Qualitätsstandards von Bildungseinrichtungen projiziert auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Qualitätssicherung und -entwicklung in der Weiterbildung
2.1 DIN EN ISO 9000 ff
2.2 EFQM - Modell

3 Handeln im Kontext Kindeswohlgefährdung
3.1 Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
3.2 Professionelles Handeln im ASD

4 Das EFQM-Modell in der Sozialen Arbeit
4.1 Anwendbarkeit - EFQM
4.2 Kritik an der Methode

5 Resümee

6 Ausblick

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Was macht guten Kinderschutz in der Praxis aus (LVR 2015, S. 3)?“

In der Vergangenheit rückten das Kindeswohl und der im § 8a des Achten Sozialgesetzbuch (fortan „SGB VIII“ abgekürzt) festgehaltene Schutzauftrag des Jugendamtes zunehmend in den fachlichen, aber auch öffentlich Fokus. Auslöser hierfür waren meist tragisch verlaufene Kinderschutzfälle. Im letzten Jahrzehnt kam es zu diversen Verabschiedungen von Gesetzen, welche das Ziel hatten, den Kinderschutz zu verbessern und beteiligte Akteure in ihren Rechten und Pflichten zu stärken. Maßgebend für die Veränderung der Kinderschutzpraxis war die Einführung des § 8a SGB VIII mit der Konkretisierung des Schutzauftrags des Jugendamtes und der Ausweitung des Schutzauftrags auf die Träger der freien Jugendhilfe (vgl. LVR 2015, S. 3).

Neben dem § 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung im SGB VIII wurde auch der § 79a SGB VIII eingeführt und verpflichtete Jugendämter zur Qualitätssicherung und - entwicklung. Dies umfasst auch den Prozess der Gefährdungseinschätzung nach § 8a SGB VIII (vgl. LVR 2015, ebd.).

In dieser Hausarbeit möchte ich mich mit der Fragestellung auseinandersetzen, in welcher Weise die Qualitätsmerkmale des European Foundation for Quality Management Modells (fortan „EFQM-Modell“ abgekürzt) zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bereich des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe im Kontext seines gesetzlich verankerten Schutzauftrages gem. § 8a SGB VIII unterstützend eingesetzt werden?

Einen Bezug von Qualitätsmanagementsystemen aus der beruflichen Aus- und Weiterbildung auf einen öffentlichen Träger der Jugendhilfe ist nur möglich, da Qualitätsmanagementsysteme keine produktorientierte Ausrichtung verfolgen. Sie können daher unabhängig von der Branche und dessen spezifischen Produkten angewandt werden. Die Einführung eines Managementsystems mit dem Fokus der ständigen Leistungsverbesserung unter der Berücksichtigung aller Parteien kann ein Erfolgsfaktor sein. Aus der Vielzahl der nötigen Managementdisziplinen, welche eine Organisation zum Lenken und Leiten benötigt, ergeht auch ein Teilbereich als Qualitätsmanagement (vgl. Steig 2009, S. 228).

Das Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit werde ich unterteilen in einen kurzen Überblick über Qualitätssicherung und -entwicklung in der Weiterbildung, um dann in einem ausführlicheren Teil auf das EFQM-Modell eingehen zu können. Das EFQM-Modell werde ich anhand von den Autoren Steig und Merchel vertiefend darstellen.

Die Kapitel 3 und 3.1 fassen das Handeln im Rahmen einer Kindeswohlgefährdung und des rechtlich vorgegebene Schutzauftrag der Jugendämter zusammen. In Kapitel 3.2 möchte ich mich dem professionellen Handeln von Mitarbeitenden im Allgemeinen Sozialen Dienst (fortan „ASD“ abgekürzt) nähern. Dabei stehen im Fokus der Professionalität immer die Aspekte, wann wird Soziale Arbeit als gut, akzeptabel oder problematisch betitelt, wann entspricht sie fachlichen Standards oder verfehlt diese und inwieweit können Professionelle sich ihrer Rolle bewusst sein und ihr berufliches Handeln reflektieren und weiterentwickeln (vgl. Gissel-Palkovich 2011, S. 190).

Das Kapitel 4, sowie dessen Unterkapitel soll eine mögliche Anwendbarkeit des EFQM-Modells in der Sozialen Arbeit behandeln.

