteht seine Aufgabe darin, hier Abhilfe zu schaffen und eventuell einen Ausgangspunkt für die, die nach ihm kommen, zu geben.[342] Er zeigt seine Betroffenheit über die sich in der Religion eingeschlichenen schlechten Ansichten und Glaubenssätze, die von der Wahrheit abweichen.

„Denn die Verletzung, die von einem Freund ausgeht, ist ärger als die von einem Feinde; nämlich die Philosophie ist die Freundin der Religion und ihre Milchschwester ... . Außerdem erhebt sich zwischen beiden Feindschaft, Hass und Streit, während sie doch von Natur zu gegenseitiger Freundschaft und ihrem Wesen und ihrer Anlage nach zu gegenseitiger Liebe bestimmt sind.”[343]

VI. GOTT DER SCHÖPFER UND SEINE HANDLUNGEN IM BUCH AL-KASHF

1. Einleitung

Um seinen Standpunkt gegenüber den Theologen - und dabei speziell in Bezug auf die Ash‘ariten - klarzumachen, verfasste Averroes die Schrift al-Kashf. Deren Absicht war es, als Fortsetzung des Fasl zu dienen.[344] Beide Abhandlungen sind heute im arabischen Raum die bekanntesten.

In al-Kashf macht Averroes es sich zur Aufgabe, die bedeutsamsten Dogmen des Glaubens auf den zahir (=äußerer Wortsinn) des Koran zu gründen und „dessen für das einfache Volk bestimmte Methoden zu erhellen.”[345] Es geht darum, den Glauben an Gott zu erreichen und das Wissen über dessen Eigenschaften. Da das Buch in einer theologischen Form verfasst ist, hält Averroes Rückblick auf die diversen islamischen Sekten,[346] die er in fünf Arten unterteilt: Ash‘ariten,[347] Batiniten,[348] Hashawiten,[349] Mu‘taziliten,[350] und die Sufis.[351]

Er attackiert in dieser Abhandlung vor allem die Ash‘ariten. Der entscheidende Schritt, der für Averroes vollzogen werden muss, ist die Demonstration von Wissen. Dabei wird im Verlauf des Textes wiederum die Auseinandersetzung mit der Theologie und deren Verurteilung deutlich. Es geht hier nicht so sehr darum, gewisse Stellen des Koran nur für die Gelehrten und andere für die „breite Masse” verständlich zu machen, sondern Sätze zu finden, die für alle (auch für die Theologen und Philosophen) verständlich sind. Insofern ist es eine Abhandlung, die für eine vollständige Behandlung des Welt- und Schöpfungsbegriffs des Averroes unabdingbar ist.[352] Außerdem könnte sich hier ein Widerspruch zu den späteren westlichen Averroisten andeuten, die die Lehre der doppelten Wahrheit vertraten.[353]

Auffällig ist, dass al-Kashf, im Gegensatz zum Vorläufer, in fünf größere Kapitel gegliedert ist. Das letzte dieser Kapitel umfasst fünf kleinere Abschnitte. Weil die Gliederung gegen Ende der Arbeit dargestellt wird,[354] soll an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden. Hingegen kommen jene Teile zur Sprache, die für den Welt- und Schöpfungsbegriff des Averroes von Relevanz sind.

2. Die Existenz Gottes

In diesem Kapitel setzt Averroes sich zunächst mit diversen Gruppen des Islam auseinander. Die Anhänger der Hashawiten-Schule nehmen an, dass der „Weg der Erkenntnis Gottes die bloße Autorität sei, nicht der Verstand.”[355] Sie meinen, dass der Gottesglaube vom Propheten empfangen worden sei und der Verstand nichts damit zu tun habe.[356] Ihrer Ansicht nach reicht es aus, wenn der Glaube an die Existenz Gottes vom Gesetzgeber mitgeteilt wird und dann daran geglaubt wird. Laut Averroes liegt hier allerdings ein Widerspruch zum Koran vor. Er sagt, dieser fordere den Menschen zu rationalen Beweisführungen auf, die in bestimmten heiligen Texten formuliert sind, um die Existenz Gottes für wahr zu halten. Er bezieht sich dazu auf diverse Koranstellen, so etwa Sure 14, 10 (11): „Gibt es einen Zweifel an Gott, dem Schöpfer der Himmel und der Erde?”[357] Ausnahmen für solcherlei Beweisführungen stellen allerdings die Menschen dar, die aufgrund eines weniger starken Verstandes nicht dazu fähig sind. Deren Anzahl bezeichnet Averroes jedoch als gering.[358]

Im weiteren Verlauf der Abhandlung kommen die Ash‘ariten konkreter zur Sprache. Diese vertreten die Auffassung, dass das Fürwahrhalten der göttlichen Existenz allein durch den Verstand geschieht. Averroes sagt allerdings, dass die Methode dieser Gruppe anders ist als diejenige, die der Koran den Menschen nennt. Sie legt nämlich gewisse, sichere, dialektische Voraussetzungen zugrunde, so etwa: Die Welt ist zeitlich, Körper sind aus Atomen zusammengesetzt, Atome sind erschaffen, das Agens der Welt ist weder ewig noch zeitlich. Die Argumente dieser Gruppe sind nach Averroes jedoch weit davon entfernt, vom allgemeinen Volk verstanden zu werden. Sie sind nicht überzeugend, sondern widersprüchlich.[359]

Averroes versucht nun im längsten Abschnitt dieses Kapitels darzustellen, inwiefern die Ash‘ariten irren. Jene Gruppierung beweist die Existenz Gottes durch die Kontingenz der Welt, die in Existenz kam.[360] Da aber das Agens, das sie in Existenz brachte, eine ewige Existenz haben muss, müssten konsequenterweise sowohl seine Handlung als auch deren Wirkungen ewig sein. Um dieser Konsequenz zu entkommen, ist es nach Averroes nicht möglich, mit jenen Theologen zu sagen, dass die Handlung eines ewigen Seins in der Zeit begann. Dieses würde eine Ursache voraussetzen, die zuerst die Handlung verhinderte, in Bewegung zu kommen und dann eine Ursache, die diese herbeiführte. Diese Ursache wäre dann wieder entweder ewig oder in der Zeit gelegen.[361]

Auch die Berufung auf einen ewigen Willen,[362] von dem die entstandene Handlung herkommt, befreit nicht von Zweifeln;

„denn der Wille ist etwas anderes als die Handlung, die mit dem Gewirkten in Verbindung steht; und wenn das Gewirkte entstanden ist, so muss die Handlung, welche mit seiner Hervorbringung in Verbindung steht, ebenfalls etwas Entstandenes sein, gleichviel, ob wir einen ewigen oder entstandenen Willen annehmen, der der Handlung vorausgeht oder zugleich mit ihr da ist.”[363]

Wenn dennoch von einem ewigen Willen ausgegangen wird, so kann dieser nicht die Aktion selbst sein, sondern die Bedingung der Aktion. Der ewige Wille muss außerdem eine unendliche Zeit mit dem Nichtsein des Hervorgebrachten in Verbindung sein.

Schließlich war das Hervorgebrachte

„eine unendliche Zeit nicht seiend, und er tritt mit dem Gewollten zur Zeit, wo er seine Hervorbringung bedingt, erst nach dem Aufhören einer unendlichen Zeit in Verbindung; das Unendliche kann aber nicht aufhören. Das Gewollte müsste in Actus treten erst, wenn eine unendliche Zeit aufgehört hat. Dies ist aber unmöglich. Dieses ist gerade der Beweis, den die Scholastiker über die Entstehung der Revolutionen der Himmelssphäre anführen.”[364]

Auch die Meinung, dass das nicht zur Existenz kommen wird, was erst nach der Existenz unendlicher Dinge existieren soll, ist gemäß Averroes nicht in jeder Beziehung richtig. Dinge, bei denen das eine vor dem anderen ist, existieren entweder in gerader Linie oder im Zirkel. Letztgenannte müssen unendlich sein, sofern nichts passiert, das sie daran hindert. Ein Beispiel: Ist eine Wolke vorhanden, so brauchte es vorher Verdunstung. Zur Verdunstung war befeuchtete Erde nötig. Befeuchtete Erde kam durch Regen. Regen wiederum entstand aus Wolken usw. Bei geradliniger Kausalität hingegen geht dieser Prozess, sofern er wesentlich geschieht, nicht bis ins Unendliche; so etwa, wenn ein Mensch nur von einem Menschen kommt und dieser wieder von einem Menschen. Existiert die erste Ursache nicht, so existiert auch nicht die letzte Ursache. Anders verhält es sich jedoch, wenn die geradlinige Kausalität akzidentell geschieht. Hier spricht Averroes die Auffassung an, dass ein Mensch in Wirklichkeit von einem anderen Agens als von seinem Vater herkommt. Letztgenannter ist nur ein Instrument in der Hand des Schöpfers. Es ist „nicht unmöglich, wenn dieses Agens eine unendliche Aktion ausübt, dass er mit abwechselnden Werkzeugen unendliche Individuen hervorbringt.”[365]

Eine weitere ash‘aritische Methode ist von Abu-l-Ma‘ali[366] in seinem Traktat Nizamiya[367] entwickelt worden. Diese basiert auf zwei Prämissen[368]:

1. Die Welt ist wahrscheinlich (ja’iz).
2. Dasjenige, was wahrscheinlich ist, ist zeitlich.

Von der ersten Prämisse wird gelehrt,

„dass es admissibel ist, dass die Welt mit allem, was in ihr ist, auch den gegenteiligen Zustand habe, als den, den sie jetzt hat, so dass es zulässig wäre z. B., dass sie kleiner oder größer wäre, als sie wirklich ist, oder dass sie eine andere Form oder eine andere Anzahl von Körpern habe, als sie wirklich hat...”[369] etc.

Die zweite Prämisse ist so zu verstehen, dass dieses Admissible sowohl hervorgebracht ist als auch einen Hervorbringer hat. Bei diesem Hervorbringer handelt es sich um „ein Agens, der es von den zwei admissiblen Dingen eher in das eine, als in das andere setzt.”[370]

Jener Weg schafft nach El-Ehwany[371] die Weisheit über die Erschaffung der Kreaturen als solche ab. Averroes versucht dies zu erklären, indem er die erstgenannte Prämisse, der sich auch Avicenna unterwirft, als nur rhetorisch und auf den ersten Blick bestechend nachweisen möchte.[372] Der Zweitgenannten wirft er vor, an und für sich nicht klar zu sein und die Auffassungen der Gelehrten zu spalten.[373]

Averroes setzt sich im weiteren Verlauf der Abhandlung auch mit den Sufis (Mystikern) auseinander. Er anerkennt zwar, dass mystische Übung beim Erlangen rationalen Wissens helfen kann, aber sie kann dieses nicht ersetzen.[374] Zu den Mu‘taziliten schreibt Averroes, dass er von ihren Büchern noch keines in Spanien gefunden habe. Er glaubt, dass ihre Methoden mit denen der Ash‘ariten übereinstimmen[375] und lässt sich nicht näher darauf ein.

Nach diesen Äußerungen zu verschiedenen islamischen Gruppierungen stellt sich die Frage nach der eigentlichen Lehre des Averroes. Nach ihm sind zwei Gottesbeweise im Koran erwähnt, die als „Providenzbeweis“ und als „Beweis der substanziellen Schöpfung“ bezeichnet werden können.[376] Erstgenannter ist teleologisch und Zweitgenannter kosmologisch.[377] Beide beginnen beim Menschen und anderen Wesen, nicht beim Universum als Ganzem.[378] Später werden die Gottesbeweise noch als Argumente in Bezug auf die Erschaffenheit der Welt verwendet[379] - deshalb sollen sie an dieser Stelle konkreter erörtert werden.

Aus zwei Prinzipien (asl) setzt sich der Providenzbeweis zusammen:

1. Die auf Erden („in der sinnlich wahrnehmbaren Welt”)[380] existenten Dinge sind in Entsprechung zur Existenz des Menschen zu sehen.
2. Da diese Entsprechung unmöglich zufallsbedingt sein kann, setzt sie als Urheber ein wollendes Agens voraus.[381]

„Dass sie der Existenz des Menschen angemessen sind, geht mit Evidenz aus der Betrachtung der Übereinstimmung der Nacht und des Tages, der Sonne und des Mondes für die Existenz des Menschen hervor, ebenso der Übereinstimmung der vier Jahreszeiten für sie und des Raumes, in dem er sich befindet, nämlich der Erde; ebenso ist klar die Übereinstimmung vieler Tiere für sie und vieler Pflanzen und unorganischen Wesen und einer großen Anzahl von Particularia, wie Regen, Flüsse, Meere, und überhaupt der vier Elemente, Erde, Wasser, Feuer, Luft; ebenso zeigt sich die Fürsorge in den Gliedern des Menschen und des Tieres, nämlich, dass sie übereinstimmen mit seinem Leben und seiner Existenz. Überhaupt ist die Kenntnis hiervon, nämlich der Nützlichkeiten der existierenden Wesen, unter dieses Genus zu subsumieren. Deswegen ist es für den, welcher Gott vollkommen kennenlernen will, notwendig, dass er über den Nutzen aller existierenden Wesen Untersuchung anstelle.”[382]

Folglich hat sich der Mensch um das Wissen über die Ursachen zu bemühen, derentwegen die Dinge erschaffen wurden.[383] Etwas später bringt Averroes den Providenzbeweis mit der (von ihm vertretenen) Kausalitätstheorie in einen engen

Zusammenhang:

„Ebenso, um so eifriger jemand der Idee der Weisheit in jedem Existens nachgeht, das heißt der Kenntnis der Ursache, um derentwillen es geschaffen worden ist, und dem Zwecke, der damit erreicht werden wollte, um so vollkommener wird seine Einsicht von dem Beweis der Fürsorge.“[384]

Hier deutet sich an, dass Averroes, um die Wissenschaft nicht ihrer Basis zu berauben, das Denken in Kausalzusammenhängen befürwortet. Im Fasl wird darum die Leugnung der Kausalität gar als grobes Vergehen gegen die Denknotwendigkeiten und als Sophismus bezeichnet.[385]

Der Beweis der substanziellen Schöpfung[386] zieht Tiere, Pflanzen und Himmelskörper in Betracht.[387] Er setzt sich aus zwei Prinzipien zusammen.

I. Alle Wesen sind hervorgebracht ( mukhtara‘ ). Sie erhalten von etwas anderem ihre substanzielle Form.[388] Nach Averroes ist dieses Prinzip für Pflanzen und Lebewesen selbstverständlich. Er beruft sich dazu u. a. auf Sure 22,73 (72), um zu zeigen, dass nicht die von verschiedenen Menschen verehrten Götzen[389] das Leben hervorbringen, sondern Gott: „Die ihr außer Gott anruft, werden keine Fliege erschaffen, selbst wenn sie sich dafür zusammentun.“[390] Da wir unorganische Wesen sehen, in denen nachfolgend Leben entsteht, muss Einer das Leben hervorbringen und damit Gnade erweisen – Allah.[391]

Bei den Himmeln wissen wir, dass sie aufgrund ihrer nie endenden Bewegungen für uns dienstbar gemacht sind und dass sie zur Fürsorge dessen, was hier existiert, beauftragt sind. Ein Wesen, das aber dienstbar gemacht ist, muss nach Averroes notwendigerweise von einem Anderen geschaffen worden sein.[392] Roger Arnaldez verweist zum Dienstbarmachen auf die Idee des göttlichen amr, das den Akt des unbewegten Bewegers ausdrückt, der befiehlt, ohne dass er sich selbst bewegen muss. Diese Idee wird auch in der Schrift Destructio destructionum angesprochen.[393] Obgleich jener Begriff nicht in jeder Beziehung zufrieden stellt, ist er doch der einzig mögliche, um die Handlung dessen zu erklären, der ohne Materie ist und an der Materie handelt.[394] Mit diesem Bild zeigt sich, dass die himmlischen Körper rationale Wesenheiten sind. Sie erkennen ihr eigenes Wesen und ihre bewegenden Prinzipien, die ihnen Befehle geben.[395]

II. Jedes Hervorgebrachte, das von etwas anderem seine substanzielle Form erhält,[396] hat einen Hervorbringer.[397]

Aus den beiden genannten Prinzipien geht nach Averroes „mit Wahrheit hervor, dass das Existierende ein Agens hat, das es hervorbringt”[398] bzw. „ihm die substantielle Form verliehen hat.”[399] Dafür gibt es nach Averroes so viele Beweise wie hervorgebrachte Wesen. Wer eine wahrhaftige Erkenntnis Gottes erstreben will, hat darum die Pflicht zur Kenntnis der Substanzen (jawahir) der Dinge, um so Einsicht in die wirkliche Hervorbringung aller Wesen zu erhalten, „denn wer nicht das eigentliche Wesen der Dinge erkennt, erkennt nicht das eigentliche Wesen der wundervollen Hervorbringung.”[400] Zur Unterstützung seiner Auffassung beruft Averroes sich auch hier auf den Koran: „Haben sie denn nicht das Reich der Himmel und der Erde geschaut, was alles Gott geschaffen hat“.[401]

Die zwei Wege der Providenz und der substanziellen Schöpfung machen nach Averroes sowohl die Methode der großen Masse als auch der Gelehrten aus. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen „ist bloß ein Gradunterschied“.[402] Die große Masse beschränkt sich auf die Dinge, die durch die ursprüngliche Kenntnis erfasst werden, die auf sinnlichem Wissen basiert.[403] Die Gelehrten fügen dem noch Dinge hinzu, die durch Demonstration erfasst werden, da sie ein tieferes und weiteres Wissen über die Realitäten haben, auf denen ihre Demonstrationen gründen.[404]

3. Gott ist einer und hat verschiedene Attribute

Der Koran beweist Gottes Einheit durch die Einheit der Herrschaft über die Welt. Averroes nimmt diesen Beweis mit verschiedenen Koranzitaten in seine Ausführungen auf.[405] So heißt es u. a.:[406] Gäbe es im Himmel und auf der Erde Götter außer Allah, so gingen beide zugrunde.[407] Gäbe es einen Gott neben Gott, so würde jeder von ihnen das an sich genommen haben, was er erschaffen hat. Außerdem hätte sich einer über den anderen erhoben.[408] Wären andere Götter neben Allah, dann müssten sie nach einem Weg trachten, dem Inhaber des Thrones beizukommen.[409] Aber: „Sein Thron umfasst die Himmel und die Erde. Es fällt ihm nicht schwer, sie zu bewahren.“[410]

Averroes greift auch hier die Ash‘ariten an. Diese meinen, bei zwei Göttern seien Meinungsverschiedenheiten bei der Hervorbringung der Erde und des Himmels möglich. Dann könnte nur einer der drei folgenden Fälle zutreffen:

A. Es gibt von beiden zugleich eine Ausführung des Willens.
B. Es wird keiner ihrer Willen ausgeführt.
C. Es wird nur der Wille des einen Gottes ausgeführt und nicht der des anderen.[411]

Punkt B ist nach Averroes abzulehnen, weil unsere Welt dann weder nicht seiend noch existierend wäre. Fall C ist ebenfalls zurückzuweisen, weil dann derjenige, dessen Wille nicht ausgeführt wird, kraftlos wäre - was wiederum auf einen Gott nicht zutreffen kann. Bei A könnte ein Vergleich mit zwei Künstlern gezogen werden, die miteinander das Kunstwerk erschaffen. „Dann muss man sagen, dass ihre beiden Aktionen, auch wenn sie übereinstimmen, sich gegenseitig unterstützen in der Wirkung auf einen Punkt”.[412]

Man kann jedoch kaum sagen: Vielleicht macht dieser einen Teil, jener einen anderen Teil, vielleicht wechseln sie sich bei der Arbeit ab. Eine Abwechselung in der Tätigkeit ist für beide herabsetzend. Gäbe es zwei Götter, so wäre es nach Averroes am wahrscheinlichsten, dass die Welt zweifach wäre. Da sie aber nur einfach ist, wird auch das Agens, das die Welt erschaffen hat, eines sein.[413]

Um die Eigenschaften dieses einen Gottes darzulegen, beruft Averroes sich ausdrücklich auf den Koran. Dort werden sieben Eigenschaften angeführt, um Gott als Schöpfer bzw. Hervorbringer der Welt zu qualifizieren: „... das Wissen, das Leben, die Macht, der Wille, das Hören, das Sehen, die Rede.”[414] Es handelt sich hierbei um menschliche Qualifikationen, die in ihrer absoluten Vollkommenheit betrachtet werden.[415] Jeder Muslim muss glauben, dass sie für Gott gelten.[416] Darum soll nun folgend die Sicht des Averroes dazu behandelt werden.

Gott weiß, was er erschaffen hat - und zwar aufgrund der Ordnung des Erschaffenen und aufgrund einer Weisheit, die zeigt, dass der Schöpfer Wissen hat. Obgleich der Koran Gottes Wissen auf diese Art zeigt, wird es nur auf die dem Menschen eigene Wissenserfahrung bezogen.[417] Averroes stellt darum den Vergleich der Schöpfung mit einem Haus an, das letztlich von einem Menschen kommen muss, der der architektonischen Kunst mächtig ist. Bei Gott jedoch geht es um eine ewige Eigenschaft, weil er nicht für irgend eine Zeit qualifiziert werden kann.[418] Averroes weist an dieser Stelle darauf hin, dass es schwierig ist, hier zu tief zu gehen. Man könne nicht mit den mutakallimun sagen, dass Gott mit einem ewigen Wissen das Hervorgebrachte zur Zeit seiner Hervorbringung wisse. Dann wäre nämlich „das Wissen von dem Hervorgebrachten zur Zeit seines Nichtseins und zur Zeit seiner Existenz ein einziges Wissen”.[419] Das ist aber nicht möglich, weil das Wissen der Existenz folgt: So wie das, was existiert, einmal aktuell existiert und ein anderes Mal potenziell, so muss sich auch das Wissen von diesen beiden unterscheiden, weil es während der potenziellen Existenz anders ist als während der aktuellen Existenz.[420]

Nach der Religion weiß Gott die erschaffenen Dinge im Moment ihres Entstehens.[421] Dahinter steht folgender wichtiger Gedanke, der in anderen Schriften des Averroes zu finden ist: Während für den Menschen das dem Subjekt eigene Wissen die Wirkung eines gewussten Objekts ist, ist es bei Gottes ewigem Wissen, das hervorbringend ist, andersherum. Das Wissen Gottes ist die Ursache der Dinge, die wir kennen.[422]

Nach al-Kashf fordern die Prinzipien der Religion jedoch, dass Gott vom Ding, bevor es ist, weiß, dass es sein wird, und, wenn es ist, dass es geworden ist „und von dem, was untergegangen ist, zur Zeit seines Unterganges, dass es untergegangen ist. ... und es verhält sich so nur deswegen, weil die große Menge von dem Wissenden im sinnlich Wahrnehmbaren nur diesen Gedanken versteht”.[423]

Die mutakallimun haben nach Averroes zudem keinen Beweis dafür, dass der Wissende eine andere als diese Eigenschaft hat. Dann müssten sie nämlich sagen, dass das mit dem Wandel sich verändernde Wissen hervorgebracht ist. Im Schöpfer besteht aber nichts Hervorgebrachtes, denn nach Ansicht der mutakallimun „ist das, was von hervorgebrachten Dingen nicht ablösbar ist, selbst hervorgebracht.”[424] Die mutakallimun widersprechen sich also nach Averroes selbst.

Nach der Eigenschaft des Lebens, die gemäß Averroes vom Attribut des Wissens herkommt,[425] wird die Eigenschaft des Willens behandelt. Die Annahme, Gott wolle durch einen ewigen Willen die hervorgebrachten Dinge, ist nach dem Denken des Averroes eine Neuerung, die die Gelehrten nicht begreifen und die jene aus der großen Menge, die die dialektische Stufe erreicht haben, nicht überzeugt. Hingegen muss man sagen, dass Gott „das Werden der Sache will zur Zeit ihres Werdens und nicht will zur Zeit ihres Nichtwerdens.”[426]

Im weiteren erörtert Averroes die Rede Gottes. Sie ist eine Tat Gottes, die in den Seelen jener seiner Diener stattfindet, die er durch irgendeinen Mittler auserkoren hat. Allerdings muss dieses Wort nicht notwendigerweise von ihm geschaffen sein, sondern es kann auch durch eine Offenbarung oder einen Engel geschehen.[427] Der Koran als Rede Gottes ist ewig, wohingegen „der Ausdruck, der auf sie hinweist, von ihm geschaffen ist, nicht von einem Menschen”.[428] Die Ausdrücke des Koran hat Gott geschaffen. Andere Ausdrücke wirken die Menschen mit Gottes Ermächtigung.[429]

Weil es für den Hervorbringer Bedingung ist, alles wahrzunehmen, was im Hervorgebrachten ist, muss er nach Averroes auch die Eigenschaften des Hörens und Sehens haben.[430]

Im weiteren Verlauf der Darlegungen wird die Frage gestellt, ob es sich bei den genannten Eigenschaften Gottes um ideelle oder persönliche handelt. Averroes greift hier die Ash‘ariten an. Er wirft ihnen vor, Gott ideelle Eigenschaften zuzusprechen. Sie nähmen an, Gott wisse durch ein seinem Wesen hinzukommendes Wissen. Außerdem lebe er durch ein seinem Wesen hinzukommendes Leben. Nach Averroes folgt aus dieser Annahme, dass es sich bei dem Schöpfer um einen Körper handelt, weil wir es hier mit einem Träger (Subjekt) und etwas Getragenem (Prädikat) zu tun haben. Das wiederum trifft auf einen Körper zu. Darum müssten die Ash‘ariten entweder ein Bestehen des Wesens in sich selbst annehmen und ein Bestehen der Attribute in ihm, oder es müsste ein Für-sich-bestehen jedes einzelnen Wesens geben, was aber auf die Existenz mehrerer Götter schließen ließe. Hier werden die Christen wegen ihrer Trinitätslehre angegriffen:

„Wenn sie nun sagen, einer von den beiden besteht durch sein Wesen und der andere besteht durch den in seinem Wesen Bestehenden, so erklären sie notwendig dadurch, dass Gott eine Substanz und ein Accidens sei; denn die Substanz ist das in seinem Wesen Bestehende, das Accidens das in einem anderen Bestehende; und was aus Substanz und Accidens zusammengesetzt ist, ist notwendig ein Körper.”[431]

An dieser Stelle werden auch die Mu‘taziliten attackiert, die eine Identität des Wesens und der Eigenschaften annehmen.[432] Dies steht nach Averroes im Gegensatz zu den ersten Axiomen, gemäß denen u. a. der Wissende vom Wissen verschieden ist. Eine Identität ist nur dann möglich, wenn es zulässig ist, „einen von zwei korrelaten Begriffen als Synonym aufzufassen, nämlich dass z. B. Vater und Sohn identisch wären.”[433] Die ausdrückliche Mitteilung dieser Auffassung aber müsste als Neuerung ( bid‘ah ) verurteilt werden, weil sie die große Menge in die Irre führt. Außerdem haben nach Averroes weder die Mu‘taziliten noch die mutakallimun einen allgemein verständlichen Beweis dafür. Sie können keine schlüssige Erklärung für eine Nicht-Körperlichkeit Gottes geben, weil nach ihrer Auffassung „der Körper qua Körper entstanden sein muss.“[434]

In diesem Zusammenhang werden wiederum die Christen aufgrund der Trinität des Irrtums bezichtigt. Die Christen nehmen - so Averroes - eine Anzahl von Attributen an, die sie als in sich selbst bestehende Substanzen ansehen. Jene so gearteten Attribute seien die des Wissens und des Lebens. Gott sei so in einer Hinsicht drei und in einer anderen eins.[435] Averroes spricht hier die Bildung folgender Lehrmeinungen an:

A. Die Eigenschaften werden für das Wesen selbst gehalten und es wird keine Vielfalt angenommen.
B. Es wird eine Vielfalt behauptet. Hier gibt es zwei Untergruppen.

I. Die Vielheit besteht in sich.
II. Die Vielfalt besteht in einem anderen.

Das alles ist aber nach Averroes, „fern von dem Zweck des religiösen Gesetzes”.[436] Darum müsse die große Menge nur lernen, die vom Gesetz ausdrücklich angesprochene Existenz der genannten Eigenschaften anzuerkennen, ohne detailliert darauf einzugehen.[437]

4. Zur göttlichen Transzendenz und den göttlichen Handlungen

Ein großer Teil des 4. Kapitels von al-Kashf befasst sich mit der Körperlichkeit des Schöpfers. Die Eigenschaft der Körperlichkeit Gottes gehört nach Averroes „zu denen, von denen das Gesetz schweigt; doch nähert sie sich mehr einer ausdrücklichen Bejahung als Verneinung.“[438] Entsprechend dem Religionsgesetz darf sie weder ausdrücklich verneint noch bejaht werden.[439] Auf die Frage, was man antworten soll, wenn Gott nach dem Gesetz weder ein Körper noch kein Körper ist, schreibt Averroes, dass man ihn mit dem Koran als Licht bezeichnen solle.[440]

Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen bespricht Averroes die Frage nach der „Richtung“(jiha) zu Gott. Dieses Problem löst er durch einen geschickten Gebrauch des aristotelischen Satzes von der „Grenze des umfassenden Körpers”[441]. Eine solche Grenze gibt es bei Gott nicht, da ihm eine Umhüllung fremd ist. Trotzdem ist er in einer „Richtung“ zu finden, die durch die Flächen der Körper angezeigt ist:[442] Die Flächen der Körper, die diesen umgeben, bilden seinen Raum. Ein Beispiel dafür sind die Flächen der Luft, die den Menschen umgeben. Außerhalb der Fläche der äußersten Sphäre aber gibt es laut Averroes nachgewiesenermaßen keinen Körper mehr.[443] Wäre dies der Fall, so müsste sich außerhalb dieses Körpers noch ein weiterer Körper befinden usw. Da aber kein Körper mehr da ist, existiert auch kein Raum, weil ein Körper sich immer in einem Raum befindet und ein Raum immer einen Körper enthalten muss. Das hier Beschriebene muss also körperlos sein.

Dennoch darf nicht angenommen werden, dass eine Leere außerhalb der Welt existiert. Denn die Leere ist - als Dimension, in der kein Körper ist - in der Kategorie der Quantität zu finden und damit zu den Akzidentien zu zählen.[444] Trotzdem wird, so Averroes, in den alten Religionen gesagt, dass hier der Ort der Wohnung Gottes sei, also dort, wo er weder von der Zeit noch vom Raum umhüllt wird, weil dies Verderben beinhalten würde. Weil man auf der Erde keine Analogie zur Existenz Gottes finden kann,[445] ist es für die Religion und den Verstand nach Averroes notwendig, eine Gegend für die Existenz Gottes anzunehmen,[446] die der Himmel ist.

