Die Arbeit behandelt einen Vergleich der Medientheorien von Jean Baudrillard und Stuart Hall. Im Fokus steht die Frage nach der Macht der Medien: Versteht man Massenmedien als wichtigen Integrationsfaktor pluralistischer Gesellschaften, sind sie immer auch Machtfaktoren.
Jean Baudrillard sah durch Massenmedien eine allumfassende gesellschaftliche Kontrolle durch Simulationen und Codes eingerichtet. In Abgrenzung von Karl Marx kritisiert Baudrillard zunächst die Konsumgesellschaft als gesellschaftliches Gravitationszentrum, bevor er sich ganz der Simulationstheorie widmet. Da die Macht der Medien in ihrem Wesen begründet sei, so Baudrillard in ‚Requiem für die Medien’, gehe auch die spätmarxistische Medientheorie Hans Magnus Enzensbergers ('Baukasten zu einer Theorie der Medien') an der Sache vorbei.
Stuart Hall – dessen Medientheorie wegweisend für die Cultural Studies war – , treffen Medieninhalte auf ein Publikum, das immer schon über Erfahrungen, Wissen und Prägungen verfügt und daraus seine Präferenzen im Mediengebrauch ableitet – und entsprechende Kompetenzen ausbildet. Die Macht der Medien ist hier eingeschränkt von der Souveränität des Mediennutzers, der seine Präferenzen jedoch auch wieder in einer vermachteten Öffentlichkeit ausbildet (Kodieren/Dekodieren-Modell).
Die Verbindung von Medien und Macht geschieht anhand des von Michel Foucault aufgestellten Modells des Medien-Dispositivs, das von Johanna Dorer für die Analyse öffentlicher Kommunikation fruchtbar gemacht worden ist. Der Blick wird hier auch auf das Internet gerichtet, durch dessen Verbreitung sich die öffentliche Kommunikation grundlegend gewandelt hat.
Das Internet bietet eine neue Perspektive auf Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit: Das world wide web ermöglicht, bestehende Strukturen von Medienmacht aufzulösen und kann ein wichtiger Faktor von Gegenöffentlichkeit sein. Was lässt sich mit Stuart Hall und Jean Baudrillard über das Internet sagen? Und was bedeutet das für das Medien-Dispositiv?
Inhaltsverzeichnis
- I. Einstieg
- I.1 Die Debatte um das,Unterschichtfernsehen' – Wiederkehr der,Massen-Eremiten'?
- I.2 Massenmedien als Mittel der sozialen Kontrolle.
- II. Jean Baudrillard: Herrschaft des Codes und der medialen Modelle
- II.1 Die Konsumgesellschaft: Das gesellschaftstheoretische Fundament
- II.1.1 Der Referenzverlust der Zeichen......
- II.1.2 Konsum: Integration durch die,Manipulation von Zeichen'.
- II.2 Die massenmediale Organisation der Gesellschaft
- II.2.1 Medien als Zeichenproduzenten: Baudrillards McLuhan-Rezeption.
- II.2.2 Die Normierung der Kommunikation
- II.2.3 Massenmediale, Zwangsvergesellschaftung'
- II.3 Die Allgegenwart des Codes
- II.3.1 Mediale Simulationen…..
- II.3.2 Resistenz durch Ignoranz...
- II.1 Die Konsumgesellschaft: Das gesellschaftstheoretische Fundament
- III. Stuart Hall: Medienaneignung als Konfliktfeld
- III.1 Zwischen Determinierung und Eigensinn: Die Perspektive Stuart Halls
- III.1.1‚Überdeterminierung' und,relative Autonomie'
- III.1.2 Das Ringen um Hegemonie auf ideologischer Ebene
- III.2 Die Überdeterminierung der Medien
- III.2.1 Die ideologische Funktion der Massenmedien.
- III.2.2 Die ideologische Ausrichtung der Massenmedien
- III.2.3 Die Bekämpfung der Devianz
- III.3 Hegemonie und Resistenz in der Medienaneignung: Das Encoding/Decoding-Modell
- III.3.1 Dominante Codierungen und widerständige Lesarten...
- III.3.2 Die Anwendung des Modells: Die Nationwide-Studie..........
- III.1 Zwischen Determinierung und Eigensinn: Die Perspektive Stuart Halls
- IV. Medienaneignung und soziale Kontrolle
- IV.1 Disziplinierung durch Dispositive
- IV.1.1 Das Dispositivkonzept bei Foucault.
- IV.1.2 Das Dispositiv der Massenkommunikation..
- IV.2 Mediale Disziplinierung bei Baudrillard und Hall
- IV.2.1 Mediale Machtwirkungen...
- IV.2.2 Code vs. Konsens..
- IV.3 Mediale Inszenierungen bei Hall und Baudrillard.
- IV.4 Chancen einer Gegenöffentlichkeit?
- IV.1 Disziplinierung durch Dispositive
- V. Resümee und Ausblick
- VI. Anhang
- A: Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit Medien zur Reproduktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse beitragen. Dabei werden die Theorien von Jean Baudrillard und Stuart Hall analysiert, die unterschiedliche Perspektiven auf die Beziehung zwischen Medien, Macht und Gesellschaft entwickeln. Die Arbeit untersucht, wie Medien durch die Konstruktion von Codes und die Verbreitung von ideologischen Botschaften zur Disziplinierung und Kontrolle der Gesellschaft beitragen können.
- Die Rolle der Massenmedien in der Konsumgesellschaft
- Die Bedeutung von Codes und Simulationen in der medialen Kommunikation
- Die ideologische Funktion der Massenmedien und die Frage der Hegemonie
- Medienaneignung und die Möglichkeiten der Resistenz
- Die Disziplinierung durch Dispositive und die Auswirkungen auf die Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Debatte um das „Unterschichtfernsehen“ und die Rolle der Massenmedien in der Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse. Es wird die These von Paul Nolte diskutiert, der in den Massenmedien ein Instrument der sozialen Kontrolle sieht, das zur Festigung von Klassenstrukturen beiträgt.
Kapitel II widmet sich der Theorie von Jean Baudrillard und seiner Analyse der Konsumgesellschaft. Es wird untersucht, wie Baudrillard den Verlust von Referenz in der Zeichenwelt beschreibt und wie der Konsum zur Integration durch die „Manipulation von Zeichen“ beiträgt.
Kapitel III stellt die Theorie von Stuart Hall vor, die sich mit der Frage der Medienaneignung und der Möglichkeiten der Resistenz gegen dominante Botschaften beschäftigt. Es wird das Encoding/Decoding-Modell von Hall vorgestellt, das die unterschiedlichen Lesarten von Medieninhalten analysiert.
Kapitel IV untersucht die Verbindung zwischen Medienaneignung und sozialer Kontrolle. Es wird das Konzept der Dispositive nach Foucault diskutiert und die Frage gestellt, inwieweit Medien zur Disziplinierung und Kontrolle der Gesellschaft beitragen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Medien und Macht, Jean Baudrillard, Stuart Hall, Konsumgesellschaft, Codes, Simulationen, Ideologie, Hegemonie, Medienaneignung, Resistenz, Dispositive, soziale Kontrolle, Massenmedien, Unterschichtfernsehen, Klassengesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Andreas Mohr (Autor:in), 2008, Verdrängung widerständiger Lesarten? Medien und Macht bei Jean Baudrillard und Stuart Hall, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129033