In Kapitel 5 und 6 fasse ich die herausgearbeiteten Kernpunkte zusammen und gebe einen möglichen Ausblick auf den Verlauf der behandelten Thematik.

2 Qualitätssicherung und -entwicklung in der Weiterbildung

Der fachliche Diskurs über die Fragen zur Qualität in der Weiterbildung besteht bereits seit über einem Jahrzehnt. In der Auseinandersetzung fokussiert sich der Blick auf die Qualitätssicherung, die Qualitätsentwicklung und auf die angemessenen Umsetzungsformen des Qualitätsmanagements (vgl. Meisel 2008, S. 108). In der Debatte zur Qualität muss weiter noch festgehalten werden, dass auch inhaltliche, organisationsbezogene und ordnungspolitische Diskussionen geführt werden und es nicht generell bei einem Leitkonzept des allgemeinen Bildungsdiskurs bleibt (vgl. Meisel 2008, ebd.)

Im bestehenden Diskurs bestätigt sich regelmäßig, dass die Begrifflichkeiten im Kontext von Qualität nicht einheitlich verwendet werden. Der Autor Meisel versucht hier entgegenzuwirken und verfasst eine Verständnis Übersetzung. Der Begriff Qualität wird meist als folgende Übersetzung bzw. Erläuterung verstanden (vgl. Meisel 2008, ebd.): „das herausragende Praxisbeispiel (good practise), eine nachvollziehbare effiziente und kundenorientierte Gestaltung von Organisation und Prozessen, eine Weiterbildung, die Inhalt und Methode dem Bedarf und den Teilnehmererwartungen gerecht wird (Meisel 2008, ebd.)“

Die Qualitätssicherung bezeichnet die Sicherung der bereits vorhandenen Qualität. Bei der Qualitätsentwicklung hingegen, geht es um den Prozess der kontinuierlichen Reflexion der Bedingungen für Qualität und deren weiterführende Verbesserung. Das Qualitätsmanagement beinhaltet die Möglichkeit durch bestimmtes strategisches Handeln Qualität systematisch zu beeinflussen (vgl. Meisel 2008, ebd.).

Die zentrale Voraussetzung für Lern- und Lehrarrangements bildet die Qualifizierung des pädagogischen Personals in Bildungseinrichtungen, das sie mit ihrem Wissen, ihrer Kompetenz und ihrem Handeln die Basis dieser formen (vgl. Steig 2009, S. 221).

2.1 DIN EN ISO 9000 ff.

Die Normreihe DIN EN ISO 9000ff. stellt ein klassisches Muster des Qualitätsmanagements dar. Die Normreihe selbst ist im Jahr 1987 entstanden und wurde erstmals im Jahr 1994 überarbeitet. Im Jahr 2000 erhielt die Normreihe inhaltliche Erneuerungen und wurde 2008 erneut mit geringen Änderungen versehen (Merchel 2010, S. 71). Die externe Zertifizierung nach dem Konzept der DIN EN ISO 9000 ff. ist eines von drei überregionalen relevanten Qualitätsmanagementmodellen. Das Modell ist in fünf Elemente des Qualitätsmanagements zu differenzieren:

- Verantwortung der Leitung
- Management der Ressourcen
- Produktrealisierung
- Messen, Analysieren, Verbessern und
- Kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagements (vgl. Meisel 2008, S. 115).

Durch die Anwendung soll eine Qualitätstransparenz für Interessenten an Weiterbildung und für die Öffentlichkeit geschaffen werden (vgl. Meisel 2008, S. 112).

In der Normreihe DIN EN ISO 9000 ff. wurden verständliche Normen auf nationaler und internationaler Ebene geschaffen, welche die Grundsätze für Maßnahmen zum Qualitätsmanagement definieren (vgl. Steig 2009, S. 228).

Die Verfahrensmuster des Qualitätsmanagements nach der DIN ISO-Normreihe sind zwar in der gewerblichen Wirtschaft begründet, haben aber ebenso einen hohen Stellenwert in der sozialen Arbeit. Als Beispiel, nutzen der Arbeiterwohlfahrt, als auch der Paritätische Wohlfahrtsverband die inhaltlichen Grundsätze der DIN ISO und verknüpfen sie mit ihren eigenen Qualitätsmanagementkonzepten. Muss eine Gewährleistung von europäisch anerkannten Normen im Qualitätsmanagement sichergestellt werden, halten die Wohlfahrtsverbände, neben dem EFQM-Modell, auch an der DIN EN ISO 9001:2000 fest (Merchel 2010, S. 71).