Averroes spricht in einem weiteren großen Kapitel[447] Gott folgende Handlungen zu: Erschaffung der Welt, Sendung der Propheten, Prädestination, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Leben nach dem Tode. Da eine dem Welt- und Schöpfungsbegriff angemessene Gewichtung der Themen vorgenommen wird, werden nicht alle göttlichen Handlungen gleich ausführlich behandelt.

a. Erschaffung der Welt und Sendung der Propheten

In der Schrift Destructio destructionum wird die Erschaffung der Welt als eine der beiden primären Handlungen Gottes gesehen.[448] Averroes sieht sich dabei mit einem schwerwiegenden Vorwurf al-Ghazzalis konfrontiert: Insoweit die Philosophen die Welt als ewig betrachten, sind sie nach al-Ghazzali der Heuchelei schuldig, wenn sie auf Gott als den Schöpfer der Welt verweisen. Für eine Welt, die von Ewigkeit her existiert, ist kein Schöpfer erforderlich. Sprechen die Philosophen von Gott als Schöpfer der Welt, dann tun sie dies bestenfalls in einem metaphorischen oder figürlichen Sinn.[449] Gott will nach den Philosophen nicht. Er hat kein Attribut und was von ihm ausgeht, geht durch den Zwang der Notwendigkeit von ihm aus.[450]

Diese Anklage beruht nach Averroes auf einem Missverständnis der Natur des Handelns, das von Gott ausgesagt wird. Tatsächlich sind in der sichtbaren Welt zwei Arten von Agenzien zu unterscheiden, die beide nicht auf Gott angewandt werden können: Die eine Art bewirkt per se nur ein Ding (z. B. bewirkt Kälte Kälte und Hitze Hitze), die Philosophen bezeichnen diese als natürliche Agenzien. Die andere Art von Agenzien vollbringt zu einer Zeit einen bestimmten Akt und ihr Gegenteil zu einer anderen Zeit, diese nennen die Philosophen wollende und auswählende Agenzien. Beide Arten treffen nach Averroes nicht auf Gott zu. Die erste Art nicht, weil es das Entbehren von etwas einschließt; die zweite Art nicht, weil Gott keine bessere Bedingung für eine Handlung nötig hat. Er ist von einer natürlichen Handlungsweise frei. Aus diesem Grunde lehnen die Philosophen nicht die Fähigkeit Gottes zur Handlung ab. Sie lehnen nur die beiden genannten Handlungsarten in Bezug auf Gott ab. Nach den Philosophen entsteht die Welt durch Gottes Wissen und Willen. Die Art und Weise, in der Gott die Welt geschaffen hat und sie will, ist in diesem Zusammenhang nach Averroes nicht klar, weil es keine Parallele zu seinem Willen in der sichtbaren Welt gibt. Somit ist es problematisch zu behaupten, dass man unter dem Wirkenden nur einen verstehe, der aus Überlegung und aus freiem Willen handele.[451] Nichtsdestotrotz möchte Averroes zeigen, dass Gott von den Philosophen als Schöpfer des ewigen Universums bezeichnet wird. „Ewig“ heißt hier, dass die Welt sich in einer fortwährenden Hervorbringung befindet, die keinen Anfang und kein Ende hat . Die Welt ist etwas von Gott Hervorgebrachtes und der Begriff der Hervorbringung ist angemessener für sie als der Begriff der Ewigkeit. Die Philosophen bezeichnen die Welt nach Averroes nur als ewig, weil sie sich dagegen schützen, den Begriff des Hervorgebrachten als etwas zu verstehen, das nach dem Stadium der Nicht-Existenz von etwas in der Zeit hervorgebracht wurde.[452]

Dieser sich als fortwährende Hervorbringung verstehende Welt- und Schöpfungsbegriff bildet auch den Hintergrund für die Darlegungen von al-Kashf. Nach dieser Schrift besteht die vom Religionsgesetz bezweckte Weltkenntnis darin, dass Gott die Welt wunderbar hervorgebracht und geschaffen hat „und weder durch Zufall noch durch sich selbst“ existiert.[453]

Der Weg, den die Religion im Koran zum Belehren der Menge über die Erschaffung der Welt einschlägt, besteht nach Averroes „in der Methode der Fürsorge ( ‘inayah ).[454] Stimmen bei etwas sinnlich Wahrnehmbarem eine bestimmte Form, ein bestimmtes Maß und eine bestimmte Lage mit dem Nutzen und dem beabsichtigten Zweck überein, so zeigt dies, dass jener Gegenstand von einem Künstler kommt, der es erschaffen hat, sofern dieser Nutzen nur in dieser Form, in dieser Lage und in diesem Maß möglich ist.

Averroes zieht zur näheren Erläuterung das Beispiel eines Steins heran, auf dem jemand sitzen kann und dessen Maß und Lage entsprechend sind. Jener, der diesen Stein sieht, weiß, dass er nur von einem Künstler gemacht werden konnte, der ihm seine Lage und sein Maß an jenem Ort gegeben hat.[455] So verhält es sich mit dem ganzen Universum. Alles in der Welt ist nach einem festgelegten Modell von Ursachen geordnet, das dazu beiträgt, dem allgemeinen Ziel der Existenz und dem Wohl der Menschen zu dienen.[456] Jene Ordnung zeigt, dass die

„Übereinstimmung, welche sich in allen Teilen der Welt für Menschen, Tiere und Pflanzen findet, nicht vom Zufall herkomme, sondern dass es von einem Beabsichtigenden, der es beabsichtigt hat, und von einem Wollenden, der es gewollt hat, herrührt, und dieses ist der erhabene Allah.”[457]

Diese Art von Beweisführung ist nach Averroes aus zwei Prinzipien aufgebaut, die alle anerkennen: 1. Die Welt eignet sich mit all ihren Teilen für die Existenz des Menschen und aller Wesen, die sich dort befinden. 2. „Das, was in allen seinen Teilen für eine einzige Handlung passend und übereinstimmend und auf einen einzigen Zweck hin gerichtet ist, (ist) notwendig gemacht.”[458]

Aus diesen zwei Prinzipien folgt nach Averroes naturgemäß, dass die Welt geschaffen ist und dass sie einen Schöpfer hat. Zur Unterstützung seiner Thesen beruft er sich auf den Koran, der mehrere entsprechende Stellen enthält.[459]

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen versucht Averroes zu erklären, warum Gott verschiedene Teile der Erde so und nicht anders erschaffen hat.[460] Er sieht seine Beweisführung konträr zur Beweisführung der Ash‘ariten. Nach diesen findet der Hinweis der existierenden Dinge auf Gott nicht aufgrund einer bestimmten Weisheit in ihnen statt, die die Fürsorge bedingt, sondern durch die Kontingenz. Das, was gemäß den Ash‘ariten in allen existierenden Dingen dem Verstand nach möglich erscheint, kann diese, aber auch die entgegengesetzte Eigenschaft haben. Ist diese Zulässigkeit in beide Richtungen gleichwertig, dann gibt es gemäß Averroes

„keine Weisheit und es existiert durchaus keine Übereinstimmung zwischen dem Menschen und zwischen den Teilen des Universums. Denn wenn es möglich ist nach ihrer Behauptung, dass die existierenden Dinge anders, als sie sind, seien, ebensogut wie sie auf die jetzige Weise existieren, so gibt es keine Übereinstimmung zwischen dem Menschen und den existierenden Dingen, mit deren Schöpfung Gott ihm Gnade erwiesen und wofür er ihm Dankbarkeit befohlen hat. Denn dieses ist die Ansicht, aus welcher konsequent folgen würde, dass die Möglichkeit, den Menschen als Teil dieser Welt zu schaffen, ebenso ist wie z. B. die Möglichkeit, ihn in der Leere zu schaffen, von der sie die Ansicht haben, dass sie existiert.”[461]

Die Kausalität ist nach Averroes für den Schöpfungsbegriff und die Frage nach dem Schöpfer konstitutiv. Nach ihm leugnet jener den Schöpfer, der das Prinzip von Ursache und Wirkung abstreitet. Averroes stellt die Frage, was für eine Weisheit darin bestehen soll, dass die verursachten Dinge von Ursachen herkommen, wenn sie ohne solche Ursachen existieren können.[462]

Es gibt nur drei Möglichkeiten, wenn man die verursachten Dinge als von den Ursachen herkommend betrachtet: 1. Die Ursachen sind aufgrund ihrer Wirkungen absolut notwendig. 2. Dadurch sind die verursachten Dinge besser und vollkommener. 3. Die beiden erstgenannten Fälle scheiden aus, so dass die Herkunft der Wirkungen der Ursachen ohne bestimmten Zweck und nur per Zufall ist. Dann gäbe es nach Averroes hier keine Weisheit, die irgendwie auf einen Schöpfer hinwiese, es würde nur auf den Zufall hingewiesen. In diesem Fall bestünde kein Unterschied darin, ob der Mensch etwa eine Hand hätte oder einen Huf oder ein anderes Glied, wie die Tiere es in der Form haben, die der Aktion entspricht.[463]

„Überhaupt, wenn wir den Begriff von Ursachen und Wirkungen aufheben, so gibt es nichts, womit die Anhänger des Zufalls widerlegt werden können, nämlich diejenigen, welche behaupten, dass es keinen Schöpfer gebe und dass alles, was in dieser Welt entsteht, bloß aus materiellen Ursachen entspringe.”[464]

Wie sieht demgegenüber die Meinung des Averroes aus? Nach ihm ist die Welt geordnet und befindet sich in einem geregelten Zustand.[465] Gegen die Ash‘ariten[466] sagt er, dass die Welt - obgleich sie Kontingenz beinhaltet - nicht als ein Ganzes kontingent ist.[467] Die Schöpfung ist ein Akt Gottes und die Welt befindet sich in einem geregelten Zustand. Im Weltgeschehen wird Kausalität vorausgesetzt. Nichts kann ohne irgendeinen Grund entstehen. Es existiert eine Reihe von Gründen, die von einem ersten Grund ausgehen.[468] Nach Averroes findet eine Anreihung und Ordnung statt, die kaum vollkommener und vollständiger sein kann. Die aus determinierten und bestimmten Mischungen entstehenden Wesen sind notwendig und dabei tritt niemals eine Störung ein. Unter Berufung auf den Koran[469] schreibt Averroes: „So ist es nicht möglich, dass dieses durch Zufall existiert: denn was durch Zufall existiert, hat eine geringere Notwendigkeit.”[470] Averroes vertritt hier also unbestreitbar eine deterministische Kausalitätstheorie.[471]

Nach ihm ist Gott der Schöpfer der Ursachen. Darum gibt es kein anderes Agens als ihn, der diese Ursachen mit seiner Bevollmächtigung und zur Bewahrung ihrer Existenz geschaffen hat.[472] Gott hat die Dinge durch Ursachen ins Sein gerufen. Diese hat er von außen (=die himmlischen Körper) dazu in Gebrauch genommen und durch Ursachen, die er in deren Wesen selbst sich hat bilden lassen.[473] Dies sind die natürlichen Kräfte und die Seelen. So soll nach Averroes die Weisheit vollständig werden und die Existenz der Dinge erhalten werden.[474]

Die Theologen unter den Ash‘ariten unterließen die Anerkennung natürlicher Ursachen, weil sie fürchteten, dass sich daran die Lehre anschließen könnte, die Welt gehe aus einer natürlichen Ursache hervor. Averroes spricht in diesem Zusammenhang von einer „Verneinung der Natur“:[475] Wüssten die ash‘aritischen Theologen, dass die Natur geschaffen ist und dass nichts mehr auf den Schöpfer hinweist als die Existenz der Natur in ihrer Vollkommenheit, dann wäre ihnen auch bekannt, dass bei einer „Verneinung der Natur“ ein großer Teil der Beweisgründe für das Vorkommen des wissenden Schöpfers nutzlos gemacht wird, indem ein Teil der Wesen, die von Gott herrühren, geleugnet wird. „Nämlich wer eine Gattung der existierenden Geschöpfe leugnet, der leugnet eine von den Aktionen des Schöpfers: und ein solcher nähert sich dem, welcher eine von den Eigenschaften Gottes leugnet.”[476]

Gott hat nach Averroes den Menschen religiöse Methoden gegeben, damit sie erkennen können, dass er die Welt geschaffen und hervorgebracht hat. Diese Methoden bestehen in der Wahrnehmung der Weisheit und der Fürsorge für alle existierenden Wesen, besonders für den Menschen. Für den Verstand ist diese Methode so klar wie die Klarheit der Sonne für die sinnliche Empfindung. Allerdings macht Averroes hier eine Einschränkung. Für die große Menge besteht die Methode, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass Gott die Welt hervorgebracht hat, in der Allegorisierung durch das Diesseitige, obschon es dafür kein Bild im Diesseitigen gibt. Der Grund für diese Methode liegt darin, dass die große Menge sich keinen Begriff des wahren Wesens von dem machen kann, für das es im Diesseitigen kein Bild gibt. „Daher verkündet Gott im Koran, dass die Schöpfung der Welt vorfiel in einer Zeit und dass er sie aus etwas geschaffen hat, da man im Diesseitigen nichts Entstandenes kennt ohne diese Eigenschaft.”[477]

Diese Sätze dürfen nach Averroes nicht für die große Menge ausgelegt werden. Man muss streng beim gebrauchten Bild bleiben. Eine Veränderung würde zur Aufhebung der religiösen Weisheit führen. Teilt man den Leuten als Glaubenslehre mit, die Welt sei entstanden und in keiner Zeit und aus Nichts geschaffen, so könnten sich weder die Wissenden noch die große Menge davon einen Begriff machen.

Averroes greift kurz darauf wiederum die Ash‘ariten an, die von Gottes Wollen mit einem ewigen Willen ausgehen.[478] Dies steht nach ihm in keiner Religionsquelle und ist von Gott nicht erlaubt.[479] Auf die Frage, wie von einem ewigen Willen etwas gewolltes Entstandenes herkommen kann, antworten die Ash‘ariten, dass sich der ewige Wille mit dessen Hervorbringung in einer determinierten Zeit verbindet. Mit folgendem Gedankengang versucht Averroes die Ash‘ariten zu widerlegen: Wenn die Relation des wollenden Agens zum erschaffenen Wesen während der Zeit seines Nichtseins dieselbe ist wie zur Zeit seiner Hervorbringung, dann kann das hervorgebrachte Wesen auch zu einer anderen Zeit in die Existenz gekommen sein, als zu der Zeit, wo dies wirklich passiert ist,

„da sich in der Zeit seiner Existenz keine Aktion mit ihm verbindet, welche für die Zeit seines Nichtseins von ihm zu negieren ist. Ist aber das Verhältnis ein verschiedenes, so ist hier notwendig ein entstandener Wille vorhanden, wenn nicht, so müsste ein hervorgebrachtes Geschaffenes von einer ewigen Aktion herkommen; denn was hierbei von der Aktion gilt, gilt auch vom Willen. Nämlich man sage ihnen, wenn die Zeit, nämlich die Zeit seiner Existenz, da ist und es existiert, existiert es durch eine ewige oder durch eine hervorgebrachte Aktion? Wenn sie antworten: durch eine ewige Aktion, so geben sie die Möglichkeit der Existenz eines Hervorgebrachten durch eine ewige Aktion zu; wenn sie aber sagen: durch eine hervorgebrachte Aktion, so folgt daraus für sie mit Konsequenz, dass es einen hervorgebrachten Willen gibt. Wenn sie aber sagen: der Wille ist die Aktion selbst, so sagen sie etwas Absurdes; denn der Wille ist die Ursache der Aktion in dem Wollenden”.[480]

Die erwähnte „ewige Aktion” wird als Möglichkeit angeführt, aber nicht näher behandelt. Sie kann darauf hindeuten, dass Averroes von einem ewigen Prozess des Werdens im Rahmen der gegebenen Weltordnung ausgeht.[481] Jedoch steht sich die Frage, warum dieses Thema dann hier nicht konkreter angegangen wird. Der Grund dafür dürfte in der Intention von al-Kashf zu sehen sein. Diese besteht darin, die Dogmen des Glaubens auf den äußeren Wortsinn des Koran zu gründen und „dessen für das einfache Volk bestimmte Methoden zu erhellen.”[482] An anderer Stelle wurde bereits festgehalten,[483] dass die Erkenntnisse des Philosophen nicht unausgebildeten Menschen, die nur für rhetorische Argumente zugänglich sind, mitgeteilt werden dürfen, da diese sonst zum Unglauben kommen.[484]

Nach den Darlegungen über die Erschaffung der Welt erörtert Averroes, als zweite der göttlichen Handlungen, die Sendung der Propheten. Der Beweis für diese Sendung fußt auf zwei Prinzipien, die koranischen Ursprungs sind. Nach dem ersten Prinzip handelt es sich bei den Propheten um Männer, die den Menschen die Gesetze nicht nach einer menschlichen Lehre geben, sondern infolge der Offenbarung Gottes.[485] Gemäß dem zweiten Prinzip ist derjenige ein Prophet, von dem bekannt ist, dass er religiöse Gesetze aufgrund göttlicher Offenbarung verkündet. Wie die Handlung des Arztes das Heilen ist und jener, der die Heilung bewirkt, ein Arzt ist, so ist das Handeln des Propheten die religiöse Gesetzgebung und jener, der diese Handlung vollzieht, ist ein Prophet.[486]

Nach den mutakallimun beweist das Wunder in Verbindung mit dem Anspruch auf das Amt des Propheten, dass jemand ein Prophet ist.[487] Einige meinen, dass der Beweis für die Echtheit des Propheten im Glauben daran bestehe, dass nur Propheten Wunder wirken.[488] Averroes weist dies unter Bezugnahme auf den Koran zurück. Dort heißt es: „Sie sagen: ‚Wir werden dir nicht glauben, bis du uns aus der Erde eine Quelle hervorbrechen lässt ... Sag: ‚Gepriesen sei mein Herr! Bin ich anderes als ein Mensch, ein Gesandter?‘“[489] Das einzige Wunder, mit dem der Prophet die Aufrichtigkeit seiner Behauptung des Prophetenamts mitteilt, ist nach Averroes der Koran.[490]

b. Prädestination und Denken Gottes

Zur Schöpfung gehört auch der Mensch. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern dieser, als deren Teil, bei oder gar vor seiner Geburt durch den Willen Gottes vorherbestimmt ist. Sowohl der Koran als auch die islamische Tradition betonen nachdrücklich Gottes Allmacht.[491] Dennoch ist die Frage der Prädestination bei den muslimischen Denkern großen Schwankungen unterworfen, die vom Glauben an den absolut freien Willen des Menschen bis zum Glauben an einen völligen Fatalismus gehen.[492] Stellungnahmen im Koran und in den Traditionen des Propheten scheinen den freien Willen bzw. Erwerb (iktisab, kasb) und das Gegenteil davon zu befürworten.[493]

Averroes erörtert dazu die Auffassung der Mu‘taziliten. Diese befürworten den freien Willen, der ihrer Ansicht nach der Grund menschlicher Verantwortung für die guten und für die schlechten Taten ist. Diese Theorie könnte jedoch zum Einwand führen, dass es Handlungen gibt, die nicht nach Gottes freiem Entschluss und Willen geschehen. Es gäbe somit andere Schöpfer als Gott. Dies ist nach Averroes aber nicht der Fall.[494]

Die Gruppe der Deterministen (al-jabriyah) verfolgt den entgegengesetzten Weg[495] - „nämlich, dass der Mensch zu seinen Handlungen gezwungen und gedrängt sei.”[496]

Eine mittlere Position nehmen die Ash‘ariten ein. Sie glauben, dass der Mensch die Macht hat, zu erwerben. Gott jedoch hat das, wodurch erworben wird und das Erworbene geschaffen. Diese Ansicht ist nach Averroes nicht tragbar, denn wenn Gott die Kraft zum Erwerben und das, was der Mensch erwirbt, geschaffen hat, so muss der Mensch dazu bestimmt sein, es zu erwerben.[497]

Der Mensch ist nach Averroes weder zum freien Willen noch zum Fatalismus vorherbestimmt.[498] Er unterliegt der „Bestimmung Gottes”. Das Ausführen jener Handlungen, die dem Menschen zugeschrieben werden, wird zwar durch den menschlichen Willen, aber auch durch das „Zusammenstimmen” der Ursachen, die außerhalb von ihm liegen, geschaffen.[499] Die bestimmte Ordnung in den äußeren und inneren Ursachen kann man als Prädestination bezeichnen. Gottes Erkenntnis dieser Ursachen und dessen, was aus ihnen resultiert, ist der Grund für ihr Sein.[500]

Averroes verteidigt das Kausalitätsprinzip gegen die Angriffe al-Ghazzalis und die Ash‘ariten allgemein. Nach deren Auffassung steht dieses Prinzip im Konflikt mit der übereinstimmenden Meinung der Muslime, nach der Gott das alleinige Agens ist und dementsprechend frei und übernatürlich wirken kann.[501] So sind beispielsweise gemäß al-Ghazzali die Sonne und der ihr gegenüber stehende, opake Körper keine eigentlichen Ursachen, sondern nur habituelle Ursachen.[502] Die Sonne bringt auch das Licht nicht hervor. Dieses geht vielmehr aus Gottes Omnipotenz hervor. „Alles ist Wirkung seiner Allmacht.“[503] Durch die Bestimmung des Ursachen-Verursachers und Herrn der Herren reihen sich gemäß al-Ghazzali die Ursachen und verursachten Dinge in einer Kette aneinander. Dies geschieht nicht wegen eines Erforschens und eines Übereinkommens, sondern wegen eines Wollens, eines wahren Entscheides, eines Zweckes und eines definitiven Befehls, den man „Ratschluss“ (qada ’) nennt.[504] Die Entfaltung dieses Ratschlusses bezeichnet al-Ghazzali als „Bestimmung“ (qada r).[505] „Das Wort Ratschluss entspricht dem einen allumfassenden Befehl, das Wort Bestimmung der sich endlos fortsetzenden Einzelausführung, und man sagt, nichts von all dem sei dem Ratschluss und der Bestimmung entzogen.“[506]

Auch für Averroes ist Gott das alleinige Agens.[507] Aber diese Auffassung lässt nach ihm zwei mögliche Antworten zu:

Entweder gibt es kein Agens außer Gott oder alle anderen Ursachen, die er dienstbar gemacht hat, werden nur in einem figürlichen Sinne „wirkend“ genannt.[508] Nach der Auffassung des Averroes ist Gott das wirkliche und letzte Agens. Die figürlichen Sekundärursachen haben ihre Existenz von ihm und er hält sie in der Existenz.[509] Gott bringt die Substanzen aller Dinge hervor,

„mit denen sich ihre Ursachen vereinigen, von denen es die Gewohnheit mit sich gebracht hat, dass man sie ihre Ursachen nennt. Für diesen Sinn, den man mit den Worten: ‘Es ist kein Wirkender als Gott’ verbindet, legt die sinnliche Wahrnehmung, der Verstand und die Religion Zeugnis ab.”[510]

Verstand und Wahrnehmung bezeugen dies, weil sie feststellen, dass es bestimmte Dinge in dieser Welt gibt, die andere Dinge erzeugen. Außerdem stellen sie fest, dass die Ordnung in den existierenden Dingen aufgrund von zwei Umständen geschieht. Der eine besteht darin, dass Gott die Naturen und Seelen mit den Dingen verbunden hat. Der andere besteht in den Dingen, mit denen „er sie von außen umgeben hat. Das Bekannteste hiervon sind die Bewegungen der himmlischen Körper.”[511]

Wären die Kräfte dieser Bewegungen, die unser Universum durchdringen, und die Kräfte in den Körpern der Pflanzen und Tiere nicht, so könnten sie keinen Augenblick dauern. Dies betrifft auch die von Gott in unsere Körper gelegten Kräfte der sinnlichen Wahrnehmung und Ernährung. Wären, wie Averroes unter Berufung auf Galen[512] sagt, die Kräfte nicht, die Gott zu Herrscherinnen der Körper der Tiere gemacht hat, so hätten sie „keine Möglichkeit, nur eine einzige Stunde nach ihrer Hervorbringung zu dauern.“[513]

Averroes differenziert bei den entstandenen Dingen solche, die Substanzen und konkrete Dinge sind, und solche, die Akzidentien sind (wie Bewegungen, Kälte, Wärme). Substanzen und konkrete Dinge bringt nur der Schöpfer hervor. Die Ursachen, die mit diesen Dingen verbunden sind, haben „bloß auf die Accidentien dieser konkreten Dinge Einfluss, nicht auf ihre Substanzen.”[514] Als Beispiel führt Averroes den männlichen Samen an, der nur Wärme von der Frau oder dem Menstruationsblut empfängt. Hingegen ist die Bildung des Fötus und seiner Seele von Gott gegeben. Auch der Bauer kann wohl das Erdreich verbessern und Korn säen, aber die Bildung der Ähre geschieht durch Gott. So gibt es keinen Schöpfer außer Gott, weil in Wirklichkeit die Substanzen die existierenden Dinge sind.[515]

Der Begriff „Schöpfer” ist nach Averroes für Gott passender als „Bewirker”, weil dann nichts Geschaffenes an ihm teilnimmt. Die islamische Auffassung, nach der es kein Agens außer Gott gibt, muss nicht als absolute Ablehnung des Agens im Diesseits verstanden werden. Schließlich wird, so Averroes, der Beweis für die Existenz des Agens im Jenseits aus der Existenz des Agens im Diesseits geführt.[516] Weil für die Muslime das Jenseits besteht, ist nach Averroes klar, dass alles, was außer Gott ist, nur mit dessen Willen und Ermächtigung Agens ist. Wer hier eine der beiden extremen Auffassungen vertritt, wie die Mu‘taziliten oder Jabriten, der irrt.

„Das Mittlere aber, von dem die Aš‘ariten wollen, dass sie mit seiner Existenz Recht haben, durchaus nicht existiere, da sie dem Menschen von dem Worte Erwerb bloß den Unterschied setzen, den er zwischen der Bewegung seiner Hand infolge des Zitterns und ihrer Bewegung aus freiem Willen empfindet. Denn ihre Anerkennung dieses Unterschiedes hat keinen Sinn, da sie behaupten, dass beide Bewegungen nicht von uns ausgehen”.[517]

c. Gerechtigkeit, Ungerechtigkeit und Leben nach dem Tode

Ein weiteres Thema von al-Kashf ist die Gerechtigkeit. Gott ist nach Averroes auf jeden Fall als gerecht zu bezeichnen. Wenn es beispielsweise im Koran heißt, dass Gott in die Irre führt, wen er will,[518] so darf dieser Vers nicht nach seinem äußeren Wortlaut genommen werden, weil es auch viele Verse gibt, die dem widersprechen.[519] Gott lässt dem Menschen niemals Ungerechtigkeit widerfahren.

Die göttliche Gerechtigkeit fordert auch, dass es Geschöpfe gibt, die aufgrund ihrer Natur empfänglich für den Irrtum sind. Darum fordert die Natur, aus der der Mensch geschaffen ist und seine Konstitution, dass ein kleinerer Teil der Menschen schlimm ist, obschon der größte Teil der Menschen gut ist.[520]

Gott hat das Gute substanziell geschaffen und das Schlimme akzidentell für das Gute.[521] „Auf diese Weise ist die Schöpfung des Schlimmen eine Gerechtigkeit.”[522] Als Bild hierfür nimmt Averroes das Feuer. Dieses ist eigentlich zu unserem Nutzen geschaffen. Ohne die Existenz des Feuers wäre die Existenz der Wesen gar nicht denkbar. Dennoch vernichtet es einige Dinge. Vergleicht man aber den Nutzen, den das Feuer bringt, mit dem Schaden, der von ihm stammt, so muss die Existenz des Feuers seiner Nicht-Existenz vorgezogen werden, „und somit ist es gut.”[523]

Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen differenziert Averroes zwischen der Gerechtigkeit des Menschen und der Gerechtigkeit Gottes. Wenn es im Koran heißt: „Er wird nicht nach dem befragt, was er tut. Sie aber werden befragt“,[524] so liegt dies in der unterschiedlichen Gerechtigkeit Gottes und des Menschen. Während der Mensch gerecht ist, um ein Gut für sich selbst zu gewinnen, ist Gott gerecht, weil seine Vollkommenheit es erfordert, dass er gerecht ist.[525]

Das zuletzt behandelte Thema von al-Kashf ist die Eschatologie. Diese wird nach Averroes von allen Religionen angenommen.[526] Die Frage, in der sie auseinander gehen, ist die, ob die Auferstehung geistig oder körperlich sein wird. Während die geistige Auferstehung besagt, dass die Seele nach ihrer Trennung vom Körper weiterlebt, ist der Glaube an die körperliche Auferstehung mehr für die große Menge geeignet, da für sie die Auferstehung als geistige nicht so gut verständlich ist.[527] Da dieses Thema später näher behandelt werden wird,[528] mag diese Erwähnung vorerst genügen.

VII. DIE EWIGKEIT DER WELT IN DER SCHRIFT Destructio Destructionum

1. Einleitung

Averroes’ Destructio destructionum ( Tahafut at-tahafut ) ist unter anderem[529] als kritische Antwort auf al-Ghazzalis Schrift Tahafut al-falasifa[530] zu sehen. Letztgenanntes Werk greift 20 Thesen der neuplatonisch orientierten Philosophen des Islam an. Siebzehn davon bekämpft es als häretische Neuerungen ( bid‘ah ), drei als erwiesenen Unglauben (kufr).[531] Letztgenannte sind: I. die Theorie einer anfanglosen und ewigen Welt;[532] II. die Auffassung, Gottes Wissen umfasse nur die universalen Dinge;[533] III. die Leugnung der körperlichen Auferstehung.[534]

Al-Ghazzali ging es als Theologen des Islam darum, das Dogma der Schöpfung aus dem Nichts zu schützen.[535] Darum ist ein großer Teil seines Werkes dem Problem der Erschaffung der Welt gewidmet. Tahafut al-falasifa hat keine systematische Konstruktion. Die Frage nach der Ewigkeit der Welt wird zuerst angegangen. Bei einer systematischen Vorgehensweise jedoch hätte al-Ghazzali zuerst den Beweis für die Existenz Gottes behandeln müssen. Denn dieser ist die Grundlage des Systems der von ihm angegriffenen Philosophen, nach dem alles von Gott, dem höchsten Prinzip, hergeleitet wird.[536] Averroes folgt al-Ghazzalis Tahafut al-falasifa in seiner Destructio destructionum mit Gegenargumenten.[537]

Nachfolgend werden Averroes’ Erörterungen zur Ewigkeit der Welt behandelt, also zur ersten der von al-Ghazzali als Unglauben der Philosophen bekämpfte These. Die Stellungnahmen des Averroes zu den beiden anderen Thesen (Wissen Gottes und Leugnung der körperlichen Auferstehung) werden an anderer Stelle dargelegt.[538] Zu Recht bezeichnet Ernst Behler Destructio destructionum als „Auseinandersetzung des Averroes mit dem Widerlegungsgeflecht Al-ġazālīs“.[539] Darum können hier nur schwerpunktmäßig einzelne Themen behandelt werden.

2. Vier Beweise zur Ewigkeit der Welt

a. Erster Beweis

α. Ablehnung von al-Ghazzalis Interpretation der Welt als reine Möglichkeit

Averroes gibt zu Beginn von Destructio destructionum folgende Darstellung al-Ghazzalis über die Beweise der Philosophen wieder: Aus einem absolut Ewigen kann unmöglich ein Zeitliches hervorgehen und aufgrund dieser Annahme kann Gott, der ewig ist, die Welt nicht zu einer bestimmten Zeit erschaffen haben. Da die Welt jedoch existiert, muss sie ewig sein. Könnte etwas Ewiges ohne die existierende Welt sein, so wäre die Existenz der Welt nur eine reine Möglichkeit. Entsteht sie aber zeitlich, so muss ein bestimmendes Prinzip neu auftreten. Tritt dieses Prinzip nicht auf, so bleibt die Welt weiterhin in der reinen Möglichkeit. Tritt dieses Prinzip auf, so stellt sich die Frage, warum es jetzt geschieht und nicht vorher. Diese Frage würde entweder zu einem unendlichen Rückgang führen oder wir würden zu einem Prinzip gelangen, das ewig bestimmend ist.[540]

Averroes lehnt dieses von al-Ghazzali vorgebrachte Argument ab als höchstgradig dialektisch und die Stufe demonstrativer Beweise nicht erreichend. Denn seine Aussagen sind allgemeine Begriffe und allgemeine Begriffe nähern sich dem (äquivoken) Universellen. Hingegen kommen demonstrative Aussagen aus dem per se Bestimmten und stehen in innerer Beziehung zueinander (wie Gattung und Differenz).[541] Bei seinem Angriff gegen al-Ghazzali geht Averroes besonders scharf gegen die Art und Weise vor, in der der Begriff der Möglichkeit behandelt wird und in der der Stand der Welt als reine Möglichkeit gesehen wird.[542] Averroes zeigt auf, dass wir auf verschiedene Arten über das Geschehen von etwas Möglichem reden. Vom Möglichen im Agens etwa wird oft gedacht, dass es keines äußeren Prinzips zum Übergang in die Aktualität bedarf, weil der Übergang von der Inaktivität zur Aktivität im Agens oft nicht als ein Wandel betrachtet wird, der ein Prinzip erfordert. Als Beispiel führt Averroes den Übergang vom Nicht-Ausüben einer Tätigkeit zum Ausüben der Tätigkeit etwa in einem Geometer oder in einem Lehrer an.[543] Aber auch jene Veränderung, die eines verändernden Prinzips bedarf, findet teilweise in der Substanz statt, teilweise in der Qualität, teilweise in der Quantität oder an der Stelle.[544]

Die Frage nach etwas Ewigem, das etwas anderes verursacht, damit dieses geschieht, und die Frage, wie Veränderung hervorgebracht wird, sind nach Averroes komplizierte und schwierige Themen, die eine ausführliche und vorsichtige Diskussion erfordern. Der von al-Ghazzali vorgebrachte Entwurf eines philosophischen Arguments ist nach ihm nur eine Karikatur einer angemessenen philosophischen Beweisführung.[545]

β. Die zeitliche Erschaffung der Welt durch einen ewigen (göttlichen) Willen ist unmöglich

Al-Ghazzali stellt folgende kritische Fragen zur Theorie der falasifa:

Warum leugnen die Philosophen die Auffassung, dass die Welt zeitlich durch einen ewigen Willen erschaffen wurde, der ihre Existenz in der bestimmten Zeit, in der sie wirklich wurde, angeordnet hat?

