Ping-Pong Diplomatie

... beinahe eine Erzählung


Studienarbeit, 2009

14 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gespielt wird Tischtennis seit Ende des 19. Jahrhunderts, als es in England erfunden wurde. Zu dieser Zeit verwendete man auch noch den Name „Ping Pong“. Dieser wurde aber 1901 als kommerzielle Marke geschützt und darf seitdem nicht mehr frei verwendet werden. „Ping Pong“, eine Bezeichnung, die in Deutschland heute beinahe ausschließlich im Hobbyspielerbereich anzutreffen ist, wird aber in China weiterverwendet, wo der Sport offiziell „Ping Pong Ball“ heißt und bereits vor vielen Jahren zum Volkssport Nr. 1 avancierte. Ping Pong oder eben Hin-und Her hieß es auch in der großen Weltpolitik, als dieses Spiel zu einem Symbol für die Öffnung Chinas wurde.[1]

Der Begriff Ping-Pong-Diplomatie ist mittlerweile ein eingeführter politikwissen-schaftlicher Terminus. Historisch beschreibt er die Annäherung der USA und der Volksrepublik China zu Beginn der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts: Erst kam es zu Tischtennis-Begegnungen, dann zu politischen Gesprächen. Der Sport, das umschreibt der Begriff seither, ist zu einer Form der soften Außenpolitik geworden: Mal dienten Sportbegegnungen der Annäherung von verfeindeten Ländern, mal wurden Sportboykotte als softe Formen der Sanktion benutzt.[2]

1. Es war einmal

Kleine Ursachen können eine große Wirkung haben. Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen und das zufällige Aufeinandertreffen zweier unkonventioneller Sportler kann Weltgeschichte schreiben. Wäre der amerikanische Tischtennisspieler Glenn Cowan an einem Apriltag des Jahres 1971 im japanischen Nagoya nicht in den falschen Mannschaftsbus gestiegen, sähe die Welt heute anders aus und die Olympischen Spiele 2008 würden wahrscheinlich nicht in Peking ausgetragen werden. Die sogenannte „Ping-Pong Diplomatie“ zwischen der USA und China brach die Isolation des asiatischen Riesenreiches auf und ebnete neue Wege.[3]

Nach Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 übten die Kommunisten unter Mao Zedong im gesamten Festlandschina die Macht aus. Das von ihnen ausgerufene

Staatsgebilde nannten sie “Volksrepublik China”. Die Bürgerkriegsgegner der Kuomintang beherrschten nur noch die Insel Taiwan und führten von dort die “alte” Republik China fort. Die kommunistische Volksrepublik China war im Jahre 1971 diplomatisch und wirtschaftlich komplett isoliert. Seit dem Ende des Bürgerkriegs ging die außenpolitische Alleinvertretung für das gesamte chinesische Festland an die Republik China über, die nur aber nur auf der Insel Taiwan faktisch Macht ausübte. Die Republik China hatte einen Platz in der UNO und übte das Vetorecht Chinas im UN-Sicherheitsrat aus. Wiederholte Initiativen von „Rotchinas“[4] einzigem Verbündeten, dem maoistischen Albanien, der VR China die Vertretungsansprüche in der UN zu übertragen, wurden vor allem durch die USA und ihre Verbündeten immer wieder vereitelt. Die VR China war damals das, was man heute als „Schurkenstaat“ bezeichnen würde. Eine katastrophale Struktur- und Industriepolitik, euphemistisch „Großer Sprung nach vorn“ genannt, zeichnete für rund 30 Millionen Todesopfer verantwortlich, die meisten starben bei Hungersnöten. In dem zerrütteten Land wurde 1966 von Mao Zedong die „Kulturrevolution“ ausgerufen, eine innen- und strukturpolitische Kampagne, die den Staat komplett nach den Vorstellungen Maos formen und politische und intellektuelle Kritiker beseitigen sollte. Die Menschen- und Bürgerrechtssituation in der VR China war im Jahre 1971 auf einem Nullpunkt angelangt. Außenpolitisch sah es für die VR China kaum besser aus. Das militärische Engagement an der Seite der Nordkoreaner im Koreakrieg galt als offener Bruch mit den Vereinten Nationen. Im Vietnamkrieg unterstützten die Chinesen die kommunistischen Verbündeten aus Nordvietnam, mit dem die USA damals Krieg führten.

