Downsizing on a high level

Eine personalwirtschaftliche Analyse der Anforderungen an Führungskräfte in Umstrukturierungsphasen


Diplomarbeit, 2008

91 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITENDE WORTE

2 GRUNDLAGEN DER FÜHRUNG
2.1 Begriffsentwicklung und -definition
2.2 Entwicklung eines Erklärungsrahmens für Führungsprozesse
2.2.1 Ansatz zur Messung des Führungserfolgs
2.2.2 Führungstheorien - Der Einfluss von Eigenschaften und Situationen.
2.2.3 Die Bedeutung des Führungsverhaltens

3 DAS PHÄNOMEN DOWNSIZING
3.1 Zielbezogene Begriffsdefinition
3.2 Erscheinungsformen von Downsizing
3.2.1 Grundlegende Umsetzungsstrategien
3.2.2 Archetypische Konzeptionen organisatorischer Verbesserung

4 POTENZIELLE FOLGEN VON DOWNSIZING-PROZESSEN
4.1 Aus der Perspektive des Unternehmens
4.2 Aus der Perspektive der Mitarbeiter

5 DIE ROLLE DER FÜHRUNG IM KLASSISCHEN DOWNSIZING
5.1 Implikationen für die strukturelle Führung
5.2 Zur Relevanz einer glaubwürdigen Kommunikation
5.3 Implikationen für die interaktive Führung
5.4 Anforderungen an die Führungskräfte im Downsizing
5.4.1 Konkretisierung des situationsabhängigen Führungsverhaltens
5.4.2 Persönlichkeitsmerkmale im Downsizing
5.5 Situationseinflüsse auf die Führung

6 FÜHRUNG ANGESICHTS DOWNSIZING-PERMANENZ
6.1 Das Konzept kontinuierlicher Verbesserung
6.2 Führung im Rahmen kontinuierlicher Verbesserungsprozesse
6.3 Kritische Würdigung des Ansatzes

7 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

8 LITERATURVERZEICHNIS

9 ANHANG
9.1 TEIL A: Grundlagen der Themendiskussion
9.2 TEIL B: Unternehmensbefragung 2008

Abbildungsverzeichnis

TEIL A Grundlagen der Themendiskussion

Abbildung 1: Bestandteile (Objekte) eines Führungsprozesses innerhalb einer Organisation

Abbildung 2: Kausalmodell des Moderator-Ansatzes

Abbildung 3: Einflussfaktoren auf Führungsstil und Führungserfolg

Abbildung 4: Strukturelles Modell der Reaktionen verbleibender Mitarbeiter

Abbildung 5: Arbeitseinsatz und Arbeitsunsicherheit

Abbildung 6: Wertzuwachs für Arbeitgeber aus der Informationsweitergabe als eine Funktion von p

Abbildung 7: Das Augmentationsmodell der transaktionalen und transformationa- len Führung

Abbildung 8: Transaktionale und transformationale Führung im Kontinuum der Führungsstile und im Kontext des internen Unternehmertums

TEIL B Unternehmensbefragung 2008

Abbildung 9: Auslöser und Ziele von organisatorischem Downsizing

Abbildung 10: Einschränkende Faktoren im Rahmen des Personalabbaus

Abbildung 11: Charakteristische Führungsstile der Unternehmen

Abbildung 12: Einschätzungen über den Erfolg der Downsizing-Prozesse

Abbildung 13: Unterstützungsleistungen für verbleibende Mitarbeiter

Abbildung 14: Unterstützungsleistungen für ausscheidende Mitarbeiter

Abbildung 15: Unterstützungsleistungen für Führungskräfte

Abbildung 16: Bedeutung der Führungseigenschaften im Downsizing I

Abbildung 17: Führungseigenschaften im Lichte transformationaler Führung

Abbildung 18: Situationsspezifischer Vergleich von Führungskompetenzen II

Abbildung 19: Situationsspezifischer Vergleich von Führungskompetenzen III

Tabellenverzeichnis

TEIL A Grundlagen der Themendiskussion

Tabelle 1: Ankündigungen von Stellenabbau in 2008 (DAX Unternehmen)

Tabelle 2: Strukturierter Vergleich von kooperativer und delegativer Führung

Tabelle 3: Veränderungen in der finanziellen Performance von Unternehmen mit Entlassungsankündigungen in 1989

Tabelle 4: Mittelwerte der finanziellen Performance-Kennzahlen von Unter- nehmen mit und ohne Ankündigung von Personalabbau

Tabelle 5: Zusammenhang zwischen dem Kostenreduktionserfolg und den drei Downsizing-Strategien

Tabelle 6: Zusammenhang zwischen dem Erfolg der Qualitätsverbesserungen und den drei Downsizing-Strategien

Tabelle 7: Zusammenhang zwischen den drei Downsizing-Strategien und gegenseitigem Vertrauen

Tabelle 8: Regressionsergebnisse der eindeutigen Effekte transformationaler, transaktionaler und laissez-faierer Führung

TEIL B Unternehmensbefragung 2008

Tabelle 9: Zusammensetzung der Stichprobe der Unternehmensbefragung

Tabelle 10: Bedeutung der Führungseigenschaften im Downsizing II

Tabelle 11: Situationsspezifischer Vergleich von Führungskompetenzen I

Tabelle 12: Differenzierung der Downsizing-Kompetenzen nach Gruppen I

Tabelle 13: Differenzierung der Downsizing-Kompetenzen nach Gruppen II

Verzeichnis über Ergänzungen

TEIL B Unternehmensbefragung 2008

Ergänzung 1: Erläuterung statistischer Methoden

Ergänzung 2: Berechnungsweise der Bedeutung von Führungskompetenzen

Ergänzung 3: Fragebogen der Unternehmensbefragung 2008

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitende Worte

Die fortschreitende Globalisierung und die zunehmende Rasanz von Marktverände- rungen stellen die Unternehmen vor die Herausforderung, sich ständig an neue Ge- gebenheiten anpassen zu müssen. Dabei dominieren Schlagworte wie ‚Lean Mana- gement’, ‚Rationalisierung’, ‚Konsolidierung’ und ‚Downsizing’ die organisatori- schen Entscheidungsprozesse. Schien Downsizing zunächst ein rein amerikanisches Phänomen zu sein, hat es sich in der Zwischenzeit zum weltweit gängigen Manage- mentinstrument entwickelt (Marks/De Meuse, 2003: 2f).1 Selbst Unternehmen die Gewinne in Milliardenhöhe erzielen, werden von dem Wettstreit um Marktanteile, Umsatzrenditen, Absatzzahlen und Börsenwerte - nicht zuletzt also durch den Druck der Investoren - zu diesen Strategien getrieben (Focus Money Online, 05.03.2008). Die Aktualität und Relevanz der Thematik könnte derzeit nicht höher sein. Allein in diesem Jahr kündigten sechs der dreißig DAX-Unternehmen einen beträchtlichen restrukturierungsbedingten Stellenabbau an.2 Die Entlassungen beschränken sich dabei keinesfalls ausschließlich auf die Gruppe der Arbeiter, sondern betreffen in- zwischen auch mittlere Führungsebenen, wie das Beispiel der WestLB belegt (Finan- cial Times Deutschland, 21.07.2008).

Unabhängig von der Benennung des Prozesses - allein Cameron (1994b: 192) führt 34 Synonyme für den Begriff Downsizing an - wird der Vorgang häufig auf einen massiven Personalabbau zur schnellen Kosteneinsparung reduziert (Cascio, 2002: 3). Dabei stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, kurz- bis mittel- fristige Ergebnisverbesserungen vorzuweisen und mit langfristigen, nur mühsam korrigierbaren Imageschäden abzuwägen. Die aufkommende Kritik richtet sich dabei nicht nur gegen die Organisationen, sondern auch gegen die verantwortlichen Ent- scheidungsträger3 und mahnt einen drohenden Werteverfall an (tagesschau.de, 29.02.2008 und Focus Money Online, 07.07.2008).