Warum leugnen sie, dass die Nicht-Existenz der Welt dauerte, bis die Zeit sie beendet hat und dass die Existenz zu der Zeit anfing, zu der es wirklich begann?

Warum leugnen sie, dass die Existenz der Welt vorher nicht gewollt war und darum nicht geschehen ist und dass der genaue Augenblick, wo sie begann, von einem ewigen Willen gewollt war und so anfing?[546]

Al-Ghazzali versucht mit diesen Äußerungen zu zeigen, dass Gott nur durch sich selbst existierte, sich dann dazu entschloss, die Welt ins Sein zu bringen, dies tat und die Welt nun in Existenz ist.[547] Diese Argumentation ist nach Averroes jedoch sophistisch, weil wohl die Wirkung bis nach dem Willen des Agens verzögert werden kann, nicht aber bis nach dem Handeln des Agens. Ebenso wenig kann sie verzögert werden bis nach dem Entschluss zum Handeln im wollenden Agens.[548]

Nach Averroes zeigt sich hier eine Disanalogie zwischen dem zeitlichen und dem ewigen Willen. Wir Menschen (als zeitliche Wesen) haben Gründe, Dinge zu tun. Wir haben die Macht zu handeln und wir können wählen, was wir tun wollen. Gottes Willen ist demgegenüber ewig in Existenz. Wir Menschen können darum nicht auf dieselbe Art über Dinge denken, die mit dem göttlichen Willen zu tun haben, wie über Dinge, die mit uns zu tun haben. Das betrifft auch die Verzögerung der Erschaffung der Welt. Einmal hatte Gott entschieden, etwas zu tun - warum sollte der entsprechende Zeitpunkt verzögert werden? Es gibt nichts, ihn zu verzögern, weil nichts außer Gott an erster Stelle existierte.[549]

Al-Ghazzali beschreibt das Argument der Philosophen sehr genau. Zu einem Moment existierte das Objekt des Willens nicht. Alles blieb wie es vorher war, dann aber existierte das Objekt des Willens. Es stellt sich die Frage, ob dies nicht im höchsten Maße unsinnig ist.[550] Diese Wiedergabe der Auffassung der Philosophen ist nach Averroes völlig evident. Al-Ghazzali jedoch bewege sich von diesen Gedanken zu einem herkömmlichen Muster (das im Gegensatz zur natürlichen Beschaffenheit der Dinge steht),[551] und dadurch verwirre er die Verteidigung der Philosophen.[552]

Im folgenden Teil der Abhandlung, der von der Evidenz der „Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung“[553] handelt, zeigt sich ein Ausweichen al-Ghazzalis. Er wundert sich, warum der göttliche Wille nicht mehr dem zeitlichen Willen ähnelt, als wir denken können. Al-Ghazzali beschreibt dazu das Beispiel eines Mannes, der eine Scheidung verzögert. Normalerweise ist undenkbar, dass sich die Wirkung der Scheidungsformel verzögert; es sei denn, die Ehescheidung wird von der Erfüllung einer Bedingung abhängig gemacht (z. B. beim Betreten des Hauses oder wenn der Morgen gekommen ist).[554] Können wir also nicht wollen, dass etwas in der Zukunft geschieht und zur selben Zeit dessen Beginn verzögern?[555]

Diese These berechtigt nach Averroes die Ash‘ariten zu folgender Aussage: Wie die Scheidung sich vom Aussprechen der Formel an verzögern kann, bis eine Bedingung erfüllt wird (z. B. beim Betreten des Hauses), so könnte sich auch nach dem Schöpfungsakt die Verwirklichung der Welt verzögern bis zu der Zeit, zu der eine Bedingung erfüllt wird (z. B. als Gott es wollte). Jedoch verhalten sich nach Averroes weltliche Dinge nicht wie intelligible.[556]

Er zitiert in diesem Zusammenhang auch die Meinung derer, die am Buchstaben festhalten[557] und die die gebräuchlichen Dinge mit vernünftigen Dingen vergleichen. Sie sagen, dass solch eine Scheidung nicht verbindlich ist. Sie wird nicht wirksam durch die Verwirklichung der Bedingung, die später als das Aussprechen der Scheidung durch den Scheidenden ist. Denn es ist eine Scheidung, die ohne Verbindung mit der Handlung des Scheidenden rechtskräftig wurde.[558] Somit ist eine Scheidung ungültig, die nicht die direkte Wirkung des Aussprechens ist. Mit seinen Worten spricht Averroes ein im Islam wichtiges Thema an. Die Gültigkeit der bedingungsweise ausgesprochenen Scheidung ist ein Diskussionspunkt in den dortigen Gesetzesschulen.[559]

Gemäß den weiteren Ausführungen von Destructio destructionum geht al-Ghazzali davon aus, dass der ewige Wille sich sehr vom zeitlichen unterscheidet und dass die von den Philosophen vorgebrachten Argumente über die Tätigkeiten unseres Verstandes bei Schlussfolgerungen über den göttlichen Willen nicht ausreichen. Wenn wir Wirkungen unserer Entscheidungen und Handlungen nicht verzögern können, so folgt daraus nicht, dass Gott das nicht kann.[560] Ansonsten müsste nach al-Ghazzali ein Beweis gemäß den Regeln der Logik aufgestellt werden, der die Unmöglichkeit dieser Auffassung aufzeigt. Dies ist nach ihm aber bei den Philosophen nicht der Fall. In ihren Argumenten liegt nichts anderes, als eine Annahme der Unmöglichkeit und ein Vergleich mit unserer Entscheidung und unserem Willen. Dies wiederum ist falsch.[561]

Averroes wendet sich dagegen. Behauptet jemand, dass die Verzögerung einer Wirkung unmöglich ist, wenn deren Ursache mit all ihren Bedingungen erfüllt ist, so muss angenommen werden, dass er dies entweder durch einen Syllogismus oder durch eine primäre (evidente) Einsicht weiß. Beides ist nach Averroes unmöglich: Ein Syllogismus existiert hier nicht. Einer primären Einsicht müssten alle zustimmen; das wiederum ist falsch, weil es keine Bedingung für eine objektive Wahrheit ist.[562]

Die Philosophen halten somit nach Averroes fest, dass es schwerwiegende Probleme mit der Behauptung gibt, Gott könne eine Entscheidung bei der Erschaffung der Welt verzögern. Sie versuchen, logisch die Unvereinbarkeit einer zeitlichen Schöpfung mit einem ewigen Willen zu zeigen. Es ist nach Averroes nicht angemessen, wenn al-Ghazzali meint, die Philosophen zeigten keine stichhaltige Beweisführungsmethode und wendeten sich nur an die Intuition.[563]

Al-Ghazzali spricht an anderer Stelle die Frage an, wie ein Zeitliches aus einem ewigen Seienden hervorgehen kann. Auch hier versucht er zunächst, im Sinne der Philosophen zu argumentieren. Irgendein Zeitliches kann aus dem Ewigen hervorgehen. Jedoch kann unmöglich das erste Zeitliche aus dem Ewigen hervorgehen, weil sich dann die Art seines Hervorgehens nicht von dem unterscheidet, das ihm vorausgeht. Ist es nicht das erste Zeitliche, so kann es nur aus dem Ewigen hervorgehen, wenn auch ein anderes Ding hervorgeht – etwa wegen der Disposition des empfangenen Substrates oder weil die Zeit dafür günstig war. Nach al-Ghazzali aber bleibt die Frage, warum die Disposition eintrat und ob eine neue Bedingung in ihr ist, nach wie vor bestehen. Dies geht entweder bis ins Unendliche so weiter oder wir müssen zu einem Ewigen kommen, aus dem das erste Zeitliche hervorgeht.[564]

Averroes antwortet darauf, dass das Zeitliche nicht insoweit aus einem Ewigem hervorgeht, als es ewig ist, sondern insoweit es zeitlich ist. Es braucht für sein erneutes Auftreten keine erneute Ursache, weil sein erneutes Auftreten keine neue Gegebenheit ist, sondern ein ewiger Akt, der ohne Anfang und Ende ist.[565]

Zeitliche Ereignisse haben akzidentelle Ursachen, die ihren Platz in einer unendlichen Reihe anderer zeitlicher Geschehnisse einnehmen.[566] Die ganze Reihe zeitlicher Ereignisse ist nichtsdestoweniger selbst ewig und wesentlich zustandegebracht durch ein Ewiges, das auf die Gesamtheit hin handelt. Dieses ist insofern eine wesentliche Ursache, als es seine Wirkungen zur selben Zeit, in der es existiert, hervorbringt. Dies jedoch ist nicht üblich bei einer akzidentellen kausalen Entstehung. Die ewige Ursache ist nur indirekt eine Ursache der zeitlichen Ereignisse als solche, direkt ist sie die Ursache der ganzen Reihe zeitlicher Geschehnisse.

γ. Im Prozess des Werdens und Vergehens der Welt sind nur potentielle und akzidentelle Unendlichkeiten zulässig

Al-Ghazzali versucht an Hand der Sphärenbewegungen deutlich zu machen, dass die Philosophen unrecht haben, wenn sie die Ewigkeit der Welt annehmen. Wäre die Welt ewig, so müsste es eine unendliche Zahl und eine Unendlichkeit von Einheiten für die Sphärenbewegungen geben. Jedoch ist anerkannt, dass die Sphärenbewegungen im Verhältnis 1/6, 1/4 und 1/2 geteilt werden können.[567] Sie müssen also endlich sein, weil alles, was aus endlichen Teilen besteht, endlich ist.[568] Wie aber sollen solche Verhältnisse festgestellt werden können, wenn alle Bewegungen unendlich sind?[569]

Averroes’ Antwort darauf basiert auf dem aristotelischen Verständnis der Unendlichkeit der Natur; nach diesem ist wohl die Existenz von potentiellen und akzidentellen Unendlichkeiten zulässig, nicht aber die von aktuellen und essentiellen.[570] Die Gegner des Averroes meinten, dass eine zwischen verschiedenen Teilen existierende Proportion von mehr oder weniger auch für die Gesamtheiten gilt. Dies ist nach Averroes jedoch nur verbindlich, wenn die Gesamtheiten endlich sind.[571] Ist in ihnen kein Ende gegeben, so existiert in ihnen auch keine Vielheit. Behauptet aber jemand, es bestünde in den Bewegungen eine Proportion von mehr oder weniger, so ergäbe sich daraus als weitere absurde Konsequenz, dass ein Unendliches größer sein könnte als ein anderes. Allerdings macht Averroes hier eine Einschränkung. Diese Konsequenz ist nur dann absurd, wenn man zwei Dinge als aktuell unendlich annimmt, weil dann zwischen beiden eine Proportion existiert. Nimmt man aber die Dinge als potentiell unendlich an, so existiert überhaupt keine Proportion. Dies ist nach Averroes die richtige Antwort auf die Frage und nicht die, welche al-Ghazzali für die Philosophen gibt.[572]

Averroes nimmt vor dem Hintergrund dieser Äußerungen auch nicht die Existenz essentieller unendlicher Ketten an, sondern akzidenteller. Eine unendliche kausale Kette, wie beispielsweise die der Menschen, die Vorfahren und Nachkommen haben, darf nicht als eine Ganzheit gesehen werden, die gemessen und mit anderen Ganzheiten verglichen werden kann. Unendliche Quantitäten haben keinen Anfang und kein Ende.[573]

Die Existenz unendlicher Quantitäten steht in engem Bezug zu Averroes’ Theorie der „ewigen Schöpfung“.[574] Nach dieser konnte keine leere Zeit existieren, die der zu einem bestimmten Augenblick geschehenden Entstehung der Welt vorausging. Roger Arnaldez[575] verweist hier auf Aristoteles, nach dem die Zeit die gezählte Zahl (τò ἀριθμούμενον) von Bewegung ist.[576] Außerdem messen wir nach Aristoteles „nicht bloß Bewegung mittels Zeit, sondern auch (umgekehrt) Zeit mittels Bewegung, weil sie nämlich durch einander bestimmt sind.”[577] Obwohl die Zeit der Bewegung der Sphäre die Bewegungen innerhalb der Welt misst, gibt es nach Averroes außerhalb der Sphäre keine Bewegung, die die Zeit dazu befähigt, die Bewegung der Sphäre zu messen. Jede Umdrehung ist letztlich unabhängig von den anderen. Jede von ihnen hängt von den Handlungen des ersten Agens ab. Darum ist ihre Reihenfolge eine akzidentelle. Dies ist auch beim Menschen der Fall.[578] Er erzeugt den Menschen nicht essentiell, sondern akzidentell. Die eigentliche Ursache ist Gott. Mit dieser Aussage zitiert Averroes jedoch nicht die Lehre des Aristoteles, sondern gibt eine eigene Auslegung,[579] die bereits bei der Behandlung des Buches al-Kashf angesprochen wurde.[580]

Auf die Frage, wo nach dieser Theorie der Beginn der göttlichen Handlungen in der Vergangenheit sein soll, antwortet Averroes: Von den Handlungen Gottes tritt nur auf die Weise etwas in die Zeit ein, wie es von seiner Existenz eintritt. Beide haben keinen Anfang.[581] Durch demonstrativen Beweis wurden die Philosophen zur Auffassung geführt, dass es ein erstes Prinzip gibt, das ewig und bewegend ist. Seine Existenz ist ohne Anfang und Ende und seine Tätigkeit tritt nicht später ein als seine Existenz. Dies führt konsequenterweise dazu anzunehmen, dass die Tätigkeit des ersten Prinzips, gleich seiner Existenz, anfanglos ist. Sonst wäre die Tätigkeit wohl möglich, aber nicht notwendig.[582]

Averroes spricht auch die von Platon[583] und den Ash‘ariten vertretene Auffassung an, dass es für zukünftige Sphärenbewegungen möglich sei, unendlich zu sein. Diese These verwirft Averroes mit der kurzen Bemerkung, dass sie nicht auf einem demonstrativen Beweis basiert, sondern auf Fantasie.[584]

In seinen weiteren Ausführungen setzt Averroes sich mit al-Ghazzalis Äußerung auseinander, dass nach den Prinzipien der Philosophen reale Dinge existieren können, die unendlich und qualitativ differenziert sind: die durch den Tod von ihren Körpern getrennten menschlichen Seelen. Hier handelt es sich nach al-Ghazzali um reale Dinge, die weder eine gerade noch eine ungerade Zahl aussagen können. Wie aber wollen die Philosophen denjenigen widerlegen, der diese Lehre für notwendigerweise absurd hält? Schließlich haben sie genauso die Verbindung zwischen einem ewigen Willen und einer zeitlichen Schöpfung als notwendigerweise absurd bezeichnet.

Dieses Argument ist nach Averroes sehr schwach.[585] Er versucht deutlich zu machen, wie sehr al-Ghazzalis Darlegung von der aristotelischen Auffassung über das Leben nach dem Tod entfernt ist. Nach der philosophischen Theorie ist die Unmöglichkeit eines aktuell Unendlichen ein allgemein anerkannter Grundsatz, der für materielle und immaterielle Dinge gilt. Es ist nach Averroes auch niemand bekannt, der eine entsprechende Unterscheidung macht, außer Avicenna.[586] Jedoch stimmt diese Differenzierung nicht mit irgend einem der Prinzipien der Philosophen überein, denn sie leugnen für körperliche und für unkörperliche Dinge die Existenz eines aktuell Unendlichen.[587]

δ. Gott wählt keine bestimmte Zeit zur Erschaffung und die Welt kann nicht anders sein als sie ist

Wichtig in der weiteren Diskussion ist die von al-Ghazzali angesprochene Schwierigkeit, was Gott dazu motiviert haben könnte, die Welt zu einer bestimmten Zeit zu erschaffen, wenn für ihn (nach philosophischer Auffassung) alle Zeiten gleich sind. Was könnte ihn dazu gebracht haben, dies früher oder später zu tun?[588] Wie sollte Gott die Zeit zum Erschaffen der Welt unterscheiden von der Zeit zum Nicht-Erschaffen?

Averroes versucht auch hier, die Schwächen der Erörterungen al-Ghazzalis aufzuzeigen. Wenn es um zwei gleiche Dinge geht - wie um bestimmte Zeiten, zu denen die Welt erschaffen werden könnte -, so sind diese für den Wollenden äquivalent und seine Handlung richtet sich nicht auf eines der beiden, während das andere ausgeschlossen wird. Dies ist nur der Fall, wenn eines eine Qualität hat, die das andere nicht hat. Wenn die beiden Dinge jedoch völlig äquivalent sind und es für Gott überhaupt kein unterscheidendes Prinzip gibt, so wird Sein Wille sich auf beide richten. Ist dies der Fall, so wird sich - da Sein Wille die Ursache Seines Aktes ist – auch der Akt nicht mehr auf das eine als auf das andere richten. Er wird sich weder auf zwei entgegengesetzte Handlungen zugleich richten noch auf keine von ihnen. Beides wäre, so Averroes, falsch.[589]

Gemäß Averroes verteidigt al-Ghazzali die theologische Lehre vom göttlichen Willen.[590] Nach dieser Auffassung kann der göttliche Wille, wie der menschliche Wille, zwischen zwei gleichen Alternativen unterscheiden. Al-Ghazzali skizziert dazu folgendes Beispiel:

Wenn ein Mann ein starkes Verlangen nach zwei gleichen Datteln hat, die er nicht zugleich nehmen kann, so wird er bestimmt eine der beiden nehmen. Er wird dies aufgrund einer Eigenschaft in ihm machen, die ihrer Natur nach zwischen zwei gleichen Dingen unterscheidet. Die Philosophen befinden sich hier nach al-Ghazzali in einem Dilemma, weil alle unterscheidenden Motive, die sie genannt haben (wie Schönheit, Nähe usw.) hier nicht anzutreffen sind. Es bleibt ihnen nur die Wahl zwischen zwei Antworten: I. Man sagt, dass eine Gleichheit in Bezug auf das Verlangen des Mannes unvorstellbar ist. Jedoch wäre diese Antwort dumm, weil die Annahme ja möglich ist. II. Man sagt, dass bei der Annahme einer Gleichheit der Mann für immer verwirrt und hungrig bleiben wird und sich die Datteln anschauen wird, ohne eine zu nehmen und ohne Kraft. Er wird aufgrund seines eigenen Willens oder seiner Wahl keine Dattel nehmen.[591] Auch das wäre absurd.[592] Nach al-Ghazzali müssen wir darum bei zwei gleichen alternativen Handlungsmöglichkeiten eine wählen, um handeln zu können. Außerdem müssen wir einen Grund für die Wahl haben. Wenn wir aber wählen können, so kann Gott dies ebenfalls. Auch er wählt, wann die Welt, ungeachtet der Gleichheit aller Zeiten für einen Beginn, anfangen soll.[593]

Averroes spricht sich gegen diese These aus. Nach ihm bedeutet die Wahl zwischen zwei gleichen Datteln durch einen Wollenden nicht, dass er zwei gleiche Dinge unterscheidet, sondern dass er eine von ihnen bekommt. Egal, welche Dattel er nimmt, er erreicht sein Ziel und sein Verlangen ist befriedigt.[594] Es geht hier um die Wahl zwischen zwei alternativen Handlungswegen, wo bereits vorher ein Unterschied bestand. Der göttliche Wille hingegen kann einen Unterschied machen, wo vorher keiner bestand.[595] Die Handlungsweise des Menschen kann nach der Argumentation des Averroes folglich nicht auf die Handlungsweise Gottes bei der Erschaffung der Welt übertragen werden, wie von al-Ghazzali gefordert.

Al-Ghazzali möchte auch durch den Nachweis einer möglichen anderen physikalischen Struktur der Welt zeigen, dass Gott den Beginn der Welt wählen konnte. Er bespricht die Richtungsunterschiede der Sphärenbewegung und den Ort der Pole in Relation zur Ekliptik in der Sphärenbewegung.

Der Himmel ist, so al-Ghazzali, eine sich auf zwei Polen bewegende Kugel. Die Pole sind zwei unbewegliche Punkte. Von den unendlich vielen Punkten der Umgebungssphäre gibt es kein Paar, das man sich nicht auch als Pole vorstellen könnte.[596] Es sind nicht nur andere Punkte als Pole möglich. Auch die Bewegungen der himmlischen Sphären können nach al-Ghazzali anders sein. Er meint, dass in einem Universum, das sich in die umgekehrte Richtung bewegte, dieselben Wirkungen wie jetzt erreicht würden. Sollte das wahr sein, so wäre der gegenwärtige Aufbau des Universums absolut frei wählbar. Dann könnte auch der entscheidende Faktor, der den Ort der Pole und die Richtung der Sphärenbewegung gewählt hat, eine Zeit zur Schöpfung gewählt haben - selbst wenn alle Zeiten gleich waren.[597]

Averroes erwidert, man solle nicht vorschnell und oberflächlich über die Werke der Schöpfung Gottes urteilen.[598] Er bezieht sich dazu auf den Koran.[599] Die Welt ist ein von Gott erschaffenes Gebilde, das auf weiseste und klügste Art eingerichtet wurde. Dies stellt allerdings, wie Oliver Leaman zu Recht betont, kein besonders starkes Argument dar.[600]

Nach Averroes kann die Welt nur so sein, wie sie ist. Ein diesbezügliches Resümee, das in die Mitte der philosophischen Weltanschauung führt, versieht er „mit einer orakelhaften Bemerkung über die Männer der Spekulation und die esoterische Ergründung der Wahrheit”.[601] Danach wird kein Beweis für all jene Dinge gefordert, die hier diskutiert werden. Wer aber zu den Männern der Demonstration gehört, soll darüber an den entsprechenden Orten spekulieren und dort die Disputationen hören, die überzeugender sind als die Disputationen der Theologen. Wenn auch sie nicht zur Wahrheit führen, so führen sie doch zum Besitz jener Erkenntnis, die dazu bewegt, die Wahrheit in der wissenschaftlichen Spekulation zu erhalten.[602]

Averroes’ Auffassung, dass die Welt nur so sein kann, wie sie ist, wird durch die These untermalt, dass jede Welt, die wir annehmen können, allein aus den uns bekannten Körpern bestehen kann. Diese können nur geradlinig oder rund sein. Sind sie rund, so sind sie weder leicht noch schwer. Sind sie geradlinig, so sind sie schwer oder leicht, das heißt: Erde oder Feuer oder Körper dazwischen. Die Körper wiederum müssen rotieren oder von einer rotierenden Peripherie umgeben sein, weil jeder Körper sich entweder zur Mitte hin oder von ihr weg bewegt, oder um sie herum. Aus den Bewegungen der Himmelskörper nach links und rechts entstehen die vier Körper (= die vier Elemente Wasser, Erde, Feuer, Luft) und alle erzeugten Dinge, die Gegensätze aufweisen. Durch die Bewegungen der Himmelskörper hören die vier Elemente in ihren Teilen niemals auf, in einem kontinuierlichen Werden und Vergehen zu sein.[603] Dies erinnert an Aristoteles, gemäß dem alle Entwicklung durch die Bewegungen der Himmelskörper bewirkt wird.[604]

Auch der Himmel kann nach Averroes keine andere als die vorhandene Gestalt haben. Al-Ghazzalis Relativismus, der andere hypothetische Konstruktionen zulässt, ist für ihn unmöglich.[605] Die einzelnen Sphären sind nach Averroes lebendige, beseelte Wesen.[606] Die Ansicht, den Himmelskörpern sei es möglich, eine andere Richtung einzuschlagen, ist für Averroes mit der Annahme gleichzusetzen, „die Bewegungsrichtung des Krebses könne die des Menschen werden, und ist im Grunde eine oberflächliche Gedankenspielerei, die zeigt, wie wenig man verstanden hat, dass der Himmel ein durch Plan und Zweckmäßigkeit gekennzeichnetes Kunstwerk ist.”[607]

Nicht nur al-Ghazzali steht im Kreuzfeuer der Kritik. Averroes setzt sich auch Avicenna[608] und al-Farabi[609] gegenüber zur Wehr, die einen Notwendigkeitsbegriff unterstellen, der in der Kausalverbindung des Notwendigen und Möglichen besteht. Dieser macht die Welt kontingent und nimmt ihr den Selbststand.[610] Averroes schreibt, dass jener Gedankengang nicht von den alten Philosophen eingeschlagen worden sei. Al-Farabi und Avicenna hätten ihn beschritten und seien darin den Theologen des Islam gefolgt.[611]

ε. Abschluss

Der erste Beweis verdeutlicht, dass für Averroes keine zeitliche Schöpfung möglich ist.

Ohne Widerspruch ist für ihn

„denkbar, dass in unendlicher Kette, deren Glieder sich akzidentell verhalten, ohne Anfang und ohne Ende ein Seiendes aus dem andern hervorgeht und so der frühere Mensch zugrunde geht, wenn der neue wird. ... Für Averroes steht dies unaufhörliche, kreislaufförmige Entstehen und Vergehen der Individuen, im Unterschied zur in sich selbst ruhenden Natur, unter dem Einfluss der ersten Ursachen, deren Tätigkeit, in der Vermittlung durch den Himmel, anfangs- und endlos auf die Materie ausstrahlt.”[612]

Die Schöpfung wird so nach Averroes von Moment zu Moment erneuert. Dadurch wird die Welt erhalten und verändert sich.[613] Es geht hier also eher um eine Transformation, als um eine Schöpfung im Sinne islamischer Theologie.[614]

b. Zweiter Beweis

α. Gott, der unbewegte Beweger, geht der Welt nicht zeitlich voraus wie ein zeitliches Bewegtes

Al-Ghazzali stellt zu dieser Thematik seine Sicht der Lehre der Philosophen dar: Wer behauptet, die Welt sei später als Gott und Gott sei früher als die Welt, kann damit nicht meinen, dass Gott zeitlich früher ist, sondern nur, dass er essentiell früher ist. Gott und die Welt können zeitlich zugleich existieren. Sie verhalten sich wie die Ursache zur Wirkung oder wie die Bewegung eines Menschen zu seinem Schatten. Wird das Frühersein Gottes auf diese Weise verstanden, so müssten Gott und die Welt entweder zeitlich oder ewig sein. Soll damit jedoch ausgedrückt werden, Gott gehe der Zeit und der Welt zeitlich voraus, so müsste es vorher eine andere Zeit gegeben haben, zu der die Welt nicht existierte, weil die Nicht-Existenz der Welt vorausging und Gott ihr für eine Dauer vorausging, die wohl einen letzten, aber keinen anfänglichen Zeitpunkt hatte. Dann jedoch wäre vor der Zeit eine unendliche Zeit gewesen, was widersprüchlich in sich ist. Darum ist die Annahme eines Beginns der Zeit absurd und es muss die Ewigkeit der Welt angenommen werden. Wenn Zeit, als Maß der Bewegung, ewig ist, so müssen die Bewegung und das Bewegte auch ewig sein. Durch die ewige Bewegung des Bewegten wiederum ist die Zeit selbst ewig.[615]

Nach Roger Arnaldez fehlt es diesem von al-Ghazzali fälschlicherweise den Philosophen zugeschriebenen Beweis zur Ewigkeit der Welt an Wert.[616] Er kritisiert darum die zwei Hauptargumente, auf denen er basiert:

I. Ist Gott nicht zeitlich, sondern essentiell früher als die Welt, wie ein Mann vor seinem Schatten, so besteht eine Gleichzeitigkeit. Darum stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich die Ansicht der Philosophen erklärt wird, dass die Welt ewig wie Gott ist. Spricht jemand nämlich von Gleichzeitigkeit, so drückt er damit auch Zeitlichkeit aus. Die gleichzeitigen Ursachen von Wirkungen existieren, wie ein Mann und sein Schatten, nur in der Zeit. Konsequenterweise kann die Aussage einer gleichzeitigen Existenz der schöpferischen Handlung Gottes und der erschaffenen Welt nicht meinen, dass die Welt ewig ist wie Gott. Vielmehr bedeutet sie, dass Gott und Seine schöpferische Handlung in der Zeit sind und dass die Ewigkeit als Zeit zu verstehen ist, die nie aufgehört hat und nie aufhören wird.[617]

II. Dieses subtilere Argument versucht, die Auffassung der Theologen umzukehren, nach der es vor dem Schöpfungsakt eine leere Zeit gegeben hat. Tatsächlich aber gibt es keine Zeit ohne Bewegung. Wäre eine dem Akt der Schöpfung vorausgehende Zeit da gewesen, so wäre es für sie nach aristotelischer Auffassung notwendig gewesen, die Zahl der Bewegung eines bereits existierenden Körpers zu zählen.[618] Dieser Gedankengang ist wahr. Jedoch beweist er nicht, dass die Welt ewig ist. Wir werden nur - wenn wir hypothetisch mit den Theologen die Existenz einer Zeit annehmen, die vor dem Schöpfungsakt war - zu einem positiven Schluss über die Ewigkeit der Welt geführt. Aber dies beweist noch lange nicht, dass die Welt ewig ist, weil die Beweisführung ganz auf der Kritik der Theologen basiert. Sie erlaubt nur hypothetisch jene These und ist letztlich darauf aus, sie zu zerstören. Hier werden von Theologen, die eigentlich die Schöpfung beweisen wollen, Gründe zur Ewigkeit der Welt vorgegeben. Al-Ghazzali unterstellt diesen „Beweis“ fälschlicherweise den Philosophen.[619] Ziel seiner Argumentation ist der Nachweis, dass die Zeit erschaffen wurde, als die Welt erschaffen wurde und dass es leicht zu begreifen ist, dass Gott vorher und ohne Zeit existiert hat.