Die letzten Jahre der Mao-Ära waren eine bleierne Zeit. Die revolutionäre Begeisterung der Menschen, die durch die Politik Maos schrecklich verraten wurden, war erloschen. Nach dem mysteriösen Tod des einstigen zweiten Mannes, Lin Biao[5], wurde nun auch die Sowjetunion zum Hauptfeind erklärt[6]. Zwei Jahre zuvor hatte die chinesisch-sowjetische Krise einen neuen Höhepunkt erreicht. Am Grenzfluss Ussuri kam es im Frühjahr zu offenen Gefechten, die Sowjets hatten mittlerweile 25 Divisionen an die chinesisch-sowjetische Grenze verlegt und drohten offen mit einem Einsatz von Nuklearwaffen gegen die chinesischen Atomforschungsanlagen. Mao erkannte 1971, dass er sich nicht gleichzeitig gegen die Sowjetunion und die USA stellen konnte. Eine Öffnung zu einer Seite war nötig und Mao sah in den USA – trotz des radikalen Antiamerikanismus und Antikapitalismus während der Kulturrevolution – das kleinere Übel. Die USA wiederum erkannten, dass es für ihre politischen Ziele in Asien von Vorteil sein könnte, wenn sie mit der VR China zusammenarbeiteten und auch die USA sahen in der Sowjetunion die größte Bedrohung. Vor allem der 1969 gewählte Präsident Nixon galt damals als Befürworter einer Annährungspolitik. Die Rahmenbedingungen für einen diplomatischen Durchbruch waren also vorhanden, dass es ausgerechnet „Ping-Pong“ sein sollte, was diesen Durchbruch ermöglichte, ist dennoch eine amüsante Fußnote der Weltgeschichte.

2. Der Sport als Vorreiter

In den frühen 1960er Jahren war die VR China die Weltmacht des Tischtennis. Der dreimalige Weltmeister Zhuang Zedong war einer der wenigen Helden im kollektivistischen China. Während der Kulturrevolution war jedoch neben der Kultur auch der Sport verpönt und Zhuang durfte von 1966 bis 1969 nicht einmal trainieren. Die Tischtennisweltmeisterschaft im japanischen Nagoya im Jahre 1971 war das erste internationale Turnier, an dem die chinesischen Sportler wieder teilnehmen durften. Ein weiterer Teilnehmer dieser Weltmeisterschaften war der 19jährige Amerikaner Glenn Cowan – ein langhaariger Hippie, dessen Interessen neben dem Tischtennis Drogen und Frauen waren. Nach einer Trainingseinheit stieg Cowan versehentlich in den falschen Mannschaftsbus und war plötzlich von der chinesischen Mannschaft und deren Delegation umgeben, die ihn wie einen Außerirdischen anstarrten, ohne ein Wort zu sagen. Cowan wollte das Schweigen brechen, in dem er humorvoll bemerkte, dass seine langen Haare und sein Äußeres auch in den USA für Staunen sorgten. Auch nach der Übersetzung durch den ebenfalls anwesenden Teamdolmetscher entspannte sich die Situation nicht.[7]

[...]


[1] Vgl. Naderhirn Hannes, Auf dem Weg zum großen Triumph, in: Wels im Bild, Ausgabe 2, 2009, S 42

[2] Vgl. http://www.sportswire.de/2009/04/israelmarokko-ping-pong-diplomatie/

[3] Vgl. www.spiegelfechter.com/wordpress

[4] Als „Rotchina“ bezeichnete man nach der kommunistischen Machtübernahme die heutige Volksrepublik China, im Gegensatz zu dem damaligen Nationalchina, heute Taiwan, Anm. d. Verf.

[5] Lin BIao war ein gefeierter Kriegsheld und in der Kulturrevolution zum angesehensten Führer aufgestiegen, er war nicht nur Verteidigungsminister, sondern ein enger Vertrauter Maos, plötzlich mutierte er vom Ultralinken zum Ultrarechten, nach Auslegung der Mao-Clique

[6] Vgl. Seitz Konrad, China – Eine Weltmacht kehrt zurück, Berlin 2000, S 197

[7] Vgl. Berger, Jens, in: Der Spiegelfechter, www.spiegelfechter.com

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Ping-Pong Diplomatie
Untertitel
... beinahe eine Erzählung
Hochschule
Universität Wien  (Geschichte)
Veranstaltung
Seminar
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2009
Seiten
14
Katalognummer
V129174
ISBN (eBook)
9783640361274
ISBN (Buch)
9783640361298
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine wirkliche Zeit"Geschichte"
Schlagworte
Ping-Pong, Diplomatie, Erzählung
Arbeit zitieren
Mag. Hannes Naderhirn (Autor:in), 2009, Ping-Pong Diplomatie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129174

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