Das hohe Aufkommen derartiger Prozesse sowie die noch zu beschreibenden Konsequenzen für diverse Gruppen, gebieten daher einer eingehenden Untersuchung dieser ethisch umstrittenen Thematik. Die vorliegende Diplomarbeit hat den An- spruch die Bedeutung von Führung in Umstrukturierungsphasen zu analysieren. Sie baut dazu auf den zumeist unverbundenen Erkenntnissen der Führungs- und Downsi- zing-Forschung auf. Eine Bestandsaufnahme potenzieller Folgewirkungen derartiger Restrukturierungen folgt im Anschluss an die grundlegenden Begriffsbestimmungen. Diese Ausführungen bilden die Basis für eine genauere Analyse des Beitrags sämtli- cher Führungskräfte im klassischen, durch Personalabbau geprägten Schrumpfungs- prozess und der Ergründung von Führungsanforderungen in einer optimierten Down- sizing-Strategie.

Im Rahmen dieser Untersuchung ist eine Unternehmensbefragung durchgeführt worden, um spezifische Befunde für den deutschsprachigen Raum zu gewinnen. Da- bei standen sowohl Fragen über die individuellen Unternehmensdaten und die Vor- gehensweisen im Downsizing wie auch die Beurteilungen der allgemeinen und re- strukturierungsspezifischen Führungsaufgaben sowie der Unterstützungsleistungen für die beteiligten Gruppen im Zentrum der Erhebung.4 Die gewonnenen Daten wur- den mittels deskriptiver Statistik aufbereitet und ihrer Auswertung zugeführt.

2 Grundlagen der Führung

Führung ist ein zeitloses Phänomen, dass überall dort auftritt, wo „[…] Aufgaben arbeitsteilig erfüllt werden […]“ (Wunderer, 2007: 4). Um eine differenzierte Unter- suchung situationsspezifischer Führungsprozesse vornehmen zu können, zielt dieses Kapitel zunächst auf eine grundlegende Begriffsbestimmung ab, bevor ein umfas- sender Erklärungsrahmen entwickelt werden kann. Die Basis hierfür bildet ein grundsätzliches Ordnungsschema. Anschließend wird eine Auswahl relevanter Füh- rungstheorien und -stile in Verbindung zueinander gesetzt und einer erfolgskritischen Beurteilung unterzogen.

2.1 Begriffsentwicklung und -definition

Historisch gesehen gelten die Vereinigten Staaten von Amerika als Vorreiter der em- pirischen Führungsforschung, wodurch der verstärkte Rückgriff der deutschsprachi- gen Wissenschaft auf anglo-amerikanische Führungskonzepte erklärt werden kann (Wunderer, 1995: 667ff). Im Gegensatz zu anderen Wissenschaften - wie der Psy- chologie, der Soziologie oder der Pädagogik - hat die Betriebswirtschaftslehre erst vergleichsweise spät mit der eigenen Erkenntnissuche über interaktive Steuerungs- mechanismen begonnen (Ebenda: 670). In der jüngeren Vergangenheit nahmen dabei Fragen zu Führungsstil, -beziehungen und -modellen einen größer werdenden Raum in der Personalwirtschaftslehre ein (Wunderer, 2007: 519ff). Die zunehmende Öff- nung der Betriebswirtschaftslehre für die Erfahrungen anderer wissenschaftlicher Disziplinen begünstigte dabei die Verbindung zwischen der Grundlagenforschung und den Bedürfnissen der Unternehmenspraxis (Wunderer, 1995: 673ff). Dement- sprechend soll diese Arbeit einen kleinen Beitrag zur Förderung der interdis- ziplinären Zusammenarbeit leisten.

Auf der Suche nach einer allgemeingültigen Führungsdefinition wird man mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Begriffsbestimmungen konfrontiert (Steinle, 1995: 523f). Folgt man den Ausführungen von Wunderer (2007: 4), so kann Führung „[…] als ziel- und ergebnisorientierte, aktivierende und wechselseitige, soziale Be- einflussung zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in und mit einer strukturierten Ar- beitssituation“ verstanden werden. In diesem Kontext stellen sowohl die Führungs- personen und die Geführten als auch die Aufgaben, Zwecke und Ziele zentrale Be- standteile des Prozesses dar (Steinle, 1995: 524). Eine der Hauptaufgaben von Füh- rungskräften besteht dabei in der Beeinflussung des materiellen und immateriellen Wertschöpfungsbeitrags der Belegschaft für eine Vielzahl von externen Anspruchs- gruppen5 sowie für das Unternehmen und seine Arbeitskräfte selbst (Wunderer, 2007: 4). Im Wesentlichen stehen ihnen hierfür Maßnahmen der „Impulsgebung“ und der „Zielausrichtung“ zur Verfügung (Steinle, 1995: 524).

Den relativ weiten Führungsbegriff gilt es in zwei Bereiche zu unterscheiden: zum einen in die Unternehmensführung, also i. w. S. das Management einer Organi- sation und zum anderen in die Personal- bzw. Mitarbeiterführung. Als Führung i. e. S. stellt sie einen integralen Teilprozess der Unternehmensführung dar (Steinle, 1995: 528f) und „[…] gestaltet die Einflussbeziehungen in führungsorganisatorisch differenzierten Rollen im Rahmen von Arbeitsverträgen“ (Wunderer, 2007: 4). Dabei umfasst die Mitarbeiterführung6 zwei maßgebliche Führungsdimensionen, die nicht von einander isoliert sind, sondern sich gegenseitig ergänzen, modifizieren und legi- timieren, aber auch ersetzen können. Der strukturell-systemischen (indirekten) Füh- rung stehen vier Ansatzpunkte zur Verfügung, um fördernde Handlungsspielräume zu determinieren. Hierzu zählen sowohl die Kultur (Unternehmens-, Führungs- und Kooperationskultur) und die unternehmerische Strategie wie auch die Organisations- gestaltung (Prozess- und Führungsorganisation) und die qualitative Personalstruktur (Ebenda: 5ff). Die personal-interaktive (direkte) Führung dient hingegen als Instru- ment zur Realisierung der indirekten Mitarbeiterführung. In einem gegebenem Kon- text zeichnet sie sich durch eine gezielte und alternierende Einflussnahme zwischen den Beteiligten aus (Ebenda: 9ff).

2.2 Entwicklung eines Erklärungsrahmens für Führungsprozesse

Zur Veranschaulichung der beschriebenen Führungsprozesse eignet sich das Ord- nungsmodell von Reber (1995: 652ff)7, in dessen Zentrum das Innenverhältnis zwi- schen der Führungsperson und den Geführten steht. Das Führungsergebnis wird dem- nach maßgeblich durch die Eigenschaften und das Verhalten der Führungsperson sowie die Reaktionen der Beschäftigten bestimmt. Letztere hängen insb. von den Führungserwartungen und den Partizipationsmöglichkeiten ab. Diese wechselseitige Einflussbeziehung ist eingebettet in die Organisationsumwelt und wird somit durch strukturelle Vorgaben bedingt. Die Führenden legitimieren ihren Führungsanspruch durch das vorliegende Machtverhältnis zum Geführten, dass sowohl durch die for- melle Autorität - sprich die akzeptierten Normen - als auch durch das fachliche und persönliche Ansehen der Führungskraft determiniert wird (Kropp, 1997: 274f).

2.2.1 Ansatz zur Messung des Führungserfolgs

Als integraler Bestandteil unzähliger Prozesse eines Unternehmens (Steinle, 1995: 526ff), muss sich die ‚Führung’ stets an organisatorischen Zielen beweisen (Reber, 1995: 664). Daraus lässt sich ableiten, dass Führungsprozesse einen nicht zu ver- nachlässigen Bestimmungsfaktor des Organisationserfolgs darstellen. Als Normen zur Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen bieten sich die Begriffe ‚Effi- zienz’ und ‚Effektivität’ an, die in der Literatur jedoch nicht einheitlich definiert sind (Ahn/Dyckhoff, 1997: 2). Wählt man den im deutschsprachigen Raum vorherrschen- den Ansatz, so kann Effektivität als Maß für die grundsätzliche Eignung von Aktivi- täten zur Zielerreichung verwandt werden. Die Effizienz spiegelt hingegen das Ver- hältnis zwischen den eingesetzten Mitteln und dem Ergebnis wieder, wodurch der relative Beitrag zur Zielrealisierung bestimmt und zu Vergleichszwecken eingesetzt werden kann (Ebenda: 2). Diesem Konzept zufolge lässt sich die Effektivität als notwendige Voraussetzung für Effizienz bezeichnen (Marr/Steiner, 2003: 100).

