Wie lässt sich die im "Iwein" von Hartmann von Aue dargestellte Frauenfigur Laudine anhand vorheriger Forschung(-en) analysieren?


Hausarbeit, 2022

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Aufbau der Arbeit

2. Laudine als widersprüchliche Figur
2.1 Laudine als eigenständige Frau
2.2 Laudine in der Rolle der unterdrückten Ehefrau

3. Laudines Verhältnis zu Iwein
3.1 Liebesgefühle von Iweins Seite aus
3.2 unerwiderte Gefühle von Laudines Seite aus
3.3 mögliche Entwicklung von Liebesgefühlen

4. Laudine und Lunete

5. Laudine im Vergleich zu anderen Frauen in ihrem Zeitalter

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Aufbau der Arbeit

In folgender Hausarbeit wird die im Iwein von Hartmann von Aue dargestellte Frauenfigur Laudine analysiert. Mit besonderem Augenmerk auf ihre Unabhängigkeit und ihre Unterdrückung werden gezielt Textpassagen aus dem Artusroman zur Hilfe genommen und mit Aussagen von Susanne Schul und Amina Sahinovic gestärkt oder widerlegt.

Zu Beginn rückt allein Königin Laudine in den Fokus und ihr zwiegespaltener Charakter wird dargelegt sowie erklärt. Auf der einen Seite ist sie durch ihre eigene starke Meinung gekennzeichnet und als Witwe steht sie auf eigenen Beinen und gibt somit ein unabhängiges sowohl eigenständiges Frauenbild ab, welches zur damaligen Zeit als sehr untypisch galt. Auf der anderen Seite wird sie jedoch, vor allen vom Erzähler, in die typische Rolle der mittelalterlichen Ehefrau gedrängt, in der sie nicht fähig ist ihre eigene Meinung auszusprechen, geschweige denn umzusetzen. Im Anschluss daran wird Laudines Verhalten im Umgang mit anderen Figuren analysiert. Hauptaugenmerk wird hierbei auf das Verhältnis zwischen ihr und dem Ritter Iwein gelegt, der später ihr Mann werden soll. Iwein hat, anders als Laudine, von Anfang an starke Gefühle für die Königin und fühlt sich stark zu ihr hingezogen, was sich mit dem Begriff der „minne“ untermauern lässt. Laudine erwidert die Gefühle jedoch nicht und sieht in ihm nur Potential um ihre Herrschaft zu sichern. Für ihre unerwiderten Gefühle lassen sich unendliche Beweise in ihrem Handeln und in ihrer Art zu sprechen widerfinden, jedoch gibt es einige Stellen in denen man von einer Entwicklung ihrer Liebesgefühle sprechen könnte. Dem wird in vorliegender Hausarbeit auf den Grund gegangen und verschiedene Meinungen werden gegenübergestellt und anhand Passagen analysiert. Auch Laudines Verhältnis zu ihrer privaten Dienerin Lunete wird kurz thematisiert und bietet einen Einblick in die privaten Gefühle und Gedanken einer selbstständigen Frau, die sich oftmals jedoch der Gesellschaft beugen muss. Abschließend werden die Handlungen der Königin in Vergleich zum typischen Frauenbild des Mittelalters gesetzt und Unterschiede aufgezeigt.

2. Laudine als widersprüchliche Figur

Die Königin Laudine wird im Artusroman von Hartmann von Aue als politisch kluge und rational handelnde Person dargestellt, jedoch wird sie durch bestimmte Erzählerkommentare oft in die Rolle der gattungskonformen Ehefrau gerückt (vgl. Sahinovic 2020:301). Somit sind Figurendarstellung und Erzählerzuschreibungen im Widerspruch und ein Konflikt zwischen den Erzählebenen entsteht (vgl. Sahinovic 2020:301). Laudine bemüht sich also einerseits so zu handeln, wie die Gesellschaft es von ihr erwartet, in dem Falle als liebende Ehefrau, die sich ganz nach dem Mann richtet (vgl. Sahinovic 2020:315). Andererseits „möchte sie sich als Frau in patriarchalen Hierarchien behaupten und sich nicht auf den Status eines Minneobjekts reduzieren lassen“ (Sahinovic 2020:315 f.). Laudine verfügt über politische Macht, doch kann zur damaligen Zeit nicht alleine regieren und ist somit auf einen Mann angewiesen, so auch Maja Jenus (2011).

