„Sieh einmal, hier steht er, pfui, der Struwwelpeter!“ Es wird in Deutschland wohl kaum einen Erwachsenen geben, dem diese Zeilen und die dazu gehörigen Bilder nicht aus eigener Kindheit in Erinnerung geblieben wären und auch viele Kinder und Jugendliche unserer Generation wissen diese Verse noch zuzuordnen. Und auch wenn die im „Struwwelpeter“ formulierten bürgerlichen Erziehungsziele längst nicht mehr unserer Zeit entsprechen, ist Hoffmanns Werk längst zu einem Klassiker deutscher Kinderliteratur geworden. In dieser Ausarbeitung geht es mir jedoch nicht darum, Gründe für die Popularität des Hoffmannschen „Struwwelpeter“ nachzuvollziehen, sondern den Blick vielmehr auf die Protagonisten in seinem Buch, d.h. die Kinder zu fokussieren.
Im Rahmen unseres Seminars „Pathologie der Erziehung II“ haben wir uns unter anderem mit dem Thema „schwierige“ und „böse“ Kinder beschäftigt. Ich möchte nun anhand von Hoffmanns Werk, das er 1844 verfasste, exemplarisch darstellen, wie um die Jahrhundertmitte im Allgemeinen literarisch mit dem Thema „schwierige“ Kinder umgegangen wurde.
Den Ausgangspunkt der Hausarbeit bildet meine These, die davon ausgeht, dass die Darstellung „unartiger“ und „störrischer“ Kinder im „Struwwelpeter“ und die vermittelten Erziehungsinhalte Ausdruck einer repressiven und nicht mehr zeitgemäßen Pädagogik sind. Um diese These zu veri-, bzw. falsifizieren, ist es nötig, sowohl das Buch selbst zu analysieren als auch die „äußeren“, also die gesellschaftlichen Umstände näher zu betrachten.
Deshalb habe ich meinen Hauptteil in zwei Abschnitte gegliedert. In den einführenden Informationen stelle ich zunächst den Autor und die Entstehungsgeschichte des „Struwwelpeter“ vor und werfe anschließend einen kurzen Blick auf die Rezeptionsgeschichte des Werkes.
Der zweite Abschnitt des Hauptteils trägt die Überschrift „schwierige“ und „böse“ Kinder. Hier stelle ich zuerst den Inhalt des Hoffmannschen Werkes, d.h. die einzelnen Geschichten über die Kinder mitsamt ihrem („Fehl“)-Verhalten“ vor.
Im nächsten Punkt setze ich mich mit den wichtigsten Erziehungszielen der bürgerlichen Gesellschaftsordnung von 1850 auseinander und vergleiche diese mit den im „Struwwelpeter“ vermittelten pädagogischen Inhalten.
Der letzte Punkt des Hauptteils bildet die Interpretation zweier repräsentativer Geschichten des „Struwwelpeters“. Hier werde ich die Hoffmannsche Darstellungsweise „schwieriger“ und „böser“ Kinder detailliert analysieren.
Gliederung
I. Einleitung
1. Thema, Aufbau, Motivation
2. These:
II. Hauptteil
1. Einführende Informationen
1.1. Autor und Entstehungsgeschichte des „Struwwelpeter“
1.2. Die Rezeptionsgeschichte des Buches
2. „Schwierige“ und „böse“ Kinder
2.1. Darstellung „schwieriger“ und „böser“ Kinder im „Struwwelpeter“
2.2. Die bürgerliche Gesellschaftsordnung um 1850 und ihre Erziehungsinhalte
2.3. Interpretation und Analyse einzelner Geschichten
III. Schluss
1. Zusammenfassung und Verifizieren, bzw. Falsifizieren o.g. These
LITERATURLISTE
I. Einleitung
1. Thema, Aufbau, Motivation
„Sieh einmal, hier steht er, pfui, der Struwwelpeter!“ - Es wird in Deutschland wohl kaum einen Erwachsenen geben, dem diese Zeilen und die dazu gehörigen Bilder nicht aus eigener Kindheit in Erinnerung geblieben wären und auch viele Kinder und Jugendliche unserer Generation wissen diese Verse noch zuzuordnen. Und auch wenn die im „Struwwelpeter“ formulierten bürgerlichen Erziehungsziele längst nicht mehr unserer Zeit entsprechen, ist Hoffmanns Werk längst zu einem Klassiker deutscher Kinderliteratur geworden. In dieser Ausarbeitung geht es mir jedoch nicht darum, Gründe für die Popularität des Hoffmannschen „Struwwelpeter“ nachzuvollziehen, sondern den Blick vielmehr auf die Protagonisten in seinem Buch, d.h. die Kinder zu fokussieren.