Dies wird auch aus al-Ghazzalis weiterer Argumentation ersichtlich, die sich als Antwort auf die Philosophen versteht. Danach wurde die Zeit hervorgebracht und erschaffen. Vor ihr war überhaupt keine Zeit. Die Bedeutung der Worte, dass Gott vor der Welt und der Zeit ist, besteht darin, dass Er ohne die Welt und die Zeit existierte. Dann existierte Er und mit Ihm gab es die Welt und die Zeit. Die Worte, dass Er ohne die Welt existierte, bedeuten: Die Existenz der Substanz des Schöpfers und die Nicht-Existenz der Substanz der Welt.[620]

Averroes, der diesen Beweis als sophistisch und verkehrt bezeichnet, verweist darauf, dass es zwei Arten des Seins gibt. Die eine Art des Seins ist, als zeitliche, in der Natur der Bewegung. Die andere ist, als ewige, nicht in der Natur der Bewegung. Die eine Art des Seins ist durch Sinneswahrnehmung und Verstand bekannt. Die andere Art ist für den erwiesen, der annimmt, dass jede Ursache eine Wirkung und jedes Bewegte einen Beweger haben muss und dass die bewegenden Ursachen bei einer ersten Ursache ankommen, die ihrerseits unbewegt ist. Die Art, in der das Zeitlose dem Zeitlichen vorausgeht, ist nicht zeitlich und nicht kausal. Es ist deshalb ein Fehler, das Frühersein des (zeitlosen) Unbewegten vor dem (zeitlichen) Bewegten mit dem Frühersein zwischen zwei bewegten (zeitlichen) Dingen zu vergleichen.[621]

β. Zeit steht in logischer Verbindung zur Bewegung und hat nicht die von al-Ghazzali angenommene Parallele zur räumlichen Ausdehnung

Al-Ghazzali steht nun vor der Frage, wie es möglich sein soll, Gott als vor dem Dasein der Welt existierend zu denken und dennoch nicht als in der Zeit existierend. Das ist schwer zu erklären, weil unsere Sprache uns zur Annahme zu zwingen scheint, dass Gott zeitlich früher als die Welt ist. Deshalb versucht al-Ghazzali zu zeigen, dass unsere Vorstellung uns irreführt, wenn sie die Zeit immer in Relation zum „Vorher“ und „Nachher“ begreift.[622]

Er erklärt, dass unsere Vorstellung unfähig ist, sich einen begrenzten Körper vorzustellen. Darum denken wir uns jenseits der Welt einen leeren oder einen vollen Raum. Wird nun gesagt, über der Oberfläche der Welt gebe es kein oberhalb und keine weitere Ausdehnung, so geht dies über das Vorstellungsverständnis hinaus. Genauso kann die Vorstellung nicht erfassen, wenn gesagt wird, dass es kein wirkliches (zeitliches) „Vorher“ zur Welt gibt.[623] Nach al-Ghazzali gibt es keinen Unterschied zwischen der zeitlichen Ausdehnung, die durch das „Vorher“ und das „Nachher“ geteilt ist, und der räumlichen Ausdehnung, die durch die Relation des „Oben“ und des „Unten“ geteilt ist. Kann also die Existenz eines höchsten Punktes bewiesen werden, so kann auch gezeigt werden, dass es einen ersten Anfang gibt.[624]

Averroes sieht hier zwei Einwände, die er zu widerlegen versucht:

I. Führt, wie al-Ghazzali schreibt, die Vorstellung uns irre, wenn sie Zeit immer in Relation zum „Vorher“ und „Nachher“ begreift, so sind Vergangenheit und Zukunft als solche keine wirklichen Dinge, sondern Konstrukte der Seele. Zeigt sich darum die Existenz der Bewegung (die mittels der Zeit gemessen wird) als unrichtige Vorstellung, so haben die Relation zur Vorstellung und die Zeit keinen Sinn.

Nach Averroes hingegen besteht die richtige Antwort darin, dass die notwendige Verbindung von Zeit und Bewegung wirklich ist und dass die Zeit das ist, was der Intellekt in der Bewegung (durch Zählung) konstruiert.[625] Jedoch hört die Zeit und die Bewegung niemals auf. Bewegung ist notwendigerweise in allen realen Dingen. Hingegen ist sie im Nichtsein nicht möglich, weil es im Nichtsein keine Möglichkeit für irgend etwas gibt. Daher kann kein real Seiendes aus dem absoluten Nichts entstehen, sondern allein aus einem potentiell Seienden. Wird etwa das Warme kalt, so findet nicht eine Verwandlung des Wesens der Wärme in Kälte statt, sondern ihr Träger, ihr Substrat wird kalt.[626]

II. Averroes sieht die im folgenden Einwand formulierte „’listige Sophisterei’, dass die Annahme einer obersten Grenze des Kosmos der Statuierung eines frühesten Anfangs gleichkomme, als eine der schwierigsten Hürden an, die ihm von Al-ġazālī errichtet wurde.“[627] Er begegnet al-Ghazzalis Angriff mit der Anklage, dieser habe die Zeit verräumlicht.[628] Er versucht zu zeigen, dass die Zeit nicht in derselben Weise auf die Bewegung folgt wie die Grenze auf die Größe und dass es sich bei der endlosen Kette der zeitlichen Reihenfolge nicht um eine bloß subjektive Vorstellung handelt.[629]

Averroes verteidigt die logische Verbindung von Bewegung und Zeit und weist zugleich die von al-Ghazzali angenommenen Parallele zur räumlichen Ausdehnung zurück. Die Funktion des Moments, des „Jetzt”, ist nicht gleich der des Punktes im Raum. Es kann keine Zeit gedacht werden, die einen Endpunkt hat. Das „Jetzt” ist die Grenze, die eine Zeitspanne zu einem Ende bringt und den Beginn einer anderen markiert. Auf beiden Seiten des „Jetzt” ist Zeit, und es könnte kein erstes „Jetzt” ohne Zeit vor ihm gewesen sein, ebenso kein letztes „Jetzt” ohne Zeit nach ihm und kein Beginn oder Ende von Zeit.[630]

Es ist nach Averroes auch falsch, einem Akt der Vorstellung zuzuschreiben, dass es für jedes Ereignis ein vorausgehendes Geschehen gibt. Handelte es sich um einen Akt der Vorstellung, so könnte das Vorhersein geleugnet werden. Wer aber das Vorhersein leugnet, der leugnet nach Averroes auch das in der Zeit Gewordene. Mit demjenigen, der das „Oberhalb“ des „Oben“ der Welt leugnet, ist es andersherum, weil er (im Unterschied zur Vorstellung eines zeitlich vorausgehenden Geschehens) das absolute „Oben“ leugnet und damit auch das absolute „Unten“.[631] Der hier angesprochene Akt der Vorstellung, dass ein Körper mit geraden Dimensionen bei einem anderen endet, ist nach Averroes nicht falsch, sondern eine notwendige Wahrheit, weil der Körper mit geraden Dimensionen die Möglichkeit des Vergrößerns hat. Die geradlinigen Körper müssen daher bei einem enden, der kreisförmig ist und sie umgibt; dieser ist vollkommen und unterliegt weder der Vergrößerung noch der Verkleinerung.[632] Nach Averroes wird darum von den Philosophen ein absolutes „Unten“ und ein absolutes „Oben“ angenommen, jedoch kein absoluter Anfang und kein absolutes Ende.[633]

Die philosophische Ansicht eines absoluten räumlichen „Unten“ und „Oben“ benutzt al-Ghazzali zu einem geschickten Gegenschlag. Wenn der Gedanke, dass die Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt erschaffen wurde, kritisiert werden kann durch die These, dass ein allmächtiger Gott sie sicherlich auch ein wenig früher hätte erschaffen können, dann könnte die Idee, dass die Welt eine bestimmte Größe hat, genauso kritisiert werden durch die These, dass Gott sie ein wenig kleiner oder größer hätte erschaffen können.[634]

Nach Averroes antwortet al-Ghazzali hier auf einen Einwand der Ash‘ariten, durch den diese sich selbst diskreditieren. Wird angenommen, Gott könne die Welt nicht größer oder kleiner erschaffen, so bedeutet dies eine Unfähigkeit Gottes, weil eine Unfähigkeit nur in Bezug auf etwas Mögliches gilt und nicht in Bezug auf etwas Unmögliches.[635]

Aus der Annahme, die Welt könne größer oder kleiner sein, ergibt sich nach Averroes, dass außerhalb von ihr ein voller oder ein leerer Raum bestehen muss. Dies aber führt zu diversen Unmöglichkeiten: Bei einem leeren Raum zur Existenz einer reinen Ausdehnung, die durch sich selbst existiert; bei einem vollen Raum zu einem Körper, der sich entweder nach oben bewegt oder nach unten oder im Kreis und der darum Teil einer anderen Welt sein müsste. Jedoch wurde bereits in der Naturwissenschaft bewiesen, dass die gleichzeitige Existenz einer anderen Welt mit dieser Welt unmöglich ist.[636] Nach Averroes wird hier eine Problematik angesprochen, die weit komplexer ist, als sie auf den ersten Blick erscheint. Darum rät er jenem, der dieses genauer erforschen will, an den entsprechenden Orten zu schauen. Dies jedoch erst nach Erfüllung der Voraussetzungen, die für einen Studierenden nötig sind, um den demonstrativen Beweis zu begreifen.[637]

Al-Ghazzali setzt in seinen weiteren Ausführungen die Auffassung der Philosophen mit der Lehre der Dahriten[638] gleich. Kann die Welt größer oder kleiner sein, als sie ist, so ist sie notwendig. Jedoch braucht das Notwendige keine Ursache. Damit sagen sie (die Philosophen), wie die Dahriten, dass sie den Schöpfer und die Ursache der Formen leugnen.[639]

Averroes versucht zunächst, im Sinne Avicennas darauf zu antworten. Danach besteht die Notwendigkeit von Existenz aus zwei Arten: das Notwendige, das aus sich selbst existiert und das Notwendige, das durch ein anderes existiert.[640] Jener Auffassung, die eher von Aristoteles als von Avicenna stammt,[641] lässt Averroes seine eigene These folgen. Nach dieser brauchen Dinge, die im genannten Sinne notwendig sind, kein Agens und keinen Verfertigenden. Averroes nennt als Beispiel eine Säge:[642] Diese ist in ihrer Materie, Qualität und Quantität bestimmt. Sie muss aus Eisen bestehen, die Gestalt einer Säge haben und in ihrer Länge nicht beliebig sein. Jedoch behauptet niemand, dass die Säge ein notwendig Seiendes ist.[643] Al-Ghazzalis Einwand irrt demnach insofern, als auch etwas notwendigerweise eine bestimmte Form und Materie haben kann, wenn es nur der von uns gegebenen Beschreibung entspricht;[644] es ist trotzdem kein notwendig Seiendes. Trotz dieser treffenden Antwort beinhaltet das Argument Unklarheiten. Averroes müsste – wenn er al-Ghazzali ganz widerlegen will – auch zeigen, dass vergängliche Seiende, die notwendig sind, eine Ursache haben. Jedoch zeigt er nur, dass es Notwendigkeiten gibt, die Seienden nicht zugeschrieben werden können, weil sie eine Relation zwischen Universalien ausdrücken. Die von ihm erwähnte Notwendigkeit betrifft die Bedingungen, die eine Säge hat, um eine Säge zu sein, aber sie bezieht sich nicht auf die Existenz einer bestimmten Säge.[645]

Nach al-Ghazzali ermächtigt die Argumentation der Philosophen den Gegner (= die Ash‘ariten) dazu, sie mit einem entsprechenden Gegenbeweis anzugreifen. Wir könnten sagen, dass die Existenz der Welt vor ihrer Existenz nicht möglich war, weil Möglichkeit nach der Theorie der Philosophen koextensiv mit Existenz ist.[646] Die Grundthese dieses Arguments besteht darin, dass die Welt nur während ihrer Existenz möglich ist und unmöglich vor ihrer Existenz[647] – ein Einwand, den bereits Aristoteles gegen die Megariker erhob.[648] Die damit verbundene Frage, wie ein Unmögliches möglich werden soll, beantwortet al-Ghazzali mit der Feststellung, dass es nicht falsch ist, dass ein Ding irgend einmal unmöglich ist und irgend einmal möglich.[649] Auch die Antwort, dass alle Zeiten gleich sind, lässt er nicht gelten. Nach ihm geht es hier um Maße. Warum aber sollte ein Maß möglich sein und ein anderes, das größer oder kleiner ist, unmöglich? Wenn das eine nicht falsch ist, so ist es das andere auch nicht.[650] Deutlicher ausgedrückt: Wenn es für Gott unmöglich ist, die Welt zu einer bestimmten Zeit zu erschaffen, weil er sie früher hätte erschaffen können, warum sollte es dann nicht auch unmöglich für Gott sein, die Welt mit einer bestimmten Größe zu erschaffen, weil er sie in einer anderen Größe hätte erschaffen können?[651]

Averroes’ weitere Ausführungen geraten angesichts dieser Argumentation an Grenzen.[652] Es geht, wie er etwas später schreibt, wieder um die alte Frage, ob die Welt (auch oder nur) zeitlich oder ewig sein kann oder nicht. Kann sie, wenn sie zeitlich ist, ein erster Akt sein oder nicht? Wenn der Intellekt nicht die Kraft hat, sich für eine dieser entgegengesetzten Propositionen zu entscheiden, dann soll er zur Überlieferung zurückgehen, diese Frage dann aber nicht als verstandesgemäße betrachten.[653]

Trotz dieses Hinweises macht Averroes keinen Hehl aus seiner Auffassung, dass die erste Ursache nicht die beste Handlung weglassen kann und dafür eine niedrigere leistet, weil das eine Unvollkommenheit wäre. Allerdings wäre es die größte Unvollkommenheit, wenn die Handlung des Ewigen als begrenzt und endlich angesehen würde.[654] Der Akt Gottes, d. h. die Ausübung seiner Ursächlichkeit gegenüber dem Universum, muss darum von unendlicher Dauer sein und das Universum, das Ergebnis dieser Ursächlichkeit ist, muss ewig sein.[655] Wer meint, vom Ewigen gehe nur ein zeitlicher Akt aus, nimmt damit an, dass der Akt des Ewigen in gewisser Weise erzwungen ist und dass er auf diese Art keine freie Wahl in seinem Handeln hat.[656] Nach diesem kurzen Abstecher, der den Vergleich von Raum und Zeit im Hinblick auf die Unendlichkeit der Zeit nicht mehr direkt behandelt, kommt Averroes zum dritten Beweis.

c. Dritter Beweis: Es gibt keine unendliche Zahl von Möglichkeiten für Welten

Hier geht es um die Auffassung der Philosophen, dass die Existenz der Welt vor ihrer Existenz möglich ist, weil sie nicht erst unmöglich sein und dann möglich werden kann.[657] Dieser Beweis basiert nach van den Bergh auf der Idee, dass das, was möglich ist, irgendwann verwirklicht werden muss und dass daher nichts ewig möglich sein kann; außerdem wird hier vorausgesetzt, dass die Welt nicht hervorgebracht wurde. Die Welt ist nicht ewig, weil sie nicht nicht hat sein können. Weil die Welt jedoch ewig ist, konnte sie nicht nicht sein.[658] Gemäß Leaman sind diese Erklärungen van den Berghs nicht hilfreich; wenn dies die versteckte Annahme gewesen wäre, wäre sie durch al-Ghazzali wahrscheinlich entdeckt worden. Vielmehr steckt, wie Leaman weiter meint, hinter diesen Gedanken das so genannte „Prinzip der Fülle“,[659] das davon ausgeht, dass alles, was ewig möglich ist, zu der einen oder anderen Zeit aktualisiert wird.[660] Sowohl die Auffassung van den Berghs als auch die diesbezügliche Kritik Leamans sind Hypothesen, die sich jeweils nicht eindeutig nachweisen lassen. Hingegen wird das von Leaman vorgebrachte „Prinzip der Fülle“ von van den Bergh zwar nicht namentlich genannt, aber es ist auch bei ihm ansatzweise vorhanden, wenn er schreibt, dass der Beweis der Philosophen auf der Idee basiert, dass das, was möglich ist, irgendwann verwirklicht werden muss und dass daher nichts ewig möglich sein kann (s. o.).

Averroes sagt dazu: Wer vor der Existenz der Welt eine einzige Möglichkeit annimmt, die nicht zu Ende geht, muss lehren, dass die Welt ewig ist. Wer hingegen, wie al-Ghazzali, annimmt, dass es vor der Welt eine unendliche Zahl von Möglichkeiten für Welten gegeben hat, muss zugeben, dass es vor dieser Welt unendlich viele Welten gegeben hat. Es würde sich damit wie bei den menschlichen Individuen verhalten,[661] die nach Averroes mit ihren Vorfahren und Nachkommen eine unendliche Kette bilden.[662] Ginge hingegen die Fähigkeit Gottes, vor dieser Welt ständig neue Welten zu erschaffen, nicht bis ins Unendliche, so gelangte man zu einer Welt, vor der keine andere mehr hätte erschaffen werden können. Jedoch nehmen die Theologen dies weder an, noch nutzen sie es zum Nachweis für die Erschaffung der Welt.[663]

Aus der Annahme einer unendlichen Zahl von Welten vor dieser Welt würde nach Averroes folgen, dass die Welt die Natur einer individuellen Person hat. Beide würden auf dieselbe Weise durch ein erstes Prinzip entstehen, dessen Bewegung ohne Anfang und ewig ist. Die Kette käme notwendigerweise bei einer einzelnen ewigen Welt zu einem Abschluss oder sie verliefe ins Unendliche. Weil es nötig ist, jenen Prozess zu beenden, ist es nach Averroes besser, ihn mit dieser Welt abzutrennen, d. h. sie als numerisch eine und als ewig anzunehmen.[664]

d. Vierter Beweis: Zum Vollzug von Änderung im Universum erfordern Möglichkeit und Unmöglichkeit ein Substrat (Materie)

Nach al-Ghazzali besteht dieser Beweis darin, dass die Philosophen meinen, allem was werde, gehe die Materie voraus. Alles, was werde, könne nämlich nicht materielos sein.[665] Die Materie ist hier, so Averroes in seiner Zusammenfassung, als Träger der Möglichkeit, für das Mögliche aufnahmefähig. Sie kann, insofern sie Materie ist, nicht werden. Wäre dies der Fall, so benötigte sie eine andere Materie, was letztlich bis ins Unendliche ginge. Materie wird aber nur insofern, als sie mit Form zusammengesetzt wird. Alles Entstehende wird aus einem anderen. Jedoch kann dies unmöglich in einem infiniten Regress direkt zu einer endlosen Materie führen.[666] Weil es kein aktuell Unendliches gibt,[667] muss ein ewiger Beweger angenommen werden. Die Formen müssen sich in einem unentstandenen und unvergänglichen Substrat (=Materie) austauschen. Ihre Aufeinanderfolge muss ewig und in einer Kreisbewegung sein.[668]

Während also die Welt als Ganze unverursacht und unvergänglich ist, ändern sich ihre Teile fortwährend. Änderung kann sich nur vollziehen, wenn Materie verschiedene Formen erlangt und so neue Dinge zur Folge hat. Materie muss schon immer existiert haben, weil sie das notwendige Substrat jeder Änderung ist. Sie ist selbst notwendig[669] und kann nicht aufgrund der Verursachung durch eine andere Materie in Existenz kommen, weil dies zu einem unendlichen Rückgang führte.

Al-Ghazzali ist mit dieser Auffassung nicht einverstanden, weil damit jene erste Änderung ausgeschlossen wird, die er Gott bei der Erschaffung der Welt zuspricht. Er befürchtet, dass die Sicht der Philosophen eine creatio ex nihilo ausschließen könnte. Er meint deshalb: Wenn wir denken können, dass Wandel ohne Materie stattfindet, müsste diese Möglichkeit auch für Gott gelten.[670] Benötigte Möglichkeit ein Existierendes, auf das es bezogen werden könnte und von dem gesagt werden könnte, dass es dessen Möglichkeit ist, dann benötigte auch Unmöglichkeit ein Existierendes, damit gesagt werden könnte, dass es dessen Unmöglichkeit ist. Unmöglichkeit hat jedoch keine wirkliche Existenz und es gibt keine Materie, in der sie sich ereignet und auf die sie bezogen werden könnte.[671]

Averroes’ Entgegnung lehnt sich an Aristoteles an. Danach erfordert Möglichkeit eine existierende Materie. Alles wahre Erkannte braucht ein Seiendes außerhalb der Seele, denn Wahrheit besteht in der Übereinstimmung dessen, was in der Seele und außerhalb der Seele ist.[672] Al-Ghazzalis Beweis, dass das Mögliche nicht von einem Existierenden abhängt, weil das Unmögliche nicht von einem Existierenden abhängt, ist nach Averroes sophistisch.[673] Er nimmt gegen al-Ghazzali an, dass Unmöglichkeit ein Substrat erfordert. So ist etwa die Existenz eines leeren Raums aufgrund der Unmöglichkeit unkörperlicher Dimensionen unmöglich. Auch die Gleichwertigkeit von eins und zwei ist unmöglich, weil sie nicht wirklich existieren kann. Wenn solche Unmöglichkeiten nicht existieren können, stellt sich die Frage, warum sie dann ein Substrat erfordern. Wahrscheinlich liegt einer der Gründe dafür, dass sie nicht existieren können, in der Nichtverfügbarkeit eines Substrates für sie.[674]

Nach einem weiteren von al-Ghazzali angeführten Argument bestimmt der Intellekt, dass schwarz und weiß möglich sind, bevor sie existieren.[675] Würde diese Möglichkeit auf den Körper bezogen, dem sie innewohnen, dann wäre weiß nicht durch sich selbst möglich und die Möglichkeit würde sich nur auf den Körper beziehen. Jedoch muss das Urteil über schwarz (oder weiß) in sich selbst möglich sein. Darum muss der Intellekt, um zu entscheiden, ob etwas möglich ist, nicht von einem existierenden Ding ausgehen, auf das diese Möglichkeit bezogen werden kann.[676] Wir können nach al-Ghazzali weiß und schwarz denken, ohne notwendigerweise an weiße und schwarze Dinge zu denken. Wenn es, wie hier angenommen, möglich ist, sich eine Farbe vorzustellen, ohne sich gleichzeitig ein farbiges Ding vorzustellen, dann gibt es keine wesenhafte Verbindung zwischen den Eigenschaften und ihren materiellen Substraten.[677]

Nach Averroes handelt es sich hier um einen Trugschluss. Man kann das Mögliche vom Aufnehmenden und vom Aufgenommenen aussagen. Wird es vom aufnehmenden Subjekt (Substrat) ausgesagt, so steht ihm das Unmögliche gegenüber; wird es vom Aufgenommenen ausgesagt, so steht ihm das Notwendige gegenüber. Das Mögliche, dem das Unmögliche gegenübersteht, geht nicht als solches von der Möglichkeit in den Akt über, weil es im Fall des Aktuellwerdens die Möglichkeit verliert. Es wird nur insofern von der Möglichkeit bezeichnet, als es in Potenz ist. Der Träger dieser Möglichkeit ist das Substrat, das sich von der potentiellen Existenz in die aktuelle Existenz wandelt.[678] Nach dem Denken des Averroes kann also die Nicht-Existenz einer Farbe nicht zur Existenz der Farbe werden, ohne Materie zu passieren. Sollte irgendein Zustand der Dinge möglich sein, so kann er von seinem Gegenteil in die Existenz kommen. Außerdem muss eine materielle Ursache verfügbar sein, um seinen Übergang von einem Zustand zum anderen erklären zu können.

[...]


[1] Karl Bosl, Thomas von Aquin(o). In: Biograph. Wörterb. z. dtschen Gesch., Bd. 3, Sp. 2883.

[2] Vgl. Frederick C. Copleston, Geschichte der Philosophie im Mittelalter, München 1976, 117.

[3] Vgl. Jan Hjärpe, Averroes/Averroismus. In: TRE, Bd. V (1980), 52; Georges C. Anawati, Averroes, Averroismus. I. Averroes. Leben, Werke und Lehre. In: LexMA, Bd. I (1980), Sp. 1292.

[4] S. dazu auch unten Kap. B.II.2.

[5] Vgl. Richard Heinzmann, Thomas von Aquin. Eine Einführung in sein Denken. Mit ausgewählten lateinisch-deutschen Texten, Stuttgart/Berlin/Köln 1994, 30; Robert Pasnau/ Christopher Shields, The Philosophy of Aquinas (The Westview Histories of Philosophy Series), Boulder/Oxford 2004, 1. – Lange hat die Einschätzung des Thomas als reiner Aristoteliker ein reales Thomas-Bild behindert; darauf wurde bereits vor mehreren Jahrzehnten hingewiesen von: Josef Pieper, Hinführung zu Thomas von Aquin. 12 Vorlesungen, München 21963, 66ff, unter Verweis auf (2323): Marie-Dominique Chenu, L’équilibre de la scolastique médiévale. In: RSPhTh 29 (1940), 312.

[6] Heinzmann, Thomas von Aquin. Eine Einführung in sein Denken, 30.

[7] Ibd. – Vgl. zu den philosophischen Grundlagen bei Thomas (bereits zitierte Werke werden hier, wie auch in allen weiteren Anmerkungen, in Kurzform aufgeführt): Klaus Bernath (Hg.), Thomas von Aquin, Bd. II: Philosophische Fragen, Darmstadt 1981; Étienne Gilson, The Christian Philosophy of St. Thomas Aquinas, New York 1956; Heinzmann, Thomas von Aquin. Eine Einführung in sein Denken, 26-64. Wolfgang Kluxen, Thomas von Aquin, II. Lehre. In: LThK, Bd. 9 (32000), Sp. 1512f; Pasnau/ Shields, The Philosophy of Aquinas; Otto Hermann Pesch, Thomas von Aquino/Thomismus/Neuthomismus. In: TRE, Bd. XXXIII (2002), 440-449; Dietrich Schlüter, Thomas von Aquin. III. Philosophie. In: LThK, Bd. 10 (21965), Sp. 123-127.

[8] Vgl. Michael Welker, Schöpfung. In: Wörterb. des Christentums, 1119. - Wie wichtig der Schöpfer bei der Diskussion über die Erschaffung der Welt ist, zeigt sich u. a. darin, dass „nach jüdisch-christlichem Glauben ... Schöpfungslehre im eigentlichen Sinne Gotteslehre“ ist und dass gemäß dem Islam die von Gott geschaffene Welt ein Zeichen ist, „das auf ihren Schöpfer hinweist, und damit ein Ort der Glaubensfindung“. (1. Zitat nach: Dorothea Sattler/ Theodor Schneider, Schöpfungslehre. In: Theodor Schneider [Hg.], Handbuch der Dogmatik, Bd. 1, Düsseldorf 22002, 120. - 2. Zitat nach: Adel Theodor Khoury, Weltverständnis/Weltverantwortung. In: Islam-Lex., Bd. 3, 761).

[9] Gregor Ahn, Schöpfer/Schöpfung. I. Religionsgeschichtlich. In: TRE, Bd. XXX (1999), 250.

[10] Vgl. zum christlichen Schöpfungsbegriff und seiner Geschichte: Franz Courth, Gott - Mensch - Welt. Was sagt christlicher Schöpfungsglaube? Leitfaden zur Schöpfungslehre, St. Ottilien 1996; Alexandre Ganoczy, Schöpfungslehre, Düsseldorf 21987; Sattler/Schneider, Schöpfungslehre, 120-238; Leo Scheffczyk/ Anton Ziegenaus, Katholische Dogmatik, Bd. 3: Schöpfung als Heilseröffnung. Schöpfungslehre, Aachen 1997; diverse Artikel zum Thema „Schöpfung“ in: LThK, Bd. 9 (32000), Sp. 217-236; RGG, Bd. 7 (42004), Sp. 970-982; TRE, Bd. XXX (1999), 258-292 u. 296-355.

[11] Alexandre Ganoczy, Schöpfung. In: Lex. d. kath. Dogmatik, 456.

[12] Vgl. Helmut Hoping, Creatio ex nihilo. Von der Bedeutung einer schwierigen Unterscheidung für den Begriff des Monotheismus. In: Jahrbuch für biblische Theologie 12 (1997), 294.

[13] Vgl. Scheffczyk/ Ziegenaus, Katholische Dogmatik, Bd. 3, 134.

[14] Vgl. Sattler/Schneider, Schöpfungslehre, 214.

[15] Christian Schütz, Mensch. VII. Im Christentum. In: Lex. der Rel., 413.

[16] Vgl. ibd.

[17] Vgl. Alexandre Ganoczy, Weltschöpfung: jüdisch – christlich. In: Lex. der Rel., 702.

[18] Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.), Einführung in das Christentum, München 52005, 215.

[19] Vgl. Ganoczy, Weltschöpfung, 702.

[20] Vgl. Roger Arnaldez, La pensée religieuse d’Averroès: I. La doctrine de la création dans le Tah ā fut. In: Studia Islamica VII (1957), 100; Ernst Behler, Die Ewigkeit der Welt. Problemgeschichtliche Untersuchungen zu den Kontroversen um Weltanfang und Weltunendlichkeit in der arabischen und jüdischen Philosophie des Mittelalters, Paderborn 1965, 236.

[21] Vgl. Ulrich Rudolph, Islamische Philosophie. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2004, 15.

[22] Michael Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters. In: William Montgomery Watt/ Michael Marmura, Der Islam II. Politische Entwicklungen und theologische Konzepte (Die Religionen der Menschheit 25,2), Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1985, 336, unter Verweis auf (33514): Rasa ’ il al-Kindi al-falsafiyya, ed. Muhammad ‘Abd al-Hadi Abu Rida, Kairo 1950, 140.

[23] Vgl. dazu: Tilman Nagel, Geschichte der islamischen Theologie. Von Mohammed bis zur Gegenwart, München 1994, 178ff.

[24] Zit. nach: Peter antes/ Werner Rück/ Bernhard Uhde, Islam – Hinduismus – Buddhismus. Eine Herausforderung des Christentums, Mainz 21977, 43. (Der Text wurde folgender Übersetzung entnommen: Josef Hell, Die Religion des Islam I. Von Mohammed bis Ghazâli, Jena 1915, 30).

[25] Vgl. Louis Gardet, Ibd ā ‘ . In: EI2, vol. III (1971), 664f. – S. dazu auch die weiteren Differenzierungen in: Ibd., 663ff; Roger Arnaldez, Kh al ḳ . In: EI2, vol. IV (1978), 980-988.

[26] Vgl. Adel Theodor Khoury, Der Islam. Sein Glaube, seine Lebensordnung, sein Anspruch, Freiburg/Basel/Wien 62001, 96; Annemarie Schimmel, Die Zeichen Gottes. Die religiöse Welt des Islam, München 1995, 224; Hans Zirker, Christentum und Islam. Theologische Verwandtschaft und Konkurrenz, Düsseldorf 21992, 66f.

[27] Johan Bouman, Mensch. VIII. Im Islam. In: Lex. der Rel., 414.

[28] Vgl. Schimmel, Die Zeichen Gottes, 227.

[29] Vgl. ibd., 231f.

[30] Vgl. ibd., 302.

[31] Vgl. ibd., 289.

[32] Vgl. ibd., 292.

[33] Vgl. Khoury, Der Islam, 120.

[34] Vgl. ibd., 117-123.

[35] Phil. Wörterbuch Halder, 283. – S. dazu auch: Jürgen Mittelstraß, Schöpfung. In: EPW, Bd. 3, 730.

[36] So z. B. im HpG und im Phil.-Lex. Hügli/ Lübcke.

[37] Vgl. Phil. Wörterbuch Schischkoff, 649.

[38] So beispielsweise: HWPh, Bd. 8 (1992), 1389-1413; Phil. Wörterbuch Brugger, 339ff.

[39] Rose, Arist. fr., Fr. 18. - Zit. nach: Jean-M. Zemb, Aristoteles, Reinbek b. Hamburg 1961, 148.

[40] Vgl. zum Neuplatonismus: John Gregory, The Neoplatonists, New York 21999; Jens Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004; Willy Theiler, Forschungen zum Neuplatonismus. Berlin 1966; Clemens Zintzen (Hg.), Die Philosophie des Neuplatonismus. Darmstadt 1977.

[41] Vgl. Wolfgang Wieland, Antike (Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung 1), Stuttgart 1978, 397.

[42] Vgl. ibd., 364.

[43] Walter Brugger, Neuplatonismus. In: Phil. Wörterbuch Brugger, 266.

[44] Vgl. ibd.

[45] Vgl. Raif Georges Khoury/ Jens Halfwassen (Hgg.), Platonismus im Orient und Okzident. Neuplatonische Denkstrukturen im Judentum, Christentum und Islam, Heidelberg 2005.

[46] Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 329.

