Critical Whiteness. Wie kann Soziale Arbeit von dieser Perspektive profitieren?


Hausarbeit, 2022

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmungen

3 Historie des Rassismus

4 Critical Whiteness

5 Rassismus und Critical Whiteness ein Auftrag an die Soziale Arbeit?

6 Die Rolle der Sozialarbeitenden selbst

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Online Quellen

1 Einleitung

Wie kann Soziale Arbeit von der Perspektive von critical whiteness profitieren? Diese Frage soll im Folgenden beantwortet werden. Da das Thema Rassismus und Critical Whiteness als hochkomplex bezeichnet werden kann, ist hier nur ein begrenzter Einblick in die Thematik möglich.

Zunächst soll durch die Begriffsbestimmungen von Diskriminierung, Rassismus und Critical Whiteness eine Grundlage für den Gebrauch dieser Begriffe in der vorliegenden Arbeit geschaffen werden. Im Weiteren Verlauf wird für das Verständnis der Critical Whiteness Perspektive auf die historische Entwicklung des Rassismus eingegangen, sowie die Position von Critical Whiteness dargestellt. Ausgehend von den dargelegten Kapiteln wird eine Betrachtung von Rassismus und Critical Whiteness in Bezug auf die Soziale Arbeit und das aktuelle Bestreben zur Bekämpfung von Rassismus der Politik vorgenommen. Entscheidend für die Beantwortung der Frage ist ebenfalls die Betrachtung der Rolle als Fachkraft für Soziale Arbeit, auf die ebenfalls eingegangen wird. Im abschließenden Fazit erfolgt eine Zusammenfassung dieser Arbeit und die Beantwortung der gestellten Eingangsfrage.

2 Begriffsbestimmungen

Umgangssprachlich wird der Begriff Rassismus oftmals mit Diskriminierung gleich genutzt. Im Folgenden werden anhand von Definitionen der Begriffe die inhaltlichen Unterschiede geklärt, sowie eine kurze Einführung in die critical whiteness Forschung gegeben.

Diskriminierung:

Als Diskriminierung kann betrachtet werden, wenn Menschen aufgrund subjektiv oder institutionell geschaffener Merkmale einer Gruppe zugeordnet werden und dadurch Nachteile, Angriffe oder Ausgrenzung am gesellschaftlichen Leben erfahren (vgl. Melter 2015, S.10). Diskriminierung kann also unabhängig von Alter, Geschlecht und Kulturen er- und gelebt werden.

Rassismus:

Unter Rassismus kann verstanden werden, dass Menschen die aufgrund ihres Äußeren und damit verbundener Kategorisierung Nachteile, Angriffe oder Ausgrenzung erleben. Der Begriff Rasse wird dabei missbräuchlich von der Tierwelt auf Menschen übertragen und ist bereits seit dem Mittelalter verbal gebräuchlich (vgl. Arndt 2017, S.2).

Critical Whiteness:

Critical Whiteness auch kritische Weißseinsforschung setzt sich innerhalb der Rassismusforschung mit der Rolle von Weißen auseinander, die in der historischen Entwicklung von Rassismus Privilegien für sich beanspruchten und eine Kategorisierung von Menschen in Rassen vornahmen. Neben der historischen Aufarbeitung behandelt die Forschung auch, auf welche aus der historischen Entwicklung entstandenen Privilegien heutzutage noch, bewusst oder unbewusst, beansprucht werden (vgl. Garschagen 2015).

Zur Beantwortung der Forschungsfrage scheint daher eine Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Entwicklung von Rassismus und Diskriminierung notwendig, um zu erläutern, dass es sich um Konstrukte handelt, die über Jahrhunderte gelebt und vererbt wurden und nach wie vor werden. Das folgende Kapitel skizziert dazu die Historie des Rassismus.