Eine konkrete Ausrichtung der Führungserfolgsmessung an den Unternehmens- zielen würde den Vorteil bieten, dass die Beurteilung der Führungskräfte mit dem- selben Maß(-stab) erfolgen kann, mit dem ihre Tätigkeit vorausschauend ausgerichtet wird (Witte, 1987: 164). Da der Nachweis eines direkten kausalen Zusammenhangs zwischen Führung und Organisationserfolg, u. a. aufgrund der mangelnden Isolier- barkeit der Variablen, kaum möglich erscheint, bietet es sich an, einen niedrigeren Abstraktions- bzw. Komplexitätsgrad zu wählen und zunächst die Bestimmungsfak- toren des Erfolgs von Führungsbeziehungen zu hinterfragen. Die Führungseffizienz sollte demzufolge grundsätzlich durch den Vergleich von Zielen und Handlungser- gebnissen bestimmt werden (Steinle, 1995: 531). Dabei empfiehlt es sich mehrere Beurteilungsquellen unterschiedlicher Perspektiven in ein Effizienzsystem zu integ- rieren, um das Spannungsverhältnis8, indem sich der Vorgesetzte befindet, adäquater einbeziehen zu können. So sollten sowohl die organisatorischen Ziele als auch die individuellen Intentionen der Führungskraft sowie die Erwartungen der Mitarbeiter berücksichtigt werden (Reber, 1995: 664). In diesem Zusammenhang formalisiert Wunderer (2007: 13) die Ermittlung des Führungserfolgs wie folgt:

Führungserfolg = f (QualifikationMitarbeiter, MotivationMitarbeiter, Arbeitssituation).

Der Autor nimmt an, dass diese drei Komponenten die Arbeitssatisfaktion, die Leis- tung und die Handlungsweisen der Geführten maßgeblich beeinflussen.9 Eine Beur- teilung des Erfolgs findet dabei gesondert nach ökonomischer (bspw. Produktivität, Gewinn oder Qualität) und sozialer Effizienz (bspw. Mitarbeiter- oder Kundenzu- friedenheit) statt. Als Hauptaussage dieses Ansatzes folgt, dass eine positive Beein- flussung der Gleichungsvariablen die Möglichkeiten erhöht, eine hohe ökonomische und soziale Effizienz der Führung zu erreichen. Dessen ungeachtet bleibt die genaue Operationalisierung des Zusammenhangs eine individuelle Herausforderung der Or- ganisationen selbst.

2.2.2 Führungstheorien - Der Einfluss von Eigenschaften und Situationen

Um die einleitenden Ausführungen von Reber zu belegen, können führungstheoreti- sche Konzeptionen herangezogen werden. Sie dienen dabei sowohl einer Beschrei- bung und Erklärung als auch einer Prognose der „[…] Bedingungen, Strukturen, Prozesse, Ursachen und Konsequenzen von Führung […]“ (Wunderer, 2007: 271). Ohne im Detail auf die große Anzahl, zumeist unverbundener Theorien10 (Neuber- ger, 1995: 1578ff) einzugehen, bezieht sich diese Arbeit nur auf die Ansätze, bei denen die Eigenschaften der Führungsperson bzw. die Führungssituation im Mittel- punkt der Betrachtung stehen.

Folgt man der grundlegenden Aussage der Eigenschaftstheorie (Trait-Theory), so wird der Führungserfolg maßgeblich durch die Persönlichkeitsmerkmale der Füh- rungskraft determiniert (Weinert, 1998: 424f). In diesem Zusammenhang sind Eigen- schaften „[…] relativ breite und zeitlich stabile Dispositionen zu bestimmten Verhal- tensweisen, die konsistent in verschiedenen Situationen auftreten […]“ (Ame- lang/Bartussek, 2001: 49). Im Kontext dieser Konzeption haben Forscher unzählige förderliche Persönlichkeitsmerkmale identifiziert. Aufgrund methodischer Auswer- tungsmängel liegen jedoch keine konsistenten Befunde darüber vor, dass eine Füh- rungskraft über gewisse beständige Eigenschaften verfügen muss, um erfolgreich führen zu können (Weinert, 1998: 425f). Zudem gilt die Eigenschaftstheorie mittler- weile als wissenschaftlich obsolet, wenngleich sie in der Praxis weiterhin sehr ver- breitet ist (Reber, 1995: 656).

Die Gruppe der Situationstheorien der Führung fokussieren hingegen auf die strukturellen und situativen Bedingungen des Führungsprozesses (Schreyögg, 1987: 881). Es wird angenommen, dass die Situation das Führungsverhalten stärker be- stimmt, als die persönlichen Eigenschaften der Führungskraft selbst (Zündorf, 1995: 541). Im Sinne des Moderator-Ansatzes11 stehen die Situationen als exogene, inter- venierende Variablen zwischen dem Führungsstil und dem Erfolg der Führungsbe- ziehung, als abhängige (kontingente) Variable (Wunderer, 2007: 310f). Als Determi- nanten des Kontexts können sowohl die Aufgabenstruktur, die Positionsmacht des Vorgesetzten und die Führer-Mitarbeiter-Beziehung (Fiedler, 1967: 22ff) wie auch die Führungsebene angesehen werden (Zündorf, 1995: 541). In einer gegebenen Füh- rungskonstellation gibt es demnach einen Erfolg maximierenden Führungsstil. Jede Abweichung von dieser Kongruenzbeziehung zwischen dem Stil und dem Kontext reduziert folglich den Führungserfolg (Schreyögg, 1987: 882; Schoonhoven, 1981: 352). Neben dem Fehlen eindeutiger empirischer Befunde (Schreyögg, 1987: 889), führt Neuberger (2002: 520) weitere Kritikpunkte gegen die Erkenntnisse der Situa- tionstheorien an. So kritisiert er nicht nur die willkürliche Bestimmung der Situati- onsvariablen, sondern auch die starke Fokussierung auf die Führungskraft - als die zentrale Figur der Unternehmung - die in der Lage ist eine große Bandbreite von Führungsverhalten situationsadäquat anzuwenden. Ebenso werde die Gefahr ausge- blendet, dass situative Faktoren zur Rechtfertigung bestimmter Handlungsweisen missbraucht werden. Nichtsdestotrotz liegt der Erklärungswert beider Führungstheo- rien darin, dass sowohl personale als auch situative Bedingungen einen Einfluss auf die Führungsbeziehung zwischen Vorgesetzten und Geführten ausüben.

2.2.3 Die Bedeutung des Führungsverhaltens

Abschließend gilt es nun noch den, in vielfältiger Weise genutzten, Terminus des Führungsstils zu definieren. Folgt man der Begriffsbestimmung von Wunderer (2007: 204), so kann der Führungsstil „[…] als ein innerhalb von Bandbreiten und Führungskontexten konsistentes, typisiertes und wiederkehrendes Führungsverhalten […]“ determiniert werden. Demnach lässt sich das tatsächliche Führungsverhalten als technisch-inhaltliche Umsetzung des Führungsstils interpretieren.12

Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Unternehmensbefragung ergab, dass in der Mehrheit der befragten Organisationen kooperative und delegative Führungs- stilvarianten praktiziert werden.13 Derartige Operationalisierungen des Führungsstil- konstrukts haben als Idealtypen zwar eher heuristischen Wert (Ebenda: 211) und sagen wenig über das real ausgeübte Führungsverhalten aus (Staehle/Sydow, 1987: 667). Dennoch streben Unternehmen durchaus danach, einen gewissen Führungsstil in ihrer Organisation zu etablieren (Aretz, 2007: 12). Somit bedarf es an dieser Stelle einer kurzen Auseinandersetzung mit den beiden nicht überschneidungsfreien Vari- anten.14 Die kooperative Führung basiert auf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, bei der die Mitarbeiter in den Prozess der Entscheidungsfindung einbezogen werden und über gewisse Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte verfügen (Wal- ter/Cornelsen, 2006: 278). Sie galt bis in die achtziger Jahre als der ideale Führungs- stil, ist jedoch in Zeiten steigender Dezentralisierung nicht haltbar und daher als his- torisches Übergangskonzept anzusehen (Wunderer, 2007: 228f). Im Rahmen der de- legativen Führung wird dieser Beteiligungsumfang der Arbeitskräfte erweitert, indem ihnen bestimmte Arbeiten, Befugnisse oder Verantwortlichkeiten zur selbstständigen Erledigung übertragen werden (Ebenda: 229). Dabei vereint der Ansatz zwar aktuelle unternehmerische Bedürfnisse und gesellschaftlichen Fortschritt, stellt gleichzeitig aber auch sehr hohe Ansprüche an alle Beteiligten (Ebenda: 240ff).