2.2 EFQM - Modell

Im zeitlichen Bereich der 1990er Jahre gründete eine Vereinigung von Spitzenunternehmen Europas die European Foundation for Quality Management (EFQM) und dazugehörigen European Quality Award. Er sollte das Gegenstück für den amerikanischen Malcolm Baldrige National Award sein und verfolgte das Ziel der Verbreitung von Total Quality Management in Europa. Die Unternehmen erhofften sich die europäische Industrie in ihrer Stellung auf dem Weltmarkt zu festigen und auszubauen (vgl. Steig 2009, S. 237).

Das Modell beruht seit seiner Entstehung auf den drei fundamentalen Säulen des Total Quality Managements. Im Fokus der Betrachtung stehen hier die Menschen, die Prozesse und Ergebnisse innerhalb des Unternehmens (vgl. Steig 2009, ebd.). Aus diesen drei Teilbereichen ergeben sich neun Kriterien. Dieser Umfang spiegelt das Grundprinzip des Modells. Unter gezielter Einbeziehung der Mitarbeitenden in einen fortlaufenden Verbesserungsprozess versucht das Unternehmen seine Ergebniserzielung zu verbessern (vgl. Steig 2009, ebd.).

Der Unterschied zu den ISO-Normen liegt darin, dass es hier nicht zu einer Beschreibung und Normierung von Prozessen kommt, welche eine Verhaltensanforderung folgen lassen. Im Mittelpunkt des EFQM-Modells steht die Selbstbewertung durch inhaltlich vorgegebene Kriterienbereiche (Merchel 2010, S. 80).

Der Gedanke hinter dem Modell ist es, die Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit und den Einfluss auf die Gesellschaft durch Führung mithilfe von Politik und Strategie, Mitarbeiterorientierung und Management von Ressourcen zu erreichen. Das Modell kann in die zwei großen Abschnitte „Befähiger“ und „Ergebnisse“ unterteilt werden. Diese Bereiche zählen jeweils als Hälfte im Gesamtmodell bei der Bewertung. Der Autor Steig (2009) schreibt von fundamentalen Erkenntnissen des TQM- Modells, welche verdeutlichen, dass es nicht ausreicht lediglich Ergebnisse zu managen, sondern die Vorgehensweise mit Einbezug der Befähiger zu betrachten. Die zuletzt genannte Aufteilung verdeutlicht, dass die Gewichtung nicht allein auf den zu erreichenden Ergebnissen beruht, sondern die Befähiger hinzuzieht, um dessen gleichgestellte Bedeutung hervorzuheben (vgl. Steig 2009, S. 238). Die Definition von Ergebnissen im Rahmen des Modells beschreibt, was möchte eine Organisation erreichen und was hat sie bereits erreicht. Unter dem Begriff der Befähiger wird definiert, welche Vorgehensweise die Organisation anstrebt und mit welchen Ressourcen sie die gewählten Ergebnisse erarbeiten will (vgl. Steig 2009, ebd.).

Eine Ausdifferenzierung erfolgt über die Gewichtung einzelner Kriterien in Form von Prozentzahlen. Die Gesamtsumme aller Kriterien beträgt 100 % und teilt sich in folgende Kriterien. Zur besseren Visualisierung werden die genannten Daten vom Autor Steig (2009) in Tabellen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 (vgl. Steig 2009, ebd.)

Aus der DIN ISO 9001 geht hervor, dass es möglich sein muss, anhand der Ergebnisse positive Trends ablesen zu können. Hierzu werden konkrete Kennzahlen von Ergebnissen in finanzieller und nicht-finanzieller Art bewertet, um einen anschließenden Rückschluss auf die Qualität der Ergebnisse zu erzielen. Kennzahlen müssen für eine abschließende Aussage bzw. für eine erkennbare Tendenz über einen längeren Zeitraum dokumentiert und ausgewertet werden. Weiterhin wird die Beurteilung von Ergebnissen der Qualität durch Vergleiche mit anderen Größen beeinflusst (vgl. Steig 2009, ebd.). Ein möglicher Vergleich der eigenen Unternehmensziele kann nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass Zielsetzungen über mittel- und langfristige Ziele erarbeitet wurden. Zielsetzungen sollten unter den Eigenschaften ehrgeizig und realisierbar festgesetzt werden, sowie unter einer konsequenten Überprüfung stehen (vgl. Steig 2009, ebd.).