3 Historie des Rassismus

In der heutigen Zeit wird Rassismus überwiegend mit Anschlägen auf Einrichtungen für Flüchtlinge und rechtspopulistischen Parteien, die sich an den Werten und Ideologien des Nationalsozialismus orientieren verknüpft. Rassismus hat allerdings eine weitaus längere Historie und lässt sich bereits im Mittelalter finden. 1492 kam es in Spanien zur Reconquista und damit zur Vertreibung der muslimischen Mauren und Unterdrückung der jüdischen Bevölkerung. Letztere wurden aufgefordert das Land zu verlassen oder sich taufen zu lassen, zudem wurden sie von der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen und ein Gesetz der Blutreinheit erlassen. (vgl. Wollrad 2005 zit. n. Hoa Anh Mai 2020, S. 51). Spanien verfolgte das Ziel einen homogenen Staat zu erschaffen und schuf Kategorien in die Menschen eingeordnet wurden. Als Urheber des Rassismus können in der historischen Betrachtung also weiße, europäische Herrscher identifiziert werden, die ihre Macht einsetzten, um ihre eigenen Privilegien zu stärken. Mit den Kreuzfahrten durch Kolumbus und weiterer Seefahrer und der Erschließung unbekannter Territorien und deren Bevölkerung wurden Genozide verübt und Millionen von Menschen deportiert und versklavt, weil sie von den Herrschenden als niedrig gestellter betrachtet wurden (vgl. Arndt 2017, S.2f.). Mit der Übertragung von Rassenmerkmalen aus dem Tier- und Pflanzenreich auf die Menschen im 18. Jahrhundert, die an der geographischen Herkunft und äußerlichen Merkmalen von Menschen orientiert war, unterstützte die Wissenschaft den Rassismus und hob die weißen Europäer als Idealbild des Menschen hervor (vgl. Hoa Anh Mai 2020, S.50f.). Die in der Folge entwickelten Rasselehren bekräftigten diese Einordnungen und warnten zudem vor Vermischung der Rassen, da dies zu einer Rückentwicklung führen könne (vgl. ebd. S.53). Eben diese Rassenlehre nutzen die Nationalsozialisten für sich, um ihre Ideologie der arischen, reinen Menschenrasse zu etablieren und den Holocaust zu rechtfertigen. Rassistische Ansichten können somit als über Generationen vererbte Anschauung angesehen werden. Diese Erblast äußert sich heutzutage oftmals im Alltagsrassismus, aber auch auf politischer Ebene bei rechtspopulistischen Parteien. Anzutreffen sind Vorurteile z.B. gegenüber People of Color denen Eigenschaften zugeschrieben werden, noch bevor etwas über die Individuelle Geschichte dieses Menschen bekannt ist (vgl. Tißberger 2017, S. 64).

Beschreiben Forschungen zu Rassismus meist die Folgen für die Opfer rassistischer Angriffe, beschäftigt sich Critical Whiteness, wie in der Begriffsdefinition kurz beschrieben, mit der kritischen Auseinandersetzung von Weißsein. Eine Darstellung der Perspektive Critical Whiteness erfolgt im nächsten Kapitel.

4 Critical Whiteness

Die noch junge Auseinandersetzung mit Critical Whiteness hier umfassend darzustellen wäre zu umfangreich. Daher wird ein kurzer Abriss der Entstehung von Critical Whiteness und der Übertragung nach Europa beschrieben.

Critical Whiteness entstand im feministischen Kampf schwarzer Frauen in den USA in den 1970er Jahren, als schwarze Frauen kritisierten in der Frauenbewegung weißer Frauen nicht einbezogen worden zu sein (vgl. Wille 2020, S.19). Kern der Kritik bestand darin, dass die Lebenswelt schwarzer Frauen in der Frauenbewegung nicht beachtet wurde und sich weiße Frauen so, aus Sicht der schwarzen Frauen, als Norm definierten (vgl. ebd. S. 20). Damit wurde eine Basis zur kritischen Auseinandersetzung des Weißseins geschaffen und ein Paradigmenwechsel eröffnet. Innerhalb der Critical Whiteness Bewegung bildeten sich 2 gegensätzliche Ströme heraus. Eine Sichtweise fordert die Bekämpfung und Abschaffung des Weißseins. Diese Fraktion geht davon aus, dass Weißsein ein geschaffenes Konstrukt ist, von welchem sich befreit werden könne (vgl. Wollrad 2005, S.39 zit. in Wille 2020 S.22). Vertreter des gegensätzlichen Stromes stellen die Hypothese auf, dass Weißsein nicht abgelegt werden könne, aber die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein und den damit über Jahrhunderte verknüpften Privilegien möglich sei. Innerhalb dieser Sichtweise wird zwischen struktureller und individueller Ebene unterschieden. Die strukturelle Ebene, bezeichnet als Weiße Vorherrschaft, wird dabei als negativ bewertet. Die individuelle Ebene, die Weiße Identität, hingegen könne auch antirassistisch ausgebildet sein. Jedem Individuum sei es somit möglich, sich mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen und Sensibilität im eigenen Handeln zu entwickeln, um eine erneute Weiße Vormachtstellung zu verhindern (vgl. Krüger 2015, S.88).