[47] Vgl. dazu: John J. O'Meara, The Neoplatonism of Saint Augustine. In: Dominic J. O’Meara, Neoplatonism and Christian Thought, Albany 1982, 34-41; Kurt Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli, Stuttgart 22000, 38-43.

[48] Vgl. Brugger, Neuplatonismus , 266.

[49] Vgl. Martin Grabmann, Mittelalterliches Geistesleben. Abhandlungen zur Geschichte der Scholastik und Mystik, München 1926, 293 ff.

[50] In der ScG (1258-1265 [vgl. Rolf Schönberger, Thomas von Aquins „Summa contra gentiles”, Darmstadt 2001, 8]) setzt Thomas sich besonders mit der arabisch-islamischen Philosophie auseinander (vgl. Wolfgang Kluxen, Thomas von Aquin: Das Seiende und seine Prinzipien. In: Josef Speck [Hg.], Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie des Altertums und des Mittelalters, Göttingen 52001, 172).

[51] Grabmann, Mittelalterliches Geistesleben, 295.

[52] Averroes schrieb in Entsprechung zu drei Unterrichtsstufen drei Arten von Kommentaren – den kleinen (compendium/ jami, Pl. jawami ‘ ), den mittleren (commentarium medium/ talkhis ) und den großen (commentarium magnum/ tafsir oder sharh). (Vgl. Hjärpe, Averroes/Averroismus, 52). - Die Methodik der jeweiligen Kommentare ist näher dargestellt in: Jameleddine Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, Nordhausen 2005, 21f. - Nur ein kleiner Teil der arabischen Originale ist erhalten geblieben. (Vgl. Roger Arnaldez, Ibn Rushd. In: EI2, vol. III [1971], 911). – Hingegen sind fast alle wichtigen Werke ins Hebräische übersetzt worden. (Vgl. Hermann Greive, Averroes/Averroismus II. Jüdischer Averroismus. In: TRE, Bd. V [1980], 56). - Die lateinischen Übersetzungen geschahen vornehmlich durch Michael Scotus sowie durch Hermannus Allemannus und Wilhelm de Luna. (Vgl. dazu: Hans Daiber, Lateinische Übersetzungen arabischer Texte zur Philosophie und ihre Bedeutung für die Scholastik des Mittelalters. Stand und Aufgaben der Forschung. In: Jacqueline Hamesse/ Marta Fattori [edd.], Rencontres de cultures dans la philosophie médiévale. Traductions et traducteurs de l'antiquité tardive au XIVe siècle, Louvain-La-Neuve/Cassino 1990, 236; Jacques Langhade, Entre Islam et Chrétienté latine: l’oeuvre d’Averroès, philosophe, homme de religion et juriste. In: André Bazzana/ Nicole Bériou/ Pierre Guichard [édd.], Averroès et l’averroïsme [XIIe –XVe siècle]. Un itinéraire historique du Haut Atlas à Paris et à Padoue. Actes du colloque international organisé à Lyon, les 4 et 5 octobre 1999 dans le cadre du „Temps du Maroc", Lyon 2005, 251; Dorothea Walz, Aristoteles und Averroes bei Kaiser Friedrich II. In: Raif Georges Khoury [Hg.], Averroes [1126-1198] oder der Triumph des Rationalismus. Internationales Symposium anlässlich des 800. Todestages des islamischen Philosophen, Heidelberg 2002, 318f; Wolfgang Kluxen, Averroes/Averroismus III. Averroismus im Mittelalter. In: TRE, Bd. V [1980], 57 ).

[53] Simon van den Bergh ( Introduction. In: Averroes’ Tahafut al-Tahafut [ The Incoherence of the Incoherence ], translated from the Arabic with introduction and notes by Simon van den Bergh, 2 vols., London 1954 [repr. as one vol., Cambridge 1987], XIII ) weist darauf hin, dass das Wort tahafut von den Gelehrten auf verschiedene Art übersetzt wurde. Er selbst hält incoherence für am geeignetsten, was auf Deutsch „Inkohärenz, Zusammenhanglosigkeit, Unvereinbarkeit, Widerspruch” bedeutet. Somit könnte die Übersetzung lauten: „Die Inkohärenz der Inkohärenz“ (Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 77) oder „Die Widersprüche der Widersprüche” (Egbert Meyer, Tah ā fut-at-tah ā fut. In: Lex. der phil. Werke, 693).

[54] Vgl. Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 77.

[55] Übers. „Die Inkohärenz der Philosophen” (van den Bergh, Introduction, XIII) bzw. „Die Widersprüche der Philosophen“ (Egbert Meyer, Tahāfut al-falāsifah. In: Lex. der phil. Werke, 693).

[56] Vgl. van den Bergh, Introduction, XV; und unten Kap. B.VII.1.

[57] Kitab Fasl al-maqal – „Eine entscheidende Abhandlung“. (Übers. nach: Philosophie und Theologie von Averroes, übers. v. Marcus Joseph Müller. Mit einem Nachw. v. Matthias Vollmer, Weinheim 1991 [Neuausgabe der Übersetzung von München 1875], 1).

[58] Vgl. Badawi, Averroès (Ibn Rushd), 33.

[59] Kitab al-Kashf ‘ an-manahij al-adilla fi aqa’id al-milla - „Die Erklärung der Beweismethoden hinsichtlich der Glaubensvorstellungen der Religion.“ (Übers. nach: Philosophie und Theologie von Averroes, übers. v. Müller. [Neuausgabe], 29).

[60] Vgl. ‘Abdurrahmân, Badawi, Averroès (Ibn Rushd), Paris 1998 , 33.

[61] S. dazu unten Kap. C.IV.9.

[62] Vgl. zum Aufbau der ScG und der STh unten Kap. C.IV.9.

[63] Vgl. Badawi, Averroès (Ibn Rushd), 33; Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 80.

[64] Vgl. Badawi, Averroès (Ibn Rushd), 33.

[65] Vgl. Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelese n, 78.

[66] Zu unterscheiden sind hier der große Kommentar (1190 [vgl. Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 78]), der mittlere Kommentar (1173? [vgl. Badawi, Averroès {Ibn Rushd}, 33]) und die Epitome (1159 [vgl. Helmut Gätje, Das Kapitel über das Begehren aus dem mittleren Kommentar des Averroes zur Schrift über die Seele, Amsterdam/Oxford/New York 1985 , 28]).

[67] Vgl. zum Emanatismus: A. Hilary Armstrong, Emanation in Plotinus. In: Mind 46 (1937), 61-66; J. Edgar Bauer, Emanation. In: HrwG, Bd. II (1990), 263f; Heinrich Dörrie, Emanation. Ein unphilosophisches Wort im spätantiken Denken. In: Ders., Platonica minora, München 1976, 70-86; Markus Enders, Emanation/Emanatismus. I. Philosophisch. In: LThK, Bd. 3 (31995), Sp. 618; Matthias Gatzemeier, Emanation. In: EPW, Bd. 1, 538; Lloyd P. Gerson, Plotinus' Metaphysics: Creation or Emanation? In: Review of Metaphysics 46 (1993), 559-574; Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, 86-93; Klaudius Jüssen, Emanatismus. In: LThK, Bd. 3 (21959), Sp. 841f; Klaus Kremer, Die neuplatonische Seinsphilosophie und ihre Wirkung auf Thomas von Aquin, Leiden 1966; Ders., Emanation. In: HWPh, Bd. 2 (1972), Sp. 445-448; Alain de Libera, Albert le Grand et la philosophie, Paris 1990, 117-177; T. P. Roeser, Emanation and Creation. In: New Scholasticism 19 (1945), 85-116.

[68] Vgl. Gotthard Strohmaier, Avicenna, München 1999, 62ff; Majid Fakhry, Islamic Philosophy, Theology and Mysticism. A Short Introduction, Oxford 2000, 47f, 52.

[69] Vgl. Barry S. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, New York 1985, 249.

[70] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 ra, 173; TT 173; The Incoherence of the Incoherence, 104; Die Widerlegung des Gazali, 155.

[71] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 249, unter Verweis auf (30992): TT 183.

[72] Vgl. Kogan, Averroes a nd the Metaphysics of Causation, 249, unter Verweis auf (31093): Michael F. Wagner, Vertical Causation in Plotinus. In: R. Baine Harris (ed.), The Structure of Being: A Neoplatonic Approach, Albany (State University of New York Press) 1982, 51-72.

[73] Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 360.

[74] Vgl. dazu auch die unten in Kap. B.VIII.2 geschilderten Auseinandersetzungen des Averroes mit der Lehre Avicennas.

[75] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 249; Herbert A. Davidson, Alfarabi and Avicenna on the Active Intellect, In: Viator 3 (1972), 109-178.

[76] Wolfgang Röd, Der Weg der Philosophie von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Bd. 1, München 1994, 329. - S. dazu auch unten Kap. B.II.3.b.

[77] Vgl. dazu: David C. Reisman, Al-Fārābī and the philosophical curriculum. In: Peter Adamson/ Richard C. Taylor (edd.), The Cambridge Companion to Arabic philosophy, Cambridge University Press 2005 , 56ff; Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 348f.

[78] Anke v. Kügelgen, Averroes. Ansätze zu einer Neubegründung des Rationalismus im Islam, Leiden/New York/Köln 1994, 42, unter Verweis auf (42101): Al-Farabi on the Perfect State. Abu Nasr al-Farabi’s Mabadi ’ Ara ’ Ahl al-Madina al-Fadila. A revised text with introduction, translation, and commentary by Richard Walzer, Oxford 1985, 100-105; 88.11-95.5; 134-144.

[79] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 42. Die Autorin verweist als Beleg u. a. auf (42102): Al-Farabi, al-Madina al-Fadila, 198-202; Avicenna’s De Anima (Arabic text). Being the Psychological Part of Kitab Al-Shifa, ed. by Fazlur Rahman, London/New York/Toronto 1959, 234ff, 247f; Davidson, Alfarabi and Avicenna on the Active Intellect, 137-148, 159-178.

[80] v. Kügelgen, Averroes, 42, unter Verweis auf (43104): Avicenna, al-Shif a’, al-Ilahiyyat, vol. II, edd. Muhammad Yusuf Musa, Sulaiman Dunya, Sa‘id Zayid, Cairo 1960, 410; Davidson, Alfarabi and Avicenna on the Active Intellect, 155; Amélie-Marie Goichon, La distinction de l’essence et de l’existence d’après Ibn Sina (Avicenne), Paris 1937, 238-244. - Zum dator formarum bei Avicenna s. auch unten Kap. B.VIII.2.

[81] Vgl. Majid Fakhry, Averroes (Ibn Rushd) . His Life, Works, Influence, Oxford 2001 , 7-11; und unten Kap. B.II.3.

[82] Zwischen der Epitome der Metaphysik und dem großen Kommentar zur „Metaphysik“ gibt es diverse Differenzen. (Vgl. unten Kapitel B.II.2 und 3 und B.VIII). Darum wurde Averroes’ Autorenschaft der Epitome vor über 90 Jahren in Frage gestellt von: Bruno Nardi, Sigieri di Brabante nella Divina Commedia. In: Rivista di Filosofia Neoscolastica 1911 april e ottobre, 1912 febbraio e aprile, Sonderabzug A. 2, 17. - Jedoch sprach sich bereits Max Horten ( Vorwort. In: Die Metaphysik des Averroes. Nach dem Arabischen übersetzt und erläutert von Max Horten, Leipzig 1912 [Nachdruck Frankfurt/M 1960], IXf ) gegen die These Nardis aus. Neuere Forschungen weisen ebenfalls auf die Authentizität des Werkes hin: Jamal al-Din al-‘Alawi ( al-Matn ar-rushdi - madkhal li-qira’a jadida , Casablanca 1986, 57f ) nimmt 1161 als Entstehungsjahr an. Nach Anke von Kügelgen ( Averroes, 4092 ) hat Averroes das Werk kurz nach dem Abfassen des großen Metaphysikkommentars, also etwa 30 Jahre später, in manchen Punkten noch einmal überarbeitet.

[83] Vgl. Herbert A. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect. Their Cosmologies, Theories of the Active Intellect, and Theories of Human Intellect, New York/Oxford 1992, 223.

[84] Averroes verfasste die Epitome 1161, die Destructio destructionum hingegen erst 1180/1181. (Vgl. Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 77f).

[85] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 41, unter Verweis auf (4195): TT 179-182; 184-194; 245f; 259-262.

[86] Max Horten, Inhaltsverzeichnis. In: Die Metaphysik des Averroes, 237.

[87] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 223; Epit. der Met., arab. 63/ deutsche Übersetzung 108.

[88] Vgl. Epit. der Met., arab. 64/ deutsche Übersetzung 110.

[89] Vgl. ibd., arab. 63/ deutsche Übersetzung 109. - Da aber nur die Seele in Bewegung setzen kann, sieht Simon van den Bergh hier zu Recht einen Zirkelschluss, der im Widerspruch zum „Gedanken eines nicht-seelischen Strebens überhaupt“ steht. (Simon van den Bergh, Einleitung. In: Epit. der Met., XXVIII. - S. dazu auch: Ders., Erläuterungen. In: Epit. der Met., 20365/4, unter Verweis auf: Aristoteles, Analytica posteriora II, 95a1; De caelo IV, 307b33; Physik VIII, 255b30). – Unabhängig von dieser Feststellung kann konstatiert werden, dass Himmelskörper nach Averroes die Potenz zur Bewegung haben und dass sie immerwährende bewegende Substanzen sind. (Vgl. Matteo Di Giovanni, Averroes on the Species of Celestial Bodies. In: Andreas Speer/ Lydia Wegener [Hgg.], Wissen über Grenzen. Arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter , Berlin/New York 2006, 443).

[90] Epit. der Met., deutsche Übersetzung 110. (Vgl. arab. 64).

[91] Vgl. van den Bergh, Erläuterungen. In: Epit. der Met., deutsche Übersetzung, 243112/4.

[92] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 223.

[93] Vgl. Epit. der Met., arab. 66/ deutsche Übersetzung 113.

[94] Ibd., deutsche Übersetzung 113. (Vgl. arab. 66)

[95] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 223; Epit. der Met., arab. 70/ deutsche Übersetzung 118.

[96] Vgl. Epit. der Met., arab. 69/ deutsche Übersetzung 118. - Simon van den Bergh ( Erläuterungen, 252118/5 ) sieht hier Übereinstimmungen mit Plotins Enneaden, wonach die Gestirne das unter ihnen Stehende nicht kennen. (Vgl. Enn. IV 4.6). Sie stehen mit uns auch nicht in Verbindung. Sie finden vielmehr in ihrer Handlung das Glück. Wenn sie Einfluss auf uns ausüben, so geschieht dies per accidens und nicht durch eine spezielle Wahl. (Vgl. Enn. II 3.3).

[97] Vgl. Epit. der Met., arab. 69/ deutsche Übersetzung 119.

[98] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 224; Epit. der Met., arab. 69/ deutsche Übersetzung 119.

[99] Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 224. - Nach Averroes’ De substantia orbis ist die Sphäre ein einfacher, nicht aus Materie und Form zusammengesetzter Körper. (Vgl. Sermo de Substantia orbis, lat. fol. 6 d; hebr. C. 2.28/ engl. 79). Der Himmelskörper dient als Materie für diese unkörperliche Form. Er ist eine Materie, die in actu existiert. (Vgl. Sermo de Substantia orbis, lat. fol. 6 g; hebr. C. 2.47/ engl. 82).

[100] Epit. der Met., deutsche Übersetzung 119. (Vgl. arab. 69). - In diesem Zusammenhang muss an die bereits genannte Seele der Sphäre gedacht werden, die als direkter Beweger des Himmelskörpers fungiert und an die Intelligenz, die indirekter Beweger des Himmelskörpers ist (s. o.).

[101] Vgl. Horten, Inhaltsverzeichnis, 237; Epit. der Met., arab. 70ff/ deutsche Übersetzung 120ff.

[102] Horten, Inhaltsverzeichnis, 237.

[103] Vgl. ibd.

[104] Epit. der Met., deutsche Übersetzung 130. (Vgl. arab. 76).

[105] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 224, unter Verweis auf (22425): Plotin, Enn. VI (5.1; 9.1; 9.3).

[106] Epit. der Met., deutsche Übersetzung 131. (Vgl. arab. 77).

[107] Vgl. Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 224.

[108] Vgl. ibd., 225; Epit. der Met., arab. 77/ deutsche Übersetzung 131f.

[109] Davidson, Alfarabi, Avicenna, and Averroes, on Intellect, 225. – S. dazu auch: Epit. der Met., arab. 79/ deutsche Übersetzung 135.

[110] Vgl. dazu die Definitionen von Schöpfung (besonders im Islam) oben in Kap. A.

[111] Horten, Vorwort. In: Die Metaphysik des Averroes, XIV.

[112] Vgl. ibd.

[113] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 41.

[114] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 va, 177 ; TT 179f ; The Incoherence of the Incoherence, 107f; Die Widerlegung des Gazali, 159.

[115] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 41.

[116] v. Kügelgen, Averroes, 43, unter Verweis auf (43105): TT 179f; Kogan, Averroes and the Theory of Emanation, 396.

[117] Destructio destructionum, fol. 23 va, 177: „dixerunt quod primum sit ens simplex, ex quo emanavit motor orbis magni, et emanavit a motore orbis magni orbis magnus et motor orbis secundi, qui est sub magno. Quoniam hic motor est compositus ex eo quod intelligit de primo, et ex eo quod intelligit de seipso.” (Vgl. TT 180; The Incoherence of the Incoherence, 108; Die Widerlegung des Gazali, 159).

[118] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 va, 177; TT 180; The Incoherence of the Incoherence, 108; Die Widerlegung des Gazali, 159.

[119] Vgl. Aristoteles, Metaphysik XII, 1075a.

[120] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 va, 177; TT 180; The Incoherence of the Incoherence, 108; Die Widerlegung des Gazali, 159.

Averroes schließt sich hier A r i s t o t e l e s an, gemäß dem der Intellekt nicht die Ursache irgendeiner Dualität sein kann. (Vgl. De anima III, 431b16). Nach P l o t i n hingegen beinhaltet der Intellekt Dualität, weil Selbst-Erkennen Dualität impliziert und der Erste jenseits des Intellekts ist. (Vgl. Enn. V 3.13). Für die a r a b i s c h e n A r i s t o t e l i k e r wiederum, die aristotelische Elemente mit denen der Neuplatoniker verbinden, ist der Erste (Gott) ein sich selbst erkennendes Eines, von dem der erste Intellekt emaniert. (Vgl. zum Ganzen: van den Bergh, Notes. In: Averroes’ Tahafut al-Tahafut [The Incoherence of the Incoherence], 73108/2).

[121] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 251.

[122] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 vb, 178; TT 182; The Incoherence of the Incoherence, 109; Die Widerlegung des Gazali, 161.

[123] Das heißt: Das göttliche Agens handelt sui generis. Hingegen gilt für das Agens in der empirischen Welt das ex uno unum. (Vgl. van den Bergh, Notes, 73108/3).

[124] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 va, 177; TT 180; The Incoherence of the Incoherence, 108; Die Widerlegung des Gazali, 159.

[125] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 7, unter Verweis auf (75): TT 180f.

[126] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 8, unter Verweis auf (86): TT 180f, 152; B 1498.

[127] Horten (Bemerkung in Klammern). In: Die Widerlegung des Gazali, 161.

[128] Vgl. Destructio destructionum, fol. 23 va, 180f; TT 184; The Incoherence of the Incoherence, 111; Die Widerlegung des Gazali, 161.

[129] v. Kügelgen , Averroes, 43, unter Verweis auf (43108): TT 185f.

[130] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 252.

[131] Vgl. Destructio destructionum, fol. 28 ra, 208; TT 233; The Incoherence of the Incoherence, 139.

[132] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 raff, 122ff; TT 97ff; The Incoherence of the Incoherence, 57f; Die Widerlegung des Gazali, 102ff.

[133] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 ra, 122f ; TT 97; The Incoherence of the Incoherence, 57; Die Widerlegung des Gazali, 102.

[134] van den Bergh, Notes, 4357/1, unter Verweis auf: Aristoteles, De caelo I, cc. 10-12.

[135] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 ra, 123; TT 98; The Incoherence of the Incoherence, 58; Die Widerlegung des Gazali, 102.

[136] Vgl. Metaphysik XII, 1071b.

[137] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 10.

[138] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 27658, unter Verweis auf: Avicenna, al-Shif a’, al-Ilahiyyat , vol. II, 266. - S. dazu auch: Avicenna, Met. VI, 2, fol. 92 ra, ed. van Riet, 303f.

[139] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 27658.

[140] Vgl. Avicenna, Le Li vre de science (Dânesh-nâmeh). Traduit par Mohammed Achena et Henri Massé, Paris 1955, vol. I, 116. - S. dazu auch: Averroes, Destructio destructionum, fols. 34 va u. 43 rb-va, 252f u. 314f; TT 303f u. 391f ; The Incoherence of the Incoherence, 179f u. 236; Die Widerlegung des Gazali, 204.

[141] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 8.

[142] Vgl. ibd., 9, unter Verweis auf (98): B 1279.

[143] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 9.

[144] Vgl. Charles Genequand, Introduction. In: Ibn Rushd’s Metaphysics, 45; Djemil Saliba, Étude sur la Métaphysique d’Avicenne, Paris 1926, 100ff.

[145] Vgl. Genequand, Introduction, 45; Com. magn. in Met. XII, fol. 324 k–l; B 1632; Ibn Rushd’s Metaphysics, 165.

[146] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 9; Com. magn. in Met. XII, fol. 324 k–l; B 1632; Ibn Rushd’s Metaphysics, 165.

[147] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 9.

[148] Vgl. zum Folgenden: Com. magn. in Met. XII, fol. 328 c–e; B 1652; Ibn Rushd’s Metaphysics, 174.

[149] Gemeint sind hier die muslimischen Philosophen. (Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 253).

[150] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 328 d; B 1652; Ibn Rushd’s Metaphysics, 174.

[151] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 253.

[152] Com. magn. in Met. XII , fol. 328 e: „Et ideo videmus, quod scientia magis propria primi Dei, scilicet est illud, quod continetur sub prima Philosophia”. (Vgl. B 1652; Ibn Rushd’s Metaphysics, 174). - Ich benutze hier und bei verschiedenen anderen Werken des Averroes folgende lateinische Ausgabe: Aristotelis opera cum Averrois commentariis, Venetiis 1562-1574 (Nachdruck Frankfurt/M 1962). Teilweise ist die Schreibweise von Worten in diesem Sammelwerk anders als in modernen Lateinbüchern. Ich halte mich bei meinen Zitaten an die heutzutage übliche Schreibform, wie sie etwa zu finden ist in: Der kleine Stowasser, München 1994; Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Lateinisch-Deutsch, Berlin u. a. 2002. – Neuere lateinische Editionen der Werke des Averroes hingegen zitiere ich nach deren Schreibweise.

[153] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 328 e; B 1652; Ibn Rushd’s Metaphysics, 174.

[154] Vgl. Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 253.

[155] Com. magn. in Physic. VIII, fol. 340 l: „Quorum unus est motum, in quo est potentia, sit alterius speciei à specie moti, in quo est ipse motus.”

[156] Ibd., fol. 340 l-m: „Secundus est, ut illud mobile, in quo est potentia ad motum, sit motum in actu, scilicet quod motum in potentia est idem in numero cum moto in actu.”

[157] Vgl. Josep Puig Montada, Zur Bewegungsdefinition im VIII. Buch der Physik. In: Gerhard Endress/ Jan A. Aertsen (edd.), Averroes and the Aristotelian Tradition: Sources, Constitution, and Reception of the Philosophy of Ibn Rushd (1126-1198), Proceedings of the Fourth Symposium Averroicum (Cologne 1996), Leiden/Boston/Köln 1999, 157.

[158] Com. magn. in Physic. VIII, fol. 340 m: „Primus autem modus invenitur in duobus, scilicet in motu generationis et corruptionis et in motibus translationis, quae est corporum simplicium. Motus enim, cuius generatio est finis et complementum, suum subiectum est illud, ex quo est generatio: et similiter est de corruptione.”

[159] Ibd., fols. 340 m - 341 a (deutsche Übers. nach: Montada, Zur Bewegungsdefinition im VIII. Buch der Physik, 157): „Subiectum vero motus translationis elementorum, in quo est potentia praecedens hunc motum, in tempore, est corpus, ex quo est generatio elementi. verbi gratia quia, quando ignis geneneratur secundum totum, statim habet ubi, quod est superius secundum totum: et dum generatur pars singula illius, statim habet singulam partem illius ubi. Potentia igitur istius motus non est in subiecto, quod est ignis in actu, sed in subiecto, ex quo generatur ignis, verbi gratia ligno combusto, aut oleo inflammato.”

[160] Vgl. ibd., fol. 341 a-b.

[161] Ibd., fol. 341 b-c: „Et ex hac definitione motus apparet bene impossibile esse generationem esse ex non esse puro”. - S. dazu auch: Montada, Zur Bewegungsdefinition im VIII. Buch der Physik, 157. - Zu Averroes’ Behandlung der creatio ex nihilo vgl. unten Kap. B.IV.3; B.VII.3.

[162] Vgl. Lottie H. Kendzierski, The doctrine of eternal matter and form. In: The Modern Schoolman 31, Saint Louis 1954, 173, unter Verweis auf (17311): Aimé Forest, La structure métaphysique du concret selon Saint Thomas d'Aquin, Paris 1931, 162.

[163] Vgl. Kendzierski, The doctrine of eternal matter and form, 173.

[164] Vgl. ibd.

[165] Form bedeutet einerseits „die äußere Gestalt ... eines Körpers”, andererseits seit Aristoteles auch der innere „Wesensgrund des arteigenen Soseins der Naturwesen, besonders der Lebewesen. Die Form ... in diesem Sinn ...ist nicht nur (statisches) Prinzip des arteigenen Seins, sondern auch (dynamisches) Prinzip des zielstrebig auf die arteigene Vollendung ausgerichteten Wirkens (Entelechie).“ (Josef de Vries, Form. In: Phil. Wörterbuch Brugger, 110).

[166] Vgl. Kendzierski, The doctrine of eternal matter and form, 173. - S. dazu auch: Com. magn. in Physic. VIII, fol. 341 k-l: „Secundum autem nostram expositionem induxit definitionem motus, ad declarandum quod motus est in moto, quoniam cum dictum sit in definitione eius quod est entelechia moti, necesse est ut sit in moto; omnis enim perfectio necesse est ut sit in re, quae perficitur. Et secundum hoc invenimus Alexandrum in suo libro de principiis inducere definitionem motus, ad declarandum motum esse aeternum. Et hoc, quod dixit: Et sine hac definitione, et cum hoc decepit homines in hoc: et existimaverunt ipsum declarare potentiam esse ante actum in tempore. Et ipse intendebat dicere quod non dicitur moveri, nisi illud, in cuius natura est motus, scilicet corpus mobile: et quod non invenitur in immobili.”

[167] Com. magn. in Physic. VIII, fol. 343 c : „Et non debet aliquis dicere quod primus motus temporalis est motus generationis. Motus enim generationis non est motus, sed finis motus.”

[168] Vgl. ibd., fol. 339 c-e; Averroes' Questions in Physics (ed. Goldstein), 34f. – S. dazu auch: Aristoteles, De caelo II, 284a2-11.

[169] Vgl. Averroes' Questions in Physics (ed. Goldstein), 35. - Der Beweis eines ersten Bewegers, der sich selbst bewegt, wird behandelt in: David B. Twetten, Averroes on the Prime Mover Proved in the Physics. In: Viator 26 (1995), 114-118.

[170] Vgl. Montada, Zur Bewegungsdefinition im VIII. Buch der Physik, 159.

[171] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 193. – S. dazu auch: Com. magn. in Physic. VIII, fols. 355-394 (bes. fols. 355-385).

[172] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 193. - Zu den Argumenten, die Averroes im VIII. Buch seines Physikkommentars zur Ewigkeit der Welt vorbringt, s. auch den Vergleich mit Thomas unten in Kap. C.IV.4.b.

[173] Vgl. oben Kap. A.

[174] Ernest Renan, Averroès et l'averroisme, Paris 31866, 111; zit. nach: Behler, Die Ewigkeit der Welt, 194f.

[175] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fols. 290 h - 312 m (Überschrift 290 g: „In Prima agitur de substantia Sensibili”); B 1406 – B 1555; Ibn Rushd’s Metaphysics, 65-133.

[176] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fols. 313 a - 337 c (Überschrift 290 g: „In Secunda de substantia Immobili”); B 1555 - B 1708; Ibn Rushd’s Metaphysics, 134-198.

[177] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fols. 337 d - 340 f (Überschrift 290 g: „In Tertia de Universi bonitate”); B 1708 – B 1725; Ibn Rushd’s Metaphysics, 198-205.

[178] Vgl. Destructio destructionum, fol. 26 va, 196; TT 210 ; The Incoherence of the Incoherence, 126; Die Widerlegung des Gazali, 173.

[179] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 84; Com. magn. in Met. XII, fols. 324 h – 325 b; B 1632f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 165f; Destructio destructionum, fol. 26 va, 197f ; TT 214; The Incoherence of the Incoherence, 128; Die Widerlegung des Gazali, 174.

[180] Vgl. Metaphysik XII, 1074b.

[181] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 79 u. 84f; Com. magn. in Met. XII , fols. 336 m – 337 c; B 1707f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 197; Destructio destructionum, fol. 20 vb, 157; TT 149; The Incoherence of the Incoherence, 88; Die Widerlegung des Gazali, 139.

[182] Destructio destructionum, fol. 38 vb, 283: „Et qui intelligit hoc, intelligit dictum suum, quod non deficit ei pondus grani, nec in coelo, nec in terra”. (Vgl. TT 345f; The Incoherence of the Incoherence, 207). - S. dazu auch Sure 34,3: „Ihm entgeht nicht das Gewicht eines Stäubchens in den Himmeln und auf der Erde”. (Der Koran. Übersetzt und eingeleitet von Hans Zirker, Darmstadt 22007, 265. Der Einheitlichkeit halber stammen alle Koranzitate in dieser Arbeit aus der Übersetzung Zirkers).

[183] Kogan, Averroes and the Metaphysics of Causation, 244.

[184] Vgl. Roger Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, transl. by David Streight, Notre Dame 2000, 42, unter Verweis auf: B 391, 801 u. 1601.

[185] Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 44.

[186] Com. magn. in Met. XII, fol. 320 h–i: „Primum … coelum movetur ab isto motore secundum desiderium ut assimiletur ei secundum suum posse, sicut amans movetur ut assimiletur suo amato, alia autem corpora coelestia moventur secundum desiderium ad motum primi corporis.” (Vgl. B 1606; Ibn Rushd’s Metaphysics, 154).

[187] Vgl. Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 45.

[188] Vgl. Destructio destructionum, fol. 24 va, 184f ; TT 192 ; The Incoherence of the Incoherence, 115; Die Widerlegung des Gazali, 163.

[189] Vgl. unten Kap. B.IV.2.d; B.IV.3.

[190] Vgl. Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 42.

[191] Vgl. Metaphysik XI, 1061a1-12.

[192] Vgl. ibd. IV, 1003a33ff u. VII, 1032a32ff.

[193] Vgl. Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 42. - Nach dem Ansatz des Aristoteles wird „die Frage nach dem Seienden auf die nach der Substanz reduziert, und in dieser Hinsicht folgt ihm vor allem sein ‚Commentator’, Averroës.” (Kluxen, Thomas von Aquin: Das Seiende und seine Prinzipien, 186).

[194] Com. magn. in Met. XII, fol. 290 i: „quod substantia principaliter est ens, et est causa ceterorum”. (Vgl. B 1406; Ibn Rushd’s Metaphysics, 65).

[195] Com. magn. in Met. XII, fol. 310 b: „Et sciendum est, quod substantiae sunt duobus modis: modus unus, in quo possibile est fugere accidentia: et alius sine aliquo accidente. Primus autem est sensibile: secundus autem intelligibile.” (Vgl. B 1533f ; Ibn Rushd’s Metaphysics, 124).