Vergleicht man die Ergebnisse der umfangreichen Führungsforschung, so erge- ben sich viele widersprüchliche Aussagen über die Einflussrichtung zwischen dem Führungsstil und dem Mitarbeiterverhalten bzw. dem Führungserfolg (Witte, 1987: 167). Solange allerdings ebenso ein gesicherter Beleg für eine grundsätzliche Negie- rung dieses Zusammenhangs fehlt, lässt sich die Hypothese aufstellen, dass es kein optimales, situationsunabhängiges Führungsverhalten gibt. Vielmehr scheint ein situ- ativer Führungsstil ein realistischeres Führungskonzept darzustellen (Wunderer, 2007: 211).

Nachdem sowohl die Einflüsse der Situation auf die Führungsbeziehung zwischen dem Vorgesetzten und den Geführten als auch die Einwirkungsmöglichkeiten der Führungskräfte auf die situativen Bedingungen beschrieben wurden, gilt es in der Folge diesen Kontext näher zu spezifizieren.

3 Das Phänomen Downsizing

Im Verlauf der frühen achtziger Jahre wurden die Unternehmen mit einem massiven Wandel der Märkte konfrontiert, auf denen sie zuvor sicher zu agieren vermochten. Bis dahin berief sich insb. die amerikanische Wissenschaft auf Theorien über die Vorteilhaftigkeit von organisatorischer Größe und Wachstum (Came- ron/Freeman/Mishra, 1993: 21ff), dessen Adaption durch die Wirtschaft zu einem massiven Aufbau personeller Kapazitäten führte (Cameron/Freeman/Mishra, 1991: 57). Aufgrund der einsetzenden Veränderungen der organisatorischen Umwelt15, sahen sich die amerikanischen Unternehmen dazu gezwungen, ihre Organisations- und Kostenstrukturen zu konsolidieren, um den neuen Marktgegebenheiten gerecht zu werden und aufgebaute Redundanzen zu reduzieren (Cameron/Freeman/Mishra, 1993: 20ff). Die Unternehmen konnten zu diesem Zeitpunkt lediglich anhand unvali- dierter Erfahrungswerte agieren, da es an wissenschaftlichen Erkenntnissen mangelte (Cameron, 1994a: 183). Infolge dieser Entwicklungen begann die anglo- amerikanische Forschung damit, die gängig erscheinenden Alltagstheorien empirisch zu überprüfen (Cameron/Freeman/Mishra, 1993: 23f) und theoretische Weiterent- wicklungen16 zu konstruieren. Deutschsprachige Untersuchungen, dieser ethisch um- strittenen Thematik, setzten hingegen erst zum Ende der neunziger Jahre ein (Marr/Steiner, 2003: 37ff). Berücksichtigt man die unterschiedlichen Arbeitsmarkt- strategien und arbeitsbezogenen Werte beider Ökonomien, so erbrachte diese Ent- wicklung einen deutlichen Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Übertragbarkeit spezi- fischer Befunde (Ebenda: 50ff).

3.1 Zielbezogene Begriffsdefinition

Die in der Einleitung angesprochene Vielzahl der unterschiedlichen Benennungen ähnlicher Konsolidierungsprozedere werden von Cameron, Freeman und Mishra (1993: 24f) darauf zurückgeführt, dass Downsizing seinen Ursprung in den individu- ellen Bestrebungen der Organisationen findet. Während die Begriffe in der Praxis nahezu austauschbar scheinen, bedarf es in der Forschung einer konkreten theoreti- schen Definition und einer klaren inhaltlichen Abgrenzung zu alternativen Prozessen. Aus diesem Grund haben Cameron et al. (1993: 25) vier Attribute definiert, die Downsizing charakterisieren. Danach handelt es sich um ein (1) bewusst aktiv unter- nommenes und intentionales Bündel an Maßnahmen, (2) dessen Intention i. d. R. durch eine bereichsabhängige Personalreduktion bzw. einen Anstieg der Arbeit je

Arbeitnehmer erreicht werden soll. (3) Herausragendes Ziel des Prozesses ist eine Effizienzsteigerung zur Verbesserung der Performance des Unternehmens, wodurch (4) Arbeitsprozesse bewusst oder unbewusst beeinflusst werden. Konkretisiert man die Intentionen von Downsizing, so liegt dabei besondere Aufmerksamkeit auf einer Steigerung der organisatorischen Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit (Came- ron, 1994b: 192).17 Darüber hinaus können auch Erhöhungen der organisatorischen Profitabilität und des Shareholder Values18 beabsichtigt werden. Die Verwirklichung dieser Bestrebungen erfolgt dabei überwiegend durch massive Kostenreduktionen, da sie, im Vergleich zu den zukünftigen Einzahlungen, präziser vorhersagbar sind. Der Entscheidungsprozess basiert i. d. F. auf der Annahme einer vereinfachenden Kau- salbeziehung, nach der sinkende (Gemein-)Kosten zu ansteigenden Gewinnen füh- ren, die wiederum den Aktienkurs und folglich die Zufriedenheit der Investoren posi- tiv beeinflussen (Cascio, 2002: 3) sowie das Unternehmen vor feindlichen Übernah- men schützen (Cascio/Young/Morris, 1997: 1175). Die beschriebenen Gründe und Ziele der Maßnahmen reichen somit von dem bloßen Wille zu überleben, über eine strategische Neuausrichtung, bis hin zum rein eigennützigen Profitdenken der Inves- toren (Marks/De Meuse, 2003: 5). Mittlerweile kann Downsizing aber nicht mehr auf einen Prozess zur Befreiung aus der Krise reduziert werden. Es hat sich vielmehr zu einem Instrument des wertorientierten Managements entwickelt (Kieser, 2002: 143).

Ihre Bestätigung finden diese Ausführungen in den Ergebnissen der zugrunde liegenden Unternehmensbefragung. So gaben 64% der Personal abbauenden Organi- sationen zukunftsorientierte Reorganisationen und 33% Outsourcing als Gründe für den Downsizing-Prozess an. Reaktiv initiierte Personalabbauprozesse - in Form ei- ner schlechten Auftragslage (35%), einer unvermeidbaren Schließung von Ge- schäftsbereichen (33%) bzw. von Rentabilitätssteigerungen aus finanzieller Not (29%) - nehmen ebenfalls eine beachtliche Rolle ein. Der Druck der Aktionäre sowie das Aufkommen der Fusionen scheinen hingegen weniger relevant zu sein.19