Im Rahmen unseres Seminars „Pathologie der Erziehung II“ haben wir uns unter anderem mit dem Thema „schwierige“ und „böse“ Kinder beschäftigt. Ich möchte nun anhand von Hoffmanns Werk, das er 1844 verfasste, exemplarisch darstellen, wie um die Jahrhundertmitte im Allgemeinen literarisch mit dem Thema „schwierige“ Kinder umgegangen wurde.
Den Ausgangspunkt der Hausarbeit bildet meine These, die davon ausgeht, dass die Darstellung „unartiger“ und „störrischer“ Kinder im „Struwwelpeter“ und die vermittelten Erziehungsinhalte Ausdruck einer repressiven und nicht mehr zeitgemäßen Pädagogik sind. Um diese These zu veri-, bzw. falsifizieren, ist es nötig, sowohl das Buch selbst zu analysieren als auch die „äußeren“, also die gesellschaftlichen Umstände näher zu betrachten.
Deshalb habe ich meinen Hauptteil in zwei Abschnitte gegliedert. In den einführenden Informationen stelle ich zunächst den Autor und die Entstehungsgeschichte des „Struwwelpeter“ vor und werfe anschließend einen kurzen Blick auf die Rezeptionsgeschichte des Werkes.
Der zweite Abschnitt des Hauptteils trägt die Überschrift „schwierige“ und „böse“ Kinder. Hier stelle ich zuerst den Inhalt des Hoffmannschen Werkes, d.h. die einzelnen Geschichten über die Kinder mitsamt ihrem („Fehl-“) Verhalten“ vor.
Im nächsten Punkt setze ich mich mit den wichtigsten Erziehungszielen der bürgerlichen Gesellschaftsordnung von 1850 auseinander und vergleiche diese mit den im „Struwwelpeter“ vermittelten pädagogischen Inhalten.
Der letzte Punkt des Hauptteils bildet die Interpretation zweier repräsentativer Geschichten des „Struwwelpeters“. Hier werde ich die Hoffmannsche Darstellungsweise „schwieriger“ und „böser“ Kinder detailliert analysieren.
Es handelt sich dabei zum Einen um die Geschichte des ‚Struwwelpeters’ und zum Anderen um die des ‚bösen Friederichs’.
Der Schluss meiner Hausarbeit beinhaltet eine kurze Zusammenfassung sowie die Verifizierung, bzw. Falsifizierung der oben genannten These aufgrund der in meiner Hausarbeit gewonnenen Erkenntnisse
2. These:
„Die Darstellung ‚schwieriger’ und ‚böser’ Kinder und ihres ‚Fehlverhaltens’ sowie die im ‚Struwwelpeter’ vermittelten Erziehungsinhalte gelten zu Recht als Ausdruck einer repressiven und ungeduldigen Pädagogik, die nicht mehr zeitgemäß ist.“
II. Hauptteil
1. Einführende Informationen
1.1. Autor und Entstehungsgeschichte des „Struwwelpeter“
Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“ entstand mehr durch Zufall als durch gezielte Planung. Ursprünglich hatte er es für seinen Sohn Philipp aus einer scheinbaren Notwendigkeit heraus zu Weihnachten gemalt und geschrieben, da ihm die käuflichen Bilderbücher nicht gefielen. Das Malen und Zeichnen beherrschte Hoffmann, hatte er es doch bei seinem Vater gelernt und sich in diesen Fertigkeiten später selbst weitergebildet.