Doch wie kann die Critical Whiteness Auseinandersetzung auf Europa und Deutschland übertragen werden, wo die geschichtlichen Hintergründe des Rassismus auf den Kontinenten nicht unterschiedlicher sein könnten. Der Nationalsozialismus hat in Europa und besonders in der Bundesrepublik Rasse nicht mehr nur über die Hautfarbe von Menschen definiert, sondern weitere Merkmale wie Religion in die Klassifizierung einbezogen (vgl. Kerner 2013, S. 283). Eine Auseinandersetzung mit Rassismus fand nach der Zeit des Nationalsozialismus nicht statt. In Verwaltung und Politik werden ausdrücklich keine rassischen Kategorien angewendet (vgl. edb. S. 282). Selbst der Gebrauch des Wortes Rasse wurde in der Öffentlichkeit vermieden, da so ein Einschnitt nach der Rassenpolitik der Nationalsozialisten zum Ausdruck gebracht werden sollte (vgl. ebd.). Die Verbannung aus dem Sprachgebrauch bekämpfte aber nicht den Rassismus an sich. Auch Ersatzbegriffe wie Fremdenfeindlichkeit oder Ausländerfeindlichkeit beschreiben nicht differenziert, welche Personenkreise von Rassismus betroffen waren und sind (vgl. Tißberger 2017, S.89). So scheinen aus der Geschichte Deutschlands und dem arischen Gedanken einer überlegenen weißen Menschenrasse im Nationalsozialismus, Macht und Überlegenheit im Zentrum des Critical Whiteness Diskurses in Deutschland zu stehen (vgl. Kerner 2013, S.285). Eben diese Diskussion um Macht und herrschenden Rassismus ohne Rassen können als Kritik an der Critical Whiteness Forschung angesehen werden. Arbeitet die Forschung daran Menschenkategorien wie die Hautfarbe kritisch zu betrachten, findet genau in dieser Arbeit eine Reproduktion dieser Kategorien und damit verbundener Privilegien statt (vgl. Wille 2020, S.24). Kann die Soziale Arbeit angesichts dieser Kritik von Critical Whiteness profitieren? Und wie präsent ist Rassismus in der heutigen Zeit in Deutschland? Mit dieser Frage setzt sich das Folgende Kapitel auseinander.

