Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
2 Hinführung und theoretische Grundlagen zur Umstrukturierung von Verbrennungsmotoren zu elektrischen Antriebssträngen
2.1 Aktuelle Wertschöpfungskette bei der Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren
2.2 Theoretische Grundlagen zur Produktion von Autos mit elektrischen Antriebssträngen
2.3 Wandel zur Elektromobilität
3 Praxisbezogene Analyse der Auswirkungen bei einem Produktionsanstieg von Elektroautos
3.1 Folgen für die Lieferantenstruktur unter dem Hinblick des gesamten Automotive Clusters
3.2 Folgen für die Teilestruktur anhand eines praktischen Vergleichs
3.3 Auswirkungen auf die Kostenstrukturen eines Automobils
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
CO2 Kohlenstoffdioxid
OEM Original Equipment Manufacturer
Pkw Personenkraftwagen
HEV Hybrid Electric Vehicle
PHEV Plug-in-Hybrid Electric Vehicle
BEV Battery Electric Vehicle
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland
Abbildung 2: Voraussichtliche Wertschöpfungskette bei Elektroautos
Abbildung 3: Vergleich der Wertschöpfung zweier Antriebsstränge
1 Einleitung
Im Klimaschutzprogramm, welches 2019 durch das Klimakabinett veröffentlicht worden ist, werden verbindliche Ziele zur Dekarbonisierung und der daraus resultierende geringere Fortgang der Erderwärmung niedergeschrieben. Als konkrete Maßnahme wird die verursachungsgerechte Bepreisung von Treibhausgasen ange- führt.1 Weltweit werden jährlich rund 182,8 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) im Straßenverkehr ausgestoßen.2 In Deutschland resultiert bei diesem Verkehrsträger ein Anteil von 17,94 Prozent an den CO2 - Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe.3 Anhand dieser Statistiken wird deutlich, welchen Stellenwert die Automobilindustrie bei der Erreichung der Klimaziele einnimmt. Um in diesem Markt langfristig als Automobilhersteller oder gar Zulieferer bestehen zu können, gilt es, die Strategien frühzeitig an das globale Problem anzupassen und in die Entwicklung von nachhaltigen Antriebstechniken zu investieren.
1.1 Problemstellung
Als eine Maßnahme zum Klimaschutz strebt die Fahrzeugbauer zu einer zunehmenden Elektrifizierung des Antriebsstrangs bei Kraftfahrzeugen. „Im Jahr 2025 könnte der Anteil von Elektrofahrzeugen an den Neuzulassungen von Personenkraftwagen (Pkw) weltweit bei 15 bis 25 Prozent liegen“.4 Dieser, teilweise auch politisch getriebene Schritt bedarf einer erheblichen Umstrukturierung des gesamten Automotive Clusters5 und hat ganzheitliche Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette. Bestehende Beziehungen zwischen OEM- Endherstellern und Modul-, sowie Teilelieferanten werden sich einem drastischen Wandel unterziehen müssen. Die Umgestaltung basiert unter anderem auf Änderungen aktueller Teile- und Lieferantenstrukturen, welche notwendig sind, um eine reibungslose Beschaffung von Komponenten und Einzelteilen sowie die Produktion von Elektroautos zu gewährleisten. Zahlreiche Module von mit Verbrennungsmotoren betriebenen Kraftfahrzeugen werden bei der Entwicklung des batteriebetriebenen Automobils keine Rolle spielen. Trotzdem werden zur Fertigung auch neuentwickelte Module benötigt, welche eine Chance für neue oder gar bestehende Systemlieferanten gestalten. Alles in allem ist dies eine Entwicklung, die viele Risiken, aber auch einige Chancen mit sich ziehen wird.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Das Ziel der Arbeit ist es, einen Einblick in die einzelnen Bestandteile des Wandels der Automobilindustrie zu gewinnen. Dafür wird der Nutzen bestehender Lieferketten und Teilestrukturen unter dem Hinblick der (auch gesetzlich bedingten) Veränderungen durch die Elektrifizierung des Antriebsstranges analysiert. Zudem werden hieraus resultierende prozessbedingte Effekte, wie z.B. die Beschäftigungsentwicklung oder die Veränderung der Kostenstrukturen aufgezeigt. Die hieraus abgeleitete Forschungsfrage für diese Seminararbeit lautet: Welche Veränderungen ergeben sich bei Teile- und Lieferantenstrukturen im Automotive Cluster durch die erhöhte Produktion von elektrisch betriebenen Autos und welche Konsequenzen resultieren daraus für die komplette Wertschöpfungskette?