Bis zur Entstehung des Struwwelpeters“ trugen seine vorausgegangenen Arbeiten- wie er meinte- eher Gelegenheitscharakter.[1]
Das Urmanuskript des „Struwwelpeters“ entstand 1844 in einem Schreibheft, die bebilderten Geschichten wurden jedoch erst ein Jahr später veröffentlicht, was unter anderem auf das Drängen seines ersten Verlegers Dr. Carl Friedrich Loening zurückzuführen war.
Im Gegensatz zur heute allgemein bekannten Ausgabe stand in der ersten gedruckten Veröffentlichung von 1845 die Figur des ‚Struwwelpeter’ am Schluss, zudem war das Werk anders betitelt.
Der Verfasser verbarg sich hinter dem Decknamen ‚lustiger Reimerich Kinderlieb’, der in einem Gedicht enthalten war, das auf dem vorderen Einbanddeckel stand.[2] Die endgültige Fassung zeichnete Hoffmann 1858, da der Verleger die Drucktechnik von der Lithografie zum Holzschnitt änderte, was höhere Auflagen ermöglichte.
Hoffmann passte seine Zeichnungen der neuen Technik an und schaffte neue Vorlagen für seine Geschichten.[3] In dieser umgestalteten 28. Auflage finden sich alle Elemente und Geschichten, wie wir sie aus den gegenwärtigen Ausgaben kennen.
1.2. Die Rezeptionsgeschichte des Buches
Wohl kaum ein anderes Kinderbuch ist seit Generationen so bekannt wie
„Der Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann und obwohl Hoffmann ihn nicht als sein bestes und liebstes Werk bezeichnete, stand es von seiner Bedeutung her im Mittelpunkt seines Lebens und ließ den Autor mit seinem unerwarteten Erfolg bis an sein Lebensende nicht los.
Das 1845 veröffentlichte Bilderbuch erreichte schon um die Jahrhundertwende die 200. Auflage, 1917 war bereits die 400. Auflage gedruckt und in der heutigen Zeit sind die Auflagen nicht mehr zu zählen, da die Schutzfrist längst abgelaufen ist.[4] Sicher ist aber, dass allein in deutscher Sprache bis heute über 25 Millionen Exemplare des „Struwwelpeter“ gedruckt worden sind.
Bald nach Erscheinen des „Struwwelpeter“ - Buches in Frankfurt am Main erschienen erste Übersetzungen in den gängigen Sprachen.
Später wurde Hoffmanns Werk auch in viele kleinere Sprachen, wie z.B. Tschechisch, Serbisch, Hebräisch oder Finnisch etc. übertragen und 1936 erschien sogar die erste japanische Übersetzung.
Hoffmann vermerkt in seinen Lebenserinnerungen: „Der Schlingel hat sich die Welt erobert, ganz friedlich, ohne Blutvergießen, [...] .“[5] Ein weiteres Zeichen der großen Beliebtheit und des hohen Bekanntheitsgrades von Hoffmanns Buch sind die zahlreichen Parodien auf den „Struwwelpeter“, die zumeist politischer Natur waren, so stellten beispielsweise die Engländer Wilhelm II. als „Swollen- headed- William“ auf Hoffmanns Podest und im 3. Reich wurde Adolf Hitler zum Gegenstand einer der treffendsten „Struwwelpeter“- Parodien.