3.2 Erscheinungsformen von Downsizing

3.2.1 Grundlegende Umsetzungsstrategien

Basierend auf den Untersuchungen von Cameron, Freeman und Mishra (1993: 32ff) lassen sich drei wesentliche Vorgehensmodelle identifizieren, die in der Folge disku- tiert werden sollen. Im Fokus der reinen Personalabbau-Strategie (workforce reduc- tion strategy) steht die unverzügliche Entlassung von Arbeitnehmern, ungeachtet ihrer Position in der organisatorischen Hierarchie. Charakteristisch für diesen Ansatz ist die top-down Durchsetzung der Maßnahmen durch das obere Management, ohne die Mitarbeiter entsprechend zu konsultieren. Dabei zielt die Strategie auf eine zügi- ge Unternehmensschrumpfung und Reduktion der Kosten ab. Sie kann aber ebenso dazu dienen, die Aufmerksamkeit der, im Unternehmen verbleibenden, Arbeitskräfte zu erhöhen, permanent nach Kosteneinsparungspotenzialen zu suchen. Nach Green- halgh, Lawrence und Sutton (1988: 242ff) folgen die Unternehmen einer Rangord- nung von Personalabbaustrategien, die durch zunehmende Härte gekennzeichnet ist. Sie reicht von (1) der natürlichen Fluktuation, über (2) Anreize für freiwilliges Aus- scheiden oder Umbesetzung (bspw. Frühverrentung und Abfindungspakete), (3) er- zwungene Versetzungen, (4) Entlassungen mit Outplacement-Beratung, bis hin zu (5) Entlassungen ohne jegliche Unterstützung. Bei der Wahl der Maßnahmen muss stets der Trade-off zwischen der Sicherung des Wohlbefindens der Beteiligten und dem Ausmaß der kurz- bzw. mittelfristigen Kostenersparnis berücksichtigt werden. Dabei gilt es eine Vielzahl rechtlicher Restriktionen der Beschäftigungsreduktionen zu berücksichtigen, auf die an dieser Stelle jedoch nicht detailliert eingegangen wer- den kann.20 Es sei dennoch erwähnt, dass die Organisationen, der zugrunde liegenden Unternehmensbefragung, die aktuelle Gesetzeslage zwar als einen behindernden Fak- tor wahrnehmen, die Stärke der Beeinträchtigung jedoch lediglich als ‚mäßig’ ein- schätzen (Mittelwert=3.391).21

Die Strategie der organisatorischen Umgestaltung (organization redesign stra- tegy) basiert hingegen auf einer eingehenden Untersuchung von Arbeitsstellen und -bereichen und ist weniger durch Personalabbau als vielmehr durch das gezielte Eli- minieren von Arbeitsprozessen gekennzeichnet. Der Vorgang bedarf folglich eines moderaten Zeitaufwands und kann somit als mittelfristige Lösung angesehen werden, die keinen sofortigen Erfolg verspricht. Zur Umsetzung stehen Maßnahmen, wie z. B. die Entfernung von Funktionen und hierarchischen Ebenen, die Zusammenlegung von Abteilungen und die Umgestaltung von bestehenden Arbeiten, zur Verfügung. Die daraus resultierende Arbeitsreduktion kann dazu benutzt werden, Arbeitszeiten zu verkürzen, Überbelastungen des Personals zu vermeiden und in letzter Konsequenz Arbeitskräfte einzusparen (Cameron/Freeman/Mishra, 1993: 34).

Die längste Implementierungsdauer benötigt die systemische Strategie (systemic strategy), deren Vorteile sich erst langfristig auszahlen und die somit keinesfalls zur kurzfristigen Kosteneinsparung geeignet ist. Das Vorgehen unterscheidet sich hierbei fundamental von dem vorangegangener Ansätze, da in diesem Fall eine tiefgründige Untersuchung und Hinterfragung aller gegenwärtigen Prozesse der Organisation durchgeführt werden muss. Im Mittelpunkt stehen diesbezüglich die gezielte Ent- wicklung der Unternehmenskultur sowie die Beeinflussung der Werte bzw. der Ein- stellungen der Arbeitnehmer, so dass diese kontinuierlich nach Verbesserungen stre- ben. Des Weiteren werden eine Vereinfachung aller Systeme im Unternehmen und eine Reduzierung der mit Kunden zu assoziierenden Aufwendungen angestrebt. Die Mitarbeiter gelten diesem Ansatz zufolge nicht als Kostenfaktor, sondern als Quelle für Verbesserungen und Kosteneinsparungen. Sie werden in die Entscheidungspro- zesse involviert und tragen ihrerseits Verantwortung für die Veränderungen. Zur er- folgreichen Umsetzung dieser Strategie bedarf es jedoch oftmals erheblicher Investi- tionen in die Entwicklung der Diagnosefähigkeiten der Arbeitnehmer (Ebenda: 34f).

Welche der beschriebenen Strategien den größten Erfolg verspricht, hängt maß- geblich von der aktuellen Situation des Unternehmens ab. Umfangreiche Personalab- baumaßnahmen erscheinen gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher Bedrängnis uner- lässlich, um kurz- bis mittelfristige Kosteneinsparungen zu realisieren. Etwaige fi- nanzielle Entspannungen werden jedoch nicht selten durch mittel- und langfristige Folgekosten egalisiert. Systemische Downsizing-Strategien vermeiden hingegen ständige und in sich geschlossene Eingriffe, liefern indessen aber keine schnellen Resultate. In der praktischen Verwendung werden zwar häufig Kombinationen der beschriebenen Strategien eingesetzt, jedoch überwiegt der Anteil an reinen Personal- abbaumaßnahmen (Ebenda: 35).

3.2.2 Archetypische Konzeptionen organisatorischer Verbesserung

Auf der Basis der Erkenntnisse von Sarah J. Freeman lässt sich Downsizing in zwei weitere Ansätze - namens Reorientierung bzw. Neuausrichtung (reorientation) und Konvergenz (convergence) - unterscheiden.22 Dieser Differenzierung liegt die An- nahme zugrunde, dass Unternehmen ihre Veränderungsbemühungen auf eine der beiden Grundeinstellungen bzw. -haltungen ausrichten. Während der Konvergenzan- satz nach einer evolutionären Verfeinerung bzw. Verstärkung existierender Prozesse, Strukturen, Visionen und Strategien der Organisation strebt, ist der Neuorientie- rungsansatz darauf ausgerichtet, laufende Aktivitäten einzustellen und die genannten Aspekte revolutionär zu verändern (Cameron/Freeman/Mishra, 1993: 35f).

Der Fokus einer Neuausrichtung liegt auf den unternehmerischen Bestrebungen zur Verbesserung der Effektivität und wird von der erforderlichen Anpassung an die veränderten Umweltbedingungen getrieben. Das Umgestaltungsvorhaben ist somit als Auslöser des Downsizing-Prozesses und der damit verbundenen personellen Um- besetzungen bzw. Umschulungen zu verstehen. Entlassungen sollen dabei möglichst vermieden und das Human Resource Management zur Auswahl, Beurteilung, Beloh- nung und Entwicklung der Mitarbeiter einbezogen werden. Im Idealfall setzt sich ein derartiger Vorgang aus einer Kombination von abwärts (top-down) und aufwärts (bottom-up) gerichteten Initiativen zusammen. Die obere Führungsebene sollte den Prozess demnach als Chance zu radikalen Verbesserungen kommunizieren und klare Zielvorstellungen vorgeben. Unterstützend können dabei symbolische Mittel einge- setzt werden. Zur systematischen Implementierung der Veränderungen bedarf es jedoch zusätzlich der umfassenden Partizipation der Arbeitskräfte (Freeman, 1994: 216ff).

Auch beim Konvergenzansatz kann die gezielte Umgestaltungsabsicht der Aus- löser von Downsizing-Aktivitäten sein. Allerdings ist an dieser Stelle auch die um- gekehrte Kausalität denkbar. In beiden Fällen müssen die Manager ihre Denkweise dahingehend anpassen, Schrumpfungsprozesse als eine Option auf dem Weg konti- nuierlichen Verbesserungsstrebens anzusehen. Eine Eliminierung von redundant er- scheinenden Arbeitspositionen findet nicht ohne eine gezielte Überprüfung des indi- viduellen Wertbeitrags zum Unternehmenserfolg statt. Dieser Vorgang sollte durch das obere Management initiiert werden. Anschließend ist es die Aufgabe sämtlicher

Führungskräfte dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter nicht für ihre eigenen Ideen bestraft und mit einer erhöhten Belastung oder einem drohenden Arbeitsplatz- verlust konfrontiert werden. Vielmehr ist ihnen die Angst vor dem Prozess zu neh- men, da sie eine entscheidende Rolle innerhalb der Prozessoptimierung innehaben. Treibende Kräfte dieserlei Vorgänge sind demnach die internen Strukturen und die stetigen Effizienzbestrebungen. Im besten Fall folgt die Denkweise aller Organisati- onsmitglieder dem Kreislauf: Downsizing als Chance für Verbesserungen und Inno- vationen anzusehen, die ihrerseits wiederum die Möglichkeit für weitere Downsi- zing-Maßnahmen eröffnen. Insofern bieten derartig zeitnahe Anpassungen an die Veränderungen der Umwelt die Chance, (Massen-)Entlassungen zu vermeiden und Verbesserungsroutinen zu institutionalisieren (Freeman, 1994: 217f und 227ff).