2 Hinführung und theoretische Grundlagen zur Umstrukturierung von Verbrennungsmotoren zu elektrischen Antriebssträngen
2.1 Aktuelle Wertschöpfungskette bei der Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren
Mit Verbrennungsmotoren angetriebene Pkw dominierten auch im Jahre 2018 den Markt für Neuzulassungen in Deutschland. Diesel- und Benzinmotoren sind mit einem Anteil von 32 Prozent bzw. 62 Prozent fast vollständig daran beteiligt.6 Daraus folgt eine weiterhin hohe Nachfrage an Kraftfahrzeugen, die nicht mit erneuerbaren Energien betrieben werden, was zur Folge hat, dass die bestehende Lieferantenstruktur, vorerst nicht ohne weiteres ersetzt werden kann. Die Wertschöpfungstiefe zur Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren beim OEM- Endhersteller selbst ist gering, da hier das Modular Sourcing im Vordergrund steht.
Die direkten Zulieferer, welche sich auch im Clusterkern befinden, stellen diese Systeme auf Basis von Komponenten her. Die Komponenten resultieren aus dem vorgelagerten Gewerbe, welche auf die Beschaffung von Einzelteilen zurückgreifen. Alle Unternehmen, die in einer dieser Ebenen fungieren, bilden den Automotive Cluster.7 Somit erfolgen die eigentlichen Wertschöpfungsvorgänge bei vorgelagerten Zulieferern der OEM-Endhersteller. Letztere sind lediglich für die Endmontage zuständig. Allerdings verfügen einige Automobilhersteller über zahlreiche Fertigungslinien, die für die Eigenfertigung von Motoren verantwortlich sind. Erst im Februar 2019 erreichte Volkswagen ein Produktionsvolumen von 60 Millionen gefertigten Antrieben im Werk Salzgitter.8
2.2 Theoretische Grundlagen zur Produktion von Autos mit elektrischen Antriebssträngen
Ein funktionstüchtiges Antriebskonzept bildet die Basis für ein Automobil. Neben geläufigen Verbrennungsmotoren gibt es zahlreiche Formen von elektrisch betriebenen Systemen, die im Rahmen dieses Kapitels eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Bei Hybridfahrzeugen (HEV) handelt es sich um eine Kombination eines herkömmlichen Verbrennungsmotors mit einem Elektroantrieb, welcher lediglich unterstützend wirkt.9 Beim Anfahren des Autos greift dieser in der Regel ein, um den Spritverbrauch zu senken. Die hierfür benötigte Energie wird durch das Reku- perieren von Bremsenergie gewonnen. Ein Plug-in-Hybridfahrzeug (PHEV) wiederum hat eine ähnliche Antriebstechnik wie Hybridfahrzeuge, lediglich mit dem Unterschied, dass dieser sich zusätzlich durch die Stromzufuhr mittels eines Anschlusses auflädt. Das klassische Elektroauto (BEV) verfügt über keinerlei Antriebstechniken durch einen Verbrennungsmotor und hat somit ausschließlich einen Elektroantrieb, welcher durch die Energie, die in den ansässigen Batterien gespeichert ist, betrieben wird.10 Wie ein PHEV besitzt auch das Elektroauto einen Anschluss, welcher die Stromzufuhr von außen ermöglicht. Im Fortgang dieser Semi- nararbeit werden die Folgen bezüglich der Veränderung von Teile- sowie Lieferantenstrukturen nur anhand des Vergleichs eines BEV mit einem herkömmlichen Kraftfahrzeug deutlich gemacht.