5 Rassismus und Critical Whiteness ein Auftrag an die Soziale Arbeit?

Ist Rassismus in Deutschland ein aktuelles Thema? Damit beschäftigt sich unter anderen der nationale Diskriminierungs- & Rassismusmonitor. Die Studie „Rassistische Realitäten“ beschäftigt sich damit, wie Rassismus in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wahrgenommen wird und in welcher Form eine Auseinandersetzung mit dem Thema geschieht (vgl. Rassismusmonitor 2022a). Dazu sind im Zeitraum von April bis August 2021 mehr als 5000 Menschen als Querschnitt der Gesellschaft befragt worden, um zu erfahren wie verbreitet Rassismus heutzutage ist und wie viel die Befragten über dieses Thema wissen (vgl. ebd.). Die Studie bietet ebenfalls Anhaltspunkte dafür, welches Problembewusstsein die Befragten in Bezug auf Rassismus mitbringen und wie motiviert die Gesellschaft ist sich aktiv gegen Rassismus zu stellen (vgl. ebd.). Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, wie präsent Rassismus auch heute noch ist. So geben 90% der Befragten an, dass sie Rassismus als Real erleben. Die Hälfte der Befragten benennt dabei, dass Rassismus nicht nur als individuelles, sondern gesellschaftliches Problem darstellt und im Alltag zu finden ist (vgl. Rassismusmonitor 2022b, S.3). Mehr als 80% der Studienteilnehmenden benennen dabei, dass Diskriminierung besonders in alltagsnahen Bereichen wie Wohnungssuche oder Arbeitsmarkt als rassistisch wahrnehmen (vgl. ebd. S.8). Prägnant ist dabei, dass Rassismus eher als solcher erkannt wird, wenn er Menschen betrifft, die als Schwarz oder Jüdisch zu erkennen sind. Betrifft die Diskriminierung hingegen muslimische Menschen oder Osteuropäer wird diese von weniger Studienteilnehmenden als Rassistisch eingestuft (vgl. ebd.). Ebenso gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede, so nehmen Frauen Diskriminierung und Rassismus eher wahr als Männer (vgl. ebd.). In eigenem oder indirektem Erleben hat bereits fast die Hälfte der Befragten Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Dabei liegt der Anteil der 14-24-Jährigen, die einer rassifizierten Gruppe zugehörig sind bei 73% (vgl. ebd. S.5). Ein Großteil der Befragten berichtet von persönlicher, emotionaler Betroffenheit beim Erleben von Diskriminierung (vgl. ebd.). Die Studie beschäftigte sich auch mit Rassismuskritik, sowie rassistischen Wissensbeständen. Dabei wird deutlich, dass rassistisches Verhalten in der breiten Masse als Handeln Rechtsextremer wahrgenommen wird oder sogar außerhalb Deutschlands verortet wird (vgl. ebd. S.9). 45% der Teilnehmenden gaben an, dass Rassismuskritik die Meinungsfreiheit einschränkt. Ein Drittel der Befragten unterstellen rassismuskritischen Menschen Empfindlichkeit und 52% sehen Angst vor rassistischen Übergriffen als übertrieben (vgl. ebd.). Mit Blick auf die Wissensbestände, wurde die Verankerung von rassistischen Vorstellungen in Deutschland untersucht. In diesem Studienkomplex stimmen 65% der Befragten zu, dass es nicht richtig sei, den Begriff Rasse in Bezug auf Menschen zu verwenden. Allerdings geben 49% der Teilnehmenden an, dass menschliche Rassen weiterhin existieren (vgl. ebd. S. 6). Mit Blick auf die Altersgruppen der Studie zeichnet sich ab, dass diese Sichtweise in der Mehrheit von über 65-Jährigen, sowie Menschen mit niedrigem Bildungsniveau fortgelebt wird (vgl. ebd.). 28% der Studienteilnehmenden gaben an, dass eine Abschaffung von sozialen Gruppen ungerecht sei und etwa gleich viel Befragte pflichten bei, dass jede Gesellschaft besser und schlechter gestellte Gruppen bräuchte (vgl. ebd.). Ähnlich gelagert sind die Ergebnisse bei der Befragung zu „kulturbedingten bzw. natürlichen Rangunterschieden“ (vgl. ebd.). So schreiben in diesem Studienabschnitt ca. ein Drittel der Befragten Menschen aufgrund ihrer Ethnie oder Kultur bestimmte Fähigkeiten oder Charaktereigenschaften zu (vgl. ebd.).

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Critical Whiteness. Wie kann Soziale Arbeit von dieser Perspektive profitieren?
Hochschule
Fachhochschule Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
14
Katalognummer
V1289742
ISBN (Buch)
9783346749789
Sprache
Deutsch
Schlagworte
critical, whiteness, soziale, arbeit, perspektive
Arbeit zitieren
Sandra Achenbach-Tewes (Autor:in), 2022, Critical Whiteness. Wie kann Soziale Arbeit von dieser Perspektive profitieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289742

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