4 Potenzielle Folgen von Downsizing-Prozessen

Fasst man die Ausführungen des vorangegangenen Kapitels zusammen, so bietet es sich an, die Bewertung reaktiver Downsizing-Prozesse an der Steigerung der Wett- bewerbsfähigkeit zu orientieren. Dabei gilt es zusätzliche Nebenbedingungen, wie die Sicherstellung der kurzfristigen Überlebensfähigkeit und die Minimierung von Folgewirkungen der Schrumpfungsmaßnahmen, zu berücksichtigen. Die Beurteilung sollte über die Bewertung des direkten Zielerreichungsgrads hinausgehen und auch indirekte Effizienzwirkungen einbeziehen (Marr/Steiner, 2003: 103). Die grundsätz- lichen Interessenunterschiede zwischen dem Unternehmen, mit vornehmlich ökono- mischen Absichten und den Beschäftigten, mit vorrangig finanziellen und sozialen Anliegen, begründen ein erhebliches Konfliktpotenzial (Ebenda: 98). In der Folge werden beide Perspektiven differenziert untersucht und Interdependenzen aufgezeigt.

4.1 Aus der Perspektive des Unternehmens

Die Globalisierung stellt die Unternehmen vor die permanente Herausforderung, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls durch Rationalisierungs- maßnahmen wiederherzustellen. Dementsprechend sind Restrukturierungen eher die Regel, als die Ausnahme (Labib/Appelbaum, 1994: 59). Downsizing führt jedoch nicht per se zur Erreichung der angestrebten Ziele. So zitiert Cameron (1994a: 184) eine Wyatt Umfrage, wonach lediglich 46% der Unternehmen ihre Kostenredukti- ons- und 32% ihre Profitsteigerungsziele erreichen und nur etwa jede fünfte Organi- sation ihre Vorsätze der Produktivitätssteigerung bzw. der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit umsetzen konnten.23

In Bezug auf die finanzielle Performance, zeigt die Studie von De Meuse, Van- derheiden und Bergmann (1994: 520), dass Downsizing weder zu einer signifikanten Verbesserung gängiger Finanzkennzahlen, noch zu einem Stopp der pekuniären Ab- wärtsspirale führt.24 Die Unternehmen mit konstanter Beschäftigung wiesen sogar eine bessere Performance auf, als diejenigen, die einen Personalabbau ankündigten.25 Ebenso wenig scheint diese Form der Umstrukturierung dafür geeignet zu sein, den Börsenwert nachhaltig zu steigern. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung eines nahezu stereotypen Anstiegs des Aktienkurses infolge von Entlassungsankündigun- gen (FAZ.NET, 18.12.2007), ergab die Untersuchung von Cascio (2002: 22ff), dass auf langfristige Sicht kein signifikanter Unterschied in den kumulierten Kursgewin- nen zwischen Unternehmen mit konstanter und abnehmender Beschäftigung besteht.

Auch das ausgegebene Ziel der Kostenreduktion scheint allein durch Personalabbau kaum erreichbar zu sein. Durch die Unterstützungsleistungen für die verbleibenden und die ausscheidenden Individuen sowie die potenziellen Prozesskosten infolge von Entlassungsklagen entstehen gar neue Belastungen (Ebenda: 4). Die Kosten der Wiederbeschaffung entscheidender Kompetenzen, die im Rahmen eines radikalen Personalabbaus fälschlicherweise abgebaut wurden, sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen (Cascio, 1993: 98f).

Zudem ermittelten Mishra und Mishra (1994: 271) in ihrer Studie einen signifi- kant negativen Zusammenhang zwischen einer reinen Beschäftigungsreduktion und Qualitätsverbesserungen sowie der effizienten Auslastung von Maschinen bzw. der Arbeitsproduktivität.26 Berücksichtigt man, dass nach einem Personalabbau ohne Reorganisation der Arbeitsabläufe die unveränderte Menge an Arbeit von weniger Personal bewältigt werden muss, so widerspricht diese Entwicklung der ursprüngli- chen Intention des Downsizing-Prozesses. Ein Erklärungsansatz dafür könnte in der Vernachlässigung des menschlichen Faktors liegen und verdeutlicht die Notwendig- keit einer gesonderten Betrachtung der Mitarbeiterperspektive.

Downsizing kann zudem verdeckte Folgen auslösen, die der Zielerreichung ent- gegen stehen und eine Organisation auf lange Sicht belasten (Buono, 2003: 311f). Gerade Unternehmen die ohnehin auf marktgerechte Profitmargen verweisen kön- nen, droht ein Verlust an Reputation in der öffentlichen Wahrnehmung und folglich eine Senkung der Attraktivität als potenzielle Arbeitgeber, sollten dennoch Entlas- sungen vorgenommen werden (Zyglidopoulos, 2005: 254f und 257f). Zusätzlich wie- sen Mishra und Mishra (1994: 273) einen signifikant negativen Einfluss einer reinen Beschäftigungsreduktion auf das Vertrauensverhältnis zwischen dem betroffenen Geschäftsbereich des Unternehmens und den Zulieferern bzw. den Kunden nach.27

Intern können zudem unterschiedliche Interessengruppen, u. a. die Gewerkschaf- ten, an Macht gewinnen und das betriebliche Klima politisieren (Cameron, 1994b: 195). Eine weitere Gefahr von Entlassungen besteht in einem möglichen Verlust von unternehmensspezifischem Humankapital und entscheidenden Erfahrungen, die den Wissenstransfer und das organisatorische Lernen negativ beeinträchtigen können (Kieser, 2002: 153). Zusätzlich bedrohen Störungen der formellen und informellen Netzwerke den Informationsfluss und folglich die Innovationsfähigkeit des Unter- nehmen (Dougherty/Bowman, 1995: 31f). Zudem kann das Vertrauen in die beste- hende Organisationskultur nachhaltig erschüttert werden, sollte die Art und Weise der Durchführung des Schrumpfungsprozesses im Widerspruch zu den bisherigen Unternehmenswerten stehen (Kieser, 2002: 151).

Als Zwischenfazit lässt sich somit festhalten, dass Downsizing eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, Existenz bedrohenden Situationen entgegen zu wirken. Iso- liert durchgeführt erscheint der Prozess jedoch ungeeignet zu sein, die organisatori- sche Performance nachhaltig zu steigern. Die Absicht eines Unternehmens, sich in Richtung einer Profitabilitätserhöhung zu schrumpfen, kann somit als wenig erfolg- versprechend eingestuft werden (De Meuse/Vanderheiden/Bergmann, 1994: 521).

4.2 Aus der Perspektive der Mitarbeiter

Die vorangegangenen Ausführungen lieferten wiederholt Hinweise über die Bedeu- tung der Arbeitskräfte in Schrumpfungsphasen. Folglich bedarf es einer gesonderten Untersuchung der Wirkungszusammenhänge, um den Einfluss der Mitarbeiter auf die Zielerreichung zu identifizieren. Blickt man auf die diversen empirischen Studien zu dieser Thematik, so ergeben sich keine eindeutigen und widerspruchsfreien Aus- sagen. Dennoch liegt zumindest die Vermutung nahe, dass Downsizing-Prozesse nicht gänzlich ohne (negative) Nebenwirkungen durchführbar sind (Kieser, 2002: 150). Folglich soll dieses Kapitel die potenziellen Gefahren im Umgang mit Mitar- beitern aufzeigen, um die Sensitivität für die Komplexität des Vorgangs zu erhöhen.

Das strukturelle Modell von Brockner (1988: 215ff) dient in diesem Zusammen- hang dazu, eine Vorstellung über die Zusammenhänge zwischen dem Personalabbau und den Reaktionen der verbleibenden Arbeitskräfte zu erhalten.28 Grundlage dessen ist die Annahme, dass Entlassungsvorgänge die Emotionen der Verbleibenden beein- flussen und folglich in Veränderungen der Einstellungen und Verhaltensweisen re- sultieren können. Zusätzlich berücksichtigt diese Konzeption moderierende Variab- len, die auf beide Schritte des Verarbeitungsprozesses einwirken und sich in unter- schiedlichem Ausmaß beeinflussen lassen. Während auf die Faktoren der Umwelt und der Individuen lediglich begrenzt Einfluss genommen werden kann, sind sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die formelle bzw. informelle Ausgestaltung des Downsizing-Vorgangs sehr wohl für gezielte Eingriffe nutzbar (Berner, 1999: 83ff).