2.3 Wandel zur Elektromobilität
Die Neuzulassungen von Elektroautos erlebten im letzten Jahrzehnt ein starkes Wachstum.11 Zahlreiche Automobilersteller passten daraufhin ihre Strategien an, um für die Trendwende optimal gerüstet zu sein. Volkswagen möchte bis 2030 eine „volle E-Fähigkeit der Fahrzeugflotte erreichen“12, wofür mit einem Investitionsvolumen von rund 30 Milliarden Euro kalkuliert wird. Porsche hingegen setzt sich eine Eigenfertigung der Elektroantriebe zum Ziel, wodurch 1.200 neue Arbeitsplätze allein für die Fertigung des Taycans entstehen werden.13 Konkrete Prognosen zu zukünftigen Absatzzahlen weisen eine hohe Streuung auf. Deloitte rechnet im Jahre 2025 mit einem Anteil von 35 Prozent an Neuzulassungen durch Fahrzeuge mit einem alternativen Antrieb, davon rund 48 Prozent mit reinen Elektromotoren.14 Für eine steigende Nachfrage sprechen neben CO2 - Bepreisungen auch steuerliche Vorteile sowie Subventionen durch den Staat. Beim Kauf eines Elektrofahrzeugs werden in den ersten zehn Jahren keine Kraftfahrzeugsteuerbeiträge fällig.15 16 Abbildung 1 zeigt jüngste Entwicklungen bei Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen in Deutschland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland [16]
3 Praxisbezogene Analyse der Auswirkungen bei einem Produktionsanstieg von Elektroautos
3.1 Folgen für die Lieferantenstruktur unter dem Hinblick des gesamten Automotive Clusters
Die Herausforderungen des Automotive Clusters zur Umstrukturierung der Wertschöpfungskette sind gravierend. Hierbei sind im Jahr 2018 rund 834.000 Erwerbstätige der Automobilindustrie betroffen.17 Die Zulieferer stehen unter einem massiven Anpassungsdruck. Allein in Sachsen werden etwa 12 Prozent der Zulieferunternehmen diesen Druck spüren. Es wird mit einem Beschäftigungsrückgang von 5.000 Personen gerechnet, die ihre heutige Tätigkeit nicht fortführen können. Im Gegenzug wird die Elektronikbranche einen deutlichen Aufschwung erlangen.18 Zudem werden die Beschäftigungseffekte in der Motorenfertigung „von einer Kom- plexitätsreduzierung“19 geprägt seien, da die weniger anspruchsvollen Bestandteile für Elektroautos nahezu vollautomatisiert gefertigt werden können. Eine der größten Entscheidungen, die jeder Automobilhersteller treffen muss, ist das Make or Buy-Urteil beim Antriebsstrang. Studien zufolge ist die Wertschöpfungstiefe eines Elektromotors so gering, dass ein Zukauf die adäquatere Lösung ist. Ferner kommt an dieser Stelle das fehlende Know-how hinzu, welches bei der Eigenfertigung fehlen würde.20
Ein weiterer Lösungsansatz ist das Bilden von Kooperationen als „Leitlinie für die Entwicklung, Produktion und den Absatz“21 von Elektroautos. Es wird in naher Zukunft einen deutlichen Anstieg diverser Partnerschaften geben, welcher auf der Notwendigkeit neuer und komplexer Kompetenzen für die Entwicklung von vernünftigen Antriebstechnologien, Fertigungsverfahren und Nutzungskonzepten von Elektroautos basiert.22 Abbildung 2 zeigt eine Prognose zur Wertschöpfungskette bei der Produktion von Elektrofahrzeugen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Voraussichtliche Wertschöpfungskette bei Elektroautos
Die Tochterfirma Audi fing bereits in einer frühen Entwicklungsphase mit der Integration von Zulieferern und Engineering-Dienstleistern an und sieht die „Neugestaltung der Arbeitsorganisation auf der Makroebene (...) als eine der zentralen Aufgaben“23 24, wodurch ein erheblicher Wettbewerbsvorteil entsteht, da ein inhaltlicher Austausch bereits sichergestellt wurde.25 Eine andere Koordination verlangen auch die Logistikströme zwischen Endherstellern und deren Zulieferern, da „einzelne Produktionsteile nicht (wie teilweise bisher) direkt im gegenüberliegenden Güterverkehrszentrum gefertigt werden können“26. Die Teilestruktur des Elektroantriebs erfordert weitaus umfangreichere Logistikwege, sodass eine Anlieferung (in Form von just-in-sequence) an die Fertigungsstraßen exakter geplant werden muss. Daraus resultiert auch ein Anstieg der Beschaffungsprozesskosten, die wiederum in die Kostenrechnung einfließen.
