Die Ermordung einer Butterblume - Der Prozess des Trauerns

Alfred Döblin


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Alfred Döblin: relevante biografische Angaben bis zur Entstehung des Werkes (wohl Juni 1905 nach Leo Kreutzer)

3 Rezeptionsgeschichte

4 Die vier Phasen der Trauer
4.1 Phase des Schocks
4.2 Phase der Kontrolle
4.3 Phase der Regression
4.4 Phase der Adaption

5 Die Phasen der Trauerbewältigung in der Erzählung
5.1 „Ich erinnere mich dieser Blume nicht“
5.2 „Der Kadaver mitten im Walde mußte fort. Fort.“
5.3 „Sie hieß vielleicht Ellen, gewiß Ellen.“
5.4 „An dem Jahrestag ihres Todes stellte er sich, als ob er sich an nichts erinnerte.“

6 Schluss

Quellen:

Forschungsliteratur:

1 Einleitung

Alfred Döblin war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Nervenarzt. Die Kenntnisse, die er auf dem Gebiet erlangte und die Erfahrungen, die er während seiner Arbeit machte, nahmen auch Einfluss auf seine schriftstellerische Arbeit.

Über expressionistische Novellistik und Alfred Döblins Werk heißt es: „Die antipsychologische Erzählweise Döblins beschränkt sich – in Anlehnung an die Psychiatrie - auf die Notierung der Abläufe, Bewegungen“.[1] Genau diese Notierungen möchte ich in der vorliegenden Arbeit untersuchen. Es soll in einer auf inhaltliche Analyse beschränkten Darstellung gezeigt werden, dass der Protagonist – dem Wahnsinn verfallen – beginnt, um eine Butterblume zu trauern. Zur Darstellung des Trauerprozesses nutzt Döblin seine Erkenntnisse durch sein Studium und verarbeitet sie in der Literatur. Um dies darzulegen, nehme ich hierfür das Vier-Phasen-Modell der Trauer zur Hilfe, dass Yorick Spiegel in seiner Habilitationsschrift „Der Prozess der Trauerns“ (1972) entwickelt hat und das von Roland Antholzer wieder aufgegriffen wurde.

Die Seitenangaben der Zitate beziehen sich auf die Reclamausgabe von 1983: Prosa des Expressionismus.

2 Alfred Döblin: relevante biografische Angaben bis zur Entstehung des Werkes (wohl Juni 1905 nach Leo Kreutzer)

Der am 10. August 1878 in Stettin geborene Alfred Döblin war der vierte Sohn von den jüdischen Eltern Sophie Döblin (geb. Freudenheim) und Max Döblin. Die Familie war aus einer Zweckheirat entstanden und die beiden Eheleute hatten nicht viel gemeinsam. Sophie brachte eine Mitgift in die Ehe, die es dem Schneidermeister Max Döblin ermöglichte, eine Schneiderstube zu eröffnen, mit der die Familie in einigem Wohlstand leben konnte.[2]

Als Alfred Döblin 10 Jahre alt war änderte sich sein Leben schlagartig. Sein Vater, der schon immer andere Frauen neben seiner Ehefrau hatte, floh mit seiner Geliebten Henriette Zander in die Vereinigten Staaten von Amerika und ließ seine Familie zurück, von der er sich nur durch einen Brief verabschiedete. Zwar kehrte er kurz darauf zurück und startete einen Neuanfang mit seiner Familie in Hamburg, doch dieser währte nicht lange und er wohnte nach einiger Zeit bei seiner Geliebten Henriette Zander, bis er am 22. April 1924 starb. Der erlebte Vaterverlust beeinflusste Alfred Döblins Schreiben im starken Maße und ist immer wieder Thema in seinen Werken.[3]

Seine eigentliche Geburt, wie er es selbst nennt, findet statt, als er mit seinen Geschwistern und seiner Mutter 1888 nach Berlin zieht. Dorthin zog sie Rudolf Freudenheim, der Bruder von Sophie, der in Berlin eine Holzfirma leitete und seiner Schwester Hilfe anbot. Trotz dieser Hilfe verarmte die Familie aber zusehends. Sie wohnten in heruntergekommenen Wohnungen und konnten aufgrund der Armut, der Vaterlosigkeit und des Judentums keinen Anschluss in der Berliner Gesellschaft finden. 1891 konnte Alfred Döblin als Freischüler wieder ein Gymnasium besuchen. Er wurde in die Sexta eingeschult und war somit drei Jahre älter als seine Mitschüler. Döblin war ein guter Schüler, doch er beschäftigte sich zunehmend mit Texten von Hölderlin und Kleist bin hin zur Philosophie Nietzsches oder mit der Musik Wagners, was ihn durch das damalige Schulsystem und die politischen Umstände zu einem schlechteren Schüler werden ließ.