Unter dem ausdrücklichen Hinweis auf die Subjektivität der Wahrnehmung der Entlassungsbedrohung, führt Brockner erste Beispiele emotionaler Reaktionen an (Brockner, 1988: 215). Wenngleich die vom Personalabbau verschont gebliebenen Mitarbeiter durchaus ein Gefühl der Erleichterung verspüren (Ebenda: 221), domi- nieren doch die negativen Entwicklungen der psychologischen Zustände, die sich in Stresssymptomen äußern können (Devine/Reay/Stainton/Collins-Nakai, 2003: 117). Mögliche Ausprägungen des sog. Überlebenden-Syndroms (Cascio, 1993: 100) rei- chen dabei von Wut über die Trennung von den Kollegen oder die Zunahme der Ar- beitsbelastung, bis hin zu Schuldgefühlen gegenüber den Entlassenen (Marr/Steiner, 2003: 85). Auf wissenschaftlicher Seite wurden dabei besondere Anstrengungen un- ternommen, die Auswirkungen von Arbeitsplatzunsicherheit zu erforschen. So kom- men Brockner, Grover, Reed und DeWitt (1992: 418) zu dem Schluss, dass der Zu- sammenhang zwischen dieser Form der Ungewissheit und der Arbeitsanstrengung einer umgekehrten-U-Form folgt. Diese Relation trifft v. a. für Individuen zu, die sich einer hohen finanziellen Notwendigkeit ausgesetzt sehen arbeitstätig zu sein.

Eine moderate Gefahr des Jobverlustes führt demnach zu einer maximalen Leis- tungsmotivation (Ebenda: 422).29 Andere Forscher richten ihre Argumentation hin- gegen an der zeitlichen Dauer der Bedrohung aus. Demnach kann eine Kombination aus Arbeitsplatzunsicherheit und der daraus resultierenden Rivalität unter den Mitar- beitern, zu einer kurzfristigen Steigerung der Leistungsbereitschaft und der unter- nehmerischen Denk- und Handlungsweisen führen (Marr/Steiner, 2003: 94). Lang- fristig hat die ständige Gefahr eines Arbeitsplatzverlustes jedoch eher einen negati- ven Einfluss auf die Kennzahlen des organisatorischen Erfolgs (De Meu- se/Vanderheiden/Bergmann, 1994: 521). So sind die Arbeitskräfte u. U. nicht mehr zu derartig hohen Anstrengungen bereit, die das Mindestmaß überschreiten (Cascio, 2002: 42).

Diesen Zusammenhang konnte King (2000: 85) zwar nicht uneingeschränkt bes- tätigen, dennoch ergab seine Erhebung, dass eine erhöhte Arbeitsplatzunsicherheit zu einer niedrigeren organisatorischen Loyalität und verringertem Engagement im Un- ternehmenssinne sowie zu einer stärkeren Fokussierung auf die eigene Karriere und einer erhöhten Beobachtung alternativer Arbeitsmöglichkeiten führen kann. Außer- dem besteht das Risiko, dass die Verbleibenden in zunehmendem Maße risikoavers werden und demzufolge eine geringere Innovations- bzw. Veränderungsbereitschaft aufzeigen, da jeder Fehler ein potenzielles Argument in folgenden Entlassungsent- scheidungen sein kann (Noer, 1993: 57f und 90). Ein möglicher Erklärungsansatz für die Entstehung der beschriebenen Reaktionen könnte der abrupte Bruch des (relatio- nalen) psychologischen Kontrakts sein (Rousseau, 1995: 134ff). Dabei handelt es sich um einen informellen und nicht schriftlich fixierten Vertrag zwischen dem Un- ternehmen und seinen Mitarbeitern (Berner, 1999: 38), bei dem die Organisation hohen Arbeitseinsatz, hohe Treue und Loyalität zum Unternehmen und den Vorge- setzten einfordert. Dafür verpflichtet es sich zu einer Zusicherung von langfristiger Beschäftigung, von Aufstiegsmöglichkeiten für lange Zugehörigkeit und gute Leis- tung sowie von regelmäßigen Vergütungserhöhungen (Marks, 1994: 67; Noer, 1993: 156f). Diese dynamischen Veränderungen haben jedoch zur Folge, dass die Beschäf- tigten von dem Ideal eines ‚Lebensarbeitsverhältnisses’ abrücken müssen (Kieser, 2002: 144). Dies kann zunächst zu einer Verringerung der Arbeitszufriedenheit füh- ren (Brockner, 1988: 216) und in einer inneren Abkehr vom Unternehmen münden, sollte die Prozessgerechtigkeit von den Mitarbeitern angezweifelt werden (Brockner, 1990: 95 und 102). Des Weiteren besteht die Gefahr einer Steigerung der Absentismusquote (Marr/Steiner, 2003: 206) und einer erhöhten Bereitschaft das Unternehmen freiwillig zu verlassen (Turnley/Feldman, 1998: 77). Gerade eine Zunahme der Fluktuation von Leistungsträgern, deren Marktfähigkeit ohnehin hoch ist, wäre kontraproduktiv für die Bewältigung der turbulenten Downsizing-Phase und die Erreichung langfristiger Wettbewerbsvorteile (Mone, 1994: 294).

Im Rahmen der Analyse von unfreiwilligen Unternehmensschrumpfungen, beo- bachteten Cameron, Whetten und Kim (1987: 127ff) neben einer sinkende Moral der Verbleibenden und einem Anstieg der Konfliktpotenziale, auch einen Rückgang der Kooperationsbereitschaft und eine eingeschränkte Kommunikation. Ein Grund hier- für könnte in der zunehmenden Rivalität unter den Kollegen liegen, die um den dau- erhaften Verbleib im Unternehmen konkurrieren, wodurch die Qualität des Betriebs- klimas gefährdet wird (Baeckmann, 1998: 236). Darüber hinaus drohen negative Beeinflussungen der Motivation und der Performance (Brockner, 1988: 216). Ob- gleich die Tragweite des direkten Einflusses der Motivation auf das Arbeitsergebnis nicht uneingeschränkt bestätigt werden konnte (Baeckmann, 1998: 237), ist anzu- nehmen, dass zumindest die freiwillige Mehrleistung motivationsabhängig ist (Kropp, 1997: 361).

Da alle Veränderungsmaßnahmen der Akzeptanz und der aktiven Unterstützung einer möglichst großen Mitarbeiteranzahl bedürfen, geht von den beschriebenen Ver- änderungen der Emotionen, der Einstellungen und der Verhaltensweisen die Gefahr aus, die Erreichung der intendierten Ziele des Downsizing-Prozesses zu behindern. Dies kann ein möglicher Erklärungsansatz für die, in Kapitel 4.1 beschriebene, wi- dersprüchliche Produktivitätsentwicklung sein. Ein optimaler Umgang mit den verbleibenden Mitarbeitern, infolge einer Umstrukturierung, stellt zwar keine hinrei- chende Bedingung für die angestrebte Ergebniserzielung dar, dennoch kann dieser als notwendige Bedingung zum Erhalt der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Beleg- schaft angesehen werden. Gerade in hoch-kompetitiven Märkten stellen die Unter- nehmens- und Lernkultur sowie das Humankapital - aufgrund ihrer schweren Imi- tierbarkeit - die einzigen Quellen von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen und Wachstum dar (Conner, 1991: 137f). Das Verständnis über die wechselseitigen Zu- sammenhänge zwischen den organisatorischen Prozessen und den Reaktionen der Beschäftigten, bildet die Grundlage für Führungskräfte, potenzielle Probleme im Vorfeld von Umstrukturierungen antizipieren und kritischen Entwicklungen frühzei- tig gegensteuern zu können. Dies führt zu der Hypothese, dass in derartigen Situatio- nen erhöhte soziale Kompetenzen von den Führungskräften verlangt werden.