Sie verkörpert eine selbstständige und machtbewusste Herrscherin, die aber gleichzeitig auf die männliche Hilfe angewiesen ist, um ihre Herrschaft zu erhalten (Jenus 2011:25)

Eine Frau kann auf dem Artushof nicht alleine regieren, Laudine braucht also zwingend einen Mann um ihr Königreich weiterführen zu können. Die eigenständige und starke Seite von Laudine will sich jedoch nicht irgendeinem beliebigen Mann unterordnen (vgl. Sahinovic 2020:316). Somit muss sie einen neuen Landesherren finden, der gewisse Qualitäten mitbringt, was dazu führt, dass sie Iwein heiraten wird, der Mörder ihres Mannes Askalon. Die Königin muss einen Konflikt zwischen Liebe (Trauer um ihren verstorbenen Mann) und gesellschaftlichen Zwängen (Heirat mit Iwein) austragen (vgl. Sahinovic 2020:300). Sie stellt also ihre Trauer um Askalon hinter politische Erfordernisse und zeigt ihre rational denkende und handelnde Seite. Durch ihr starkes politisches Interesse direkt nach Askalons Tod, diskutiert die Forschung darüber, dass Laudine garkeine aufrichtige Trauer für ihren verstorbenen Mann empfindet sondern die Gefühle nur zum Vorschein kommen, da sie unter enormen Druck steht einen neuen König zu finden und ihr Reich zu verteidigen (vgl. Sahinovic 2020:316).

2.1 Laudine als eigenständige Frau

Laudine zeigt in vielen Passagen ihre eigenständige und mutige Art, zum Beispiel macht sie in ihrem Gespräch mit Iwein ihr Anliegen deutlich und zeigt offen ihre eigene Meinung, was für Frauenfiguren auf dem Artushof unwahrscheinlich untypisch ist (vgl. Sahinovic 2020:306). ich kann leicht heute oder morgen mein Land verlieren. Ehe das eintritt, muß ich für einen Mann, der es schützt, sorgen (Iwein 2017:2313 f.)

Die Königin macht hier also direkt deutlich, welche Erwartungen sie an Iwein hat, nämlich sucht sie in ihm einen Mann, der mit ihr das Königreich schützt. Ihr ist also die Sicherheit ihres Landes von großer Bedeutung, für diese setzt sie auch ihre eigenen Bedürfnisse nach hinten. Laudine übernimmt in diesem Gespräch deutlich die aktive Rolle, während Iwein sich passiv verhält und nur antwortet, wenn er dazu aufgefordert wird. Es passiert im Laufe des Gesprächs etwas sehr ungewöhnliches, denn Laudine hält um Iweins Hand an (vgl. Iwein 2017:2330 f.) wobei ihre Worte hart und zielgerichtet sind und zum Großteil ihr und ihrer Herrschaft Vorteile versprechen (vgl Sahinovic 2020:307). Normalerweise wäre es nahezu unmöglich, dass eine Frau sich ihren Ehemann aussucht und das auf eine so deutliche Art gesteht. Da Laudine jedoch als Witwe für ihr Reich unbedingt einen neuen Mann an ihrer Seite haben muss stellt sie eine Ausnahme dar und der Ritter, hier Iwein ist dazu gezwungen, sich vor der seinerseits begehrten Dame zu unterwerfen (vgl. Breulmann 2009:91). Hartmann von Aue entfernt sich in seinem Werk vom typischen Bild der Frau im Mittelalter und versucht, anders als Chrétien Laudines rationale und eigenständige Seite zu betonen (vgl Sahinovic 2020:319). Durch seine Erzählstrategie fordert er durchaus den Leser dazu auf, die Rolle der weiblichen Figur zu hinterfragen und mit Laudine ein Bild der starken Frau zu erzeugen.