1900 beginnt Alfred Döblin sein Studium der Medizin. Er beugte sich damit dem Druck der Familie und studierte nur in seiner Freizeit nebenher Philosophie und Literatur. Seine pragmatisch denkende Mutter wollte für ihren Sohn ein Studium, mit dem er schnell zu Ansehen und Geld gelangen kann. Döblin begeistert sich rasch für sein Studienfach, welches zu jener Zeit viele neue Errungenschaften hervorbringt.[4]

Zusätzlich setzte er während seines Studiums das fort, was er schon auf dem Gymnasium begonnen hatte. Schon zu seiner Schulzeit schrieb er Märchen, Erzählungen und Abhandlungen. Während des Studiums schreibt er unter anderem seinen zweiten Roman „Der schwarze Vorhang“, für den er jedoch keinen Verleger finden kann. Während seiner Studentenzeit findet er auch Kontakt zu expressionistischen Kreisen und zu Herwarth Walden, dem Herausgeber der Zeitschrift „Der Sturm“. Er fühlt sich wohl in den intellektuellen Kreisen Berlins und findet Freunde, mit den gleichen Interessen. 1904 muss er die Stadt jedoch verlassen. Er erhält sein Abschlusszeugnis und geht nach Freiburg, um dort sein Studium fortzusetzen und Neurologie und Psychiatrie zu studieren. Nachdem er seine Semesterferien wieder bei seinen Berliner Freunden verbracht hat und damit der Einsamkeit, die er in Freiburg empfand, entflohen ist, schreibt er die Novelle „Astralia“. Bei diesem Werk erkennt man zum ersten Mal den „Psychiater Döblin als Dichter“[5] [6]

1905 erhält Döblin in Freiburg bei Hoche die Doktorwürde mit seiner Dissertation „Gedächtnisstörungen bei der Korsakoffschen Psychose“, die untersucht, wie sich chronischer Alkoholgenuss auf das Gehirn und Gedächtnis auswirkt.[7]

Für die Entstehung der Novelle „Die Ermordung einer Butterblume“ benennt Döblin laut Bernhardt zwei Erlebnisse, die er darin verarbeitet. Zum einen, dass er selbst beobachtet, wie ein Junge mit einem Stöckchen ein paar Blumen die Köpfe abschlägt. Und zum anderen die Schwangerschaft einer seiner Geliebten, die ein Kind von ihm bekommt, welches aber kurz nach der Geburt stirbt.[8]

Liede schreibt in seinen „Untersuchungen zu Novellen von A. Döblin. Sternheim, Edschmid, Heym, Benn“: „[…] die Einwirkung privater biographischer Züge auf das Frühwerk Döblins ist zu offenkundig, als daß man sie leichthin übergehen dürfte“[9] Aus diesem Grund und um zu vergegenwärtigen, dass seine psychoanalytischen Kenntnisse einen großen Stellenwert in seiner Arbeit als Dichter besitzen, habe ich mich entschlossen, Döblins Biografie mit einzubeziehen. Döblins persönliche Erlebnisse nehmen einen Platz in seiner Dichtung ein und sie sind das Material, das vom Dichter zu einem Kunstwerk geformt wird.

Festzuhalten bleibt letztendlich, dass als „eine Grunderfahrung Döblins [...] die totale Destruktion des Individuums als Entfremdung von Mensch und Welt im Sinne der Selbstentfremdung des Subjekts begriffen werden [darf].“[10]

3 Rezeptionsgeschichte

In einem Zeitungsartikel anlässlich der Veröffentlichung der Erzählung heißt es: „in minutiöser Seelenbelauschung und köstlich-verständnisvoller Schilderung gibt sie die Geschichte eines überreizten Spießbürgers, der aus einem winzigen Alltagserlebnis eine ewige Beeinflussung seines Seins empfängt, eines Mannes, der im Zorne auf eine Pflanze einschlägt, von Gewissensbissen gepeinigt wird und auf diese Art zu kosmischem Bewußtsein von der Größe alles Lebenden gelangt“[11]

[...]


[1] Mix S.524 f.

[2] Vgl. Schröter S.50

[3] Vgl. Bernhardt S.9ff.

[4] Vgl. Bernhardt S.26

[5] Ebd. S.31

[6] Vgl. Schröter S.44 ff.

[7] Vgl. Ebd. S.49

[8] Vgl. Bernhardt S. 32 ff.

[9] Liede S.38

[10] Liede S.39

[11] Fr. Gr.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Ermordung einer Butterblume - Der Prozess des Trauerns
Untertitel
Alfred Döblin
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Die Künstlerproblematik in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts
Note
1
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V129280
ISBN (eBook)
9783640356447
ISBN (Buch)
9783640356805
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alfred Döblin, Expressionismus, Psychologie, Trauerphasen, Yorick Spiegel
Arbeit zitieren
Josefine Schwer (Autor:in), 2008, Die Ermordung einer Butterblume - Der Prozess des Trauerns, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129280

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