Vergleiche der Ergebnisse mit anderen Unternehmen vorzugsweise mit Wettbewerbern, aber auch übergreifend in andere Branchen dienen dazu, dass die eigene Position am Gesamtmarkt darzustellen und zu beurteilen. Der Nachteil an diesem Vergleich zeigt sich bei spitzen Unternehmen, welche bereits an der Weltmarktspitze sich befinden und nicht in der Lage sind permanent einen positiven Trend aufweisen können. Hier rückt die Untersuchung der Ergebniswerte in den Fokus, inwiefern die Ergebnisse vorgehensbedingt oder durch andere Ursachen erzielt wurden (vgl. Steig 2009, ebd.).

Ergebnisse sind lediglich Resultate von vorangegangenen Prozessen und somit gleichbedeutend in ihrer Gewichtung. Deshalb erhalten die Befähiger ebenso 50 % aus der Gesamtgewichtung des Modells. Der Begriff Befähiger setzt der Autor Steig (2009) mit Ausdruck Mittel und Wege gleich. Es verdeutlicht nochmals, dass es sich um Vorgänge bzw. Prozesse handelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Befähigerkriterium deutet an, wie wesentlich die generelle Orientierung durch die Führung im Unternehmen ist. Unter Führung spiegelt sich hier das Führungsverhalten des Managements und des Topmanagements wider.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2 (vgl. Steig 2009, S. 239)

Die daraus resultierenden Vorteile des Modells ergeben sich aus unterschiedlichen Aspekten. Die offene Gestaltung des Modells bedeutet eine Vielfalt von Möglichkeiten eine hervorragende Qualität zu erreichen und ist nicht an einen einzigen Weg gebunden (vgl. Steig 2009, S. 239).

Das Instrument der Selbstbewertung als wichtigstes Instrument des EFQM-Modells dient vor allem MitarbeiterInnen in sozialen Organisationen, da die ständige Selbstreflexion der eigenen Arbeit einen wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit ausmacht (vgl. Steig 2009, ebd.).

Die starke Ausrichtung auf den Einbezug in das Qualitätsmanagement verschiedener Umweltfaktoren, die in Abhängigkeit zur Organisation stehen, wie bspw. Kunden oder Kooperationspartner, stellen ebenso einen Vorteil dar, wie auch die mögliche Steuerung des finanziellen Aufwands durch die Organisation in Abhängigkeit über die Entscheidung des Qualitätsniveaus (vgl. Steig 2009, S. 240).

Neben den genannten Vorteilen sind auch die Nachteile des Modells zu erwähnen. Im Modell selbst ist kein endgültiges Ziel definiert, vielmehr ist es auf Dauer und Kontinuität ausgelegt. Ein zeitnaher schneller Erfolg ist mit diesem Modell nur schwer zu erreichen (vgl. Steig 2009, S. 239).

Durch das Instrument der Selbstbewertung kann sich das Risiko ergeben, dass sich innerhalb der Organisation blinde Flecken bilden (vgl. Steig 2009, ebd.).

Die Durchführung des Modells ohne eine externe Begleitung scheint nur schwer vorstellbar. Eine externe Beratung stellt einen zusätzlichen Kostenfaktor dar (vgl. Steig 2009, S. 240).

Ein weiterer Nachteil ist, dass es mit diesem Modell nicht möglich ist eine Zertifizierung für die Organisation zu erhalten. Das EFQM-Modell arbeitet mit den sogenannten Excellence Stufen, welche dann überprüft und testiert werden können (vgl. Steig 2009, ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Qualitätsstandards von Bildungseinrichtungen projiziert auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Veranstaltung
Bildungsmanagement und Innovation
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V1290343
ISBN (Buch)
9783346753403
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DIN EN ISO 9000, EFQM, EFQM Modell, Soziale Arbeit, Schutzauftrag, Kindeswohlgefährdung, Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Qualitätsentwicklung, Weiterbildung, Jugendhilfe, Freie Jugendhilfeträger
Arbeit zitieren
Manuel Bober (Autor:in), 2019, Qualitätsstandards von Bildungseinrichtungen projiziert auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1290343

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