2.2 Laudine in der Rolle der unterdrückten Ehefrau

Laudine wird auf der Ebene des Erzählers oft in das typische Bild einer liebenden Ehefrau gerückt, so wird zum Beispiel die Anrede „Liebster, Herr“ (Iwein 2017:2665) als Liebeserklärung gedeutet. Wichtig hierbei ist, dass Laudine und Iwein zu dem Zeitpunkt nicht im Privaten sind, sondern sie Gesellschaft von König Artus haben. Die Forschung ist sich hier nicht einig, ob es als freiwillige Unterwerfung einer liebenden Ehefrau (vgl. Sahinovic 2020:299) gesehen wird oder ob sie es nur aus eigenem Interesse für ihr politisches Ansehen macht.

Laut Susanne Schul (2011:185) gilt der Mann im Mittelalter als aktiv und die Frau als passiv. Laudine wird oft in diese Verhaltensweise gedrängt, indem sie im öffentlichen Raum nicht dazu bereit ist, ihre Meinung offen und ehrlich zu kommunizieren. Laudine wendet sich öffentlich von Iwein ab, indem sie den Ehering zurücknimmt (Iwein 2017:3193). Jedoch zeigt die folgende Versöhnung mit Iwein eindeutig den Einfluss von der Öffentlichkeit, durch die sie nicht zu ihrer vorherigen Entscheidung stehen kann und sich nach gesellschaftlichen Forderungen zu verhalten hat (vgl. Sahinovic 2020:314). Kriege sind reine Männersache und schließen Frauen komplett aus (vgl. Schul 2011:192), weil sie unwissend sind und somit nicht in der Lage sind über bestimmte Thematiken (z.B. Krieg) nachzudenken (vgl. Schul 2011:194). Eine Frau wird im Mittelalter als wehrlos angesehen und benötigt somit unbedingt männliche Unterstützung (vgl. Schul 2011:195), auch Laudine kann ohne einen männlichen König ihre Herrschaft nicht weiterführen. Obwohl sie durchaus kriegsstrategisches Wissen und politische Macht besitzt wird sie als unselbstständig dargestellt ihre eigenständige Art wird durch das Bild der typischen Ehefrau unterdrückt. Die typische Ehefrau ist zum „versorgen, waschen, einkleiden und heilen“ (Schul 2011:199) dar und wird so für das Wohlergehen des Mannes gezielt eingesetzt. Das weibliche Wissen soll sich nur auf den Mann bziehen und die Ehefrau soll ihn in jeglicher Art und Weise unterstützen und ihm dienen (vgl Schul 2011:199).

3. Laudines Verhältnis zu Iwein

Sowie Laudines Verhalten zeigt sich auch ihr Verhältnis zu Iwein als widersprüchlich. Sie nimmt Iwein nur zum Mann an, weil Lunete sie immer mehr davon überzeugt, dass es einen guten Eindruck hinterlässt (vgl. Sahinovic 2020:304). Sie würde dadurch als besonnene Königin darstehen und nach dem Interesse der Gesellschaft handeln. Laudine ist durch die am Artushof aufgestellte Regel dazu gezwungen einen neuen Herrscher nach dem Tod ihres Ehemanns Askalon zu finden, damit das Königreich weiter geführt werden kann. Da sie jedoch nicht dazu bereit ist irgendeinen beliebigen Ritter zu ihrem Ehemann anzunehmen, scheint Iwein als der perfekte Kandidat, da er von Lunete durchgehend als stark und profitierend für die Herrschaft dargestellt wird. So kommt es also dazu, dass Laudine Iwein, den Mörder ihres Gatten Askalon, zum Mann annimmt, allein aus dem Grund, dass er wohl stärker als Askalon gewesen sein muss (vgl. Sahinovic 2020:305).

Mein Herr war ein hervorragender Kämpfer, aber der, der ihn erschlagen hat, der muß besser gewesen sein als er, (Iwein 2017:2033 f.)