2. „Schwierige“ und „böse“ Kinder
2.1. Darstellung „schwieriger“ und „böser“ Kinder im „Struwwelpeter“
„Schwierige“ und „böse“ Kinder haben in der Kinder- und Jugendliteratur bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts eine große Rolle gespielt. Das Wort „böse“ bezog sich dabei auf allgemeine Charakteristika wie „unhöflich“ oder „ungezogen“ und auf spezielle negative Dispositionen wie „vorlaut“, „widerspenstig“, „faul“, „egoistisch“, „verträumt“ etc., die zwar eigentlich dem allgemein menschlichen Naturell entsprechen, aber häufig als kindtypisch dargestellt wurden. Die pädagogische Funktion dieser Warnungsgeschichten, in denen es für „böse“ Kinder keine Vergebung gab, war die der Abschreckung. Ein, wenn nicht das Beispiel für diese Art Kinderliteratur ist der 1845 erschienene „Struwwelpeter“. Dessen Untertitel verspricht zwar „Lustige Geschichten und drollige Bilder“, präsentiert dem Leser jedoch eher Geschichten von Bestrafung, Krankheit und Tod.
Nacheinander werden neun verschiedene Typen „schwieriger“, bzw. „böser“ Kinder vorgestellt und anschließend die Konsequenzen ihres Handelns in Form von drastischen Strafritualen aufgezeigt.
Als erstes findet sich die Titelfigur des ‚Struwwelpeters’, der sich gegen jedwede hygienische Maßnahme sträubt und der als Verkörperung von kindlichem Trotz und Starrköpfigkeit gilt. In ihm manifestiert sich so etwas „wie ein Standbild des widersetzlichen Kindes.“[6]
Anschließend folgt der ‚böse Friederich’, das aggressive Kind, das neben dem Verprügeln seiner Mitmenschen auch noch Tiere quält und Möbel zertrümmert.
In Paulinchen personifizieren sich Ungehorsam und kindlicher Leichtsinn, den sie am Ende mit ihrem Leben bezahlt.
In der „Geschichte von den schwarzen Buben“ werden drei Kinder, die einen schwarzen Jungen hänseln, aufgrund ihrer Überheblichkeit und Herablassung bestraft. Doch den makabren Höhepunkt der Strafrituale bildet die Geschichte von Konrad, dem daumenlutschenden Jungen, der die drakonischste aller Bestrafungen erhält: Weil der (vermeintlich) Ungehorsame seine Neigung zum Daumenlutschen nicht unterdrücken kann, werden ihm jene von einem Schneider mit der Schere abgeschnitten.
Der ‚Suppen-Kasper’, das Kind mit dem gestörten Essverhalten, zeigt die bekannten Probleme beim Essen oder sogar eine „pubertäre Magersucht“[7], die es zunächst mit dem raschen körperlichen Verfall und anschließend mit dem Tod bezahlen muss und der zappelnde Philipp, der das typische hyperaktive Kind repräsentiert, beschwört durch sein Verhalten ein häusliches Desaster hinauf und zieht folglich den Zorn der Eltern auf sich.
[...]
[1] Siehe Anita Eckstaedt: „Der Struwwelpeter“ Dichtung und Deutung, S. 147.
[2] Siehe G.H. Herzog, M. Herzog-Hoinkes und H. Siefert (Hrsg.) : Heinrich Hoffmann Leben und Werk des Struwwelpeter-Vaters in Texten und Bildern, S. 72 f..
[3] Siehe ebd., S. 75.
[4] Siehe ebd., a.a.O..
[5] Aus G.H. Herzog, M. Herzog-Hoinkes und H. Siefert (Hrsg.) : Heinrich Hoffmann Leben und Werk des Struwwelpeter-Vaters in Texten und Bildern, S. 92.
[6] Aus Andreas Flitner: „Konrad, sprach die Frau Mama...“, S. 10.
[7] Aus Andreas Flitner: „Konrad, sprach die Frau Mama...“, S. 11.
- Arbeit zitieren
- Elena Tresnak (Autor:in), 2005, Die Darstellung „schwieriger“ und „böser“ Kinder in Heinrich Hoffmanns „Der Struwwelpeter“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128958
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.