5 Die Rolle der Führung im klassischen Downsizing

Oftmals initiieren Unternehmen Schrumpfungsprozesse, ohne eine klare Agenda vorliegen zu haben. Unter dem Druck einer kurzfristigen Ergebnisorientierung wer- den die weitreichenden Auswirkungen von Downsizing mitunter nicht umfassend antizipiert und die angestrebten Veränderungen können nicht greifen. Dies hat zur Folge, dass sich viele Manager schlecht auf den Personalabbau und dessen Folgen vorbereitet fühlen (Cascio, 1993: 98). Aufgrund der Vielschichtigkeit der Ausgestal- tungsformen und der Fülle potenziell negativer Auswirkungen von Downsizing- Prozessen, scheinen situationsunabhängige Empfehlungen der Führungskonzeption wenig zweckmäßig zu sein. Aufgrund dessen erfolgt in diesem Kapitel eine gezielte Diskussion der Führung im Lichte eines klassischen, eher reaktiven und mit erhebli- chem Personalabbau verbundenen Downsizing. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf einer Analyse der Bedeutung von Führung in Schrumpfungsprozessen, des Einflus- ses der Situation auf das Führungsverhalten und der Ableitung entsprechender An- forderungen zur erfolgreichen Reorganisation. Über die reinen Entlassungsentschei- dungen hinaus, gehören sowohl die strukturelle als auch die interaktive Führung von Mitarbeitern zu den Aufgaben der Führungskräfte in einem komplexen und machtpo- litisch beeinflussten Umgestaltungsvorgang (Kieser/Bomke, 1995: 1829f). Die Be- wertung des Führungsprozesses sollte dabei deutlich über die tatsächliche Realisie- rung der Vorhaben hinausgehen und zusätzlich eine Überwachung der Performance- Entwicklung sowie Aspekte der Unternehmenskultur und der Mitarbeitereinstellun- gen einbeziehen (De Meuse/Vanderheiden/Bergmann, 1994: 524).

[...]


1 Zum Zeitpunkt der Datenerhebung von Cameron (1994b: 190) berichteten 85% der Unternehmen der ‚Fortune Global 500’-Rangliste - sprich der weltweit umsatzstärksten Organisationen - in den vorangegangenen fünf Jahren, Downsizing vollzogen zu haben. Zudem gaben sämtliche Unternehmen das Vorhaben an, in den darauf folgenden fünf Jahren, einen derartigen Prozess durchzuführen.

2 Vgl. Anhang, S. 57, Tab. 1.

3 Ich bitte insbesondere die weibliche Leserschaft um Nachsicht für die einseitige Verwendung der männlichen Wortformen vieler Begriffe. Sowohl das Anhängen weiblicher als auch das Ausschreiben beider Formen, hätten viele Textstellen umständlich gestaltet und dementsprechend die Lesequalität der Arbeit gemindert.

4 Die Zusammensetzung der Stichprobe (S. 66, Tab. 9) und der vollständige Fragebogen (S. 78ff, Ergänzung 3) können dem Anhang entnommen werden.

5 Dazu zählen u. a. die Kunden, die Zulieferer und die Kapitaleigner (Wunderer, 2007: 5).

6 Die besondere Untersuchungswürdigkeit der Mitarbeiterführung ergibt sich v. a. aus den Bedürfnissen der Praxis. So wurde die Personalführung, in einer Umfrage aus dem Jahre 1999, zur wichtigsten organisatorischen Steuerungsfunktion gewählt (Wunderer/Dick, 2002: 160).

7 Vgl. Anhang, S. 57, Abb. 1.

8 Innerhalb der Führungsbeziehung ist es ist die Aufgabe der Führungskraft, zwischen den Zielvorgaben der Organisation und den Bedürfnissen der Geführten zu vermitteln (Reber, 1995: 664).

9 Grundsätzlich bestehen zwar Korrelationen zwischen diesen Faktoren, jedoch beansprucht der Ansatz eine individuelle Untersuchung und Steuerung der Aspekte (Wunderer, 2007: 13).

10 Ein Bezugsrahmen der Führungstheorien kann Wunderer (2007: 273f) entnommen werden.

11 Vgl. Anhang, S. 58, Abb. 2.

12 Für eine zusammenfassende Übersicht der bisherigen Ausführungen über die Bestimmungsfaktoren des Führungsstils und den Zusammenhang mit dem Führungserfolg siehe Anhang (S. 58, Abb. 3).

13 Vgl. Anhang, S. 68, Abb. 11.

14 Für einen strukturierten Vergleich der beiden Ausprägungen siehe Anhang (S. 59, Tab. 2).

15 Hierzu zählen u. a. die veränderte Wettbewerbssituation infolge der Globalisierung und einer Vielzahl von Fusionen (Cameron/Freeman/Mishra, 1993: 22) sowie der Deregulierung bzw. Privatisierung von Industrien und der steigenden Rohstoffkosten (Marks/De Meuse, 2003: 5ff).

16 Bspw. das Konzept der Größenanpassung (resizing) von Marks und De Meuse (2003: 2) oder der verantwortungsvollen Restrukturierung (responsible restructuring) von Cascio (2002: 4).

17 Teilziele sind u. a. der Bürokratieabbau, die Beschleunigung von Entscheidungsprozessen, die ver- besserte Kommunikation und mehr Unternehmertum (Cascio, 1993: 97) sowie die Verschlankung des Managements und der Abbau von Überkapazitäten (De Meuse/Vanderheiden/Bergmann, 1994: 509f).

18 Dieser bezeichnet sowohl den Börsenwert des Eigenkapitals einer Unternehmung (Rappaport, 1999: 39) als auch das markgerecht bewertete Vermögen der Anteilseigner (Skrzipek, 2005: 9).

19 Im Mittel gaben die Unternehmen 2.67 Gründe als Auslöser für ihre Downsizing-Aktivitäten an (vgl. Anhang, S. 67, Abb. 9). Es muss allerdings einschränkend berücksichtigt werden, dass es sich dabei um Selbstaussagen von betroffenen Unternehmen handelt, die nicht frei von Wertungen sind.

20 Ein Überblick der relevanten Gesetzeslage kann Marr/Steiner (2003: 124f) entnommen werden.

21 Bei der Ermittlung des Mittelwerts wurde eine Skala von 1 (keine Beeinträchtigung) bis 5 (hohe Beeinträchtigung) zugrunde gelegt (vgl. Anhang, S. 67, Abb. 10).

22 Cameron, Freeman und Mishra (1993: 35f) bestätigen diese Einteilung und inhaltliche Ausgestaltung, wählen jedoch den Begriff Verstärkung (reinforcement) anstelle von Konvergenz.

23 Die Organisationen, der zugrunde liegenden Unternehmensbefragung, beurteilen die Ergebnisse ihrer Prozesse deutlich positiver, wenngleich weniger differenziert (vgl. Anhang, S. 68, Abb. 12).

24 Dies gilt insb. für die Profitmarge und den ‚Return on Equity’ (vgl. Anhang, S. 60, Tab. 3).

25 Dies gilt ausnahmslos für alle betrachteten Performance-Kennzahlen (vgl. Anhang, S. 60, Tab. 4).

26 Vgl. Anhang, S. 61, Tab. 5 und Tab. 6.

27 Vgl. Anhang, S. 61, Tab. 7.

28 Vgl. Anhang, S. 62, Abb. 4.

29 Eine moderate Verlustgefahr wird angenommen, wenn die Mitarbeiter eine hohe Kontrolle bei ho- her Bedrohung bzw. niedrige Kontrolle bei niedriger Bedrohung über/durch die Situation empfinden (Brockner/Grover/Reed/DeWitt, 1992: 422). Für weitere Erläuterungen siehe Anhang (S. 62, Abb. 5).

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Downsizing on a high level
Untertitel
Eine personalwirtschaftliche Analyse der Anforderungen an Führungskräfte in Umstrukturierungsphasen
Hochschule
Universität zu Köln
Veranstaltung
Personalwirtschaftslehre
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
91
Katalognummer
V129433
ISBN (eBook)
9783640352821
Dateigröße
1512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Downsizing, Eine, Analyse, Anforderungen, Führungskräfte, Umstrukturierungsphasen
Arbeit zitieren
Christian Barnhausen (Autor:in), 2008, Downsizing on a high level, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129433

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