Somit ist klar, was für Laudine an erster Stelle steht, nämlich ihr „Herrschaftsanspruch“ (Sahinovic 2020:305). Man würde davon ausgehen, dass nach dem Tod ihres Ehemannes keine Gedanken dafür bleiben, direkt nach dem nächsten Mann zu suchen. Laudine lässt sich dennoch von Lunete dazu überreden an die Herrschaft zu denken und eine neue Ehe einzugehen. Zunächst wird ihre aufgestaute Trauer zu Wut, als sie von Lunete erfährt, dass sie kurz davor ist den Mörder ihres Mannes zu heiraten (vgl. Sahinovic 2020:304). Allerdings handelt sie rational und setzt ihre Gefühle an letzte Stelle, denn sie weiß, dass es nur zum Guten ihrer Herrschaft ist Iwein zu heiraten. Immer wieder zeigt sie deutlich durch bestimmte Handlungen und durch ihren knappen und direkten Redestil (vgl. Sahinovic 2020:311) dass sie auf einer Liebesebene kein Interesse für Iwein hat, demgegenüber lässt sich durch einige Passagen vermuten, dass Laudine nach längerer Zeit Iweins Gefühle erwidert. Ob dies aus wahrhaftiger Liebe entsteht lässt sich schwer mit der Tatsache vereinbaren, dass er an dem Mord ihres geliebten Askalons schuldig ist. Zu diesem Zwiespalt jedoch mehr in den folgenden drei Unterkapiteln.

3.1 Liebesgefühle von Iweins Seite aus

Anders als bei Laudine, ist sich der Ritter Iwein seinen Gefühlen bewusst und lässt diese auch klar zum Vorschein bringen. Iwein begehrt Laudines Schönheit, spricht sie mit „Eure Schönheit“ an (Iwein 2017:2356) und erzeugt so den Anschein, Laudine als ein Minneobjekt, also als ein Objekt der Begierde, wahrzunehmen. Auch Susanne Schul bestätigt, dass Männer im Mittelalter Frauen auf eine erotische Art begehren und sie auf eine aggressive, kriegerische Art zu erobern versuchen (vgl. Schul 2011:193). Auch Iwein will sich im Kampf von seiner besten Seite zeigen, mordet Askalon und erobert so seine Laudine. Iwein jedoch ist aus mittelalterlicher Sicht keine Schuld zuzuweisen, er kann nichts für seine erotische Begierde, denn Frauen sind sich ihrer „Weiblichkeit“ unsicher und stellen somit eine „Gefahr“ für denn Mann dar (vgl. Schul 2011:195). Man könnte darauf schließen, dass sich Iwein durch sein Begehren dazu verpflichtet fühlt Laudine zu lieben, obwohl er möglicherweise nur von seinen Hormonen beeinflusst wird. Trotzdem weist Iwein Verhaltensmuster auf, die auffällig für wahrhaftig entwickelte Gefühle scheinen. So lernt er zum Beispiel auf seiner Reise ein junges, einem Engel gleichendem Mädchen kennen, doch verhält sich standhaft und konzentriert sich nur auf die „Liebe“ zu Laudine (vgl. Iwein 2017:6500 ff.).

Er sollte nie - außer an seiner eigenen Frau - lieblichere Rede und größere Schönheit kennenlernen (Iwein 2017:6514 f.) Zudem verhält er sich in Gesprächen mit Laudine immer sehr rücksichtsvoll und lässt sie zuerst reden, bevor er seine Meinung äußert. Seine Antworten sind immer ausgeschmückt und voller Gefühl und Begeisterung, vor allen Dingen beim ersten Gespräch der beiden, als Laudine ihn zu ihrem Mann nehmen will. Für ihn ist es „Der schönste Tag, den ich je erlebte“ (Iwein 2017:2336). Er ist sich seiner minne gegenüber Laudine bewusst und wünscht sich die selben Gefühle von ihr. Laudines Abneigung ihm gegenüber zeigt jedoch keine Art der Liebe auf, dennoch hofft er bis zum Ende darauf, ihre Liebe noch gewinnen zu können (vgl. Iwein 2017:1631 ff.). Darüber hinaus empfindet Iwein auch Mitleid für Laudines Trauer, und würde ihr gerne den Schmerz abnehmen, anstatt sie so traurig zu sehen (vgl. Iwein 2017:1344 ff.).

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Details

Titel
Wie lässt sich die im "Iwein" von Hartmann von Aue dargestellte Frauenfigur Laudine anhand vorheriger Forschung(-en) analysieren?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
2,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
15
Katalognummer
V1289953
ISBN (Buch)
9783346750846
Sprache
Deutsch
Schlagworte
iwein, hartmann, frauenfigur, laudine, forschung
Arbeit zitieren
Lara Trepper (Autor:in), 2022, Wie lässt sich die im "Iwein" von Hartmann von Aue dargestellte Frauenfigur Laudine anhand vorheriger Forschung(-en) analysieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289953

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