[196] Com. magn. in Met. VII, fol. 156 c: „ista quaestio inducit ad sciendum primam formam omnium entium, et ultimum finem: et prima quaestio, quam incoepit in scientia Naturali, inducit ad sciendum primam materiam, et formas naturales, et primum motorem.” (Vgl. B 759f).

[197] Vgl. Laurence Bauloye, Note sur la doctrine rushdienne de la substance, d’après le Grand Commmentaire de la Métaphysique. In: Khoury (Hg.), Averroes (1126-1198) oder der Triumph des Rationalismus, 234f.

[198] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 195.

[199] Nach Genequand ( Introduction, 279 ) benutzt Themistius dieses Bild, um die Handlung des aktiven Intellekts zu beschreiben. (Vgl. In de Anima, ed. R. Heinze [Commentaria in Aristotelem Graeca 5,3], Berlin 1899, 99,14-18). Man könnte es gemäß Genequand aber genauso gut auf die Handlung der Natur in lebenden Substanzen anwenden.

[200] Vgl. Genequand, Introduction, 27; Com. magn. in Met. XII, fol. 303 f – l. B 1492-1494; Ibn Rushd’s Metaphysics, 105f. - Averroes schreibt hier in Anlehnung an Themistius, dass eine Hornissenart aus den Körpern toter Pferde geboren werde, Bienen aus den Körpern toter Kühe, Frösche aus verfaulter Materie und die Fliegenart Jarjas aus sauer gewordenem Wein. (Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 303 f – g; B 1492; Ibn Rushd’s Metaphysics, 106). Es geht hier wohl um die „Herleitung aus einer Art Urzeugung” (Behler, Die Ewigkeit der Welt, 197). Themistius hatte zum einen, vermutlich unter stoischem Einfluss stehend, gemeint, dass in der Materie bzw. der Natur Formen im Sinne von Keimkräften bereit liegen, aus denen verschiedenste Lebewesen erwachsen. Zum anderen nahm er „eine höhere Form und Einwirkung auf die Natur” an, wie sie Aristoteles mit der Sonneneinwirkung und der Himmelsbahn und Platon mit Untergöttern beschrieben hatten (ibd.).

[201] Com. magn. in Met. XII, fol. 303 k: „anima, quae est in terra”. (Vgl. B 1494; Ibn Rushd’s Metaphysics, 106). - Charles Genequand ( Introduction, 2710 ) weist hier auf einen unerklärlichen Übersetzungsfehler hin; nach ihm müsste es eher „Weltseele” heißen. Denn Averroes bezieht sich in seinen weiteren Ausführungen auf Platon, gemäß dem die genannte Seele von untergeordneten Göttern hervorgebracht worden ist. (Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 303 k; B 1494; Ibn Rushd’s Metaphysics, 106). Platon aber spricht nicht von der „Seele, welche in der Erde ist“, sondern von der „Weltseele”. (Vgl. Timaios, 41a2ff).

[202] Genequand, Introduction, 29. - S. dazu auch: Com. magn. in Met. XII, fol. 304 h – l; B 1499f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109f.

[203] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 305 a – d; B 1501f; Ibn Rushd ’s Metaphysics, 110f.

[204] Vgl. unten Kap. B.IV.4.

[205] Vgl. Genequand, Introduction, 31, unter Verweis auf (3120): Wolfgang Wieland, The problem of Teleology. Articles on Aristotle, edited by Jonathan Barnes, Malcolm Schofield, Richard Sorabji, London 1975, 157ff.

[206] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 d: „Et ista mensura provenit ab arte divina intellectuali, quae est similis uni formae unius artis principalis, sub qua sunt artes plures.” (Vgl. B 1502; Ibn Rushd’s Metaphysics, 1502).

[207] Genequand, Introduction, 31.

[208] Vgl. ibd.

[209] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 d – l; B 1497-1500; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108ff.

[210] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 e; B 1497; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108. - Hier könnten die Vorsokratiker gemeint sein, die bereits Aristoteles angreift. (Vgl. Metaphysik XII, 1069b; 1072a; 1075b). Aber nicht nur das: Averroes setzt sich auch mit der Lehre des Verborgenseins (= arab. kumun) auseinander, die der muslimische Theologe al-Nazzam (+845) vertritt. (Vgl. Genequand, Introduction, 3122; Fakhry, Islamic Philosophy, Theology and Mysticism, 18). Nach dieser Theorie erschuf Gott anfangs zusammen alle Dinge und er gewährte ihnen bestimmte Kräfte oder Vermögen, die so lange in anderen Kräften oder Vermögen verborgen sind, bis zu jener Zeit, in der sie bereit sind, sich in menschlichen Handlungen oder körperlichen Ausprägungen zu manifestieren. (Vgl. Fakhry, Islamic Philosophy, Theology and Mysticism, 18).

[211] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 198.

[212] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 e–f; B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108f.

[213] Vgl. Genequand, Introduction, 31, unter Verweis auf (3121): Hans Daiber, Das Theologisch-philosophische System des Mu‘ammar ibn ‘Abbād as-Sulamī , Beirut 1975, 252f. - Johannes Philoponus setzte sich, „nachdem er Christ geworden war, ... mit der aristotelischen Lehre von der Ewigkeit der Welt” auseinander und suchte „sie im Lichte des Glaubens an den Schöpfergott zu entkräften.” (Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 265. – S. dazu auch: Johannes Philoponos, De opificio mundi I-III. [ Über die Erschaffung der Welt I-III]. Griechisch – Deutsch, übers. von Clemens Scholten [Fontes Christiani, 2. Folge, Bd.23/1-3], Freiburg i. Br. 1997).

[214] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 f; B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108f. - Zu al-Farabi s.: Moritz Steinschneider, Al-Farabi (Alfarabius), des arabischen Philosophen Leben und Schriften, mit besonderer Rücksicht auf die Geschichte der griechischen Wissenschaft unter den Arabern, St. Petersburg 1869 (Repr. Amsterdam 1966), 119-123; Muhsin Mahdi, Alfarabi against Philoponus. In: Journal of Near Eastern Studies, vol. 26 (1967), 236.

[215] Com. magn. in Met. XII, fol. 304 e–f: „Dicentes autem creationem, dicunt, quod agens creat totum ens de novo ex nihilo, quod non habet necesse ad hoc ut sit materia, in quam agat, sed creat totum.” (Vgl. B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108).

[216] Vgl. Majid Fakhry, A History of Islamic Philosophy, Columbia University Press 32004, 297.

[217] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 198. - S. dazu auch: Com. magn. in Met. XII, fol. 304 f–g: „Istae quidem tres conveniunt in hoc, quod ponunt generationem esse transmutationem in substantia, et quod nihil generatur ex nihilo, scilicet quod necessarium est in generatione subiectum esse, et quod generatum non fit nisi ab eo, quod est sui generis in forma.” (Vgl. B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109).

[218] Com. magn. in Met. XII, fol. 304 g: „Una autem istarum opinionum est, quod agens creat formam, et ponit eam in materia. Et istorum quidam dicunt, quod illud agens non est in materia omnino, et vocant ipsum datorem formarum: et Avicenna est de illis.” (Vgl. B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109). - Zur Auseinandersetzung mit dem von Avicenna angenommenen dator formarum s. auch unten Kap. B.VIII.2.

[219] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 g–h; B 1498; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109.

[220] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304; B 1498f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109. - Die vorherigen Darlegungen in Kap. B.IV.2.d unterstützen die These, dass dies die Ansicht des Themistius ist. Jedoch kann die Auffassung, dass al-Farabi auch diese Meinung hatte, nur mit einem Fragezeichen versehen werden: „Al-Fārābīs position is complex.” (Genequand, Introduction, 3123, unter Verweis auf: Davidson, Alfarabi and Avicenna on the Active Intellect, 148ff).

[221] Com. magn. in Met. XII, fol. 304 h: „quod agens non facit nisi compositum ex materia et forma. et hoc fit movendo materiam et transmutando eam, donec exeat de ea illud, quod est de potentia in ea, ad illam formam in actu.” (Vgl. B 1499; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109).

[222] Vgl. Fakhry, A History of Islamic Philosophy, 298.

[223] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 199; Com. magn. in Met. XII, fol. 304 i–k; B 1499; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109.

[224] Com. magn. in Met. XII, fol. 304 i: „sed extrahens illud, quod est in potentia ad actum”. (Vgl. B 1499; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109).

[225] Arnaldez, Ibn Rushd, 919.

[226] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 i; B 1499; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109.

[227] Com. magn. in Met. XII, fol. 304 k: „sed differt a creatione, quia convenit per formam ex non forma”. (Vgl. B 1499; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109).

[228] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 200. - S. dazu auch: Com. magn. in Met. XII, fol. 304 k–l: „Intentio igitur sermonis Aristotelis quod conveniens fit a conveniente, aut prope convenientem, non est quod conveniens agit per se et per suam formam, formam sibi convenientis: sed est dicere, quod extrahit formam sibi convenientis ex potentia in actum, et non est agens, quia adducit in illam materiam aliquid extrinsecum.” (Vgl. B 1499f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 109f).

[229] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 l–m; B 1500; Ibn Rushd’s Metaphysics, 110. - Genequand (Ibn Rushd’s Metaphysics, 11093) verweist dazu auf: Alexander von Aphrodisias, Quaestiones 1.5.

[230] Vgl. oben Kap. B.IV.2.d.

[231] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 b: „Ignis enim corrumpit animalia, non generat, iste autem calor generat.” (Vgl. B 1501; Ibn Rushd’s Metaphysics, 110). - S. dazu auch: Aristoteles, De generatione animalium II, 736b29 - 737a7.

[232] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 200.

[233] Vgl. ibd., 201; Com. magn. in Met. XII, fol. 305 c; B 1501; Ibn Rushd’s Metaphysics, 110. - Diese Aussage kann wie ein Widerspruch zum aristotelischen Text erscheinen, in dem es heißt: „Denn der Mensch erzeugt den Menschen, der einzelne den einzelnen.” (Metaphysik XII, 1070a27, nach der Übers. v. Hermann Bonitz [Aristoteles, Philosophische Schriften in sechs Bänden, Bd. 5, Hamburg 1995], 250). Der Grund dafür liegt in einem Missverständnis des Wortes „und” (καὶ) im griechischen Text von De generatione animalium (II, 737a3). Averroes oder der arabische Übersetzer verstanden ihn so, als ob die Sonnenwärme zusätzlich zur Wärme des Lebewesens eine erzeugende Kraft habe. (Vgl. Genequand, Introduction, 30).

[234] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 c: „Unde Aristoteles dicit, quod homo generatur ex homine et Sole: et factus est ille calor ex terra, et aqua ex calore Solis admixto cum calore aliarum stellarum.” (Vgl. B 1501f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111). - Die zum Schluss des Zitates erwähnten „anderen Sterne” sind allerdings in diesem Zusammenhang nicht bei Aristoteles zu finden. Eventuell könnte es sich um eine Passage aus der pseudo-aristotelischen Schrift De plantis handeln, die vermutlich auf Nikolaus von Damaskus zurückgeht. (Vgl. Genequand, Introduction, 30, unter Verweis auf [3019]: De plantis 824b10; Karl Reinhardt, Poseidonios, München 1921, 367; Hendrik J. Drossaart Lulofs, Aristotle's ‚De plantis', In: Journal of Hellenic studies 77 [1957], 75-80; Paul Moraux, Der Aristotelismus bei den Griechen, Bd. I, Berlin 1973, 487ff). - De plantis ist zwar pseudo-aristotelisch, aber dennoch im Corpus Aristotelicum enthalten. (Vgl. Aristotelis opera, ed. Bekker II, 814a10-830b4).

[235] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 311 a–b; B 1540; Ibn Rushd’s Metaphysics, 127.

[236] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 c-d: „omnia, quae fiunt ex non semine: non quod illic sit anima in actu inventa in orbe declivi et a Sole, sicut narrat Themistius.” (Vgl. B 1502; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111).

[237] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 305 d; B 1502; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111. - Obgleich die Bewegungen des Mondes und der anderen Sterne mit in diesen Prozess einbezogen sind, ist deren Einfluss doch im Verhältnis zu dem der Sonne eher gering. (Vgl. Genequand, Introduction, 30).

[238] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 305 d; B 1502; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111.

[239] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 201. - S. dazu auch: Com. magn. in Met. XII, fol. 305 e–f; B 1503; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111.

[240] Juden, Christen und Muslime. (Vgl. Fakhry, Averroes [Ibn Rushd], 87).

[241] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 f: „Imaginatio ergo super creationes formarum induxit homines dicere formas esse et datorem esse formarum”. (Vgl. B 1503; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111). - Zur Auseinandersetzung mit dem von Avicenna angenommenen dator formarum s. auch unten Kap. B.VIII.2.

[242] Com. magn. in Met. XII, fol. 305 f: „Et induxit Loquentes trium legum, quae hodie quidem sunt, dicere aliquid fieri ex nihilo. Et cum Loquentes nostrae legis opinabantur quod agens agit creando formam ex nihilo, et nullum huiusmodi agens viderunt hic, dixerunt unum agens omnia entia sine medio”. (Vgl. B 1503; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111).

[243] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 202; Com. magn. in Met. XII, fol. 305 g–i; B 1504f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 111f.

[244] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 203.

[245] Vgl. ibd.; Renan, Averroès et l'averroisme, 111 u. 115.

[246] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 203; Michel Allard, Le rationalisme d’Averroès d’après une étude sur la création. In: Extrait du Bulletin d’Etudes Orientales de l’Institut Francais de Damas, t. 14 (1952-54), 37.

[247] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 204; Allard, Le rationalisme, 38f.

[248] S. unten Kap. B.VII.3.

[249] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 204.

[250] Vgl. Genequand, Introduction, 36.

[251] Vgl. ibd., 37; Com. magn. in Met. XII, fol. 321 a; B 1609; Ibn Rushd’s Metaphysics, 155.

[252] Arnaldez, La pensée religieuse d’Averroès: I. La doctrine de la création dans le Tah ā fut, 111.

[253] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 205.

[254] Dieses Thema wird später erörtert. (Vgl. unten Kap. B.V.3-4).

[255] Wie Helmut Gätje richtigerweise konstatiert, hat man den kleinen Kommentaren des Averroes nachgesagt, dass er in ihnen in seinem eigenen Namen spreche, wohingegen er sich in den mittleren und großen Kommentaren an die Vorlage des Textes halte; diese gebe er „im ersten Falle umschreibend und im zweiten Falle wörtlich mit anschließendem ausführlichem Kommentar” wieder. (Gätje, Das Kapitel über das Begehren, 27, unter Verweis auf [3216]: Ernest Renan, Averroès et l’averroisme. In: Oeuvres complètes de Ernest Renan III, Paris o. J., 63f; Léon Gauthier, Ibn Rochd [Averroès], Paris 1948, 16).

[256] Dass ihm dies nur zum Teil gelungen ist, wird später noch gezeigt werden. (Vgl. unten Kap. D).

[257] Werner Diem, Kommentar. In: Lex. d. islam. Welt, Bd. 2, 102.

[258] Vgl. Destructio destructionum, fols. 26 rb – 28 rb, 195-208; TT 210-234; The Incoherence of the Incoherence, 126-139; Die Widerlegung des Gazali, 173-176.

[259] Vgl. Com. magn. in Met. XII, fol. 304 e–h; B 1497f; Ibn Rushd’s Metaphysics, 108f.

[260] Die Destructio destructionum entstand 1180/1181 (vgl. Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschds Philosophie interkulturell gelesen, 77), der große Metaphysikkommentar 1192/1194? (vgl. ibd., 78).

[261] Badawi, Averroès (Ibn Rushd), 64.

[262] So wird Averroes, trotz seiner sich immer wieder zeigenden Gegnerschaft zu den mulimischen Theologen, bezeichnet von: Peter Heine, Averroes. In: Islam-Lex., Bd. 1, 96.

[263] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 29. – Nach Georges Tamer ( Zur Interpretation von Heiligen Schriften bei Averroes und Mamonides. In: Ders. [ed.], The Trias of Maimonides / Die Trias des Maimonides: Jewish, Arabic, and Ancient Culture of Knowledge / Jüdische, arabische und antike Wissenskultur, Berlin/New York 2005, 239 ), scheint Averroes’ Fasl al-maqal vor allem eine Antwort auf al-Ghazzalis Werk Kitab faysal at-tafriqa zu sein, wo „die Frage nach der religionsgesetzlichen Zulässigkeit der allegorischen Interpretation des Koran erörtert und diese allgemein für unzulässig erklärt“ wird. (Al-Ghazzalis Kitab faysal at-tafriqa liegt in folgender Ausgabe vor: Kitab faysal at-tafriqa bayn al-Islam wa-z-zandaqa, ed. S. Dunya, Kairo 1381/1961. Deutsche Übersetzung: Über Rechtgläubigkeit und religiöse Toleranz. Eine Übersetzung der Schrift ‚Das Kriterium der Unterscheidung zwischen Islam und Gottlosigkeit'. Eingeleitet, übersetzt und mit Erläuterungen versehen von Frank Griffel, Zürich 1998).

[264] Vgl. Ahmed Fouad El-Ehwany, Ibn Rushd. In: Miyan Muhammad Sharif (ed.), A History of Muslim Philosophy, vol. I, Wiesbaden 1963, 544f.

[265] Fasl, deutsch 1. (Vgl. arab. 1/ engl. 44).

[266] Vgl. Matthias Vollmer, Nachwort. In: Philosophie und Theologie von Averroes, übers. v. Marcus Joseph Müller. Mit einem Nachw. v. Matthias Vollmer, 168.

[267] Ibd., 169.

[268] Fasl al-maqal ist zu finden in: Fasl, arab. 1-26/ deutsch 1-28/ engl. 44-71. Die Schöpfung wird behandelt in: Ibd., arab. 11-13/ deutsch 11-13/ engl. 54-56 .

[269] v. Kügelgen, Averroes, 34f.

[270] Vgl. Fasl, arab. 1/ deutsch 1/ engl. 44.

[271] Vgl. Ibn Rochd (Averroès), Traité décisif ( Façl el-maq â l ) sur l’accord de la religion et de la philosophie suivi de l’Appendice (Dhamîma). Texte arabe, traduction francaise remaniée avec notes et introduction, par Léon Gauthier, Algier 31948, 1.

[272] Vgl. Averroes on the Harmony of Religion and Philosophy. A translation, with introduction and notes, of Ibn Rushd’s Kitāb faṣl al-maqāl, with its appendix (Damīma) and an extract from Kitāb al-kashf ‘an manāhij al-adilla by George F. Hourani, London 1961 (repr. Cambridge 2007), 44 u. 823.

[273] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 330.

[274] In der Philosophie sind zwei Denktraditionen zu unterscheiden. - Spekulation wird in der platonisch-augustinischen Tradition gesehen als eine spezifische „Erkenntnisform der Reflexion …, in welcher Spiegelndes (Geist, Natur) und Gespiegeltes (Gott) in ein sich gegenseitig verdeutlichendes Verhältnis gestellt sind.“ (Sabrina Ebbersmeyer, Spekulation. In: HWPh, Bd. 9 [1995], Sp.1355). - Davon zu unterscheiden ist die aristotelische Tradition, nach der Spekulation sich im Sinne von griech. θεωρία von der „Praxis“ unterscheidet. Das anschauend-betrachtende Erforschen des Seienden wird durch die θεωρία vollzogen. (Vgl. Aristoteles, Metaphysik VI, c. 1). „Im Verlauf der Geschichte und bei einzelnen Denkern verbinden und beeinflussen sich beide Traditionsstränge.“ (Ebbersmeyer, Spekulation, Sp.1355f). - Vgl. zum Ganzen auch: Werner Becker, Spekulation. In: HpG, Bd. 5 (1974), 1368f.

[275] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 3306. - Die Autorin verweist zudem auf diverse Literatur bezüglich der verschiedenen Konnotationen und Bedeutungen von nazar.

[276] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 545.

[277] Vgl. Fasl, arab. 2/ deutsch 1f/ engl. 45; Suren 59,2 / 7,185 (184) / 6,75 / (78) / 88,17 / 3,191 (188) - die Müller-Ausgabe benutzt nicht immer die heute übliche Verszählung (s. Zahlen in Klammern). Meine Angaben beziehen sich auf die Zählung nach der Übersetzung von Hans Zirker.

[278] Vgl. Zemb, Aristoteles, 73.

[279] Vgl. Fasl, arab. 3/ deutsch 3/ engl. 46.

[280] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 231. – S. dazu auch: Fasl, arab. 3/ deutsch 3/ engl. 46f.

[281] Vgl. Fasl, arab. 5f/ deutsch 5f/ engl. 48.

[282] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 912; Fasl, arab. 6/ deutsch 6/ engl. 48.

[283] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 231; Fasl, arab. 6/ deutsch 5f/ engl. 48.

[284] Vgl. Fasl, arab. 6/ deutsch 6/ engl. 49.

[285] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 232. - Die drei wissenschaftlichen Beweisarten des Aristoteles, die als Basis für die Intelligenzlehre des Averroes fungieren, stammen aus dem Organon; es sind die „argumentatio demonstrativa, … argumentatio probabilis, … argumentatio fallax” (ibd., 211, unter Verweis auf [2112]: Joseph de Vries, Logica [Institutiones philosophiae scholasticae, pars I], Friburgi 1950, 153f; Joseph Gredt, Elementa philosophiae aristotelico-thomisticae, vol. I, Barcelona 1946, 167ff. - S. dazu auch: Aristoteles, Analytica posteriora I, 71b17-25; Analytica priora I, 24a22ff).

[286] Vgl. Vollmer, Nachwort, 169f; Fasl, arab. 6ff/ deutsch 6ff/ engl. 48ff.

[287] Fasl, deutsch 7. (Vgl. arab. 7/ engl. 50).

[288] Vgl. Vollmer, Nachwort, 170, unter Verweis auf folgende Arbeiten (17044): Fernand Van Steenberghen, Die Philosophie im 13. Jahrhundert, hg. v. Max A. Roesle, aus dem Französischen übertragen v. Raynald Wagner, München/Paderborn/Wien 1977; Ludwig Hödl, Über die averroistische Wende der lateinischen Philosophie des Mittelalters im 13. Jahrhundert. In: Recherches de théologie ancienne et médiévale 39 (1972), 171-204; Ders., „... sie reden, als ob es zwei gegensätzliche Wahrheiten gäbe”. Legende und Wirklichkeit der mittelalterlichen Theorie von der doppelten Wahrheit. In: Jan P. Beckmann/ Ludger Honnefelder (Hgg.), Philosophie im Mittelalter, Hamburg 1988, 225-244; Richard C. Dales, The Origin of the Doctrine of the Double Truth. In: Viator 15 (1984), 172-182; Kurt Flasch, Aufklärung im Mittelalter? Die Verurteilung von 1277, Mainz 1988. - Die Auffassung Vollmers übernimmt (ebenfalls in den 90er Jahren): Friedrich Niewöhner, Zum Ursprung der Lehre von der doppelten Wahrheit: Eine Koran-Interpretation des Averroes. In: Friedrich Niewöhner/ Loris Sturlese (Hgg.), Averroismus im Mittelalter und in der Renaissance, Zürich 1994 , 26.

[289] Vgl. Abdelmajid el Ghannouchi, Distinction et relation des discours philosophique et religieux chez Ibn Rushd: Fa ṣ l al-maq ā l ou la double vérité. In: Khoury (Hg.), Averroes (1126-1198) oder der Triumph des Rationalismus, 144.

[290] Salim Kemal, The Philosophical Poetics of Alfarabi, Avicenna and Averroes. The Aristotelian Reception, London/New York 2003, 235.

[291] Vgl. ibd.

[292] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 232; Fasl, arab. 7ff/ deutsch 7ff/ engl. 50ff.

[293] Vgl. Fasl, arab. 7/ deutsch 7/ engl. 50.

[294] Vollmer, Nachwort, 171.

[295] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 912.

[296] Vgl. ibd.; Fasl, arab. 7/ deutsch 7/ engl. 50.

[297] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 232.

[298] Vollmer, Nachwort, 171.

[299] Fasl, deutsch 9f. (Vgl. arab. 9/ engl. 53).

[300] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 232.

[301] Fasl, deutsch 14. (Vgl. arab. 14/ engl. 57).

[302] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 236f. – S. dazu auch: Fasl, arab. 15/ deutsch 15f/ engl.

58f.

[303] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 912.

[304] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 237. – S. dazu auch: Fasl, arab. 17/ deutsch 17f/ engl.

61.

[305] Vgl. Fasl, arab. 18/ deutsch 19/ engl. 61.

[306] Die Ash‘ariten sind eine Theologenschule, die das Gedankengut ihres Gründers, des Irakers al-Ashari (873-935), fortführte. (Vgl. Gerhard Endress, Der Islam. Eine Einführung in seine Geschichte, München 31997, 63-67; Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 143-164; William Montgomery Watt, Der Triumph des Sunnismus. In: Watt/ Marmura, Der Islam II, 303-312; William Montgomery Watt, Die islamische Theologie 950-1850. In: Watt/ Marmura, Der Islam II, 393-423). - Nach al-Ash’ari ist der Koran das Wort Gottes und unerschaffen. (Vgl. Endress, Der Islam, 65). Besondere Bedeutung hatte al-Ash’ari bei der Vollendung des islamischen Okkasionalismus. Später griff al-Ghazzali seine Vorstellungen in modifizierter Form auf und verbreitete sie. (Vgl. Heinz Halm, Der Islam, München 62005, 37; Dominik Perler/ Ulrich Rudolph, Occasionalismus. Theorien der Kausalität im arabisch-islamischen und im europäischen Denken, Göttingen 2000, 51-56 u. 63-105. - Zu al-Ghazzali und seinem Verhältnis zur ash‘aritischen Theologie und zum Okkasionalismus vgl. auch: Michael E. Marmura, Al-Ghaz ā l ī. In: Adamson/ Taylor [edd.], The Cambridge Companion to Arabic philosophy, 141-153. - Zur Auseinandersetzung des Averroes und des Thomas mit dem Okkasionalismus muslimischer Theologie s. unten Kap. C.IV.8.c).

[307] Fasl, deutsch 19. (Vgl. arab. 18/ engl. 61).

[308] Vgl. ibd, arab. 10/ deutsch 11/ engl. 61. - In seinem Werk Tahafut al-falasifa setzt sich al-Ghazzali vor allem mit al-Farabi und Avicenna auseinander. Er brandmarkt dort u. a. „die Leugnung eines göttlichen Erkennens der Einzeldinge“ als Häresie und Unglauben (Vollmer , Nachwort, 164. – S. dazu auch: Al-Ghazzali, Tah a fut al-fal a sifah, Kap. XIII, ed. Bouyges, 223-238 / transl. Kamali, 153-162).

[309] Fasl, deutsch 11. (Vgl. arab. 10/ engl. 54).

[310] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 392; Fasl, arab. 12/ deutsch 12/ engl. 55.

[311] Vgl. Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 170; Fasl, arab. 11/ deutsch 12/ engl.

55.

[312] Fasl, deutsch 12. (Vgl. arab. 12/ engl. 55).

[313] Ibd.

[314] Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 170. – S. dazu auch: Fasl, arab. 12/ deutsch 12/ engl. 56; Behler, Die Ewigkeit der Welt, 234.

[315] Vgl. Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 170.

[316] kalam („Rede“, „Gespräch“, „Worte“) bedeutet in der Zusammensetzung ‘ilm al-kalam die „Wissenschaft des Diskurses“ (über Gott) oder auch „defensive Apologetik“. (Vgl. Louis Gardet, Kal ām. In: EI2, vol. IV [1978], 468-471). Der kalam ist die „systematische Theologie“ des Islam. (Vgl. Fakhry, Islamic Philosophy, Theology and Mysticism, 13ff).

[317] Vgl. Fakhry, Averroes (Ibn Rushd), 89.

[318] Vgl. Fasl, arab. 12/ deutsch 13/ engl. 56. - Averroes ist hier insofern zuzustimmen, als gemäß ash‘aritischer Ansicht Paradies und Hölle ewig dauern werden. (Vgl. Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 170).

[319] Fasl, deutsch 13. (Vgl. arab. 12/ engl. 56).

[320] Vgl. ibd., arab. 12f/ deutsch 13/ engl. 56.

[321] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 235.

[322] Vgl. ibd., unter Verweis auf (2352): Gauthier, Ibn Rochd (Averroès), Traité décisif, XXIf.

[323] Ibn Tufayl (gest. 1185/6) war die peripatetische Tradition ein besonderes Anliegen und er stellte sie in einen größeren philosophischen Kontext. (Vgl. Oliver Leaman, A Brief Introduction to Islamic Philosophy, Cornwall 1999, 7). Er vertrat die Auffassung, „dass es mit einigem guten Willen möglich sei, eine Synthese aus den Anliegen Avicennas und Ghazâlîs zu finden.“ (Rudolph, Islamische Philosophie, 69). Von diesem Bemühen zeugt Ibn Tufayls einziges erhaltenes philosophisches Werk, der Roman Hayy Ibn Yaqzan („Der Lebende – Sohn des Wachenden“: Hayy Ben Yaqdhân. Roman philosophique d'Ibn Thofail. Texte arabe et traduction française par Léon Gauthier, Beirut 21936; Ibn Tufail, Hayy Ibn Yaqdhan. Ein muslimischer Inselroman. Herausgegeben und bearbeitet von Jameleddine Ben Abdeljelil und Viktoria Frysak, Wien 2007. - S. dazu auch: Rudolph, Islamische Philosophie, 65-69; Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 377ff). - Ibn Tufayl machte Averroes mit dem Emir Abu Ya‘qub Yusuf bekannt. Bei dieser Begegnung zeigte Averroes sein philosophisches Wissen, was dazu führte, dass der Emir Averroes darum bat, die Texte des Aristoteles zu erklären. (Vgl. dazu: Arnaldez, Ibn Rushd, 910; Fakhry, Averroes [Ibn Rushd], 2; ‘Abdurrahmân Badawi, Histoire de la philosophie en Islam, Bd. II, Paris 1972, 738f; Al-Marrakushi, Al-Mu ‘ jib fi talkhis akhbar al-Maghrib, Leiden 1881, 174f).

[324] Vgl. Fakhry, A History of Islamic Philosophy, 290f; Arnaldez, Ibn Rushd, 915.

[325] Vgl. dazu oben Kap. B.V.3.

[326] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 235.

[327] Fasl, deutsch 14. (Vgl. arab. 13/ engl. 57).

[328] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 236.

[329] Fasl, deutsch 13f. (Vgl. arab. 13/ engl. 56f).

[330] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 236.

[331] Vgl. Arnaldez, La pensée religieuse d’Averroès: I. La doctrine de la création dans le Tah ā fut , 100; Behler, Die Ewigkeit der Welt, 236. – Zu Recht weist Helmut Hoping ( Creatio ex nihilo, 294 ) darauf hin, dass die These einer creatio ex nihilo nicht nur im Koran nicht zu finden ist, sondern ebenfalls nicht im jüdischen Tenak und in der christlichen Bibel. - Vgl. dazu auch oben Kap. A.

[332] Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 171.

[333] Vgl. ibd.

[334] Vgl. Fasl, arab. 18/ deutsch 19/ engl. 63. – S. dazu auch: Ralph Lerner, Averroes and Maimonides in Defense of Philosophizing. In: Tamer, (ed.), The Trias of Maimonides / Die Trias des Maimonides, 225.

[335] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 237.

[336] Vgl. oben Kap. B.V.3.

[337] Vgl. Van Steenberghen, Die Philosophie im 13. Jahrhundert, 48; Fasl, arab. 21ff/ deutsch 22ff/ engl. 65ff.

[338] Vgl. Van Steenberghen, Die Philosophie im 13. Jahrhundert, 48.

[339] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 237. - S. dazu auch: Fasl, arab. 23f/ deutsch 25/ engl. 68.