Dennoch bringt die Umstrukturierung eine hohe Anzahl von Chancen mit sich, in die rechtzeitig investiert werden muss. Durch die Produktion neuer Komponenten wird deutschlandweit mit einem positiven Beschäftigungseffekt von 250.000 Arbeitnehmern gerechnet, die größtenteils aus der Batterienherstellung resultieren, bei gleichzeitigem Rückgang der Beschäftigten der Zuliefererindustrie in Höhe von 46.000 Arbeitnehmern, aufgrund des stark sinkenden Marktvolumens bei Verbrennungsmotoren.27 Die ZF Friedrichshafen AG, welche eine der größten Getriebehersteller ist und somit stark von der Elektromobilität betroffen sein wird, kündigte eine Verhinderung des Stellenabbaus an. Mittelfristig ist das Gegensteuern mithilfe von Kurzarbeit und dem Abbau von Überstunden geplant.28 Zulieferer wie Bosch und Continental hingegen kommunizierten bereits einen nicht zu verhindernden Personalabbau. Allein bei Bosch sollen bis 2021 rund 1.600 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz aufgrund der geringeren Nachfrage nach Abgasmodulen verlieren.29
[...]
1 Vgl. Klimakabinett: Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030, S.3, 2019.
2 Vgl. Statista: Entwicklung der CO2 - Emissionen einzelner Verkehrsträger in Deutschland, 2014.
3 Vgl. Statista: Anteil der Verkehrsträger an den weltweiten CO2 - -Emissionen, 2018.
4 Wissmann, Matthias: Weniger Teile, weniger Arbeit, weniger Jobs?, 2016.
5 Ein Cluster beschreibt die räumliche Zusammenballung von in einer Wertschöpfungskette miteinander verbundenen Unternehmen und zugehörigen unterstützenden Institutionen. Vgl. Dispan, Jürgen: Elektromobilität; 2011.
6 Vgl. Kraftfahrbundesamt: Neuzulassungen von Pkw im Jahr 2018, 2019.
7 Vgl. Dispan, Jürgen: Elektromobilität, S.12, 2011.
8 Vgl. Volkswagen: Produktionsjubiläum in Salzgitter, 2019.
9 Vgl. Erhard, Michael: Elektromobilität - Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsverteilung, 2012.
10 Vgl. Bauer, Wilhelm; Borrmann, Daniel; Herrmann, Florian; Riedel, Oliver; Sachs, Carolina: ELAB 2.0, S.31, 2018.
11 Detaillierte Zahlen werden in Abbildung 1 dargestellt.
12 Olle, Werner: Elektromobilitätsstrategien der Automobilhersteller, S. 5, 2019.
13 Vgl. Olle, Werner: Elektromobilitätsstrategien der Automobilhersteller, S. 6, 2019.
14 Vgl. Sandau, Jürgen: Neun Prozent E-Fahrzeuge im Jahr 2020, S.3, 2017.
15 Vgl. ADAC: Förderung für Elektroautos, 2019.
16 Eigene Darstellung. Das Jahr 2019 berücksichtigt nicht die Neuzulassungen im Dezember. Vgl. Statista: Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos, 2019.
17 Vgl. Verband der Automobilindustrie: Jahreszahlen, 2018.
18 Vgl. Olle, Werner: Elektromobilitätsstrategien der Automobilhersteller, S. 13, 2019.
19 Dispan, Jürgen: Elektromobilität, S. 32, 2011.
20 Vgl. Davies, Huw, et al.: The development of the E-Mobility Supply Chain in Europe, S. 5, 2012.
21 Proff, Heike: Entscheidungen beim Übergang in die Elektromobilität, S. 76, 2015.
22 Vgl. Ebd.
23 Eigene Darstellung. Vgl. Proff, Heike: Entscheidungen beim Übergang in die Elektromobilität, S. 74, 2015.
24 Meyer, Thomas, et al.: Elektromobilität und Flexibilisierung, S. 4, 2011. Vgl. Bromberg, T.: Engineering-Dienstleistungen und Mitbestimmung, 2011.
25 Vgl. Meyer, Thomas, et al.: Elektromobilität und Flexibilisierung, S. 4, 2011.
26 Meyer, Thomas, et al.: Elektromobilität und Flexibilisierung, S. 6, 2011.
27 Vgl. Dispan, Jürgen: Elektromobilität, S.33 2011.
28 Vgl. Manager Magazin: Autozulieferer ZF will keine Jobs abbauen, 2019.
29 Vgl. WirtschaftsWoche: Bosch baut weitere 1000 Arbeitsplätze ab, 2019.