[340] Fasl, deutsch 26. (Vgl. arab. 25/ engl. 70).

[341] Vgl. ibd. , arab. 25/ deutsch 26f/ engl. 70.

[342] Vgl. ibd. , arab. 25/ deutsch 27/ engl. 70.

[343] Ibd. , deutsch 27. (Vgl. arab. 26/ engl. 70).

[344] Vgl. Fakhry, A Histor y of Islamic Philosophy, 289.

[345] v. Kügelgen, Averroes, 36.

[346] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 547.

[347] Die Ash‘ariten wurden bereits kurz behandelt. (Vgl. dazu die Anmerkung beim Wort „Ash‘arit“ oben gegen Ende von Kap. B.V.3).

[348] So wurden die Isma‘iliten in mittelalterlicher Zeit genannt, weil sie die „innere“ (batin) Bedeutung hinter den literarischen Formulierungen heiliger Texte betonten. (Vgl. Marshall G. S. Hodgson, Bāṭiniyya. In: EI2, vol. I [1960], 1098). Allerdings werden allgemein auch jene (polemisch) so bezeichnet, die die innere Bedeutung des Koran gegenüber der wörtlichen, äußeren (zahir) Bedeutung bevorzugen. Es entwickelte sich eine spezielle Form der Koranauslegung (ta’wil) unter Isma‘iliten, die ta’wil batini genannt wird. Dies ist eine Auslegungsmethode mit stark allegorischem Charakter, die „die hierarchischen Strukturen der Isma‘iliyya unterstützt und nur wenigen eingeweihten Wissenden zugänglich ist.” (Peter Heine, Batiniyya. In: Islam-Lex., Bd. 1, 116).

[349] Gemäß T. H. Weir ( Ḥ ashwīya. In: EI, Bd. I [1913], 304 ) ist Hashwiya die „schimpfliche Bezeichnung für diejenigen unter den Männern der Überlieferung ( A ṣḥ ā b al- Ḥ adīth ), die ohne Kritik, ja sogar mit einer gewissen Vorliebe die grob anthropomorphistischen Überlieferungen als richtig anerkannten und wörtlich auffassten.”

[350] Die Schule der Mu‘taziliten entstand im 8. Jahrhundert und erlebte im 9. Jahrhundert ihre Blütezeit. Nach ihr sollen die Glaubenselemente mittels der Vernunft „verstanden, erklärt, begründet und gegenüber dem Gegner verteidigt werden. Damit stellt die mu‘tazilitische Lehre … in erster Linie eine Antithese gegenüber der Lehre der Traditionsanhänger dar, für die nur der Wortlaut der Offenbarung und in keiner Weise die Vernunft maßgebend war.” (Abdoljavad Falaturi, Mu‘taziliten. In: Lex. d. islam. Welt [Neuausg.], 210). - Einen sehr differenzierten Einblick in dieses Thema gibt Daniel Gimaret, Mu ‘ tazila. In: EI2, vol. VII (1993), 783-793.

[351] Sufis sind islamische Mystiker. Sie setzen es sich zum Ziel, hinter den Vorschriften des Gesetzes (shari ‘a) eine tiefere Erkenntnis zu erlangen und zur Gottesschau oder zur Vereinigung mit Gott zu kommen. Darum ist eine Vernachlässigung oder auch eine Geringschätzung der shari ‘a ein Kennzeichen der meisten Mystiker. (Vgl. Halm, Der Islam, 52).

[352] Die an sich viele Aspekte umfassende Arbeit Ernst Behlers ( vgl. Die Ewigkeit der Welt, 180-238 ) behandelt al-Kashf kaum. Diese Feststellung ist insofern wichtig, als Behlers Abhandlung von v. Kügelgen ( Averroes, 394268 ) als „Ausnahme” unter den „‚westlichen’ Forschern“ bezeichnet wird, „die alle Aspekte der averroistischen Lehre zur Entstehung der Welt untersucht und Ibn Rušd eine widersprüchliche oder aber eine konsistente Theorie nachweist.”

[353] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 915. - Dass Averroes die Lehre von der doppelten Wahrheit zwar nicht ausdrücklich benannt, sie aber dennoch mit einem „Maximum an Zurückhaltung” befürwortet hat, wurde bereits an anderer Stelle erklärt. (Vgl. oben Kap. B.V.3).

[354] Vgl. dazu unten Kap. C.IV.9.b.

[355] al-Kashf, deutsch 31. (Vgl. arab. 28/ engl. 18).

[356] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 547.

[357] Übers. Zirker, 160. Vgl. al-Kashf, arab. 29/ deutsch 31/ engl. 18.

[358] Vgl. al-Kashf, arab. 29/ deutsch 31/ engl. 19.

[359] Vgl. ibd., arab. 29f/ deutsch 32/ engl. 19.

[360] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 913.

[361] Vgl. ibd.; al-Kashf, arab. 30/ deutsch 32/ engl. 19f.

[362] Vgl. dazu auch unten Kap. B.VI.4.a.

[363] al-Kashf, deutsch 33. (Vgl. arab. 31/ engl. 20).

[364] Ibd., deutsch 33. (Vgl. arab. 31/ engl. 20f).

[365] Ibd., deutsch 39. (Vgl. arab. 37/ engl. 27).

[366] Abu-l-Ma‘ali al-Juwaini, gest. 1086, war der ash‘aritische Lehrer al-Ghazzalis. (Vgl. die Anmerkung von Ibrahim Y. Najjar in: Faith and Reason in Islam, 2722; Perler/ Rudolph, Occasionalismus, 59). - In Abu-l-Ma‘ali al-Juwainis Werk tritt „der Sieg der Metaphysik über die Physik, die Vollendung der asch‘aritischen Theologie ... am krassesten ... zutage.” (Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 159).

[367] Dieses Werk trägt nach Ibn Hallikan (+1282) den Namen al-‘aqida an-nizamiya (das nizamische Glaubensbekenntnis). Abu-l-Ma‘ali hat es vermutlich „zu Ehren seines Gönners, des Wezirs Nizām al-Mulk (+1092)“ geschrieben, „der für ihn die Akademie an-Niẓāmīya baute.“ (Anmerkung von Matthias Vollmer in: al-Kashf, deutsch, 403).

[368] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 548.

[369] al-Kashf, deutsch 40. (Vgl. arab. 37/ engl. 27).

[370] Ibd., deutsch 40. (Vgl. arab. 38/ engl. 27).

[371] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 548.

[372] Vgl. al-Kashf, arab. 38f/ deutsch 40f/ engl. 28f.

[373] Vgl. ibd., arab. 39/ deutsch 42/ engl. 29.

[374] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914.

[375] Vgl. al-Kashf, arab. 42/ deutsch 45/ engl. 33.

[376] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 403ff; al-Kashf, arab. 43/ deutsch 45/ engl. 33.

[377] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 548.

[378] Vgl. ibd.

[379] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 405; al-Kashf, arab. 79ff/ deutsch 85ff/ engl. 78ff.

[380] v. Kügelgen, Averroes, 404.

[381] Vgl. al-Kashf, arab. 43/ deutsch 46/ engl. 33.

[382] Ibd., deutsch 46. (Vgl. arab. 43/ engl. 33).

[383] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 404.

[384] al-Kashf, deutsch 47. (Vgl. arab. 44/ engl. 34).

[385] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 364129, unter Verweis auf: Fasl, engl. 5-8.

[386] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 405.

[387] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 548.

[388] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 405, unter Verweis auf: P. Manuel Alonso, Teología de Averroes. (Estudios y documentos), Madrid-Granada 1947, 229.

[389] Wer diese Götzen sind, ist nicht ganz eindeutig. Zu den verschieden Interpretationen vgl. auch: Rudi Paret, Der Koran. Kommentar und Konkordanz, Stuttgart/Berlin/Köln 62001, 352.

[390] Übers. Zirker, 211. Vgl. al-Kashf, arab. 43/ deutsch 46/ engl. 34.

[391] Vgl. al-Kashf, arab. 44/ deutsch 46/ engl. 34.

[392] Vgl. ibd.

[393] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914; Destructio destructionum, fol. 24 ra, 180f; TT 184f; The Incoherence of the Incoherence, 111; Die Widerlegung des Gazali, 161f.

[394] Vgl. Dominique Urvoy, Ibn Rushd (Averroes), translated by Olivia Stewart, Cairo 1993, 85.

[395] Vgl. Destructio destructionum, fol. 24 ra, 180f ; TT 184f ; The Incoherence of the Incoherence, 111; Die Widerlegung des Gazali, 161f.

[396] Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 405, unter Verweis auf: Alonso, Teología de Averroes, 230.

[397] Vgl. al-Kashf, arab. 44/ deutsch 46/ engl. 34.

[398] Ibd., deutsch 46. (Vgl. arab. 44/ engl. 34).

[399] v. Kügelgen, Averroes, 405 unter Verweis auf: Alonso, Teología de Averroes, 230.

[400] al-Kashf, deutsch 47. (Vgl. arab. 44/ engl. 34).

[401] Sure 7,185 (184) ( Übers. Zirker, 112. Vgl. al-Kashf, arab. 44/ deutsch 47/ engl. 34 ).

[402] al-Kashf, deutsch 49. (Vgl. arab. 46/ engl. 37).

[403] Vgl. ibd., arab. 46/ deutsch 49/ engl. 37.

[404] Vgl. ibd.

[405] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914.

[406] Vgl. zum Folgenden: al-Kashf, arab. 47f/ deutsch 50f/ engl. 39f.

[407] Vgl. Sure 21,22.

[408] Vgl. Sure 23,91 (93).

[409] Vgl. Sure 17,42 (44).

[410] Sure 2,255 (256) ( Übers. Zirker, 37 . Vgl. al-Kashf, arab. 48/ deutsch 51/ engl. 41 ).

[411] Vgl. al-Kashf, arab. 49/ deutsch 52/ engl. 41.

[412] Ibd., deutsch 52. (Vgl. arab. 49/ engl. 42).

[413] Vgl. ibd., arab. 49/ deutsch 52/ engl. 42.

[414] Ibd., deutsch 55. (Vgl. arab. 51/ engl. 45).

[415] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 549.

[416] Vgl. Fakhry, A History of Islamic Philosophy, 291.

[417] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914; al-Kashf, arab. 51/ deutsch 55/ engl. 45.

[418] Vgl. al-Kashf, arab. 51/ deutsch 55/ engl. 45f.

[419] Ibd., deutsch 55. (Vgl. arab. 52/ engl. 46).

[420] Vgl. ibd., arab. 52/ deutsch 55/ engl. 46.

[421] Averroes zitiert dazu Sure 6,59: „Kein Blatt fällt, ohne dass er es kennt, kein Korn ist in den Finsternissen der Erde, nichts Feuchtes und nichts Trockenes, das nicht in deutlicher Schrift stünde.“ (Übers. Zirker, 88. Vgl. al-Kashf, arab. 52/ deutsch 55f/ engl. 46).

[422] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914; Com. magn. in Met. XII, fols. 336 m – 337 f; B 1708; Ibn Rushd’s Metaphysics, 197; Destruct io destructionum, fol. 20 vb, 157; TT 149; The Incoherence of the Incoherence, 88; Die Widerlegung des Gazali, 139.

[423] al-Kashf, deutsch 56. (Vgl. arab. 52/ engl. 46).

[424] Ibd.

[425] Vgl. ibd., arab. 52/ deutsch 56/ engl. 47.

[426] Ibd., deutsch 56f. (Vgl. arab. 53/ engl. 47). - Averroes belegt dies mit Sure 16,40 (42): „Wenn wir etwas wollen, sagen wir dazu nur: ‚Sei!‘, und da ist es.“ (Übers. Zirker, 169).

[427] Vgl. al-Kashf, arab. 53/ deutsch 57/ engl. 48.

[428] Ibd., deutsch 58. (Vgl. arab. 54/ engl. 49).

[429] Vgl. ibd., arab. 54/ deutsch 58/ engl. 49.

[430] Vgl. ibd., arab. 55/ deutsch 59/ engl. 50.

[431] Ibd., deutsch 60. (Vgl. arab. 56/ engl. 51). - Averroes beruft sich an dieser Stelle wiederum auf den Koran (Sure 5,73 [77]): „Ungläubig sind, die sagen: ‚Gott ist der Dritte von dreien.’ Kein Gott ist außer einem einzigen.“ (Übers. Zirker, 79). - Ludwig Hagemann ( Gott/Allah. In: Islam-Lex., Bd. 2, 319 ) kommentiert diesen Vers zu Recht kritisch, indem er schreibt, dass Sure 5,73 nicht die authentische christliche Dreifaltigkeitsansicht trifft. Hier wird der christliche Trinitätsglaube „als Tritheismus, als Glaube an drei Götter, missverstanden”. - S. dazu auch: Louis Gardet, Islam, Köln 1968 , 339ff.

[432] Vgl. al-Kashf, arab. 56/ deutsch 60/ engl. 51.

[433] Ibd., deutsch 61. (Vgl. arab. 56/ engl. 51f).

[434] Ibd., deutsch 61. (Vgl. arab. 57/ engl. 52).

[435] Vgl. ibd., arab. 57/ deutsch 61/ engl. 52.

[436] Ibd., deutsch 61. (Vgl. arab. 57/ engl. 52).

[437] Vgl. ibd., arab. 57/ deutsch 61/ engl. 52.

[438] Ibd., deutsch 65. (Vgl. arab. 60/ engl. 57).

[439] Vgl. ibd., arab. 60/ deutsch 65/ engl. 57.

[440] Vgl. ibd., arab. 63f/ deutsch 69/ engl. 61; Sure 24,35.

[441] Physik IV, 212a6: τὸ πέρας τοῦ περιέχοντος σώματος (nach dem griechischen Text und der Übersetzung von Hans Günter Zekl, 1. Halbband [Bd. 380 Philosophische Bibliothek], Hamburg 1987, 168/169). - S. zum Ganzen auch: Arnaldez, Ibn Rushd, 914.

[442] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914.

[443] Vgl. al-Kashf, arab. 66/ deutsch 71/ engl. 63. - Nach mittelalterlicher Auffassung befand sich „außerhalb der Welt, zu der außer den Planetensphären, Firmament, Kristall- und Feuerhimmel auch die ... geistigen Sphären gezählt werden mussten, ... ein unendlicher, leerer Raum, der allerdings - da Gott unendlich ist - als von Gott erfüllt gedacht wurde. Dieses Konzept einer (abgesehen von Gottes Allgegenwart) leeren Unendlichkeit stammt schon aus Aristoteles’ De coelo, der aber von Gottes Omnipräsenz selbstverständlich noch nichts sagt.” (Rudolf Simek, Erde und Kosmos im Mittelalter. Das Weltbild vor Kolumbus, München 1992, 22f).

[444] Vgl. al-Kashf, arab. 66/ deutsch 72/ engl. 63f. - Aristoteles zählt 10 Kategorien auf, „wobei der Substanz die neun Ordnungen des Akzidens gegenüberstehen. ... Dieser Katalog der Kategorien beherrscht die Scholastik und wirkt bis heute fort.” (Johannes B. Lotz, Kategorien. In: Phil. Wörterbuch Brugger, 192. - S. dazu auch: Hans Michael Baumgartner, Kategorie. In: HpG, Bd. 3 [1973], 761f). - In Organon I (Kategorien), c. 4 zählt Aristoteles die zehn Kategorien auf, in c. 5 behandelt er gesondert die Substanz und in c. 6 die Quantität.

[445] Vgl. al-Kashf, arab. 67/ deutsch 72/ engl. 65.

[446] Vgl. ibd., arab. 67/ deutsch 72/ engl. 64.

[447] Vgl. ibd., arab. 79-127/ deutsch 85-135/ engl. 78-132.

[448] Die andere primäre Handlung besteht in der Beauftragung der Propheten. (Vgl. Fakhry, Averroes [Ibn Rushd], 85).

[449] Vgl. ibd.

[450] Vgl. Destructio destructionum, fol. 20 va, 156; TT 147; The Incoherence of the Incoherence , 87; Die Widerlegung des Gazali, 137.

[451] Vgl. Destructio destructionum, fol. 20 vb, 157; TT 149; The Incoherence of the Incoherence, 88; Die Widerlegung des Gazali, 138.

[452] Der Begriff des Hervorbringens bzw. der Hervorbringung ist nicht in allen Ausgaben von Destructio destructionum zu finden. Die lateinische Edition spricht von innovatio (= Erneuerung, Veränderung), der arabische Text von ihdath, was van den Bergh und Fakhry mit production übersetzen. (Vgl. Destructio destructionum, fol. 21 vb, 165; TT 162; The Incoherence of the Incoherence, 96f; Fakhry, Averroes [Ibn Rushd], 86). Diese Übersetzung gibt den Sinn des Textes besser wieder als die lateinische. Denn beim Begriff der Erneuerung/Veränderung könnte es nicht das von Averroes angesprochene Missverständnis geben, dass etwas nach dem Stadium der Nicht-Existenz von etwas in der Zeit hätte hervorgebracht werden können, weil dann ja bereits etwas existiert haben müsste.

[453] al-Kashf, deutsch 85. (Vgl. arab. 79/ engl. 78).

[454] Ibd., deutsch 86. (Vgl. arab. 80/ engl. 79). - Zur Fürsorge vgl. auch die Ausführungen zum „Providenzbeweis“ und zum „Beweis der substanziellen Schöpfung” oben in Kap. B.VI.2.

[455] Vgl. al-Kashf, arab. 80/ deutsch 86/ engl. 80.

[456] Vgl. Majid Fakhry, Introduction. In: Faith and Reason in Islam, 8.

[457] al-Kashf, deutsch 87. (Vgl. arab. 81/ engl. 80).

[458] Ibd.

[459] Vgl. dazu z. B. Sure 78,6-9: „Haben wir nicht die Erde als Lager geschaffen, und die Berge als Pflöcke, euch als Paare erschaffen euren Schlaf zur Ruhe“. (Übers. Zirker, 368. Vgl. al-Kashf, arab. 81/ deutsch 87/ engl. 81).

[460] Vgl. al-Kashf, arab. 81ff/ deutsch 87ff/ engl. 80ff.

[461] Ibd., deutsch 90. (Vgl. arab. 84/ engl. 84).

[462] Vgl. ibd., arab. 85/ deutsch 91/ engl. 84f.

[463] Vgl. ibd., arab. 85/ deutsch 91f/ engl. 85.

[464] Ibd., deutsch 92. (Vgl. arab. 86/ engl. 85).

[465] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 549.

[466] Nach ash‘aritischer Auffassung wird alles, was in dieser Welt geschieht, im Augenblick seines Geschehens von Gott geschaffen. Aufgrund der göttlichen Gewohnheit, bestimmte Akte der Schöpfung immer wieder in derselben Abfolge geschehen zu lassen, wird „in uns die Illusion eines Zusammenhangs von Ursache und Wirkung“ erweckt. (Halm, Der Islam, 37. - Vgl. Perler/ Rudolph, Occasionalismus, 52ff). Verwandt mit diesem Okkasionalismus (vgl. dazu auch unten Kap. C.IV.8.c) ist der Atomismus, den die Ash‘ariten von den Mu‘taziliten übernahmen. Danach besteht die Welt aus Atomen und ihnen innewohnenden Akzidentien. Diese werden aus dem Nichts erschaffen, zu Körpern verbunden und durch ein direktes Handeln Gottes in bestimmten Zeiträumen erhalten. Die von uns erlebte Ordnung und Einheitlichkeit der Welt existiert nicht aufgrund einer inhärenten, notwendig kausalen Beziehung zwischen den Atomen und Akzidientien, sondern aufgrund der willkürlichen Anweisung des göttlichen Willens. Dieser kann die bestehende Ordnung zerschlagen und damit Wunder verursachen. (Vgl. Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters , 368f).

[467] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 914.

[468] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 549.

[469] Sure 27,88 (90): „Das Werk Gottes, der alles gut gemacht hat!” (Übers. Zirker, 240. Vgl. al-Kashf, arab. 86/ deutsch 92/ engl. 86).

[470] al-Kashf, deutsch 92. (Vgl. arab. 86/ engl. 86).

[471] Vgl. Catarina Belo, Chance and Determinism in Avicenna and Averroes, Leiden/Boston 2007, 207.

[472] Vgl. al-Kashf, arab. 88/ deutsch 94/ engl. 87. - Averroes verweist an dieser Stelle auf seine Ausführungen zur Prädestination und zum göttlichen Ratschluss. (Vgl. dazu: Ibd., arab. 104-113/ deutsch 111-120/ engl. 105-115).

[473] Innere und äußere Ursachen werden unterschieden „je nachdem, ob eine Ursache als inneres Aufbauprinzip in das Verursachte eingeht oder nicht.” (Viktor Naumann, Ursache. In: Phil. Wörterbuch Brugger, 424f. – S. dazu auch: Pasquale Porro, Ursache/Wirkung. II. Patristik/Mittelalter. In: HWPh, Bd. 11 [2001], Sp. 385f).

[474] Vgl. al-Kashf, arab. 89/ deutsch 95/ engl. 88).

[475] Ibd., deutsch 94. (Vgl. arab. 88/ engl. 87f).

[476] Ibd., deutsch 94. (Vgl. arab. 88/ engl. 88).

[477] Ibd., deutsch 95. (Vgl. arab. 89/ engl. 89). - Averroes veweist hier auf Sure 11,7: „Er ist es, der die Himmel und die Erde in sechs Tagen erschaffen hat - Sein Thron war auf dem Wasser.“ (Übers. Zirker, 138). Nach Fakhry ( A History of islamic Philosophy, 292 ) beinhaltet dieser Satz „the eternity of water, the throne, and time, which measures their duration.”

[478] Vgl. al-Kashf, arab. 90/ deutsch 96/ engl. 90. - S. zu diesem Thema auch oben Kap. B.VI.2.

[479] Vgl. al-Kashf, arab. 91/ deutsch 97/ engl. 91.

[480] Ibd., deutsch 97. (Vgl. arab. 91/ engl. 90).

[481] Vgl. Tjitze J. de Boer, Geschichte der Philosophie im Islam, Stuttgart 1901, 170.

[482] v. Kügelgen, Averroe s, 36.

[483] S. oben Kap. B.V.3.

[484] Vgl. Vollmer, Nachwort, 171.

[485] Vgl. al-Kashf, arab. 98/ deutsch 104/ engl. 98. Averroes verweist dazu auf die Suren 4,163f (161f) u. 46,9 (8).

[486] Vgl. al-Kashf, arab. 98/ deutsch 105/ engl. 98f. Averroes verweist dazu u. a. auf Sure 4,174.

[487] Vgl. al-Kashf, arab. 96/ deutsch 102/ engl. 96.

[488] Vgl. ibd., arab. 96/ deutsch 103/ engl. 96.

[489] Sure 17,90 (92); 93 (95) ( Übers. Zirker, 180. Vgl. al-Kashf, arab. 97/ deutsch 103/ engl. 97 ).

[490] Vgl. al-Kashf, arab. 97/ deutsch 103f/ engl. 97.

[491] Vgl. dazu: Louis Gardet, All ā h. In: EI2, vol. I (1960), 406-417, bes. 407f.

[492] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 550.

[493] Vgl. Fakhry, Introduction, 10f.

[494] Vgl. al-Kashf, arab. 106/ deutsch 113/ engl. 107.

[495] Die Jabriten leugnen den freien Willen des Menschen und vertreten einen göttlichen Determinismus. (Vgl. Fakhry, Islamic Philosophy, Theology and Mysticism, 16ff, 111f).

[496] al-Kashf, deutsch 112. (Vgl. arab. 105/ engl. 107).

[497] Vgl. ibd., arab. 105f/ deutsch 112/ engl. 107.

[498] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 550.

[499] Vgl. al-Kashf, arab. 107/ deutsch 114f/ engl. 109.

[500] Vgl. ibd., arab. 108/ deutsch 115/ engl. 109.

[501] Vgl. Fakhry, Introduction, 11.

[502] Vgl. Marmura, Al-Ghaz ā l ī, 150.

[503] Mu ḥ ammad al-ġazzālīs Lehre von den Stufen zur Gottesliebe. Die Bücher 31-36 seines Hauptwerkes eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Richard Gramlich (Freiburger Islamstudien, 10), Wiesbaden/Stuttgart 1984, 645.

[504] Vgl. ibd., 209.

[505] Vgl. Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 201; Mu ḥ ammad al-ġazzālīs Lehre von den Stufen zur Gottesliebe, 209.

[506] Mu ḥ ammad al-ġazzālīs Lehre von den Stufen zur Gottesliebe, 209.

[507] Vgl. al-Kashf, arab. 109/ deutsch 116/ engl. 110.

[508] Vgl. ibd., arab. 109/ deutsch 116/ engl. 111.

[509] Vgl. ibd.

[510] Ibd., deutsch 117. (Vgl. arab. 110/ engl. 111).

[511] Ibd.

[512] Galen (129-199 n. Chr.?) gilt - nach Hippokrates (460-377 v. Chr.), dem „Vater der Medizin“ - als die berühmteste griechische Autorität der Medizin der Antike. (Vgl. die Anmerkung in: al-Kashf, engl., 11297).

[513] al-Kashf, deutsch 117. (Vgl. arab. 110/ engl. 112).

[514] Ibd., deutsch 118. (Vgl. arab. 111/ engl. 113).

[515] Vgl. ibd. - Averroes verweist hier auf Sure 22,73 (72): „Ihr Menschen, ein Vergleich wird vorgetragen. So hört hin! Die ihr außer Gott anruft, werden keine Fliege erschaffen, selbst wenn sie sich dafür zusammentun. Und wenn die Fliege ihnen etwas raubt, entreißen sie es ihr nicht. Wie schwach ist der Begehrende und das Begehrte.“ (Übers. Zirker, 211).

[516] Vgl. al-Kashf, arab. 112/ deutsch 119/ engl. 114.

[517] Ibd., deutsch 119f. (Vgl. arab. 112f/ engl. 114f).

[518] Vgl. z. B. Sure 13,27.

[519] So etwa Sure 39,7 (9): „Ihm gefällt bei seinen Dienern Unglaube nicht.“ (Übers. Zirker, 286. Vgl. al-Kashf, arab. 114/ deutsch 121/ engl. 116).

[520] Vgl. al-Kashf, arab. 115/ deutsch 122/ engl. 118.

[521] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 551.

[522] al-Kashf, deutsch 124. (Vgl. arab. 116/ engl. 119).

[523] Ibd.

[524] Sure 21,23 (Übers. Zirker, 202. Vgl. al-Kashf, arab. 117/ deutsch 124/ engl. 119).

[525] Vgl. al-Kashf, arab. 117/ deutsch 124/ engl. 119.

[526] Vgl. ibd., arab. 118/ deutsch 125/ engl. 121.

[527] Vgl. El-Ehwany, Ibn Rushd, 551.

[528] Vgl. unten Kap. B.IX.2.e.

[529] Zu Recht hat Arnaldez ( Ibn Rushd, 915 ) darauf hingewiesen, dass es nicht nur um eine Kritik an al-Ghazzali geht, sondern auch um die Wiederherstellung der wahren Philosophie des Aristoteles gegenüber der neuplatonischen islamischen Philosophie.

[530] Übers. „Die Inkohärenz der Philosophen” (van den Bergh, Introduction, XIII) bzw. „Die Widersprüche der Philosophen“ (Meyer, Tahāfut al-falāsifah, 693). - Arabische Ausgabe des Textes: Al-Ghazzali, Tah a fut al-fal a sifah, ed. Maurice Bouyges, Beirut 1927. - Englische Übersetzung: Al-Ghazali’s Tah a fut al-fal a sifah (Incoherence of the Philosophers), transl. by Sabih Ahmad Kamali, Lahore 21963.

[531] Vgl. Meyer, Tahafut al-falasifah, 693.

[532] Vgl. Al-Ghazzali, Tah a fut al-fal a sifah, Kap. I, ed. Bouyges, 21-78 / transl. Kamali, 13-53.

[533] Vgl. Al-Ghazzali, Tah a fut al-fal a sifah, Kap. XIII, ed. Bouyges, 223-238 / transl. Kamali, 153-162.

[534] Vgl. Al-Ghazzali, Tahafut al-falasifah, Kap. XX, ed. Bouyges, 344-375 / transl. Kamali, 229-248.

[535] Vgl. Gauthier, Ibn Rochd (Averroès), 228.

[536] Vgl. van den Bergh, Introduction, XV.

[537] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 915.

[538] Zum Wissen Gottes vgl. oben Kap. B.IV.2.a und unten Kap. C.III.1; zur Frage nach der Auferstehung unten Kap. B.IX.2.e.

[539] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 221.

[540] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 ra, 69f ; TT 4; The Incoherence of the Incoherence, 1; Die Widerlegung des Gazali, 1.

[541] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 ra, 70; TT 5; The Incoherence of the Incoherence, 1; Die Widerlegung des Gazali, 2.

[542] Vgl. Oliver Leaman, Averroes and his Philosophy, Oxford 1988 (repr. Richmond 1997), 15.

[543] Destructio destructionum, fol. 8 rb, 70: „sicut permutatio Geometrae ex non geometrizando ad geometrizandum, et permutatio docentis ex non docendo ad docendum.” (Vgl. TT 6; The Incoherence of the Incoherence, 2; Die Widerlegung des Gazali, 3).

[544] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 rb, 70; TT 6; The Incoherence of the Incoherence, 2; Die Widerlegung des Gazali, 3. - Hier besteht nach van den Bergh ( Notes, 22/4 ) eine Parallele zu Aristoteles, gemäß dem das Sich-Wandelnde sich auf vierfache Weise wandelt: „Entweder (1) aus Zugrundeliegendem in Zugrundeliegendes, oder (2) aus Zugrundeliegendem in Nicht-Zugrundeliegendes, oder (3) aus Nicht-Zugrundeliegendem in Zugrundeliegendes, oder (4) aus Nicht-Zugrundeliegendem in Nicht-Zugrundeliegendes“. (Physik I, 225a3-6; Übers. Zekl, 2. Halbband [Bd. 381 Philosophische Bibliothek], 7).

[545] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 16.

[546] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 rb, 71; TT 7; The Incoherence of the Incoherence, 3;

Die Widerlegung des Gazali, 4.

[547] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 16.

[548] Destructio destructionum, fol. 8 rb, 72: „Retardatio autem acti ex voluntate agentis bene possibilis est, sed retardatio eius actioni agentis est impossibilis, et sic retardatio actionis ex deliberatione ad agendum in agente voluntario.“ (Vgl. TT 7; The Incoherence of the Incoherence, 3; Die Widerlegung des Gazali, 5).

[549] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 16.

[550] Destructio destructionum, fol. 8 vb, 74: „ergo non est hoc nisi ultimas insaniae.” (Vgl. TT 10; The Incoherence of the Incoherence, 5; Die Widerlegung des Gazali, 9).

[551] van den Bergh ( Notes, 65/1 ) sieht hier den Gegensatz von θέσις und φύσις.

[552] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 vb, 74; TT 11; The Incoherence of the Incoherence, 5; Die Widerlegung des Gazali, 9.

[553] Max Horten, Inhaltsangabe. In: Die Hauptlehren des Averroes nach seiner Schrift: Die Widerlegung des Gazali, 348.

[554] Vgl. Destructio destructionum, fol. 8 vb, 74; TT 11; The Incoherence of the Incoherence, 5; Die Widerlegung des Gazali, 10.

[555] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 17.

[556] Destructio destructionum, fol. 8 vb, 75 : „Attamen non est sic in materialibus, sicut est in intellectualibus.” (Vgl. TT 12; The Incoherence of the Incoherence, 6; Die Widerlegung des Gazali, 12f).

[557] Es handelt sich hier um eine Gesetzesschule des Islam, welche die religiösen Texte wörtlich auslegt. (Vgl. van den Bergh, Notes, 66/1).

[558] Vgl. TT 12; The Incoherence of the Incoherence, 6; Die Widerlegung des Gazali, 12f.

[559] Vgl. van den Bergh, Notes, 66/1.

[560] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 17; Destructio destructionum, fol. 9 ra, 76; TT 13; The Incoherence of the Incoherence, 6f; Die Widerlegung des Gazali, 13f.

[561] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9 ra, 75 ; TT 13; The Incoherence of the Incoherence, 7; Die Widerlegung des Gazali, 14.

[562] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9 ra, 76 ; TT 13; The Incoherence of the Incoherence, 7; Die Widerlegung des Gazali, 14.

[563] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 17.

[564] Destructio destructionum, fol. 12 vb, 101: „Et omni, quod innovatur in eo, est conveniens, et aut procedet in infinitum, aut perveniet ad antiquum ex quo erit innovatum primum.” (Vgl. TT 61; The Incoherence of the Incoherence, 35; Die Widerlegung des Gazali, 75).

[565] Vgl. Destructio destructionum, fol. 13 ra, 102; TT 63; The Incoherence of the Incoherence, 36; Die Widerlegung des Gazali, 75.

[566] Diese und die folgenden Ausführungen basieren auf: Leaman , Averroes and his Philosophy, 24.

[567] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9rb, 78; TT 16; The Incoherence of the Incoherence, 9;

Die Widerlegung des Gazali, 18.

[568] Vgl. Horten, (Angabe in der Klammer). In: Die Widerlegung des Gazali, 18.

[569] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 17f; Destructio destructionum, fol. 9 rb, 78; TT 16; The Incoherence of the Incoherence, 8f; Die Widerlegung des Gazali, 18.

[570] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 18. - „In der griechischen Philosophie, der das Geformte und damit Begrenzte als das Vollendete galt, ist das Unendliche (ápeiron) der Ausdruck des Unfertigen, Unbestimmten und darum des Unvollkommenen. So ist für Aristoteles wie auch für die Scholastik der Urstoff, die prima materia insofern unendlich, als an sich durch keine Form bestimmt, sondern bloß (nacheinander) durch beliebig viele Formen bestimmbar.” (Maximilian Rast, Unendlich. In: Phil. Wörterbuch Brugger, 420f. – S. dazu auch: Aristoteles, Metaphysik I, 984a u. 986a; II, 994aff u. a.).

[571] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9 va, 79; TT 19; The Incoherence of the Incoherence, 10; Die Widerlegung des Gazali, 20f. - Hier besteht wiederum ein Bezug zu Aristoteles. Dieser schreibt, dass eine kürzere Zeit nur dann in Relation zu einer längeren steht, wenn beide endlich sind. (Vgl. De caelo I, 274a8; van den Bergh, Notes, 810/3).

[572] Destructio destructionum, fol. 9 va, 79: „Cum autem non fuerit ibi finitas, non est ibi multitudo nec paucitas. Et, cum ponitur, quod ibi sit proportio multitudinis ad paucitatem, imaginatur quod sequatur ex hoc alia falsitas, et est quod sit infinitum maius infinito, quod quidem est falsum. Cum enim accipimus duo infinita in actu, tunc reperitur proportio inter ea; cum autem accipimus ea in potentia, non est ibi proportio. Haec est responsio huic quaestioni; non autem id, cum quo respondit Algazel pro Philosophis.” (Vgl. TT 19; The Incoherence of the Incoherence, 10; Die Widerlegung des Gazali, 21).

[573] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 18.

[574] Vgl. Arnaldez, Ibn Rushd, 915. - Ich habe den Begriff mit Anführungszeichen versehen, weil bei Averroes kaum von einer Schöpfung im vollen Sinne die Rede sein kann. (Vgl. unten Kap. D). – Der Gedanke einer ewigen Schöpfung geht auf spätere Platon-Interpreten, vor allem auf Plotin, zurück. (Vgl. Seymour Feldman, Philosophy: Averroes, Maimonides, and Aquinas. In: Jacob Neusner [ed.], Religious foundations of Western civilization: Judaism, Christianity, and Islam, Nashville 2006, 213. Zur Theorie Plotins s.: Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, 102-128).

[575] Vgl. Ibn Rushd, 915.

[576] Vgl. Physik IV, 219b8.

[577] Ibd. IV, 220b16ff (Übers. Zekl, 1. Halbband, 219).

[578] Destructio destructionum, fol. 9 vb, 80: „Et, cum sic fuerit, necesse est ut non sit aliqua suarum operationum primarum conditio requisita in esse secundae. Quoniam unaquaeque earum non agit per se, et esse unam ante alteram est per accidens. Et est possibile apud eos esse infinitum per accidens, non autem per se. Immo est necesse ut sic haec species infiniti necessaria sequens esse principii voluntarii aeterni. Et hoc non est in imaginationibus motuum succedentium aut continuorum tantum, sed etiam in rebus in quibus existimatur quod praecedens sit causa subsequentis, ut homo qui generat hominem et similia.” (Vgl. TT 20f; The Incoherence of the Incoherence, 11; Die Widerlegung des Gazali, 22f).

[579] Vgl. van den Bergh, Notes, 911/3.

[580] Vgl. oben Kap. B.VI.2.

[581] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9 vb, 81; TT 23; The Incoherence of the Incoherence, 12; Die Widerlegung des Gazali, 26.

[582] Vgl. Destructio destructionum, fol. 9 va, 80; TT 20 ; The Incoherence of the Incoherence, 11; Die Widerlegung des Gazali, 22.

[583] Nach Platon hat die Zeit zwar einen Anfang; sie kann aber unendlich sein: „So entstand denn die Zeit zugleich mit dem Weltall, auf dass beide, zugleich erschaffen, auch zugleich wieder aufgelöst würden, wenn es jemals zu einer Auflösung derselben kommen sollte: das Urbild für sie aber war die eigentliche Ewigkeit: diesem sollte das Weltall so ähnlich wie nur möglich werden”. (Timaios, 38b. Übers. nach: Platon, Sämtliche Dialoge, Bd. VI, übersetzt u. erläutert v. Otto Apelt, Hamburg 1988, 56).

[584] Vgl. Destructio destructionum, fol. 10 ra, 83; TT 25; The Incoherence of the Incoherence, 13; Die Widerlegung des Gazali, 29.

[585] Vgl. Destructio destructionum, fol. 10 ra, 83; TT 25f; The Incoherence of the Incoherence, 13f; Die Widerlegung des Gazali, 29.

[586] Vgl. Destructio destructionum, fol. 10 rb, 84; TT 27; The Incoherence of the Incoherence, 14; Die Widerlegung des Gazali, 31. - Nach Avicenna können Wesen, die keine festgelegte Ordnung in Raum oder Natur haben (wie bestimmte Engel und Teufel), eine gleichzeitige numerische Unendlichkeit bilden. Freilich kann es keine Präexistenz der Seelen geben, weil diese vor dem Eintritt in die Körper eine oder mehrere sein müssen. Sie können aber nicht mehrere sein, weil in einem immateriellen Wesen kein Individuationsprinzip für eine Vielheit ist. Sie können auch nicht eine sein, weil dann jene eine Seele unter den Körpern aufgeteilt werden müsste und das Immaterielle nicht aufgeteilt werden kann. Nach der Trennung von den Körpern hingegen können die Seelen weiterexistieren. Denn sie sind nun verschieden aufgrund der Körper, in denen sie gewesen sind, aufgrund der Zeiten, in denen sie erschaffen wurden und aufgrund der Unterschiede in ihren eigenen Formen, die den unterschiedlichen Bedingungen ihrer früheren Körper entsprechen. (Vgl. van den Bergh, Notes, 1314/6f, unter Verweis auf: Ibn Sina [Avicenna], Kitab al-Najat, Kairo 1331/1913, 203, 300ff. - S. dazu auch: Can Yurtöven, Islamischer Materialismus. In: Rainer E. Zimmermann/ Klaus-Jürgen Grün [Hgg.], Hauptsätze des Seins. Die Grundlegung des modernen Materiebegriffs. Sonder-Doppelnummer zum 800. Todestag von Averroes, Cuxhaven / Dartford 1998, 92; Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 361f).

[587] Destructio destructionum, fol. 10 rb, 84: „Nam Philosophi denegant infinitum in actu, seu corpus seu non corpus.“ (Vgl. TT 27; The Incoherence of the Incoherence, 14).

[588] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 19; TT 34; The Incoherence of the Incoherence, 18f; Die Widerlegung des Gazali, 39ff.

[589] Vgl . Destructio destructionum, fol. 11 ra, 89; TT 36; The Incoherence of the Incoherence, 20; Die Widerlegung des Gazali, 43.

[590] Destructio destructionum, fol. 11 ra, 90: „Ait Algazel respondens pro Loquentibus circa affirmationem voluntatis.“ (Vgl. TT 37; The Incoherence of the Incoherence, 21; Die Widerlegung des Gazali, 43f).

[591] Das Beispiel hat nach van den Bergh ( Notes, 1921/2 ) seinen Ursprung bei Aristoteles. (Vgl. De caelo III, 295b32). Später wird es u. a. auch von Thomas von Aquin behandelt. (Vgl. STh I-II [= ST 2 in ed. Busa 2], q.13, a.6 [ed. Busa 2, 374/1]).

[592] Vgl. TT 37; The Incoherence of the Incoherence, 21; Die Widerlegung des Gazali, 46.

[593] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 19.

[594] Vgl. Destructio destructionum, fol. 11 rb, 91; TT 40; The Incoherence of the Incoherence, 23; Die Widerlegung des Gazali, 49f.

[595] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 19f.

[596] Vgl. TT 41; The Incoherence of the Incoherence, 24; Die Widerlegung des Gazali, 53f.

[597] Vgl. Destructio destructionum, fol. 11 rb, 92; TT 41; The Incoherence of the Incoherence, 23f; Die Widerlegung des Gazali, 53ff.

[598] Vgl. Destructio destructionum, fol. 12 ra, 96; TT 51; The Incoherence of the Incoherence, 29; Die Widerlegung des Gazali, 64f.

[599] Sure 18,103f: „Sollen wir euch kundtun, wer an Taten die größten Verlierer sind, deren Mühen im diesseitigen Leben fehlgeht, während sie meinen, sie handelten gut?“ (Übers. Zirker, 189. Vgl. Destructio destructionum, fol. 12 ra, 96; TT 51; The Incoherence of the Incoherence, 29; Die Widerlegung des Gazali, 65).

[600] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 20.

[601] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 214.

[602] Destructio destructionum, fol. 11 vb, 94: „Et hoc totum non expectes hic declarari demonstrative. Si autem fueris ex hominibus demonstrationis, speculare de his in locis suis. Et audi hic sermones qui sunt magis sufficientes sermonibus istorum; et, si non fecerint te adipisci veritatem, facient tamen te adipisci dominium cogitationis quae movebit te ad habendum veritatem in speculando in scientiis.” (Vgl. TT 47; The Incoherence of the Incoherence, 27; Die Widerlegung des Gazali, 60).

[603] Vgl. Destructio destructionum, fol. 11 va/vb, 93f; TT 46f; The Incoherence of the Incoherence, 27; Die Widerlegung des Gazali, 60. - Hier sind allerdings nicht die Substanzen der Elemente in einem Prozess des Werdens und Vergehens, sondern die Mischungen, in denen sie sich jeweils befinden. (Vgl. Horten, Die Widerlegung des Gazali, 60 [Angabe in Klammer]). Denn: „’Element’ im Sinne der Aristotelischen Physik heißt etwas, das nicht mehr in anderes aufgelöst werden kann, in das sich aber anderes auflösen lässt. Die Einfachheit der Elemente folgert Aristoteles aus der Einfachheit von Bewegungen.” (Röd, Der Weg der Philosophie, Bd. 1, 166, unter Verweis auf [48826]: De caelo III).

[604] Vgl. van den Bergh, Notes, 2227/5, unter Verweis auf: De caelo II, 286b1-9; De generatione et corruptione II, c.10.

[605] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 214.

[606] Vgl. Destructio destructionum, fol. 12 ra, 95; TT 48/49; The Incoherence of the Incoherence, 28; Die Widerlegung des Gazali, 61f.

[607] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 215.

[608] Avicenna differenziert Wesenheit (mahiyya) und Existenz (wujud). Gott ist subsistent und notwendig-seiend, bei ihm fallen Wesenheit und Existenz zusammen. Hingegen sind alle anderen seienden Dinge in sich selbst nicht notwendig, sondern nur kontingent oder möglich. Jedes Seiende wiederum, das in sich selbst bloß möglich ist, ist durch ein anderes notwendig. Avicenna nimmt nun keine unendliche Kette von Ursachen und Wirkungen an, sondern diese endet in einer Existenz, welche in ihrer eigenen Wesenheit notwendig ist: Gott, der notwendig Seiende. (Vgl. Marmura, Die islamische Philosophie des Mittelalters, 357ff; Rudolph, Islamische Philosophie, 48f; Fakhry, Averroes [Ibn Rushd], 141; Robert Wisnovsky, Avicenna’s Metaphysics in Context, Ithaka/New York 2003, 145-263 [bes. 197-263]).

[609] Alles Seiende wird von al-Farabi in ein mögliches und ein notwendiges eingeteilt. Zur Verwirklichung des möglichen Seienden bedarf es einer Ursache. Damit die Ursachenreihe nicht bis ins Unendliche geht, braucht es ein notwendiges Seiendes, das keiner Verursachung bedarf und sich selbst genügt. Dieses letzte Wesen, das nicht bewiesen werden kann, ist Gott. Die Menschen streben danach, diesem Wesen die schönsten Namen zu geben, die sie kennen. Jedoch sind diese nur metaphorisch zu begreifen. Sie sind eine schwache Spiegelung jenes Seins. (Vgl. Nagel, Geschichte der islamischen Theologie, 181f).

[610] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 215.

[611] Destructio destructionum, fol. 12 rb, 98: „et est via qua non processerunt Antiqui; et profecto secuti sunt isti duo viri in hoc Loquentes nostrae gentis.” (Vgl. TT 54; The Incoherence of the Incoherence, 32; Die Widerlegung des Gazali, 69).

[612] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 217. - S. dazu auch: Destructio destructionum, fol. 12 va, 99f; TT 56-58; The Incoherence of the Incoherence, 32ff; Die Widerlegung des Gazali, 71ff.

[613] Vgl. B. Carra de Vaux, Ibn Rushd. In: EI, Bd. II (1927), 437.

[614] Vgl. dazu oben Kap. A und unten Kap. D. - George F. Hourani ( Ibn Rushd. In: ER, vol. 6, 567 ) unterstützt diese These, wenn er den Begriff creation in seinem Artikel über Averroes mit Anführungszeichen versieht und darauf verweist, dass es sich bei jener Lehre um eine fortwährende Transformation handelt.

[615] Vgl. Destructio destructionum, fol. 13 ra, 103; TT 64; The Incoherence of the Incoherence, 37; Die Widerlegung des Gazali, 77.

[616] Vgl. Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 107.

[617] Vgl. ibd.

[618] Vgl. ibd., 108; Aristoteles, Physik IV, 219b1.

[619] Vgl. Arnaldez, Averroes: A rationalist in Islam, 108.

[620] Destructio destructionum, fol. 13 ra-rb, 104: „Dubitatio autem est ut dicatur quod tempus sit innovatum et creatum, et non est ante id tempus omnino. Et dictum nostrum, quod Deus gloriosus sit ante mundum et tempus, est quod ipse fuerat, et non fuerat mundus nec tempus, deinde fuit et cum eo mundus et tempus. Et dictum nostrum, nanque fuit, et non erat mundus nec tempus, est esse substantia creatoris, nec privatio substantiae mundi.“ (Vgl. TT 65f; The Incoherence of the Incoherence, 38; Die Widerlegung des Gazali, 78).

[621] Destructio destructionum, fol. 13 rb, 104f: „Hic sermo est sophisticus et corruptus. Quoniam iam facta est demonstratio quod sunt hic duae species ipsius esse, quorum unum est in natura motus, et hoc non evadit tempore; et aliud non est in natura motus, et hoc est aeternum, et non denominatur tempore. Id autem quod est in natura motus, est ens notum sensu et intellectu; eius vero, quod non est in natura motus nec in mutatione, iam facta fuit demonstratio de esse eius apud omnes confitentes quod omne motum habet motorem, et omne actum habet agens, et quod causae moventes altera alteram non procedunt in infinitum, sed perveniunt ad causam primam, quae non movetur omnino. Et facta fuit etiam demonstratio quod id quod non est in natura motus, est supra esse eius quod est in motu, et facta etiam est demonstratio quod ens quod est in natura motus, non evadit a tempore, et quod ens quod non est in natura motus, non evenit ei tempus omnino. Et, cum sic fuerit, tunc praecessio unius eorum alteri, idest eius, quod non evenit ei tempus, non est prioritas temporalis, nec prioritas causae in causato, quae sunt de natura entis quod movetur; ut est prioritas hominis respectu umbrae suae. Et ideo qui assimilaverit praecessionem esse non moti moto praecessioni esse duorum motorum unius quidem reliquo, erravit.“ (Vgl. TT 66; The Incoherence of the Incoherence, 38; Die Widerlegung des Gazali, 78f).

[622] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 26.

[623] Vgl. Destructio destructionum, fol. 13 vb, 108; TT 72; The Incoherence of the Incoherence, 41; Die Widerlegung des Gazali, 83.

[624] Vgl. Destructio destructionum, fol. 13 vb, 108; TT 73; The Incoherence of the Incoherence, 42; Die Widerlegung des Gazali, 84.

[625] Vgl. Aristoteles, Physik IV, 223a16-29.

[626] Vgl. Destructio destructionum, fol. 14 ra, 109; TT 74f; The Incoherence of the Incoherence, 43; Die Widerlegung des Gazali, 85. - Im Hintergrund dieser Ausführungen steht die Auffassung des Aristoteles, nach der Möglichkeit und Materie eng verbunden sind. Materie ist der Ort der Potentialität. (Vgl. Metaphysik XIV, 1088b). Möglichkeit/Potentialität (griech. δύναμις) wiederum liegt den arabischen Ausdrücken quwa und imkan zugrunde. (Vgl. v. Kügelgen, Averroes, 388234; Herbert A. Davidson, Proofs for Eternity, Creation and the Existence of God in Medieval Islamic and Jewish Philosophy, New York/Oxford 1987, 16f).

[627] Behler, Die Ewigkeit der Welt, 221. – S. dazu auch: Destructio destructionum, fol. 14 rb, 110ff; TT 76ff; The Incoherence of the Incoherence, 43ff; Die Widerlegung des Gazali, 85ff.

[628] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 26, unter Verweis auf: TT 76.

[629] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 221. - S. dazu auch: Destructio destructionum, fol. 14 va, 113: „Hic sermo responsionis Philosophorum est in ultimitate ruinae. Et summa eius est quod sursum et deorsum sunt duo relativa, quare evenit eis discursus imaginativus; discursus vero in ante et post non est imaginativus, quoniam in eo non est relatio, sed est intellectualis.” (Vgl. TT 81; The Incoherence of the Incoherence, 47; Die Widerlegung des Gazali, 91).

[630] Destructio destructionum, fol. 14 rb, 110f: „Et non est sic in puncto; nam punctum est finis lineae, et reperitur cum ea, quia linea est quiescens. Et possibile est imaginari punctum quod sit principium lineae, et non sit finis alterius lineae; instans tamen impossibile est ut reperiatur nec cum tempore futuro nec cum praeterito, et est necessario post praeteritum et ante futurum. Et cum impossibile est ei ut sit de se, impossibile est ut sit ante esse futuri, absque eo quod sit finis temporis praeteriti.” (Vgl. TT 77; The Incoherence of the Incoherence, 44; Die Widerlegung des Gazali, 87). - S. dazu auch: Rory Fox, Time and Eternity in Mid-Thirteenth-Century Thought, Oxford 2006, 157; Leaman, Averroes and his Philosophy, 26, unter Verweis auf: Aristoteles, Physik VIII, 251a9-28.

[631] Vgl. Destructio destructionum, fol. 14 rb, 111; TT 78; The Incoherence of the Incoherence, 45; Die Widerlegung des Gazali, 88.

[632] Vgl. Destructio destructionum, fol. 14 rb, 111; TT 78; The Incoherence of the Incoherence, 45; Die Widerlegung des Gazali, 88. - S. dazu auch: Aristoteles, Metaphysik V, 1016b15.

[633] Vgl. Destructio destructionum, fol. 14 vb, 114; TT 82; The Incoherence of the Incoherence, 47; Die Widerlegung des Gazali, 92.

[634] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 27, unter Verweis auf: TT 87.

[635] Destructio destructionum, fol. 15 rb, 118: „Haec est responsio ei, quod negavit secta Assaria de positione mundi, quod impossibile est ut ponat eum Deus gloriosus maiorem aut minorem, est defectus Deo glorioso, quoniam defectus non est defectus, nisi eius cui attribuitur posse, non autem de re falsa.” (Vgl. TT 90; The Incoherence of the Incoherence, 52; Die Widerlegung des Gazali, 97).

[636] Destructio destructionum, fol. 15 rb, 118f: „Si autem hoc fuerit, sequitur ut sit pars alterius mundi; et iam declaratum est esse alium mundum cum isto, esse falsum in scientia Naturali”. (Vgl. TT 91; The Incoherence of the Incoherence, 53; Die Widerlegung des Gazali, 98). - S. dazu auch: Aristoteles, De caelo I, 279a9.

[637] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 rb, 119; TT 91; The Incoherence of the Incoherence, 53; Die Widerlegung des Gazali, 98.

[638] Die Bezeichnung Dahriten (od. dahriyya) leitet sich vom Begriff dahr („Zeit“) her. Dieser wurde „in späteren Jahrhunderten ... nicht nur mit dem unpersönlichen Geschick gleichgesetzt, sondern auch mit der materiellen, gottlosen Welt – so werden die dahriyya in islamischer Polemik zu gottlosen und deshalb sündigen Menschen.“ (Schimmel, Die Zeichen Gottes, 110f).

[639] Vgl. Destructio destructionum fol. 15 rb, 119; TT 91; The Incoherence of the Incoherence, 53; Die Widerlegung des Gazali, 98.

[640] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 va, 119; TT 92; The Incoherence of the Incoherence, 53f; Die Widerlegung des Gazali, 98.

[641] Vgl. van den Bergh, Notes, 4154/1: „This doctrine is not proper to Avicenna, but ... is fundamentally Aristotelian. It is the correct answer, according to Aristotle, that God’s existence is necessary through His own essence, whereas the existence of transitory beings needs an extraneous cause.” - Zur aristotelischen Ansicht vgl. Metaphysik V, 1015b9-11.

[642] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 va, 119; TT 92; The Incoherence of the Incoherence, 54; Die Widerlegung des Gazali, 98. - S. dazu auch: Aristoteles, Physik II, 200a10-15.

[643] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 va, 119; TT 92; The Incoherence of the Incoherence, 54; Die Widerlegung des Gazali, 98.

[644] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 28.

[645] Vgl. van den Bergh, Notes, 4154/2.

[646] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 va, 119f; TT 92; The Incoherence of the Incoherence, 54; Die Widerlegung des Gazali, 99.

[647] Vgl. van den Bergh, Notes, 4254/5.

[648] Vgl. Metaphysik IX, 1047a10.

[649] Destructio destructionum, fol. 15 va, 120: „Si vero dixeritis quomodo erat impossibile, et factum est possibile? Dicimus non esse falsum esse aliquando impossibile, aliquando vero possibile.” (Vgl. TT 93; The Incoherence of the Incoherence, 54).

[650] Destructio destructionum, fol. 15 va, 120: „Et quomodo erit mensura aliqua possibilis, et tamen maior aut minor impossibilis? Si autem hoc non est falsum, similiter et illud non est falsum.” (Vgl. TT 93; The Incoherence of the Incoherence, 54).

[651] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 28.

[652] Vgl. ibd.

[653] D estructio destructionum, fol. 15 vb, 121: „Et rediit quaestio utrum sit possibile, ut sit mundus antiquus et aeternus, aut innovatus, aut erit possibile ut sit innovatus et impossibile ut sit antiquus. Si autem fuerit innovatus, utrum sit possibile ut sit actio prima, vel ne. Si autem non erit intellectui possibilitas perveniendi in unum horum oppositorum, tunc revertitur ad auditum. Et non numeratur haec quaestio inter intellectuales.” (Vgl. TT 96; The Incoherence of the Incoherence, 56; Die Widerlegung des Gazali, 101).

[654] Vgl. Behler, Die Ewigkeit der Welt, 225; Destructio destructionum, fol. 15 vb, 121; TT 96; The Incoherence of the Incoherence, 56; Die Widerlegung des Gazali, 101.

[655] Vgl. Davidson, Proofs for Eternity, 63.

[656] Destructio destructionum, fol. 15 vb, 122: „Qui autem ponit quod ab aeterno non emanat nisi actio nova, iam ponit quod actio eius aliquo modo est violenta, et quod nulla sit ei electio in actione sua illo modo.” (Vgl. TT 97; The Incoherence of the Incoherence, 56; Die Widerlegung des Gazali, 102).

[657] Vgl. Destructio destructionum, fol. 15 vb, 122; TT 97; The Incoherence of the Incoherence, 57; Die Widerlegung des Gazali, 102f.

[658] Vgl. van den Bergh, Notes, 4357/1. – Es handelt sich hier, wie van den Bergh zu Recht schreibt, um eine petitio principii. Würde man nämlich statt des Wortes „Welt“ den Begriff „Sokrates“ einsetzen, so würde dies nicht die ewige Existenz des Sokrates beweisen. Diese petitio principii ist auch bei Aristoteles zu finden. (Vgl. De caelo I, cc. 10-12).

[659] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 29; Jaako Hintikka, Time and Necessity: Studies in Aristotle’s Theory of Modality, Oxford 1973, ch. 5.

[660] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 30. - Leaman zitiert zum „Prinzip der Fülle” wiederholt Aristoteles, Metaphysik IX, 1047b3, wonach nicht gesagt werden kann, „das und das sei zwar möglich, aber es werde nicht eintreten“. (Übers. Bonitz, 185; vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 32 u. 39).

[661] Destructio destructionum, fol. 16 ra, 123: „Qui autem ponit quod ante mundum fuerat possibilitas una numero, quae non defecit, necesse est ei dicere ut sit mundus aeternus. Qui vero ponit quod ante mundum fuerant possibilitates in aeternum, non finitae numero, ut posuit Algazel in responsione, sequitur ei ut ante hunc mundum sit mundus, et ante mundum secundum mundus tertius, et procedit in infinitum. Sicut est in individuis hominum“. (Vgl. TT 98f; The Incoherence of the Incoherence, 58; Die Widerlegung des Gazali, 103).

[662] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 18; und oben Kap. B.VII.2.a.γ.

[663] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 ra, 124; TT 99; The Incoherence of the Incoherence, 58; Die Widerlegung des Gazali, 103.

[664] Destructio destructionum, fol. 16 ra, 124: „Et cum de necessitate abscinditur processus, igitur abscissio eius in hoc mundo est dignior, scilicet ponendo eum unum numero, et aeternum.” (Vgl. TT 100; The Incoherence of the Incoherence, 58; Die Widerlegung des Gazali, 104).

[665] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 ra, 124; TT 100; The Incoherence of the Incoherence, 58; Die Widerlegung des Gazali, 104. - S. dazu z. B. Aristoteles, Metaphysik VII, 1032a20 (Übers. Bonitz, 143): „Alles aber, was wird, sei es durch Natur, sei es durch Kunst, hat einen Stoff“.

[666] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 rb, 125; TT 101; The Incoherence of the Incoherence, 58f; Die Widerlegung des Gazali, 104f.

[667] S. oben Kap. B.VII.2.a.γ.

[668] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 rb, 125; TT 102; The Incoherence of the Incoherence, 60; Die Widerlegung des Gazali, 105.

[669] In sich selbst ist sie jedoch nicht notwendig; dies ist göttliches Prärogativ. (Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 36).

[670] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 37. - S. dazu auch: Destructio destructionum, fol. 16 rb, 125: „Dubitatio est ut dicatur, possibilitas quam ponunt, revertitur ad iudicium intellectus, et omne quod intellectus considerat esse eius, et non prohibetur ei id considerare, appellamus possibile. Si autem prohibetur, appellamus falsum et inconveniens. Si vero non poterimus considerare privationem eius, id appellamus necessarium. Haec autem sunt iudicia intellectualia, non indigentia quidem aliquo, adeo quod perveniat ei denominatio.” (Vgl. TT 102; The Incoherence of the Incoherence, 60; Die Widerlegung des Gazali, 105).

[671] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 rb, 125; TT 102f; The Incoherence of the Incoherence, 60; Die Widerlegung des Gazali, 105.

[672] Destructio destructionum, fol. 16 rb, 126: „Quod autem possibilitas determinet materiam existentem, hoc patet. Quoniam alia intellecta vera non evadunt quin determinent aliquod ens extra animam, postquam verum, ut dictum est in definitione eius est ut reperiatur in anima, sicut reperitur extra animam.” (Vgl. TT 103; The Incoherence of the Incoherence, 60; Die Widerlegung des Gazali, 105). - S. dazu auch: van den Bergh, Notes, 45f60/3, unter Verweis auf: Aristoteles, De interpretatione IX, 19a33; Metaphysik IV, 1011b26 u. IX, 1051b1; De anima III, 432a11.

[673] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 rb, 126; TT 103; The Incoherence of the Incoherence, 60; Die Widerlegung des Gazali, 105.

[674] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 38.

[675] Destructio destructionum, fol. 16 va, 126: „Et secunda est, quoniam nigredo et albedo, determinat intellectus in eis ante esse earum quod sint possibiles.” (Vgl. TT 104; The Incoherence of the Incoherence, 61).

[676] Vgl. Destructio destructionum, fol. 16 va, 126; TT 104 ; The Incoherence of the Incoherence , 61; Die Widerlegung des Gazali, 106.

[677] Vgl. Leaman, Averroes and his Philosophy, 38.

[678] Destructio destructionum, fol. 16 va, 127 : „Haec est fallacia. Nam possibile dicitur de recipiente et recepto; id autem quod dicitur de subiecto recipiente, opponitur ei impossibile; id vero, quod dicitur de recepto, opponitur ei necessarium. Quod autem denominatur a possibilitate cui opponitur impossibile, non est id quod exit in actum a possibilitate, ex eo quod exit in actum, quoniam, cum exierit, aufertur ex eo possibilitas. Denominatur tamen a possibilitate, ex eo quod est in potentia. Et subiectum huius possibilitatis est subiectum quod permutatur ab esse in potentia ad esse in actum.” (Vgl. TT 104f; The Incoherence of the Incoherence, 61; Die Widerlegung des Gazali, 106f).

Ende der Leseprobe aus 551 Seiten

Details

Titel
Zum Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und Thomas von Aquin
Untertitel
Eine vergleichende Studie
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
cum laude
Autor
Jahr
2008
Seiten
551
Katalognummer
V128951
ISBN (eBook)
9783640347254
ISBN (Buch)
9783640347407
Dateigröße
3813 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aus dem Gutachten zu dieser Dissertation: "Es bleibt die gründliche Zusammenstellung der wichtigsten Texte, es bleibt ein großer Überblick über die Problemlage und es bleibt auch eine Fülle von Hinweisen und Querverweisen, wie sie die bisherige Literatur nicht vorzeigen kann. So kann die Arbeit als ein umfangreiches Compendium zur Fragestellung betrachtet und ausgewertet werden... . Es bleibt der Eindruck vom Charakter eines genauen Nachschlagewerkes, das zur Lektüre einzelner Texte und Quellen anregt und anleitet."
Schlagworte
Welt-, Schöpfungsbegriff, Averroes, Thomas, Aquin, Eine, Studie
Arbeit zitieren
Markus Stohldreier (Autor:in), 2008, Zum Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und Thomas von Aquin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128951

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Zum Welt- und Schöpfungsbegriff bei Averroes und Thomas von Aquin



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden